Ausgabe 09/2016 - 04.03.2016
Kleve (epd). Mit fünf weiteren Werkstätten schloss sich die Haus Freudenberg GmbH in Kleve 2010 zum "Netzwerk Berufliche Inklusion Niederrhein" zusammen. Haus Freudenberg ist eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen und bietet zurzeit fast 1.950 Menschen vielfältige Möglichkeiten zur beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung. Das Ziel des Netzwerks ist es, für Menschen mit Behinderung den jeweils für sie am besten geeigneten Arbeitsplatz innerhalb oder außerhalb einer Werkstatt zu finden.
Das erste gemeinsame Ziel des Netzwerks war es, vorhandene Bildungsrahmenpläne an die Struktur der Ausbildungsrahmenpläne, die in der Ausbildung angewandt werden, anzupassen. Jede Werkstatt erarbeitete dazu je einen Bildungsrahmenplan. Die fertigen Pläne wurden anschließend allen teilnehmenden Werkstätten zur Verfügung gestellt. Das bedeutete einen hohen Nutzen bei geringem Aufwand für alle Beteiligten.
Die Erfahrungen aus dem Netzwerk brachte die Haus Freudenberg GmbH bei ihrer Arbeit in der Arbeitsgruppe Harmonisierung der Bildungsrahmenpläne ein, die auf Initiative der Bundesarbeitsgemeinschaften der Werkstätten gebildet wurde. Inzwischen ist die Erstellung von mehreren Bildungsrahmenplänen geschafft.
Mit Vertretern aus zwei anderen Bundesländern erarbeitete Haus Freudenberg den Bildungsrahmenplan nach dem Ausbildungsberuf zum Gärtner/zur Gärtnerin der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau. Aufgrund der guten, gemeinsamen Vorbereitung in der Arbeitsgruppe aller beteiligten Länder war es möglich, den Bildungsrahmenplan strukturiert aufzubauen und alle Ausbildungsinhalte differenziert abzubilden.
Mit der Unterstützung der Fachkräfte aus dem Bereich des Garten- und Landschaftsbau wurden entsprechende Beispiele erarbeitet. Jetzt ist der Bildungsrahmenplan der einheitliche Rahmen für die Berufliche Bildung im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Er umreißt sämtliche Fertigkeiten und Kenntnisse, die die Teilnehmer erwerben können. Daraus wird ein individuell angepasstes Bildungsangebot erstellt, das sich am Bedarf der jeweiligen Person orientiert und bei besonderer Eignung auch erweitert werden kann.
Dafür beurteilen die Bildungsbegleiter die bisherigen Kenntnisse und Fähigkeiten des Teilnehmers im Bildungsrahmenplan. Eine Fachkraft brachte es auf den Punkt und setzte den Bildungsrahmenplan mit einer Einkaufsliste gleich: Wenn alles erledigt wäre, dann wäre man am Ziel.
Aber wie ist so ein detaillierter Bildungsrahmenplan in der Praxis einsetzbar? Unser Vorgehen dabei war wie folgt: Zunächst wurde in einer Arbeitsgruppe festgelegt, welche Arbeiten im Garten- und Landschaftsbau unserer Einrichtung überwiegend anfallen.
Die Arbeiten, die nur durch zusätzliche Module oder Praktika in anderen Betrieben erlernbar sind, wurden in einer Exceltabelle mit der Filterfunktion ausgeblendet. Bei der Förderung von Teilnehmern auf den Stufen Berufsfeld- und Berufsbildorientierung können diese aber immer wieder eingeblendet und dahingehend überprüft werden, ob das Erlernen durch weitere Maßnahmen möglich wäre. Die Arbeitsgruppe legte ferner fest, welche Inhalte durch theoretische Unterweisungen oder durch praktische Übungen vermittelt werden sollen.
Das Ergebnis der Beurteilung bisheriger Kenntnisse und Fertigkeiten des Teilnehmers im Bildungsrahmenplan und ein im Haus Freudenberg entwickelter Kompetenzcheck ermöglichen eine Orientierung darüber, auf welcher Niveaustufe der Binnendifferenzierung der Teilnehmer gefördert werden soll. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird in einem gemeinsamen Gespräch die Auswahl der Lernziele vereinbart und im Bildungsrahmenplan dokumentiert. Dadurch reduziert sich die Menge des Lernstoffes auf ein für den jeweiligen Teilnehmer realistisches Maß. Gleichzeitig erhält der Bildungsbegleiter ein geeignetes Instrument an die Hand, die Berufliche Bildung der Teilnehmer klar zu strukturieren.
In der Praxis zeigt sich, dass die Bildungsrahmenpläne den Bildungsbegleitern und Teilnehmern schon heute einen schnelleren Zugang zu den Ausbildungsinhalten und einen Überblick über Lerninhalte sowie einsetzbare Methoden bieten. Und sie enthalten Materialien für Anleiter und Teilnehmer. Durch die Zuordnung von vorhandenen und neu entwickelten Lernmaterialien zu einzelnen Ausbildungsinhalten erfährt der Bildungsbegleiter in der täglichen Arbeit Unterstützung.
Die Haus Freudenberg GmbH wird die Bildungsrahmenpläne im Arbeitsbereich weiterhin nutzen. Sie dokumentieren das Erlernte und zeigen, was noch erlernbar sein könnte. Perspektiven werden dadurch für alle Teilnehmer ermöglicht. Die Praxis bestätigt, dass Bildungsrahmenpläne auch bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf einsetzbar sind.
Außerdem werden die verschiedenen Qualifizierungsmöglichkeiten enger miteinander verknüpft, wenn sich Maßnahmen von Werkstätten am Ausbildungsrahmenplan orientierten. Ein ähnlicher Aufbau und die gleiche Sprache führen zu mehr Verständnis aufseiten der Arbeitgeber, die besser einschätzen können, welche Qualifikationen die Menschen mit Behinderungen mitbringen. Gleichwohl profitieren die Menschen mit Behinderungen, denn sie können die Anforderungen der Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes dadurch besser einschätzen.