Ausgabe 09/2016 - 04.03.2016
Hannover (epd). Nach Überzeugung des Niedersächsischen Finanzgerichts in Hannover ist der steuerliche Kinderfreibetrag zu niedrig und verstößt damit gegen das Grundgesetz. Er wurde zum Steuerjahr 2015 ein Jahr zu spät und zudem nicht in ausreichendem Umfang angehoben, wie das Gericht in einem am 23. Februar veröffentlichten Beschluss entschied. Es gewährte damit einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Töchtern vorläufigen Rechtsschutz.
Der Streit wirkt sich für alle steuerpflichtigen Eltern beim Solidaritätszuschlag aus. Bei der Einkommensteuer sind alle Eltern mit höherem Einkommen betroffen, die statt des Kindergeldes den steuerlichen Freibetrag in Anspruch nehmen.
Im konkreten Fall hatte das Finanzamt 2014 bei den Klägern einen Kinderfreibetrag in Höhe von 4.368 Euro für jedes ihrer beiden Kinder berücksichtigt. Der Existenzminimumbericht der Bundesregierung hatte das Existenzminimum eines Kindes aber in Höhe von 4.440 Euro berechnet - 72 Euro mehr.
Die Bundesregierung habe den Betrag dann zwar entsprechend angehoben, aber erst im Jahr 2015, so das Finanzgericht. Zudem seien bei der Berechnung des Freibetrags Kinder über sechs Jahre nicht ausreichend gewichtet worden. Eigentlich müsse der Kinderfreibetrag um mindestens 444 Euro jährlich höher liegen, rechneten die Hannoveraner Richter vor.
Schließlich rügte das Gericht, dass für arbeitslose unterhaltsberechtigte Kinder über 21 Jahre der reguläre Grundfreibetrag (2016: 8.652 Euro) angerechnet wird, für Kinder über 21, die sich noch in einer Ausbildung befinden, aber nur der niedrigere Kinderfreibetrag (2016: 4.368 Euro). Dafür gebe es keinen sachlichen Grund.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Beschwerde zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.
Az.: 7 V 237/15