sozial-Recht

Oberlandesgericht

Tod nach Dialyse: Schmerzensgeld für Familie



Eine Arztpraxis für Dialysepatienten im Sauerland muss einem Gerichtsurteil zufolge über 7.700 Euro Schmerzensgeld an die Hinterbliebenen eines Patienten zahlen, der infolge einer Behandlung verblutet war. Die Dialysebehandlung des aufgrund seiner Diabeteskrankheit erblindeten Mannes sei fehlerhaft gewesen, heißt es in dem am 2. März veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm.

Nach dem Gutachten eines medizinischen Sachverständigen hätten es die Beklagten versäumt, die in der besonderen Situation gebotenen Maßnahmen zu treffen, um den blinden Patienten zu schützen, etwa durch die Fixierung eines Armes, so die Richter. Das Landgericht Arnsberg hatte die Klage noch in erster Instanz abgewiesen.

Der Fall liegt anderthalb Jahre zurück. Im Juni 2014 hatte sich während einer mehrstündigen Dialysesitzung des 67 Jahre alten Mannes eine im linken Oberarm befestigte Nadel gelöst, nachdem er sich bewegt hatte. Der Patient wurde in dem Moment nicht vom Personal der Gemeinschaftspraxis beobacht und bemerkte die starke Blutung selbst nicht. Bei der routinemäßigen Kontrolle war er bereits bewusstlos und musste noch in der Praxis reanimiert werden. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er am Folgetag verstarb.

Die Witwe des Mannes und ihre Kinder forderten unter anderem Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro. Ihrer Ansicht nach war der Ehemann und Vater zu spät notfallmedizinisch behandelt worden, weil die Ärzte ihn nicht ordnungsgemäß überwacht hatten. Die Klage war in zweiter Instanz überwiegend erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm sprach der Familie neben dem Schmerzensgeld rund 2.700 Euro Beerdigungskosten zu.

Das Abrutschen einer Nadel während einer Behandlung sei eine seltene Komplikation, die in kürzester Zeit durch einen hohen Blutverlust zum Tod eines Patienten führen könne, heißt es in dem Urteil. Da der verstorbene Mann blind gewesen sei, sei es geboten gewesen, seinen linken Arm während der Dialysebehandlung zu fixieren. Das könne zwar nicht gegen den Willen des Patienten geschehen, aber dieser hätte zumindest über die Gefahren aufgeklärt werden müssen. Diese Sicherheitsmaßnahme sei bei eingeschränkten, insbesondere blinden Patienten zwingend erforderlich, weil die Betroffenen möglicherweise nicht in der Lage seien, selbst Alarm auszulösen.

Az.: 26 U 18/15


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