sozial-Politik

Frauen

Doppelbelastung führt zu Burn-out bei Müttern




Müttergenesungsheim Haus Maria-Anna in Bad Ems.
epd-bild / Lothar Stein
Die meisten Mütter kommen inzwischen total erschöpft in die Kliniken des Müttergenesungswerks. Daran lässt sich ablesen, wie sich die vielfachen Belastungen durch Familie, Beruf und Pflege auswirken - zunehmend auch auf Väter.

Am Gesundheitszustand der Mütter lassen sich die weiterhin steigenden Belastungen durch Beruf, Familie und Pflege ablesen. Am 15. Juni wurde in Berlin die Jahresbilanz des Müttergenesungswerks für 2015 vorgestellt. Danach wurde bei 87 Prozent von 49.000 Müttern, die eine Kur erhielten, ein Erschöpfungssyndrom bis hin zum Burn-out diagnostiziert.

Von den 1.500 Vätern, die eine Vater-Kind-Kur machten, hatten 70 Prozent Gesundheitsstörungen wegen der ständigen Überlastung. Vor knapp 15 Jahren war der Anteil der kurenden Mütter mit Erschöpfungszuständen nur halb so hoch. Mehr als zwei Drittel der Mütter leiden unter Rückenschmerzen. Rund 60 Prozent haben Schlafstörungen. Als schlimmste Belastung geben drei Viertel der Mütter und Väter den ständigen Zeitdruck an.

Mütter bei Kurbeginn immer kränker

"Die Mütter kommen immer kränker", bilanzierte die Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks Anne Schilling. Auch von den Vätern bezeichnen 60 Prozent das ständige Vereinbarenmüssen von Berufs- und Familienarbeit als große Belastung. Knapp ein Viertel der Mütter über 45 kümmert sich zudem um einen pflegebedürftigen Angehörigen. Kaum bekannt ist laut Schilling, dass Pflegende einen Rechtsanspruch auf eine Kur haben, die sie auch über das Müttergenesungswerk machen können.

Fast jede vierte Mutter gibt an, keine Unterstützung aus ihrem Umfeld zu erhalten und leidet unter mangelnder Anerkennung. Das Müttergenesungswerk wolle die Frauen ermutigen "egoistischer zu sein" und an ihre eigene Gesundheit zu denken, sagte Schilling. Ein Drittel der Pflegenden werde selbst krank.

Zugang zur Kur hat sich verbessert

Verbessert hat sich der Zugang zu den Kuren. Nur noch elf Prozent der Anträge werden von den Krankenkassen abgelehnt. Das ist eine Folge gesetzlicher Änderungen. Ablehnungsquoten von 35 Prozent führten 2012 dazu, dass die Politik einschritt und die Begutachtungsvorschriften änderte. Die Krankenkassen geben gleichwohl nicht mehr als 0,2 Prozent ihres Budget für Mütter- und Väter-Kuren aus.

Rund 30 Prozent der Mütter und Väter in den Kliniken des Müttergenesungswerks sind alleinerziehend. Zunehmend gehen auch Besserverdienerinnen in Kur: "Die Belastungen kommen überall an", sagte Schilling. Die Kuratoriumsvorsitzende und SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Ziegler wies auf die schwieriger werdende finanzielle Situation des Müttergenesungswerks hin. Wie alle Stiftungen, die auf Spenden angewiesen sind, leide das Werk unter dem niedrigen Zinsniveau.

Bettina Markmeyer

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