sozial-Politik

Kabinett

Sozialhilfe für EU-Ausländer eingeschränkt



Wer aus einem anderen EU-Land nach Deutschland zieht und keine Arbeit annimmt, soll künftig erst nach fünf Jahren Sozialhilfe bekommen. Das Bundeskabinett billigte am 12. Oktober in Berlin einen Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), der EU-Ausländer, die in Deutschland nicht arbeiten oder nie gearbeitet haben, weitgehend von Sozialhilfeleistungen ausschließt. Sie sollen nur noch eine Nothilfe für maximal vier Wochen erhalten.

Nahles erklärte, es handele sich um eine Klarstellung, die wieder Rechtssicherheit schaffe und die Kommunen vor finanzieller Überforderung schütze. Wer hier lebe, arbeite und Beiträge zahle, habe auch Anspruch auf Sozialleistungen. Wer jedoch nie gearbeitet habe und auf staatliche Leistungen angewiesen sei, müsse diese in seinem Heimatland beantragen.

Bisher steht EU-Zuwanderern ohne Arbeit nach einem halben Jahr Aufenthalt in Deutschland Sozialhilfe zu. Dafür müssen die Kommunen und Landkreise aufkommen. Städte und Gemeinden hatten daher auf eine gesetzliche Neuregelung gedrängt. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, zeigte sich erleichtert. Das Gesetz verhindere eine Zuwanderung in die Sozialsysteme und müsse nun rasch vom Bundestag beschlossen werden.

Mit der Regelung reagiert die Bundesregierung auf Urteile des Bundessozialgerichts. Die obersten Sozialrichter hatten zwar bestätigt, dass EU-Bürger keine Hartz-IV-Leistungen beanspruchen können, wenn sie zur Arbeitssuche nach Deutschland einreisen, dann aber keine Arbeit finden. Es stehe ihnen bei einem "verfestigten Aufenthalt" nach sechs Monaten aber Sozialhilfe zu.

Von einem "verfestigten Aufenthalt" wird nun erst nach fünf Jahren ausgegangen. Das entspricht der Regelung für EU-Ausländer, die selbst für ihren Unterhalt sorgen oder zumindest zeitweilig in Deutschland gearbeitet haben. Sie erhalten nach fünf Jahren ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht.

Die Opposition kritisierte die Einschränkung der Sozialhilfeleistungen als "der Sozialdemokratie nicht würdig", wie der migrationspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, sagte, die Bundesregierung verrate die europäische Idee. Das Grundrecht auf die Sicherung des Existenzminimums müsse für alle Menschen in Deutschland gelten.

Die Grünen gingen ebenfalls auf Distanz: "Mit diesem Ausschluss versagt die Bundesregierung die notwendige Unterstützung für die Arbeitsuche. Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft wird erschwert und die soziale Lage der Betroffenen wird verschärft", sagte Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik der grünen Bundestagsfraktion. Statt die Menschen zu unterstützen, würden sie in unwürdige Wohnverhältnisse und die Illegalität getrieben. "Wer solche Probleme schafft, schürt Ausländerfeindlichkeit. Die geplanten Regelungen sind ein völlig falsches Signal."

Für den Deutschen Städtetag sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy: „Es ist gut, dass die Bundesregierung den Anspruch von EU-Bürgern auf Sozialleistungen einschränken will. Die Städte warten schon auf dieses Gesetz, das nun rasch im Bundestag beschlossen werden sollte." Man brauche diese Regelungen, damit die Kommunen nicht weiter zusätzliche Sozialausgaben schultern müssen, die nach Urteilen des Bundessozialgerichtes auf sie zugekommen sind. "Außerdem wird das Gesetz auch Fehlanreize für Zuwanderinnen und Zuwanderer aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten vermeiden."


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