Ausgabe 44/2016 - 04.11.2016
Berlin (epd). Sozialämter dürfen einem Gerichtsbeschluss zufolge die Sozialhilfe von Pflegebedürftigen kürzen, die an einem Abrechnungsbetrug des Pflegedienstes beteiligt waren. Wie das Sozialgericht Berlin am 2. November mitteilte, können die Rückforderungen des Sozialamtes durch Anrechnung auf die laufende Grundsicherung durchgesetzt werden.
Der Ende Oktober ergangene Beschluss des Gerichtes erfolgte nach dem Widerspruch einer Berlinerin gegen einen Kürzungsbescheid des Sozialamtes Steglitz-Zehlendorf. Dabei ging es um die Rückzahlung von 1.125 Euro zu viel gezahlter Sozialhilfe. Die Betroffene soll von ihrem damaligen Pflegedienst zwischen November 2014 und Februar 2015 zwischen 245 und 336 Euro monatlich an Zahlungen erhalten haben.
Hintergrund sind dem Gericht zufolge seit einigen Jahren laufende strafrechtliche Ermittlungen bundesweit gegen betrügerische Pflegedienste. Deren Geschäftsmodell bestehe darin, zu Lasten der Sozialleistungsträger Pflegeleistungen abzurechnen, die tatsächlich gar nicht erbracht wurden.
Als Komplizen der Pflegedienste würden neben Ärzten vor allem auch Patienten mitwirken, indem sie den Erhalt gar nicht erbrachter Pflegeleistungen quittieren und so deren Abrechnung ermöglichen. Zur Belohnung erhielten sie monatlich einen Anteil am Betrugserlös, der im Milieu als "Kick-Back-Zahlung" bezeichnet werde, wie das Gericht weiter mitteilte.
Zur Zeit sind am Sozialgericht Berlin rund 20 vergleichbare Fälle anhängig. Mit einer weiteren Zunahme von Fällen zu dieser Problematik werde gerechnet, hieß es.
Az.: S 145 SO 1411/16 ER