Ausgabe 44/2016 - 04.11.2016
Münster (epd). Syrische Asylbewerber haben nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Münster Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Sie müssten bei einer Rückkehr nach Syrien mit politischer Verfolgung durch das Assad-Regime rechnen, befand das Gericht in seiner am 31. Oktober veröffentlichten Entscheidung.
Ein in Ibbenbüren lebender Syrer hatte dagegen geklagt, dass ihm vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nur ein "subsidiärer Schutzstatus" zuerkannt wurde. Das Urteil ist den Angaben zufolge noch nicht rechtskräftig, eine Berufung beim Oberwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ist möglich.
Die Richter seien davon überzeugt, dass den aus Deutschland nach Syrien zurückkehrenden Asylbewerbern "mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Verhör unter Anwendung von Foltermethoden drohe", hieß es weiter. Damit wolle das Regime die Flüchtlinge zwingen, ihre Ausreisegründe und mögliche Kenntnisse von Aktivitäten der oppositionellen Exilszene zu offenbaren. Diese Praxis stuft das Verwaltungsgericht als politische Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes ein. Der syrische Staat sehe grundsätzlich in jedem Rückkehrer, der in Westeuropa ein Asylverfahren betrieben und sich länger dort aufgehalten habe, einen potentiellen Gegner des Regimes.
Wie das Verwaltungsgericht Münster weiter mitteilte, seien bei ihm bislang über 700 Klagen von Syrern eingegangen, die eine Zuerkennung des Flüchtlingsstatus verlangen. Die Entscheidungen des Bundesamtes für den lediglich subsidiären Schutz waren seit Jahresanfang nach Angaben des Bundesinnenministeriums stark angestiegen. Machten sie im Januar nur 0,4 Prozent aller Asylanerkennungen aus, waren es im April bereits 9,3 Prozent, im Juni 23,4 Prozent und zuletzt im September schon 41 Prozent.
Der subsidiäre Schutz wird dann gewährt, wenn zwar eine Bedrohung für Leib und Leben im Heimatland etwa wegen eines Bürgerkriegs droht, aber keine individuelle Verfolgung erkennbar ist. Er gewährt eine Aufenthaltserlaubnis von einem Jahr, der volle Flüchtlingsstatus drei Jahre. Die große Koalition hatte im jüngsten Asylpaket zudem den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ausgesetzt. Bei insgesamt knapp 61.000 Entscheidungen für den untergeordneten Schutz bis Ende August ging es in fast 51.000 Fällen um syrische Flüchtlinge, erklärte das Innenministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag.
Mehr als 17.000 Flüchtlinge haben den Informationen zufolge inzwischen gegen entsprechende Entscheidungen geklagt, davon mehr als 15.000 Syrer. Nach bislang über 1.100 Entscheidungen vor deutschen Verwaltungsgerichten wurden die Betroffenen in 80 Prozent der Fälle als Flüchtlinge anerkannt.
Az.: 8 K 2127/16.A