sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Fristlose Kündigung wegen schwerer Beleidigung




Schwere Beleidigungen können zur Kündigung führen.
epd-bild/Jens Schulze
Schwere Beleidigungen am Arbeitsplatz können nach einem Gerichtsurteil nicht mit einem vermeintlich legeren Umgangston im Betrieb entschuldigt werden. Die Ansprache "Hi Arschloch" rechtfertigt eine fristlose Kündigung.

Eine Kinderkrankenschwester, die eine Kollegin als "faule Sau" begrüßt und in einer SMS mit "Hi Arschloch" anspricht, kann vom Arbeitgeber sofort entlassen werden. Bei derartigen Beschimpfungen ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 10. November veröffentlichten Urteil.

Das Maß war voll

Geklagt hatte eine 46-jährige Kinderkrankenschwester. Die Frau ist seit fast 20 Jahren in einer Caritas-Einrichtung beschäftigt. Doch offenbar fehlte es ihr an der "guten Kinderstube". Am 7. Juli 2014 erteilte der Arbeitgeber ihr drei Abmahnungen, eine davon wegen der Beleidigung einer Kollegin als "linke Bazille".

Die Abmahnung beeindruckte die 46-Jährige jedoch nicht. Am Abend des 30. September 2014 beschwerte sie sich per SMS an ihre Gruppenleiterin über ihre Arbeit. Darin schrieb sie: "Hi Arschloch. Meine liebe Irene könnt sich heute noch bekotzen, dass du sie umarmt hast u. dich verabschiedet hast!" Es fielen zudem noch die Worte "faule Sau".

Für die kirchliche Einrichtung war damit das Maß voll. Die Kinderkrankenschwester wurde fristlos, hilfsweise außerordentlich mit Auslauffrist zum 30. Juni 2015 gekündigt. Die Angestellte legte Kündigungsschutzklage ein und verlangte zudem die Entfernung der Abmahnungen aus ihrer Personalakte. Die als Beleidigung empfundene SMS bedauere sie. Sie habe lediglich ihren Unmut über die Arbeit Luft machen wollen, außerdem habe sie zuvor Alkohol getrunken.

Störung des Betriebsfriedens

Es habe sich um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt. Der Umgangston sei sowieso am Arbeitsplatz "leger". So werde man dort mit "na, Alte, wie geht’s" oder "für unsere Rentner" angesprochen. Schließlich müsse auch ihre fast 20-jährige Betriebszugehörigkeit zu ihren Gunsten berücksichtigt werden.

Doch das LAG empfand den in der SMS verwendeten Text nicht als "legeren Ton", sondern als schwerwiegende Beleidigungen einer Kollegin, die einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Der Kinderkrankenschwester könne sich auch nicht auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung berufen.

Hier sei die Klägerin zudem einschlägig abgemahnt worden, da sie zuvor schon eine Kollegin als "linke Bazille" bezeichnet hatte. Erfahre ein Arbeitgeber von solchen Beleidigungen, müsse er dies keinesfalls dulden, so das LAG. Denn das Fehlverhalten sei geeignet, "den Betriebsfrieden irreparabel zu zerstören".

Die lange Betriebszugehörigkeit von fast 20 Jahren bei Kündigungsausspruch machten die schweren Beleidigungen nicht ungeschehen. Einen Anspruch auf die Entfernung der anderen Abmahnungen habe die Klägerin mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nicht mehr.

Az.: 4 Sa 350/15

Frank Leth

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