sozial-Branche

Diakonie

Kritik an Abschiebepraxis in Bayern



Die Diakonie Bayern kritisiert eine "unverhältnismäßige Abschiebepolitik" des Freistaats. Wenn gut integrierte Flüchtlinge, die bereits eine Lehre begonnen haben, abgeschoben würden, konterkariere das die Bemühungen von Lehrern, Betreuern in Betrieben und vielen Ehrenamtlichen, sagte am 6. Februar bei der Jahrespressekonferenz der Diakonie in Nürnberg Vorstand Tobias Mähner. Die Spitze des zweitgrößten Wohlfahrtsverbands in Bayern forderte außerdem Maßnahmen gegen Kinderarmut und beklagte Probleme in Pflegeheimen durch das neue Pflegestärkungsgesetz.

Es häuften sich in Bayern Fälle, in denen jungen Flüchtlingen die Arbeitserlaubnis wieder entzogen werde, die mit einer Duldung einen Ausbildungsplatz gefunden hatten, berichtete Mähner. Das sei "doppelt ärgerlich", weil die betroffenen jungen Leute gute Integrationsleistungen gezeigt hätten und in sie viel Geld für Schulen und andere Maßnahmen investiert worden sei. Mähner kritisierte einen bayerischen Sonderweg, nach dem schon als erster Schritt der Abschiebung gelte, einen Termin mit der Ausländerbehörde vereinbaren zu müssen. Das Vorgehen irritiere auch die bayerische Wirtschaft, erklärte Mähner. Die habe sich verpflichtet, 90.000 Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Unzufrieden mit der bayerischen Staatsregierung ist die Diakonie auch in Sachen Kinderarmut. Diakonie-Präsident Michael Bammessel beklagte, dass 140.000 Kinder von Armut betroffen seien und sprach sich für eine eigenständige Grundsicherung für Kinder aus. Auf eine monatliche Pauschale in Höhe von 585 Euro sollte jedes Kind einen Rechtsanspruch haben.

Das bisherige Hilfesystem für Familien mit Kindern bedeute eine Schieflage zugunsten von Kindern von Gut- und Spitzenverdienern, erklärte Bammessel. Die steuerlichen Freibeträge würden sie besser stellen als die Kinder von Geringverdienern.

Die Diakonie-Vorstände sehen ein allgemeines bedingungsloses Grundeinkommen hingegen weiter skeptisch. Eine Vollpauschale könnte Notlagen von besonders hilfebedürftigen Menschen eventuell nicht abdecken, befürchtet Bammessel. Mähner sagte, er werde misstrauisch, wenn nun Wirtschaftsbosse eine solche Pauschale forderten. "Vielleicht ist das die langfristige Vorbereitung eines sozialverträglichen Arbeitsplatzabbaus."

Die Diakonie machte auch auf negative Folgen des neuen Pflegestärkungsgesetzes aufmerksam. Rüstigere Senioren könnte es vom Umzug in ein Heim abhalten, befürchtet Bammessel. Nach der neuen Regelung müssten sie einen gleich hohen Eigenanteil zahlen wie schwer Pflegebedürftige. "Das hat zur Folge, dass manche zu spät ins Heim kommen werden", sagte Bammessel.


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