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Hilfsorganisation bewahrt obdachlose Mädchen vor Schwangerschaft




Ein Obdachloser bettelt um Geld.
epd-bild/Dieter Sell
Die Hilfsorganisation Off Road Kids will jugendliche Obdachlose in Deutschland vor Infektionskrankheiten und ungewollten Schwangerschaften schützen.

"Die Straßenmilieus der Großstädte sind Brutstätten gefährlicher Krankheiten", sagte der Sprecher der Off Road Kids Stiftung, Markus Seidel, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seit Anfang des Jahres betreibt die Organisation und die Krankenkasse Bahn-BKK mit dem Projekt "Streetwork+" Gesundheitsaufklärung auf den Straßen mehrerer Städte.

"Die jungen Obdachlosen haben keine Vorstellung davon, was ein Virus oder eine Bakterie ist", erklärte Seidel. Geschlechtskrankheiten, Wundinfektionen, Erkältungskrankheiten und ungewollte Schwangerschaften seien für obdachlose Jugendliche Dauerrisiken. "Auf der Straße geht es um das tägliche Überleben, nicht um Gesundheit und Hygiene", betonte Seidel.

"Jede Nacht gefährdet"

Ziel sei, die jungen Menschen in die Gesellschaft zurückzuholen. Die Vermittlung der Mädchen und Jungen in Wohnungen oder Jobs sei deutlich einfacher, wenn sie keine Krankheiten haben oder diese schon therapiert werden. "Es ist alles andere als hilfreich, wenn ein Junge sich mitten im Vermittlungsprozess eine Infektion holt oder ein Mädchen schwanger wird", erklärte Seidel.

Die meisten obdachlosen Mädchen gehen laut Seidel weder zum Frauenarzt noch verhüten sie. Für sie bestehe ein hohes Risiko, ungewollt schwanger zu werden. "Auf der Straße sind sie jede Nacht der Gefahr ausgesetzt, vergewaltigt zu werden", sagte Seidel. Einige der Mädchen würden eine Schwangerschaft durchaus in Kauf nehmen. Sie haben laut Seidel die sozialromantische Vorstellung, dass sie mit dem Kind eher eine Chance hätten, der Obdachlosigkeit zu entkommen.

4.500 Straßenkindern geholfen

Auf der Straße suchen ausgebildete Sozialarbeiter und Pädagogen nach Jugendlichen, die von zu Hause ausgerissen oder obdachlos sind. Auf das Angebot reagieren die Mädchen und Jungen völlig unterschiedlich, erklärte Seidel. Vielen falle es anfangs schwer, den Sozialarbeitern zu vertrauen. "Die Jugendlichen sind gerade von Erwachsenen bislang oft enttäuscht worden", sagte er.

Die Hilfsorganisation finanziert sich nach eigenen Angaben allein aus Spenden. In ihren Streetwork-Stationen in Berlin, Dortmund, Hamburg und Köln arbeiten jeweils vier Sozialarbeiter. Seit 1993 unterstützte die Hilfsorganisation 4.500 Straßenkinder und junge Obdachlose.

Insgesamt gibt es nach offiziellen Angaben derzeit 335.000 Wohnungslose in Deutschland. Unter ihnen sind 29.000 Kinder und Jugendliche. Im Jahr 2010 gab es insgesamt 246.000 Wohnungslose.

Patricia Averesch

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