Ausgabe 46/2017 - 17.11.2017
Kassel (epd). Hör- und sprachbehinderte Menschen müssen sich als Beteiligte eines Gerichtsverfahrens ausreichend verständigen können. Stellt ein Gericht die für die mündliche und schriftliche Verständigung geeigneten technischen Hilfsmittel nicht zur Verfügung, liegt ein Verstoß auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 10. November veröffentlichten Beschluss.
Im konkreten Rechtsstreit wollte die hörbehinderte Klägerin aus Nordrhein-Westfalen vor Gericht die Kostenerstattung für zwei Hörgeräte für ihre beiden Ohren erstreiten. Die Geräte sollten Fernsehen und Telefonieren problemlos ermöglichen.
Vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte sie mit ihrer Klage keinen Erfolg. Ihre Aussagen zum Bedarf ihrer Hörgeräte seien widersprüchlich und nicht glaubhaft gewesen. Nach Aussage der Klägerin konnte sie dem Prozessverlauf nicht ausreichend folgen, da ihr die Benutzung eines speziellen Hörgeräts nicht erlaubt worden sei.
Das Bundessozialgericht sah in dem Vorgehen einen Verstoß auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Hör- und sprachbehinderten Menschen müssten nach dem Gesetz im Gerichtsverfahren zur Verständigung technische Hilfsmittel bereitgestellt werden. Sie könnten wählen, ob sie der Verhandlung mündlich, schriftlich oder mit Hilfe einer dritten Person folgen wollen. Das Gericht habe hier eine Fürsorgepflicht.
Bei einer ausreichenden Verständigung hätte daher das Ergebnis der Verhandlung beim Landesgericht anders ausfallen können. Das Gericht müsse daher den Fall neu verhandeln, entschieden die Bundessozialrichter.
Az.: B 3 KR 7/17 B