Ausgabe 48/2017 - 01.12.2017
Karlsruhe (epd). Ohne Gutachten dürfen transsexuelle Menschen nicht ihr Geschlecht wechseln und ihren Namen ändern. Die im Transsexuellengesetz enthaltene Vorschrift, dass zwei unabhängige Gutachter die Voraussetzungen für den Geschlechtswechsel bestätigen müssen, verstoße nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Menschenwürde, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 24. November veröffentlichten Beschluss. Die Pflicht zur Einholung zweier Gutachten bedeute nicht, dass Transsexualität als krankhafter Zustand oder als psychische Störung angesehen wird.
Damit scheiterte die Verfassungsbeschwerde einer transsexuellen Person aus Dortmund. Sie wollte als Frau rechtlich anerkannt werden und den männlichen Vornamen in "Nicole" ändern lassen. Doch der Geschlechterwechsel wurde von den Behörden abgelehnt, da sich die transsexuelle Person weigerte, die Transsexualität von zwei unabhängigen Gutachtern bestätigen zu lassen. Mit dieser gesetzlichen Vorgabe werde Transsexualität als Krankheit angesehen, die therapiert werden müsse, rügte die transsexuelle Person. Das stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Menschenwürde dar.
Dem folgte das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht. Transsexualität werde damit nicht als zu therapierende Krankheit angesehen. Vielmehr werde mit den zwei Gutachten ein objektiver Nachweis über die Voraussetzungen des Geschlechtswechsels verlangt.
Die Gutachter müssten dabei prüfen, ob der transsexuelle Mensch seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben. Auch müsse die "hohe Wahrscheinlichkeit" bestehen, dass die Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht sich nicht mehr ändern wird. Das Gutachtenverfahren dürfe aber nicht dazu genutzt werden, die Betroffenen zu einer therapeutischen Behandlung ihrer Transsexualität hinzuführen.
Az.: 1 BvR 747/17