sozial-Recht

Bundessozialgericht

Rollstuhlfahrer müssen nicht schnell fahren können



Die Krankenkasse muss es gehbehinderten Menschen grundsätzlich nicht ermöglichen, dass sie mit ihrem Rollstuhl so schnell wie ein Radfahrer unterwegs sein können. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 30. November verkündeten Urteil klargestellt. Die Richter lehnten es ab, ein sogenanntes Einhängefahrrad mit Elektromotor in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Die darin aufgelisteten Produkte müssen in der Regel grundsätzlich von den Krankenkassen bezahlt werden.

Im konkreten Fall ging es um das Einhängefahrrad "Speedy Duo 2" einer Firma aus Delbrück im Kreis Paderborn. Damit können sich Rollstuhlfahrer mit Hilfe einer Handkurbel fortbewegen. Ein Elektromotor unterstützt sie dabei. Der ist so stark, dass Behinderte - je nach Ausführung - zehn bis 14 Stundenkilometer fahren können.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung lehnte die Aufnahme in das Verzeichnis ab. Es seien nur Hilfsmittel aufzunehmen, die das Grundbedürfnis der Mobilität befriedigen, lautete die Begründung. Maßstab sei hier die Fortbewegung eines nichtbehinderten Fußgängers. Das Speedy Duo 2 sei jedoch bis zu 14 Stundenkilometer schnell und ermögliche das Tempo eines Radfahrers. Damit könnten Behinderte das Vehikel über den Nahbereich hinaus nutzen.

Dem folgte auch das BSG. Wegen des Elektromotors überschreite das Einhängefahrrad "das Maß des Notwendigen". Es sei kein Grundbedürfnis erkennbar, warum Rollstuhlfahrer schneller fahren sollen als Schrittgeschwindigkeit, urteilten die Kasseler Richter. Ein Anspruch auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis bestehe daher nicht.

Az.: B 3 KR 3/16 R


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