Ausgabe 2/2018 - 12.01.2018
Celle (epd). Um als "blind" zu gelten, muss nicht zwingend das Auge oder der Sehnerv geschädigt sein. Anspruch auf Eintragung des Merkzeichens "BL" für "Blind" im Schwerbehindertenausweis haben Betroffene auch dann, wenn sie allein wegen einer Hirnschädigung Sinneseindrücke nicht richtig verarbeiten können, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am 18. Dezember 2017 bekanntgegebenen Urteil klar. Damit können sie bestimmte Nachteilsausgleiche und Rechte in Anspruch nehmen.
Im konkreten Fall hatte ein zehnjähriges Mädchen aus dem Landkreis Leer geklagt. Das Kind ist wegen einer Stoffwechselstörung schwerst hirngeschädigt. Infolgedessen kann das Mädchen Sehreize im Gehirn nicht verarbeiten. Auf optische Reize reagiert das Kind nicht, und es hält die Augen meist geschlossen. Wenn sie die Augen öffnet, verdreht die Zehnjährige die Pupillen nach oben.
Das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie lehnte die Eintragung des Merkzeichens "BL" in den Schwerbehindertenausweis ab. Das Mädchen sei nicht wirklich blind, da keine Störung des Sehapparates vorliege. Vielmehr könne nur das Gehirn optische Sinneseindrücke nicht ausreichend erkennen und verarbeiten.
Doch auch dies gilt als "blind", betonte das LSG. Das Gericht verwies dabei auf ein Urteil des BSG vom 11. August 2015. Danach ist eine konkrete Sehstörung am Sehapparat nicht mehr Voraussetzung, um als "blind" anerkannt zu werden. Entscheidend ist laut BSG, dass der Verlust der Sehfähigkeit festgestellt wurde. Damit könnten auch Hirngeschädigte als "blind" gelten, die Sehreize nicht verarbeiten können.
Az.: L 13 SB 71/17 (LSG Niedersachsen-Bremen)
Az.: B 9 BL 1/14 R (BSG vom 11. August 2015)