Ausgabe 2/2018 - 12.01.2018
Bonn (epd). Bei einer Zwangsschließung eines Pflegeheims wegen gravierender Pflegemängel muss der Heimbetreiber den Bewohnern Schadenersatz leisten. Mit einem entsprechenden Urteil gab das Amtsgericht Bonn einer Klägerin Recht, die wegen der kurzfristigen Schließung ihrer Einrichtung in ein teureres Heim umziehen musste. Der Heimbetreiber muss Mehrkosten für Umzug und Unterbringung von fast 5.000 Euro tragen, wie es in der am 8. Januar bekanntgewordenen Entscheidung heißt. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz, die die Klägerin unterstützt hatte, begrüßte das Urteil als wegweisend.
"Auf die Träger steigt damit der Druck, Pflegemängel rasch abzustellen", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch in Dortmund. Mängel in den 13.600 Pflegeheimen in Deutschland kämen immer wieder vor. Doch sei es die absolute Ausnahme, dass eine Heimaufsicht eine Einrichtung wegen gravierender Mängel schließt.
Die Klägerin war Bewohnerin des Bonner Pflegeheims "Haus Dottendorf", das Anfang 2015 von der Heimaufsicht aufgrund gravierender Pflegemängel geschlossen worden war. Die knapp 100 Bewohner mussten innerhalb von zwei Tagen in anderen Einrichtungen unterkommen. Im Oktober 2016 hatte das Verwaltungsgericht Köln eine Klage der Betreiber abgewiesen und die Schließung als rechtmäßig bestätigt.
Zum Zeitpunkt der Schließung war die in Bonn klagende Bewohnerin 77 Jahre alt und hatte Pflegestufe 2. In dem neuen Heim musste sie 8,67 Euro am Tag mehr bezahlen. Nach 442 Tagen starb sie. Die Erben führten das Verfahren fort.
Auch der Prozessbevollmächtigte, der Hamburger Rechtsanwalt Oliver Tolmein, begrüßte die Entscheidung. Das Bonner Urteil werde bundesweite Auswirkungen haben, da die neuen Heimgesetze der Länder hier sehr ähnlich konzipiert seien, sagte er. Beim Landgericht Bonn ging im Dezember Berufung gegen die Entscheidung ein.
Az.: 118 C 253/16