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Migration

Forscher: Integration der Flüchtlinge ist ein Erfolg




Christoph Rass
epd-bild/Universität Osnabrück
Die Integration der Flüchtlinge in Deutschland seit 2015 lässt sich nach Ansicht des Osnabrücker Migrationsforschers Christoph Rass als Erfolgsgeschichte lesen. In relativ kurzer Zeit hätten Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft es geschafft, Strukturen zur Unterbringung und Versorgung, zur Sprachvermittlung und zur Integration in den Arbeitsmarkt aufzubauen.

Trotz eindeutiger Integrationserfolge werden Flucht und Zuwanderung nach der Beobachtung von Christoph Rass vor allem mit Problemen und Konflikten assoziiert. "Schauen wir uns doch um: Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosenquote ist historisch niedrig, unsere Gesellschaft ist so sicher wie nie. Und ganz nebenbei haben wir es auch noch geschafft, eine Million Flüchtlinge aufzunehmen", betonte der Osnabrücker Migrationsforscher in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Angstbesetzte Denkmuster

Deutschland könnte also mit viel mehr Selbstbewusstsein und Gelassenheit an die weiteren Aufgaben und Herausforderungen der Integration herangehen. "Und uns bleibt ja heute auch keine Wahl: Wir müssen die Aufgaben bewältigen. Es ist nur die Frage, ob wir das mit Selbstvertrauen oder angstbesetzt tun wollen", sagte Rass in Hannover. Ungleich schwieriger sei die zweite Variante. "Denn angstbesetzte Denkmuster über Flucht und Zuwanderung prägen unser Handeln." Aus einer selbstbewussten Haltung heraus sei es leichter, Zuwanderer auf die Einhaltung hier geltender Regeln und Gesetze hinzuweisen und gleichzeitig die Gesellschaft für sie zu öffnen. "Wir sollten das nicht als Kampf der Kulturen begreifen, sondern als Aushandlungsprozess."

Auf Einladung des Flüchtlingsrates Niedersachsen und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände stellten Vertreter von Städten, Landkreisen und Gemeinden erfolgreiche Konzepte und Projekte ihrer Aufnahme- und Integrationspolitik vor. Rass referierte zu Beginn zum Thema "Migration, Zuflucht und gesellschaftlicher Wandel in der Stadt".

Zunehmend diverse Gesellschaft

Ein Blick in die eigene Vergangenheit könnte Gesellschaften darüber aufklären, dass Migration der Normalfall sei, sagte der Professor für historische Migrationsforschung. Nur wenige Familien blieben nämlich auch in Deutschland über Generationen an ein und demselben Ort. Flucht und Vertreibung, Arbeits-, Bildungs- oder Heiratsmobilität, aber auch Armutswanderung fänden sich an der ein oder anderen Stelle in den meisten Familiengeschichten: "Es klingt banal: Wir sind alle immer wieder unterwegs, wandern ab oder zu. Aber wir machen uns diese Tatsache zu selten bewusst."

Diese Einsicht könnte aber helfen, die Integration der Flüchtlinge im weiteren Verlauf nicht mehr nur technokratisch als Spracherwerb oder Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu verstehen, erläuterte Rass: "Jetzt geht es tatsächlich um ein Zusammenleben, darum, sich gegenseitig wahrzunehmen als Partner, die gemeinsam eine zunehmend diverse Gesellschaft gestalten."

Martina Schwager

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