sozial-Politik

Bayern

Regierung bessert Psychiatriegesetz nach




In Bayern tobt ein Meinsungsstreit über das geplante Psychiatriegesetz.
epd-bild/Werner Krüper
Die heftige Kritik der Sozialverbände und Oppositionsparteien hat offenbar das bayerische Kabinett zu Nachbesserungen am geplanten Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) bewogen. Die umstrittene Datenspeicherung ist vom Tisch.

Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) kündigte am 24. April bei der Kabinettssitzung an, man wolle eine zunächst geplante Datenspeicherung in einer Unterbringungsdatei vollständig zurücknehmen. "Wir nehmen die Ängste und Sorgen der Betroffenen sehr ernst", erklärte Schreyer laut einer Mitteilung der Staatskanzlei.

Bei einer Expertenanhörung zum Gesetz am 24. April im Ausschuss für Gesundheit und Pflege erntete der Entwurf des PsychKHG weiter Kritik. So erklärte der Vertreter des paritätischen Wohlfahrtsverbands Davor Stubican, das Gesetz erwecke den Eindruck, als müsse der Staat "schwere Geschütze" gegen gefährliche psychisch Kranke auffahren. Ziel müsse vielmehr sein, die Zahl der Unterbringungen von psychisch Kranken zu senken.

"Heilung ist die beste Gefahrenabwehr"

Der Präsident des Bayerischen Bezirkstags, Josef Mederer (CSU), unterstrich, "wir wollen Menschen helfen und heilen und sie nicht wegsperren". Heilung sei die "beste Gefahrenabwehr". Betroffene und angehörige warnten vor einer Stigmatisierung von psychisch kranken Patienten.

Laut Mitteilung aus dem Kabinett sollen die Verweise auf den Maßregelvollzug ebenfalls aus dem Gesetz gestrichen werden. Auch mit der Sprache des PsychKHG wolle man den Belangen der psychisch Kranken besser Rechnung tragen, kündigte Schreyer an.

Gegen das PsychKHG waren Verbände und Betroffene Sturm gelaufen. Aber auch CSU-Politiker kritisierten, der Entwurf helfe psychisch Kranken nicht, sondern fördere die Angst der Betroffenen vor der Psychiatrie und stempele sie ab zu potenziellen Straftätern. Das Gesetz konzentrierte sich zu stark auf die Aspekte der Gefahrenabwehr und Sicherheit und zu wenig auf die für die Erkrankten nötigen Hilfsangebote und Hilfestellungen, sagten unter anderem Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie und Betroffenenverbände. Positiv werteten sie nur, dass nach dem Gesetzentwurf ein flächendeckendes Krisennetzwerk geschaffen werden soll.

"Unsere Argumente wurden gehört", sagte der Vorsitzende der Freie Wohlfahrt und Präsident der Diakonie Bayern, Michael Bammessel, in Nürnberg. Das gelte beispielsweise für eine klare Entkoppelung vom Maßregelvollzuggesetz. "Wir freuen uns, dass Sozialministerin Schreyer von Anfang an auf den Dialog mit den Verbänden wert legt."

Diakonie begrüßt neuen Kurs

Auch Diakonie-Pressesprecher Daniel Wagner sagte in einer ersten Reaktion auf die angekündigten Änderungen an dem Gesetz, er freue sich, "dass unsere Forderungen angekommen sind". Dass die Datenspeicherung nicht kommen werde, sei "sehr gut". Man müsse nun noch auf die Details im Gesetz achten, erklärte Wagner.

Wichtig ist nach seinen Worten auch, dass der Gesetzgeber nicht weiter darauf beharre, dass psychisch Kranke auch in Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege untergebracht werden können. Nur die Kliniken seien die richtige Unterbringung.

Auch die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bayerischen Landtag, Katrin Sonnenholzner (SPD), lobt die angekündigten Nachbesserung am bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz: In jedem Fall müssten die Unterbringungsdatei und die Verweise auf das Maßregelvollzugsgesetz, also die Gleichsetzung psychisch Kranker, mit Straftätern, vollständig gestrichen werden.

Die Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, erklärte, der bisherige CSU-Entwurf zum Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz "hätte uns als Gesellschaft um Jahrzehnte zurückgeworfen und psychisch kranke Menschen in die Nähe von Straftätern gerückt". Die sozialpolitische Grünen-Sprecherin Kerstin Celina sagte: "Jeder von uns kann krank werden, jeder von uns kennt jemanden, der psychisch erkrankt war oder war es selbst".

Brigitte Bitto, Jutta Olschewski

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