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Bamf-Außenstelle in Bremen wird vorläufig kaltgestellt




Nur anerkannte Flüchtlinge können Integrationskurse besuchen. Die Bremer Nachprüfungen der Aslybescheide werden also Folgen haben.
epd-bild/Jörn Neumann
Nächste Konsequenz aus der Affäre um Asylbescheide in Bremen: Während der Ermittlungen soll die Außenstelle weitgehend aus dem Betrieb genommen werden. Minister Seehofer entschied, dass dort vorläufig keine Asylentscheidungen mehr getroffen werden.

In der Affäre um mutmaßlich unrechtmäßig erteilte Asylbescheide wird die Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Bremen vorläufig weitgehend aus dem Betrieb genommen. Bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens und der laufenden Überprüfungen sollen im dortigen Ankunftszentrum keine Asylentscheidungen mehr getroffen werden, entschied Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am 23. Mai.

Wie er in Berlin erklärte, soll auf diese Weise Vertrauen in die Qualität der Asylverfahren wiederhergestellt werden. Dies sei durch die Vorgänge in Bremen "massiv geschädigt" worden.

Asylverfahren, die derzeit im Ankunftszentrum Bremen anhängig sind, werden den Angaben zufolge mit sofortiger Wirkung von anderen Außenstellen des Bundesamts übernommen. Wie viele das sind, wurde zunächst nicht mitgeteilt.

Bremer Entscheider außen vor

Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte zudem, dass die sogenannten Entscheider, die in Bremen tätig waren, künftig nicht mehr an Asylentscheidungen beteiligt sein sollen. Sie würden in anderen Bereichen des Bundesamts eingesetzt.

Seehofer kündigte zudem an, dass künftig zusätzlich zu bestehenden Qualitätssicherungsmaßnahmen nach dem Zufallsprinzip zehn Prozent aller Asylentscheide vor Zustellung an die Betroffenen überprüft werden sollen. In der Mitteilung des Ministeriums hieß es, Ergebnisse der Internen Revision des Bundesamts wiesen darauf hin, dass es Mängel beim seit September geltenden Vier-Augen-Prinzip bei Entscheidungen gibt.

In Bremen sollen mehr als 1.100 positive Asylbescheide ohne Rechtsgrundlage ergangen sein. Eine interne Untersuchung des Bundesamts kam zu dem Ergebnis, dass in Bremen überdurchschnittlich häufig unplausible Entscheidungen getroffen wurden.

18.000 Fälle werden aufgerollt

Das Bundesamt hatte in der vergangenen Woche umfangreiche Überprüfungen angekündigt. Unter anderem sollen alle seit dem Jahr 2000 in Bremen erteilten positiven Asylbescheide erneut geprüft werden. Insgesamt sind das rund 18.000 Verfahren. Auch weitere Außenstellen, deren Schutzquoten weit vom Durchschnitt abweichen, werden überprüft.

Zudem überprüft der Bundesrechnungshof auf Bitte des Innenministeriums Verfahren und Abläufe im Bundesamt. Seit Mitte April ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Bremen gegen die frühere Leiterin der Außenstelle und weitere Beschuldigte wegen der Vorwurfs des Asylmissbrauchs und Korruption.

Am nächsten Dienstag beschäftigt sich eine Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags mit der Affäre. Nach Angaben des Innenministeriums werden Minister Seehofer und Bamf-Präsidentin Jutta Cordt daran teilnehmen.

Weise: Kontrollmechanismen fehlten

Der frühere Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Frank-Jürgen Weise, führt die Missstände in der Bremer Außenstelle der Behörde auf fehlende Kontrollmechanismen zurück. "Es gab keine Strukturen, die dieser Belastung hätten gerecht werden können, keine funktionierende IT, keine Prozesskette», sagte Weise dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".

Es habe kaum Kontrollmechanismen gegeben. Eine Innenrevision zur Prüfung von Vorgängen und Entscheidungen habe erst er selbst eingeführt, erklärte Weise. Zum anderen sei das Bamf durch "die enorm hohe Zahl von Asylanträgen überfordert" gewesen.

Der Deutsche Städtetag drängt auf eine rasche Aufklärung. "Wir müssen darauf vertrauen können, dass es bei den Asylverfahren korrekt zugeht. Deshalb müssen zügig alle Fakten auf den Tisch, es darf nichts unter den Teppich gekehrt werden", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy am 23. Mai. der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das Ansehen des Bundesamtes habe Schaden genommen. Dieser Schaden könne nur durch rückhaltlose Aufklärung und die daraus notwendigen Konsequenzen beseitigt werden. "An dieser Stelle muss Vertrauen wieder hergestellt werden", betonte Dedy.

Ob ein Untersuchungsausschuss sinnvoll sei, bezweifle er, weil es auf Tempo bei der Aufklärung ankomme. Entscheiden könnten über den Umgang mit dem Thema im Parlament aber nur die Abgeordneten selbst.

Corinna Buschow

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