sozial-Recht

Arbeitsgericht

Zwangspause für Leiharbeiterin muss nicht zur Kündigung führen



Zeitarbeitsunternehmen dürfen nach einem Gerichtsurteil die gesetzliche Lohngleichbehandlung von Leiharbeitnehmern mit dem Stammpersonal im eingesetzten Betrieb spätestens nach neun Monaten nicht durch Tricks umgehen. Eine Firma darf eine Leiharbeiterin nicht kurz vorher für drei Monate und einen Tag auf die Straße setzen, um sie dann wieder einzustellen, entschied das Arbeitsgericht Mönchengladbach in einem am 15. Mai veröffentlichten Urteil.

Im konkreten Fall arbeitete die Klägerin als Leiharbeiterin an der Kasse in einem Einzelhandelsbetrieb. Bevor sie dort neun Monate tätig war, teilte der Entleiher der Zeitarbeitsfirma mit, dass er auf die Frau für drei Monate und einen Tag verzichten will. Danach sollte sie wieder als Kassiererin dort arbeiten. Die Zeitarbeitsfirma kündigte der Frau wegen der vorübergehend fehlenden Einsatzmöglichkeit.

Hintergrund ist die gesetzliche Regelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wonach Leiharbeiter in demselben Entleihbetrieb nach einem bestimmten Zeitraum das gleiche Arbeitsentgelt verlangen können, das für vergleichbare Arbeitnehmer in der jeweiligen Branche gezahlt wird. Bei Tarifverträgen, wie hier im Einzelhandel, sind Abweichungen von in der Regel bis zu neun Monaten zulässig.

Die Zeitarbeitsfirma begründete die Kündigung damit, dass das Einzelhandelsunternehmen ihr Hauptkunde sei. 98 Prozent aller Personaleinsätze würden dort stattfinden. Es bestehe nicht die Möglichkeit, die Leiharbeiterin anderweitig zu beschäftigen. Der Kunde habe erklärt, dass durch die Gleichstellung der Leiharbeitnehmer bei der Vergütung ab einer Beschäftigung von neun Monaten höhere Kosten entstehen würden, die er nicht tragen wolle.

Die ausgesprochene Kündigung erklärte das Arbeitsgericht jedoch für unwirksam. Zwar dürften Zeitarbeitsfirmen ihre Beschäftigten kündigen, wenn für sie keine dauerhafte Einsatzmöglichkeit mehr besteht. Als "dauerhaft" sehe das Gesetz grundsätzlich eine Frist von über drei Monaten vor. Im entschiedenen Fall könne die Klägerin später aber wieder bei dem Entleiher als Kassiererin arbeiten. Ein "dauerhafter" Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit liege damit nicht vor. "Dass die Wartezeit um einen Tag länger als drei Monate war, schadet angesichts der Wiedereinstellungszusage nicht", befand das Arbeitsgericht.

Das Vorgehen des Verleihunternehmens und des Entleihers würde zudem gegen das gesetzliche Ziel verstoßen, Leiharbeiter davor zu schützen, „dauerhaft als billige Arbeitskräfte eingesetzt zu werden". Das angeführte Verhalten des Entleihbetriebs ziele darauf ab, die gesetzliche Gleichstellung von Leiharbeitnehmern auszuhebeln. Das sei zu missbilligen, so die Richter.

Gegen das Urteil ließ das Arbeitsgericht Mönchengladbach die Berufung zum Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu.

Az.: 1 Ca 2686/17


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