sozial-Politik

Hartz-IV-Sanktionen

Strafen für Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse




Das Jobcenter Berlin-Neukölln
epd-bild/Jürgen Blume
Die Hartz-IV-Sanktionen sind im SGB II in den Paragrafen 31 und 32 geregelt. Im vergangenen Jahr verhängte die Bundesagentur für Arbeit 952.840 Sanktionen gegen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger.

Nach den gesetzlichen Regelungen verletzen erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher ihre Pflichten, wenn sie keine ausreichenden "Eigenbemühungen" um Arbeit nachweisen - also nicht die vereinbarte Anzahl an Bewerbungen schreiben. Oder wenn sie sich weigern, "zumutbare" Arbeit, Ausbildung oder Ein-Euro-Jobs anzunehmen oder fortzuführen. Der Abbruch von Weiterbildungsmaßnahmen ist ebenfalls eine sogenannte Pflichtverletzung.

Kürzung um zehn Prozent

Wer einen Termin beim Jobcenter oder den einer angeordneten psychologischen oder ärztlichen Untersuchung verpasst, begeht ein sogenanntes Meldeversäumnis. Liegen keine guten Gründe für die Verstöße vor, werden Meldeversäumnisse für drei Monate mit einer Kürzung der Regelleistung um zehn Prozent sanktioniert. Pflichtverletzungen werden strenger bestraft - vor allem bei unter 25-Jährigen.

Bei der ersten Pflichtverletzung von jungen Leistungsbeziehern wird die Hartz-IV-Leistung für bis zu drei Monate auf Miete und Heizung beschränkt. Bei der zweiten fällt auch das weg.

Bei über 25-Jährigen wird bei der ersten Sanktion 30 Prozent des Regelbedarfes gekürzt. Wird innerhalb eines Jahres eine zweite Sanktion fällig, beträgt die Kürzung 60 Prozent. Bei der dritten Sanktion wird alles gestrichen.

Jobcenter können hohe Sanktionen von mehr als 30 Prozent mit Sachleistungen wie Lebensmittelgutscheinen abmildern. Bei Empfängern mit minderjährigen Kindern im Haushalt müssen sie dies sogar. Auch können die Strafen gegen junge Sanktionierte verkürzt werden, wenn diese die Pflichten im Nachhinein erbringen.

BA-Chef: Die meisten halten sich an die Regeln

Im vergangenen Jahr verhängte die Bundesagentur für Arbeit 952.840 Sanktionen gegen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger. Von den rund sechs Millionen Hartz-IV-Empfängern gelten rund 4,2 Millionen als erwerbsfähig. Das heißt: Sie sind über 15 Jahre alt und nicht aufgrund von Krankheit oder Behinderung außerstande, drei Stunden täglich zu "üblichen Bedingungen" zu arbeiten.

Sanktioniert wurden im vergangenen Jahr 419.502 Personen. Im Vergleich zu 2016 ist die Anzahl der Sanktionierungen um 13.700 Sanktionen gestiegen. "Die allermeisten Leistungsberechtigten halten sich an die gesetzlichen Spielregeln, nur ein ganz geringer Teil wird überhaupt sanktioniert", sagt dazu Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit. 77 Prozent der Sanktionen waren Meldeversäumnisse, für die die Regelleistung um zehn Prozent reduziert wird.

Komplett sanktioniert wurden im Jahresdurchschnitt 2017 insgesamt 7.228 Personen. Knapp die Hälfte von ihnen ist unter 25. Die Totalsanktionsquote insgesamt liegt aber nur bei 0,2 Prozent im Verhältnis zu allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.

Miriam Bunjes


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