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Flüchtlinge

Pro Asyl: Familiennachzug fehlt die Rechtssicherheit



Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl bezweifelt, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ab August rechtlich sauber erfolgen wird.

"Ich kann nicht erkennen, wie eine juristisch haltbare Einzelfallprüfung stattfinden soll", sagte die rechtspolitische Referentin Bellinda Bartolucci im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Gründe dafür lägen im Familiennachzugsneuregelungsgesetz, dem präzise Verfahrensregeln fehlten. Dadurch sei "das Prinzip der Rechtssicherheit nicht gewährleistet".

"Das gilt besonders, wenn das Kontingent von 1.000 Personen voll ist", sagte die Expertin. Die absolute Grenze, die vom Gesetzgeber aus politischen Gründen gezogen wird, sei aus ihrer Sicht verfassungswidrig. Eine solche Regelung sei vom Grundgesetz nicht gedeckt und somit vor dem Bundesverfassungsgericht kaum haltbar.

Am Verfahren sind drei Behörden beteiligt: Die Botschaften und Konsulate, die Ausländerbehörden und als Entscheidungsinstanz das Bundesverwaltungsamt. Zwar soll es noch eine Verwaltungsverweinbarung zur Neuregelung geben. Es sei laut Bartolucci jedoch unwahrscheinlich, dass das Papier klare Priorisierungen zwischen verschiedenen humanitären Gründen festlege.

Entscheidungen nur "rechtliches Internum"

Das Bundesverwaltungsamt habe zwar festzustellen, dass humanitäre Härtefälle vorliegen, "aber das geschieht nur als rechtliches Internum. Der Betroffene wird nicht beteiligt." Es sei rechtlich fragwürdig, dass die Flüchtlinge nicht wissen, welchen Status ihr Antrag hat und wer ihn gerade bearbeitet. Diese Kenntnis sei aber ebenso wichtig für die weiteren praktischen und rechtlichen Schritte, betonte Bartolucci.

Zur praktischen Umsetzung des Verfahrens sagte die Expertin: "Wir vermuten, dass das Verwaltungsamt reinkommende Anträge zulässt, so lange, bis monatlich 1.000 Personen erreicht sind." Das heiße jedoch, die Auswahl findet schon vorher statt, nämlich dadurch, welche Anträge die Konsulate und die Ausländerbehörden an das Amt senden. "Eine inhaltliche Prüfung und daraus abgeleitete Priorisierung der Härtefälle findet nicht mehr statt."

Völlig ungeklärt ist laut der Juristin auch, wie mit den Fällen verfahren wird, die über das 1.000-Personen-Kontingent hinausgehen. "Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, ob diese humanitären Fälle dann automatisch im Pool für den nächsten Monat sind." Bartolucci bezweifelte, dass diese Details mittels Verwaltungsvereinbarung geklärt werden. "Würde man ein Verfahren zur Priorisierung der Anträge und die Kriterien zur Auswahl festlegen, dann wären die Entscheidungen rechtlich noch einfacher angreifbar: "Das wird relativ offen bleiben."

Dirk Baas