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Ausbildung

Pflegenachwuchs klagt über Zeitmangel



Zeitmangel, Personalnot, zu wenig Wertschätzung für den Beruf und eine unzureichende Vergütung sind aus Sicht von Altenpflegeschülerinnen und -schülern die Hauptprobleme in ihrem Job.

Stellvertretend für viele Mitschüler sagte der Auszubildende Tobias Karl am 23. April im Bildungszentrum der Bremer Heimstiftung, er habe sich den Umgang mit den Bewohnern herzlicher vorgestellt. "Das liegt am Zeitmangel, das ist belastend", betonte der 26-Jährige, der seit eineinhalb Jahren bei der Heimstiftung lernt, bei einer Diskussion mit Gesundheitspolitikern.

Seine Kollegin Thaira Petz, demnächst 20 und ebenfalls seit eineinhalb Jahren in der Ausbildung, hat die Vielfalt des Berufes überrascht: "Das ist so viel mehr als nur Waschen." Aber auch sie machte darauf aufmerksam, dass in den Wohnbereichen Zeit fehlt, zum Beispiel auch für Praxisanleitungen, Aus- und Fortbildungen. Doch trotz schwieriger Rahmenbedingungen würde sie sich immer wieder für die Altenpflege entscheiden: "Man kriegt so viel zurück - das ist Grund genug, die Ausbildung anzufangen."

Mehrfach machten Auszubildende den Vorschlag, mit Gesprächen in Schulen für den Beruf zu werben. Tobias Karl ging noch einen Schritt weiter und plädierte für ein Pflichtpraktikum im Sozialen, damit junge Leute die Chance haben, den Alltag in der Pflege besser kennenzulernen.

Skepsis mit Blick auf die Digitalisierung

Digitalisierung und Robotik in der Pflege bewerteten viele der etwa 60 Schülerinnen und Schüler im Publikum eher skeptisch. Sie könnten zwar helfen, um die Bürokratie zurückzudrängen, hieß es. Aber Karl sprach wohl für viele Mitschülerinnen, als er sagte: "In der direkten Pflege möchte ein Mensch einen Menschen haben."

Zeitmangel und Stress sei das, was alle kaputtmache, lautete ein Einwurf, dem der Auftrag an die Politiker von SPD, CDU und Grünen folgte, das müsse sich "so schnell wie möglich ändern". Die jungen Leute verwiesen auf eine hohe Abbrecherquote in der Ausbildung, die auch durch Überlastung zustande komme. Alexander Künzel, Seniorvorstand der Bremer Heimstiftung, sprach von 30 Prozent: "Das ist zu viel." Er sagte, gute Bedingungen für die Pflege fielen nicht vom Himmel. "Die schaffen wir nur gemeinsam - Politik, Kassen und Träger."

Techniker Krankenkasse und Heimstiftung hatten die Diskussion im Vorfeld der Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft organisiert, die am 26. Mai angesetzt ist. Susanne Klein, Leiterin der TK-Landesvertretung Bremen, fasste zusammen, was auch in der Debatte mehrfach angesprochen wurde: "Die Gesellschaft muss sich darüber klarwerden, was ihr eine gute Pflege wert ist. Wertschätzung für einen Beruf zeigt sich auch in der Vergütung."