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Umfrage: Mehrheit der Länder will keine Abschiebung aus normaler Haft




Das Abschiebegefängnis in Ingelheim in Rheinland-Pfalz gleicht einem Hochsicherheitstrakt.
epd-bild/Reiner Frey
Bundesinnenminister Seehofer will mehr Abschiebungen und erlaubt den Ländern deshalb, Abschiebehäftlinge in normaler Haft unterzubringen. Die Länder waren von Beginn an skeptisch. Eine Umfrage des epd zeigt: Kaum eines will es nun umsetzen.

Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer will die Möglichkeit zur Unterbringung von Abschiebehäftlingen in normalen Haftanstalten nicht nutzen. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) unter den Ministerien der Länder ergab, signalisieren nur Sachsen-Anhalt und Bremen konkretes Interesse, die kürzliche Aufhebung des Trennungsgebots umzusetzen.

Zehn Bundesländer geben an, dass sie Abschiebehäftlinge nicht in regulären Justizvollzugsanstalten unterbringen wollen. In den restlichen Landesregierungen wird darauf verwiesen, dass es zumindest keine konkreten Pläne dafür gibt.

Trennungsgebot befristet aufgehoben

Das Trennungsgebot schreibt vor, dass Abschiebehäftlinge nicht mit normalen Strafgefangenen untergebracht werden dürfen. Im kürzlich verabschiedeten "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), das für ein konsequenteres Durchgreifen bei Abschiebungen sorgen soll, wird dieses Gebot für drei Jahre aufgehoben.

Begründet wird es damit, dass die derzeit bundesweit vorhandenen rund 500 Abschiebehaftplätze nicht ausreichen. Auf maximal 1.000 soll die Zahl der Plätze durch das Gesetz verdoppelt werden. Die Aufhebung des Trennungsgebots wurde auf drei Jahre befristet.

Aus dem Bremer Innenressort hieß es, man halte es in begründeten Einzelfällen für richtig, wenn die Sicherheitsbehörden auf die zeitweise Unterbringung in Haftanstalten zurückgreifen könnten. Das Innenministerium in Sachsen-Anhalt teilte mit, die Möglichkeit solle genutzt werden.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte sich in der Vergangenheit für die Möglichkeit ausgesprochen. Auf Anfrage heißt es aktuell, dass noch zu prüfen ist, inwieweit die Möglichkeiten des Gesetzes künftig genutzt werden.

Länder sehen Rechtslage kritisch

Die meisten Länder lehnen die gemeinsame Unterbringung von Abschiebe- und normalen Häftlingen ab, mehrheitlich mit Verweis auf die Rechtslage. Man habe dem Bundesinnenministerium deutlich gemacht, "dass eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Justizvollzugsanstalten europarechtswidrig ist", betonte etwa die Hamburger Innenbehörde. Auch aus dem Thüringer Justizministerium wurden "verfassungs- und europarechtliche Bedenken" angemeldet. Die meisten Bundesländer hatten schon vor der Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat Skepsis gegenüber der Aufhebung des Trennungsgebots verlauten lassen.

Andere Bundesländer verweisen auch darauf, dass die Plätze für Abschiebehaft ausreichen oder in normalen Justizvollzugsanstalten gar keine Kapazitäten vorhanden sind, um dort Abschiebehäftlinge unterzubringen. Im Justizvollzug gebe es ohnehin eine Überbelegung, hieß es etwa aus dem Innenministerium in Baden-Württemberg.

Bundesweit 550 Abschiebeplätze

Die epd-Umfrage ergab, dass die Länder gemeinsam derzeit rund 550 Abschiebehaftplätze zur Verfügung haben. Viele haben eigene Einrichtungen, einige nutzen die eines Nachbarlandes mit. Fast alle Länder wollen ihre Kapazitäten der Umfrage zufolge auch erhöhen - um mehr als 500 Plätze bundesweit, davon allein 350 in Verantwortung des Freistaats Bayern. Die meisten Plätze sollen demnach auch relativ kurzfristig entstehen.

Sachsen-Anhalt geht davon aus, dass es länger dauert. Eine Abschiebehaft mit 30 Plätzen soll dort bis 2022 entstehen. Das Land hat bislang gar keine eigene Einrichtung geschaffen und nutzt die Kapazitäten anderer Bundesländer.

Corinna Buschow


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