sozial-Recht

Oberverwaltungsgericht

Abschiebung von Familien mit Kleinkind nach Italien erschwert



Über Italien nach Deutschland eingereiste asylsuchende Familien mit minderjährigen Kindern dürfen nicht einfach wieder zurückgeschickt werden. Nur wenn die italienischen Behörden konkret und auf den individuellen Fall bezogen zusichern, dass die elementarsten Grundbedürfnisse der Familie bei einer Rücküberstellung nach Italien gewahrt bleiben, ist eine Abschiebung zulässig, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen-Bremen in Lüneburg in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 20. Dezember.

In dem Fall ging es um ein aus Nigeria stammendes, asylsuchendes Ehepaar und ihres im Mai 2018 geborenen Kindes. Bevor das Paar im Dezember 2017 in Deutschland einreiste, hatte es bereits in Italien erfolglos einen Asylantrag gestellt. Der in Deutschland später gestellte Asylantrag wurde als unzulässig abgelehnt, da Italien nach den sogenannten Dublin-III-Regelungen für die Flüchtlinge zuständig sei. Die Rückführung der Familie nach Italien wurde angeordnet.

"Außergewöhnliche humanitäre Gründe"

Doch das OVG stoppte nun die bevorstehende Rücküberstellung und bestätigte die entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover. Die Hannoveraner Richter hatten entschieden, dass "außergewöhnliche humanitäre Gründe" gegen eine Rückführung nach Italien bestünden.

Zwar gebe es keine systematischen Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen in Italien. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte müssten die italienischen Behörden aber bei einem besonders schutzwürdigen Personenkreis vor einer Abschiebung konkrete Garantien über die Einhaltung der Mindeststandards bei Unterbringung und Versorgung geben.

Dies sei hier nicht geschehen, stellte das OVG fest. Zwar hätten die italienischen Behörden eine allgemeine Garantieerklärung abgegeben, sich an die menschenrechtlichen Mindestanforderungen zu halten. Erforderlich sei aber eine Garantie, dass die betroffenen, besonders schutzwürdigen Personen ihre elementarsten Grundbedürfnisse decken können. Dazu gehöre insbesondere die Zusicherung, dass die Betroffenen sich ernähren, sich waschen und eine Unterkunft finden können.

Hier hätten die deutschen Behörden aber nicht dargelegt, warum dies nicht mehr von Italien verlangt werden müsse. Dass sich die Verhältnisse für asylsuchende Familien mit Kleinkindern in Italien verbessert haben, sei angesichts von dortigen Kostensenkungen und Personalreduzierungen in den Unterbringungszentren nicht ersichtlich.

Az.: 10 LA 192/19