sozial-Recht

Landessozialgericht

Pflegeunterstützungsgeld nicht für Selbstständige



Selbstständige können für die kurzfristige Pflege eines Angehörigen kein Pflegeunterstützungsgeld für erlittenen Verdienstausfall verlangen. Die bis auf zehn Tage beschränkte Hilfeleistung können nach dem Willen des Gesetzgebers nur Beschäftigte, nicht aber Selbstständige, Beamte, Hartz-IV-Bezieher und Arbeitslosengeld-I-Empfänger verlangen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 9. April veröffentlichten Beschluss.

Seit 2008 haben Beschäftigte bei einer "kurzen Arbeitsverhinderung" wegen der akut anfallenden Pflege eines nahen Angehörigen für höchstens zehn Tage Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld. Die Pflegekasse zahlt dann 90 Prozent des tatsächlich ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts, jedoch nicht mehr als 70 Prozent der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze, insgesamt derzeit 109,38 Euro pro Kalendertag.

Selbstständige gelten dabei jedoch nicht als "Beschäftigte", so dass sie für eine übernommene Kurzzeitpflege kein Pflegeunterstützungsgeld beanspruchen können. Eine Ausnahme besteht nur für selbstständige Landwirte, weil die Pflichtmitglied der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind.

Im konkreten Fall wollte eine selbstständige Rechtsanwältin das nicht hinnehmen. Sie war kurzfristig für die Pflege ihres querschnittsgelähmten Bruders eingesprungen. Die Tante, die zuvor die Pflege übernommen hatte, hatte einen Schlaganfall erlitten.

Anwältin sah "Regelungslücke"

Die Anwältin meinte, dass eine gesetzliche Regelungslücke bestehe. Der Gesetzgeber habe mit dem Pflegeunterstützungsgeld nahen Angehörigen die Möglichkeit zur Bewältigung der akuten Pflegesituation geben wollen, ohne dass diese finanzielle Verluste erleiden. Sie habe wegen der Pflege ihres Bruders ihre Arbeit einstellen und Termine verlegen müssen.

Das LSG sprach ihr jedoch kein Pflegeunterstützungsgeld zu. Nur weil eine gesetzliche Regelung aus sozial- oder rechtspolitischen Erwägungen als unbefriedigend empfunden werde, liege noch keine planwidrige gesetzliche Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber habe mit seinem weiten Gestaltungsspielraum ausdrücklich Selbstständige vom Pflegeunterstützungsgeld ausgeschlossen. Zweck der Regelung sei nicht "eine allgemeine Ausweitung von flankierenden sozialen Leistungen für Pflegepersonen, sondern nur eine verbesserte Absicherung" für "Beschäftigte", die sich von der Arbeitsleistung wegen familiärer Pflege befreien lassen oder an der Arbeitsleistung gehindert sind.

Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen seien gerade wegen ihrer abhängigen Beschäftigung auch besonders schutzbedürftig. Das Pflegezeitgesetz und damit auch das Pflegeunterstützungsgeld wolle hier die Rückkehr in das Berufsleben erleichtern. Selbstständige seien mit Beschäftigten aber nicht vergleichbar. Sie könnten auch ohne Freistellung Arbeitszeit und -ort selbst bestimmen. Hier habe die Anwältin selbst angegeben, dass sie Termine verlegen konnte.

Az.: L 4 P 2797/19