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Psychologin: Schulen müssen sich viel mehr um Kinder kümmern



Im Lockdown der kommenden Wochen müssen sich nach Ansicht der Marburger Psychologin Hanna Christiansen Schulen und Betreuungseinrichtungen viel stärker als bisher um die Kinder und Jugendlichen kümmern. Es reiche für den Online-Unterricht nicht aus, einfach Lernaufgaben auf Plattformen zu stellen, sagte Christiansen dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Lehrkräfte müssen kreative Lösungen entwickeln, um die soziale Funktion von Schule zu ermöglichen."

Größtes Problem für die Kinder und Jugendlichen sei, dass mit der weitgehenden Schließung von Schulen und Kitas eine strukturierte Beschäftigung und Kontakte wegfielen. In Ländern wie Dänemark, Kanada oder den USA habe sich in der Corona-Krise lediglich die Form des Unterrichts geändert, nicht aber der Unterricht als solcher. Er beginne dort vielfach wie vor der Pandemie für alle Lehrkräfte und Schüler um acht Uhr, nur eben online. In Deutschland würden die Kinder aber häufig mit den Aufgaben alleingelassen.

Regelmäßige Tagesstrukturen

"Die Schulen hatten jetzt acht Monate Zeit sich umzustellen", kritisierte die Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie an der Universität Marburg. "Es ist ein Skandal, dass das nicht passiert ist." Lehrer könnten beispielsweise Lerngruppen aus schwächeren und stärkeren Schülern bilden und die Kommunikation der Jugendlichen untereinander fördern.

Ursache ist ihrer Auffassung nach die verschleppte Digitalisierung. Stabile Internetverbindungen fehlten, Kultusministerien hätten die Modernisierung verschlafen. Statt Milliardensummen für Konzerne wie die Lufthansa auszugeben, müsse jetzt in die Zukunft der Kinder investiert und Schüler mit Computern und Laptops ausgestattet werden.

Die Wissenschaftlerin rät den Eltern, im Lockdown regelmäßige Tagesstrukturen beizubehalten. Das familiäre Zusammenleben könne wie in einer studentischen Wohngemeinschaft organisiert werden, mit Freiräumen und Pflichten. Eltern im Homeoffice sollten sich bei der Kinderbetreuung abwechseln. Bei jüngeren Kindern eigne es sich am besten, den Tag an den Schlafrhythmus der Kleinen anzupassen und "Ruhezeiten geschickt zu nutzen". Die Psychologin empfahl, den Lockdown als kreative Pause zu nutzen und die Kinder anzuregen, neue Sachen auszuprobieren.

Stefanie Walter


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