sozial-Branche

Corona

Interview

Verband: Noch keine Daten zur Impfbereitschaft der Pflegekräfte




Bernd Meurer
epd-bild/bpa/Jürgen Henkelman
Umfragen zeigen, dass bei Pflegekräften und Ärzten keine besonders hohe Impfbereitschaft besteht - obwohl sie im Beruf täglich mit Corona-Infizierten zu tun haben. Bernd Meurer, Chef des Bundesverbandes private Anbieter sozialer Dienste (bpa), verweist im Interview darauf, dass es noch keine belastbaren Daten dazu gibt. Seine Organisation werbe "um jeden Impfwilligen".

Verbandschef Bernd Meurer sieht in einer Distanz von Pflegefachkräften zu Corona-Impfungen keine generelle Ablehnung der Immunisierung. Viele Pflegekräfte seien noch unsicher, etwa wegen möglicher Nebenwirkungen, und wollten sich erst noch informieren, betont der Präsident des Bundesverbandes private Anbieter sozialer Dienste (bpa) im Interview. "Wir gehen davon aus, dass die Impfbereitschaft erheblich stiege, würde wissenschaftlich belegt sein, dass von geimpften Personen keine Infektionsgefahr ausgeht." Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Es gibt Hinweise, wonach die Bereitschaft des Altenpflege- wie auch des Klinikpersonals nicht besonders hoch ausgeprägt ist, sich gegen Corona impfen zu lassen. Hat Ihre Organisation dazu schon Erkenntnisse?

Bernd Meurer: Zurzeit haben wir noch keine verlässlichen Daten darüber, wie viele Fachkräfte sich bereits haben impfen lassen. Aus einer Umfrage der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin geht jedoch hervor, dass sich rund die Hälfte der Pflegekräfte momentan nicht impfen lassen will.

epd: Können Sie das erklären?

Meurer: Der Grund dafür liegt nicht in einer generellen Impfskepsis, sondern daran, dass einige noch etwas Zeit brauchen und sich umfassend informieren wollen. Auch über die Frage der fortbestehenden erforderlichen Schutzmaßnahmen. Die Zurückhaltung liegt sicherlich zum Teil daran, dass Pflegekräfte auch nach der Impfung die Hygieneregeln einzuhalten haben. Vor allem werden sie auch weiterhin FFP2-Masken tragen müssen. Insofern bringt die Impfung außer dem Schutz vor schwerem Verlauf bei einer Infektion noch keine berufliche Alltagserleichterung. Aber wir gehen davon aus, dass die Impfbereitschaft erheblich stiege, würde wissenschaftlich belegt sein, dass von geimpften Personen keine Infektionsgefahr ausgeht. Wir werben um jeden Impfwilligen. Einen Impfzwang halten wir nicht für durchsetzbar.

epd: Hat der bpa eigene Umfragen zur Impfbereitschaft beim Personal gemacht?

Meurer: Nein, das haben wir nicht. Aufgrund der Rückmeldungen unserer Mitglieder schätzen wir die Impfbereitschaft jedoch höher ein als 50 Prozent.

epd: Plant der bpa spezielle Kampagnen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Mitgliedseinrichtungen zum Impfen zu bewegen?

Meurer: Nein. Aber wir stellen unseren Mitgliedern seit Beginn der Impfplanung alle offiziell verfügbaren Informationen rund um die Impfungen zur Verfügung. Das ist unser Beitrag zur Unterstützung der Impfkampagne der Bundesregierung. Mit den eigenen Materialien motivieren unsere Mitgliedsunternehmen natürlich ihre Mitarbeiter, sich impfen zu lassen. Dabei leisten sie viel Überzeugungsarbeit und erläutern immer wieder aufs Neue, dass jeder geimpfte Mitarbeiter das Risiko in den Einrichtungen senkt und Leben schützt. Trotzdem bleibt die Impfung freiwillig, und wir können niemanden zwingen, sie durchführen zu lassen.

epd: Wie bewerten Sie die aktuelle Impfstrategie?

Meurer: Wir kritisieren das Fehlen einer speziellen Impfstrategie für die häusliche Pflege. Weder haben die Länder ein einheitliches Konzept zur Umsetzung der Impfungen der ambulanten Pflegekräfte noch für die große Mehrheit der zu Hause lebenden pflegebedürftigen Menschen.

epd: Warum muss hier nachgebessert werden?

Meurer: Wer glaubt, dieser Personenkreis könne vernachlässigt werden, wird anhand der Infektionshäufigkeit in Privathaushalten eines Besseren belehrt. Welche Hürden allein die Vereinbarung eines Impftermins für 80-Jährige oder deren häufig genauso alten pflegenden Angehörigen darstellen, liegt auf der Hand. Warteschleifen in der Telefonhotline und eine aufzusuchende Webseite sind vielleicht für die jüngere Bevölkerung zu vernachlässigende Probleme, nicht aber für betagte Pflegebedürftige.



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