sozial-Recht

Oberverwaltungsgericht

Rechtliche Anforderungen an Befreiung von Maskenpflicht umstritten




Maskenpflicht in der Fußgängerzone
epd-bild/Norbert Neetz
Die Maskenpflicht ist eine tragende Säule zum Gesundheitsschutz in der Corona-Pandemie. Ob für die Befreiung davon ein genaues Attest erforderlich ist, ist rechtlich umstritten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin äußerte in einem aktuellen Beschluss hier Datenschutzbedenken.

Die wegen der Corona-Pandemie eingeführte Maskenpflicht soll das Risiko einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus verringern. Unter welchen Voraussetzungen Menschen aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit werden können, ist jedoch nicht immer klar. So entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in zwei am 7. Januar bekanntgegebenen Beschlüssen, dass für die Befreiung von der Maskenpflicht zwar die Vorlage eines ärztlichen Attestes im Original verlangt werden kann. Es gebe aber Datenschutzbedenken, dass die ärztliche Bescheinigung auch Angaben zu konkreten Diagnosen enthalten darf, entschieden die Berliner Richter.

Aus Datenschutzgründen bedenklich

Damit bekam ein Mann aus Brandenburg vorläufig recht. Die Landesbestimmungen schreiben fest, dass das Attest konkrete Diagnosen und Angaben enthalten muss, warum diese eine Befreiung von der Maskenpflicht erforderlich machen. Damit müsse der Betroffene vielen Personen Auskunft über seinen Gesundheitszustand geben, ohne dass diese zur Verschwiegenheit verpflichtet seien.

Dies sei aus Datenschutzgründen bedenklich, da es sich bei Gesundheitsdaten um besonders sensible Daten handele. Bis zur Entscheidung in der Hauptsache setzte das Gericht die entsprechenden brandenburgischen Bestimmungen daher außer Vollzug.

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat dagegen bei der Offenlegung konkreter Diagnosen im ärztlichen Attest keine Datenschutzbedenken. In einem am 8. Januar bekanntgegebenen Beschluss billigten die Richter damit den Ausschluss einer Auszubildenden vom Präsenzunterricht in einer Berufsschule.

Die Frau hatte mit einer Klinik einen Ausbildungsvertrag zur Physiotherapeutin abgeschlossen, wollte aber die vorgeschriebene Maske im Berufsschulunterricht nicht tragen. Sie legte ein nicht näher begründetes Attest zur Befreiung von der Mund-Nasen-Bedeckung vor. Die Klinik akzeptierte dies nicht. Die Auszubildende könne am Präsenzunterricht nur mit einer Mund-Nasen-Bedeckung teilnehmen.

Muster zum Selbstausfüllen

Das OLG stimmte dem zu und verwies auf die Vorgaben der Sächsischen Landesärztekammer. Diese verlangten, dass die für die Befreiung von der Maskenpflicht hierfür ausgestellten ärztlichen Bescheinigungen konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten müssen. Auch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Maskentragen im Unterricht müssten benannt werden. Atteste ohne gesicherte ärztliche Diagnose oder gar blanko unterschriebene Muster zum Selbstausfüllen würden nicht als berufsrechtsgemäß angesehen.

Auch das Verwaltungsgericht Würzburg entschied mit Beschluss vom 24. November vergangenen Jahres im Fall dreier Schulkinder, dass diese sich nur mit einem genau begründeten ärztlichen Attest von der Maskenpflicht im Schulbus befreien lassen können. Dabei müssten relevante Vorerkrankungen ebenso genannt werden wie die Grundlage, auf der die ärztliche Einschätzung beruht. Datenschutzrechtliche Bedenken gebe es dagegen nicht.

Hier habe der Arzt nur allgemeine Beschwerden wie Übelkeit und Atembeschwerden beim Tragen der Maske angeführt. Der Bezug zur konkreten Tragesituation im Schulbus fehle. Auch müsse berücksichtigt werden, dass der Arzt sich generell gegen eine Maskenpflicht für gesunde Kinder ausgesprochen habe.

Kein Zutritt ohne Maske

Doch selbst wenn jemand konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen belegen kann, kann eine Mund-Nasen-Bedeckung verlangt werden. So entschied das Amtsgericht München in zwei am 7. August 2020 bekanntgegebenen Beschlüssen, dass eine Einrichtung der freien Wohlfahrtspflege einem wohnsitzlosen Mann ohne Maske den Zutritt verwehren kann.

Im Streitfall hatte der Wohlfahrtsträger einem 40-jährigen Wohnsitzlosen ohne Maske den Zutritt zu einer Essensausgabe und einer Tageseinrichtung wegen des Ansteckungsrisikos verweigert. Der Mann berief sich ohne Erfolg auf sein ärztliches Attest und sein darin bescheinigtes schweres Asthma. Das Essen wurde ihm jedoch auf Wunsch nach draußen gebracht.

Das Amtsgericht hielt dies für rechtmäßig. Im Grundsatz dürften private Eigentümer selbst entscheiden, wen sie in ihre Räume lassen.

Az.: OVG 11 S 132/20 und OVG 11 S 138/20 (OVG Berlin)

Az.: 6 W 939/20 (OLG Dresden)

Az.: W 8 E 20.1772 (Verwaltungsgericht Würzburg)

Az.: 275 C 12174/20 und 275 C 12175/20 (Amtsgericht München)

Frank Leth