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Forensik-Experte warnt vor verfrühter Entlassung



Forensik-Experten warnen davor, den Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter wieder zu verkürzen. Inzwischen seien bundesweit mehr als ein Viertel der rund 8.000 Forensik-Patienten mindestens für zehn Jahre im deutschen Maßregelvollzug untergebracht, erklärte der Maßregelvollzugsdezernent des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Tilmann Hollweg, am 2. März in Lippstadt-Eickelborn. Zugleich wachse die Kritik durch die Öffentlichkeit, dass Straftäter viel zu schnell in den Maßregelvollzug kämen und dort zu lange blieben. Deshalb setzten sich Strafverteidiger häufig für eine zeitlich begrenzte Gefängnisstrafe anstatt einer unbefristeten Klinikunterbringung ein.

Es sei zwar problematisch, wenn psychisch Kranke wegen vergleichbarer Straftaten deutlich länger untergebracht seien als gesunde Straftäter, sagte der Forensik-Experte bei der Eröffnung der größten deutschen Expertentagung der forensischen Psychiatrie. Auch sei es grundsätzlich richtig, bei Maßregelvollzugspatienten das Delikt, den Therapiestand und die Gefährdungsprognose nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Riskant werde es jedoch, wenn die Patienten aufgrund eines Gerichtsbeschlusses entlassen werden müssten, obwohl die Klinikexperten eine Rückfallgefährdung nicht ausschließen könnten.

Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit bei Maßregelvollzug haben sich in den vergangenen Jahren nach Worten des Forensik-Experten stark verändert. Nach der jahrelangen Parole "Wegsperren für immer" sei jetzt die Klage darüber populär, dass Straftäter viel zu schnell in den Maßregelvollzug hinein kämen. Die durchschnittliche Unterbringungsdauer in forensischen Kliniken für schuldunfähige Täter ist nach Worten von Hollweg bundesweit auf acht Jahre gestiegen. Im Jahr 2008 betrug die Verweildauer noch sechs Jahre.

Bei der 31. Eickelborner Fachtagung des LWL befassten sich rund 500 Teilnehmer drei Tage lang mit der Behandlung von psychisch kranken Straftätern sowie Sicherheit und Ethik im Strafvollzug. Unter dem Titel "Abwege und Extreme" diskutieren Kriminologen, Psychiater und Sozialwissenschaftler über Herausforderungen der Forensischen Psychiatrie.


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