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Piktogramme erklären Flüchtlingen die deutsche Gesellschaft




Piktogramme sollen Flüchtlingen helfen, in die deutsche Gesellschaft hineinzufinden.
epd-bild/Jörg Nielsen
Ob im Flughafen, im Zug oder in einer fremden Stadt: Piktogramme erleichtern das Zurechtfinden in fremder Umgebung. Oldenburger Studierende haben nun Piktogramme für Flüchtlinge entwickelt, um ihnen die Regeln im deutschen Alltag zu erklären.

Eine stilisierte Waage, links und rechts auf den Wiegeschalen je eine angedeutete Frau und ein Mann - mehr braucht es nicht, um eine wesentliche Regel der deutschen Gesellschaft zu erklären: Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Ein Semester lang haben Studierende des Fachbereichs Kunst und Kommunikation an der Oldenburger Universität Piktogramme entwickelt, um ankommenden Flüchtlingen möglichst einfach die grundlegenden Regeln in Deutschland zu erklären. Rund 70 Entwürfe sind noch bis zum 29. Mai im Oldenburger Horst-Janssen-Museum zu sehen.

Die Idee zu den Piktogrammen stammt von der Stabsstelle für Integration der Stadt Oldenburg, sagt die ungarischstämmige Künstlerin Teréz Fóthy, die das Projekt fachlich begleitet hat. Piktogramme seien ideal, um die Regeln einer Gesellschaft zu verdeutlichen: "Sie sind kompromisslos und ohne Zwischentöne reduziert auf eine Botschaft, die von Menschen jeder Sprache und Kultur verstanden werden. So können sie auch Werte vermitteln."

Auch die Entsorgung von Klopapier wird dargestellt

Die Themen sind vielfältig: Sie reichen von Pünktlichkeit, über Familienmodelle, Warnungen vor dem Fahrradfahren mit dem Handy oder unter Alkoholeinfluss über Ruhezeiten bis hin zur Entsorgung von Toilettenpapier und Tampons. Die Piktogramme warnen vor dem Kleingedruckten in Handyverträgen oder erklären das deutsche Notrufsystem mit der 110 für die Polizei und 112 für die Rettungskräfte. Selbst für das Schwimmen mit Kopftuch und für die typisch oldenburgischen Kohlfahrten gibt es eine eingängige Darstellung.

Die Oldenburger Diakonie unterstützt das Projekt finanziell. "Wir halten das für eine tolle Idee, um Menschen ins Gespräch zu bringen", sagt Diakoniesprecher Frerk Hinrichs. Die Piktogramme sollen großformatig in Gemeinschaftsunterkünften aufgehängt und bei Integrationsmaßnahmen der Flüchtlingshilfe genutzt werden. Dazu sollen die Piktogramme im Postkartenformat auch an die Flüchtlinge verteilt werden.

Die 13 Studentinnen und zwei Studenten seien sehr kreativ an die Aufgabe herangegangen, sagt die Dozentin für Druckgrafik und Leiterin der grafischen Werkstätten, Katia Liebmann. Sie vermittelte den Studierenden die handwerklichen Fähigkeiten: "Einige Entwürfe haben einen hohen künstlerischen Wert."

Sexuelle Belästigung auf der Agenda

Zunächst hätten die Studierenden sich auf Alltagsprobleme konzentriert, berichtet Fóthy. "Das hat sich nach der Silvesternacht in Köln schlagartig geändert." Plötzlich ging es um sexuelle Belästigung, um Gleichberechtigung und um Gewalt. Sie zeigt auf ein eindrucksvolles Bild von Sveja Möller mit einer knienden Frau und einem stehenden Mann, der mit einem Gürtel samt Schnalle zum Schlag ausholt. Das schwarz-weiße Piktogramm ist überlegt mit einem roten Kreis und einem schrägen Balken. "Die Botschaft ist klar: Männer dürfen in Deutschland keine Frauen schlagen", unterstreicht die Künstlerin.

Auf einer blau-lila-farbenen Postkarte von Naomi Layla Weiss sind die in Deutschland akzeptierte Familienformen zu sehen: Die traditionelle Form mit Vater und Mutter, aber auch Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern. Bei einer Vorstellung der Piktogramme in einer Männergruppe von Migranten habe dies zu einer leidenschaftlichen Diskussion über familiäre Werte geführt, sagt Fóthy. "Mission erfüllt", fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu.

Jörg Nielsen

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