sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Beweislastumkehr bei fehlender Einwilligung in Operation



Willigt ein Patient nicht wirksam in eine Operation ein, gilt für Klinik und Arzt bei aufgetretenen Gesundheitsschäden eine Beweislastumkehr. Dann müssen sie beweisen, dass der Patient ohne den rechtswidrig ausgeführten Eingriff unter denselben Gesundheitsbeschwerden leiden würde, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 26. April veröffentlichten Urteil. Gelingt dieser Beweis nicht, kann dies einen Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch begründen.

Konkret ging es um ein 2001 geborenes Mädchen, bei dem ein gutartiger Tumor festgestellt wurde. Das Geschwulst konnte nur teilweise entfernt werden. Es verblieb eine Lähmung auf der rechten Seite. Als sich nach dem Eingriff in dem verbliebenen Tumor noch eine Zyste bildete, rieten die behandelnden Ärzte, die dabei entstandene Flüssigkeit abzuleiten.

Die Eltern willigten in diesen Eingriff auch ein. Doch der Operateur versuchte stattdessen eine vollständige Entfernung des Tumors. Das Kind war danach fast ganz gelähmt, blind und konnte nie sprechen. Es starb im Alter von zwölf Jahren.

Noch vor ihrem Tod hatten die Eltern für ihre Tochter Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro verlangt. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sprach ihnen aber nur 50.000 Euro Schadenersatz zu. Die Eltern hätten nicht nachgewiesen, dass wegen der Operation der Krankheitsverlauf besonders schwer sich entwickelt habe.

Der BGH hob dieses Urteil auf. Die fehlende wirksame Einwilligung in die Operation führe zu einer Beweislastumkehr. Es sei damit nicht Sache der Eltern gewesen, zu beweisen, dass die Behandlung der Zyste zu ähnlich schweren Folgen geführt hätte wie die Entfernung des Tumors. Das OLG müsse daher die Höhe von Schadenersatz und Schmerzensgeld neu festsetzen.

Az.: VI ZR 467/14


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