sozial-Branche

Forschung

Wenig Wissen über Migration



Mehrere Migrationsforscher haben ein ernüchterndes Bild vom Wissen über die internationalen Flüchtlingsströme gezeichnet. Der aktuelle Kenntnisstand sei sehr begrenzt, heißt es in einem Artikel der Fachzeitschrift "Science", der am 19. Mai erschienen ist. Frans Willekens vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock betont darin mit drei weiteren Experten, dass der Wissensstand derzeit so begrenzt ist, "dass wir ihn nicht heranziehen können, um Entscheidungen für den Umgang mit den aktuellen Migrationsströmen fällen zu können".

Weiter beklagen die Forscher, dass dieses fehlende Wissen dazu geführt habe, dass ein falsches Bild von dem Ausmaß der aktuellen Migrationen entstanden sei. Die Experten warben dafür, die Forschung auszuweiten, "denn auch für die Politik sind sie von großer Bedeutung". Europa habe natürlich in den vergangenen zwei Jahren einen starken Zustrom von Flüchtlingen erfahren. Gemessen an der Weltbevölkerung ist die Zahl der Menschen, die nach Europa kommen, immer noch gering", sagte Willekens. Dieser Zustrom zeige aber, was Globalisierung bedeute und dass Deutschland und Europa dringend eine Haltung angesichts dieser zunehmend vernetzten Welt finden müssen, so der Wissenschaftler.

Die Forscher stellen zudem fest, dass von den Behörden diejenigen, die das Land wieder verlassen, zahlenmäßig kaum erfasst werden. Willekens: "Diese unvollständigen Informationen führen dazu, dass sowohl die Zahl der Flüchtlinge, als auch die Zahl der hier lebenden Einwanderer im Allgemeinen überschätzt werden."

Insgesamt wisse man viel zu wenig über Migration, um verlässliche Aussagen treffen zu können. Das größte Manko seien die Daten", sagte Willekens. Um das Manko rasch zu beheben, fordern die Wissenschaftler unter anderem, dass die Statistikämter weltweit besser miteinander kooperieren. "Die Daten müssen entsprechend der Empfehlungen der Vereinten Nationen vergleichbar und einfach zugänglich sein."

Die Experten empfehlen außerdem, eine regelmäßige weltweite Erhebung zur Migration einzuführen (World Migration Survey), in der Daten in den Herkunftsländern, den Ankunftsländern und den Transitländern erhoben werden. Vergleichbar große Programme habe es bereits in der Vergangenheit gegeben, wie zum Beispiel das World Fertility Survey. Darin wurden Daten zur Fertilität in der ganzen Welt gesammelt.

Schließlich müssten Migration und Diversität in der universitären Lehre mehr Platz bekommen. "Ziel ist es, Menschen auszubilden, die in der Lage sind die Datensammlung zu begleiten und aus den Ergebnissen politische Handlungsempfehlungen abzuleiten", erläuterte Willekens.

Das MPIDR ist nach eigenen Angaben eine der größten demografischen Forschungseinrichtungen in Europa und zählt zu den internationalen Spitzeninstituten in dieser Disziplin. Es gehört zur Max-Planck-Gesellschaft, einer der weltweit renommiertesten Forschungsgemeinschaften.


« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Flüchtlingskinder dürfen nicht einfach "verschwinden"

Zum "Internationalen Tages des vermissten Kindes" hat der Internationale Sozialdienst (ISD) im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge mehr Gegenmaßnahmen der Politik angemahnt. Der steigenden Zahl "verschwundener" Flüchtlingskinder müsse rasch entgegengewirkt werden, erklärte die Organisation am 25. Mai in Berlin.

» Hier weiterlesen

Verein "rubicon" unterstützt homosexuelle Asylbewerber

In vielen Ländern Afrikas und Arabiens ist Homosexualität ein Tabu oder steht unter Strafe. Doch für homosexuelle Asylbewerber geht die Diskriminierung in Deutschland oftmals weiter. Der Verein "rubicon" will ihnen ein angstfreies Leben ermöglichen.

» Hier weiterlesen

"Vermögen muss stärker umverteilt werden"

Sozialexperten mahnen Schritte zur stärkeren Umverteilung des Vermögens in Deutschland an. Es müsse mehr Geld für die Schaffung eines sozialen Arbeitsmarktes, für sozialen Wohnraum und inklusive Bildung zur Verfügung gestellt werden, forderte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsbandes, Ulrich Schneider, am 20. Mai in Köln bei der Konferenz "Armut im Rheinland" der Bundestagsfraktion der Linken. "Wir fordern eine rigorose Umverteilungspolitik, die sich einsetzt für die Besteuerung hoher Vermögen und eine stärkere Besteuerung sehr hoher Einkommen."

» Hier weiterlesen