sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Unter Druck erzielter Aufhebungsvertrag ist gültig




Manipulationen bei den Pflegezeiten rechtfertigen eine Entlassung.
epd-bild/Werner Krüper
Ein Arbeitgeber hat nach einem aktuellen Gerichtsurteil das Recht, einen Angestellten vor die Wahl zwischen einer fristlosen Kündigung und dem Unterzeichnen eines Aufhebungsvertrages zu stellen.

Eine "widerrechtliche Drohung" des Arbeitgebers liegt nur dann vor, wenn es für die angedrohte Kündigung keine ernsthaften Gründe gibt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 19. Mai veröffentlichten Urteil. Damit gibt es für eine Altenpflegerin, die einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, kein Zurück mehr.

Die 51-Jährige Frau arbeitete sei 2012 bei einem Pflegedienst. Die Pflegedienstleitung gab genau vor, wo die Altenpflegerin die ambulante Pflege erbringen sollte. In einem mobilen Datenerfassungsgerät dokumentierte die Frau ihre geleistete Arbeit und die dafür erbrachten Zeiten.

Doch dabei nahm sie es nicht sonderlich genau. Der Arbeitgeber stellte fest, dass die Beschäftigte eigenmächtig die vorgegebenen Touren geändert hatte. Die eingegebenen Zeiten wurden so manipuliert, dass Pausen als Arbeitszeit gekennzeichnet wurden. Auch zwei Auszubildende hatte sie zur Falscheingabe überredet.

Der Arbeitgeber stellte die Beschäftigte daraufhin vor die Wahl: Entweder sie unterzeichne einen Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis "im gegenseitigen Einvernehmen" endet oder sie werde wegen des Arbeitszeitbetrugs fristlos gekündigt. Auch eine Strafanzeige behielt sich der Arbeitgeber vor.

Die Frau unterschrieb die Vereinbarung, wollte davon aber später nichts mehr wissen. Der Aufhebungsvertrag sei nichtig, da ihr der Arbeitgeber mit der Kündigung "widerrechtlich gedroht" habe.

Drohung zulässig

Das LAG hielt den Aufhebungsvertrag über das Ende des Arbeitsverhältnisses für rechtmäßig. Die Abgabe von Willenserklärungen, die widerrechtlich durch Drohungen erreicht worden sind, könnten zwar nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch angefochten werden. Hier sei der Klägerin auch mit einer Kündigung und einer Strafanzeige gedroht worden.

Doch dies war nicht "widerrechtlich", so die Mainzer Richter. "Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte", heißt es in dem Urteil. Könne der Arbeitgeber dagegen davon ausgehen, dass die angedrohte Kündigung im Arbeitsgerichtsverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit Bestand habe, sei die Drohung zulässig.

Der Pflegedienst konnte davon ausgehen, dass der dringende Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs vorlag. Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung habe er daher in Erwägung ziehen können. Gleiches gelte auch für die Strafanzeige wegen Betruges.

Az.: 4 Sa 180/15

Frank Leth

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