sozial-Recht

Gerichtshof für Menschenrechte

Großbritannien wegen zu langer Auslieferungshaft verurteilt



Großbritannien ist wegen der übermäßig langen Inhaftierung eines abgelehnten Asylbewerbers vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Der Iraner hatte insgesamt über viereinhalb Jahre in Auslieferungshaft verbracht, ungefähr ein Jahr davon wurde nun wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention als unrechtmäßig beurteilt, erklärte das Gericht am 19. Mai in Straßburg. Der britische Staat muss dem Mann dafür 7.500 Euro Schadenersatz und 10.000 Euro Auslagenerstattung zahlen.

Der 1971 geborene Iraner war nach Darstellung des Gerichts 2003 nach Großbritannien gekommen und hatte Asyl beantragt, was im Oktober desselben Jahres abgelehnt wurde. In der folgenden Zeit kam der Mann zunächst wegen einer Sexualstraftat ins Gefängnis und sollte danach abgeschoben werden. Stattdessen musste er insgesamt 55 Monate wegen seiner Einwanderung und geplanten Abschiebung in Haft verbringen, insbesondere zwischen März 2005 und Dezember 2007 sowie erneut zwischen Januar 2008 und Dezember 2009.

In der Haft hatte der Mann zunächst einer Abschiebung nach Iran zugestimmt, wie der Menschenrechtsgerichtshof erklärte. Dann aber habe er Vorbehalte geltend gemacht und nicht in der von den Behörden gewünschten Weise kooperiert, vor allem was die Beantragung von Reisedokumenten anging. Zugleich ging der Mann juristisch gegen die Haft vor. Dies führte zu seiner Freilassung und einem Gerichtsurteil in Großbritannien, welches den Behörden fehlende Sorgfalt bei der Bearbeitung des Falles vorwarf und die Haftzeit ab einem bestimmten Zeitpunkt beanstandete.

Großbritannien wurde schon durch das britische Urteil zu Schadenersatz von umgerechnet rund 7.900 Euro verurteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschädigte nun einen weiteren Teil der Haftzeit. Ein großer Teil der Haft konnte vor dem europäischen Gericht einer Sprecherin zufolge nicht angefochten werden, weil der Mann für die betreffende Zeit den nationalen Rechtsweg nicht ausgeschöpft hatte.

Az.: 37289/12


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