Ausgabe 28/2016 - 15.07.2016
Luxemburg (epd). Die Entlassung einer Muslimin in Frankreich wegen ihres Kopftuchs ist nach Ansicht der Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Eleanor Sharpston, rechtswidrig. Die Projektingenieurin sei in den Augen der Generalanwältin wegen ihrer Religion benachteiligt worden, erklärte der EuGH am 13. Juli in Luxemburg. Denn "ein Projektingenieur, der seine Religion oder Weltanschauung nicht bekannt hätte, wäre nicht entlassen worden", heißt es in der Mitteilung des Gerichts unter Berufung auf Sharpstons Schlussanträge in dem Fall. Die Schlussanträge der Generalanwältin bilden ein unabhängiges Gutachten für die Richter des EuGH, deren Urteil folgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Frau hatte nach Schilderung des EuGH von Mitte 2008 an für ein französisches IT-Beratungsunternehmen als Projektingenieurin gearbeitet. Zu ihren Aufgaben gehörten auch Kundenbesuche. Dabei soll sich einer der Kunden über ihr Kopftuch beschwert haben. Die Firma verlangte daraufhin von der Muslimin, das Tragen des Kopftuchs bei dem nächsten Besuch zu unterlassen. Nachdem die Frau dies abgelehnt hatte, wurde sie nach Angaben des EuGH im Juni 2009 entlassen.
Nachdem die Frau in Frankreich geklagt hatte, bat ein französisches Gericht den EuGH um Klärung. Denn der Fall berührt eine EU-Richtlinie. Ihr zufolge ist Diskriminierung am Arbeitsplatz wegen der Religion oder Weltanschauung verboten. Das Gesetz lässt Ausnahmen zu, insbesondere wenn es um wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen geht. Die EuGH-Generalanwältin sah dies aber nicht gegeben. In ihren Augen sei nicht ersichtlich, dass die Frau "ihre Aufgaben als Projektingenieurin nicht habe wahrnehmen können, weil sie ein islamisches Kopftuch getragen habe", erklärte das Gericht.
Az.: C-188/15