Ausgabe 28/2016 - 15.07.2016
Karlsruhe (epd). Stellt ein abgeschobener Asylbewerber einen Antrag auf Familienzusammenführung mit seiner seit Jahren in Deutschland lebenden Familie, muss er sich gegen eine ablehnende Entscheidung der Ausländerbehörde auch gerichtlich wehren können. Wenn darüber hinaus Anhaltspunkte für eine "außergewöhnliche Härte" vorliegen, müssen Gerichte Prozesskostenhilfe gewähren, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am 5. Juli veröffentlichten Beschluss. Denn solche schwierigen Rechtsfragen könnten nur im Hauptsacheverfahren und nicht bereits im Verfahren um die Prozesskostenhilfe geklärt werden.
Damit kann sich ein abgeschobener Nigerianer wieder Hoffnung auf Familienzusammenführung machen. Als mehrere seiner Anträge auf Visumerteilung zur Familienzusammenführung abgelehnt wurden, wollte der 40-Jährige vor Gericht ziehen und beantragte Prozesskostenhilfe.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg lehnte dies ab. Auch wenn er seine Lebensgefährtin heiraten wolle und seine minderjährigen Kinder in Deutschland integriert seien, könnten sie ja nach Nigeria zu ihrem Vater ziehen. Die gesetzlich erforderliche "außergewöhnliche Härte" für die Visaerteilung liege nicht vor.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das OVG die Prozesskostenhilfe nicht hätte versagen dürfen. Hier handele es sich um schwierige ungeklärte Rechtsfragen, die nur im Hauptverfahren entschieden werden könnten.
Das Gericht habe das Vorliegen einer "außergewöhnliche Härte" verneint, weil die Familie zum Vater ziehen könne. Es sei aber gar nicht geklärt worden, inwieweit das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie hier berücksichtigt werden müsse. So wolle der Vater seine Partnerin heiraten. Auch die Kinder seien in Deutschland integriert. Ob insbesondere der ältesten Tochter ein dauerhafter Aufenthalt in Nigeria zugemutet werden kann, sei nicht geprüft worden.
Az.: 2 BvR 748/13