Ausgabe 41/2016 - 14.10.2016
Göttingen (epd). Die Göttinger Rechtsanwältin Fatme Merve Özdemir hat kritisiert, dass Roma aus den Westbalkan-Staaten trotz teils massiver Verfolgung kaum Chancen auf Schutz in Deutschland hätten. Im deutschen Asylverfahren komme es nur auf das Herkunftsland an, sagte Özdemir am Mittwoch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Roma würden jedoch in Serbien und dem Kosovo nicht akzeptiert und "in jeder Lebenssituation diskriminiert".
Dies betreffe nahezu alle Bereiche von der Schulausbildung über den Zugang zum Arbeitsmarkt bis zur gesundheitlichen Versorgung. Die Arbeitslosenquote der Roma liege im Kosovo bei rund 95 Prozent. Dort würden Roma-Frauen und Roma-Mädchen zudem häufig vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen, sagte Özdemir. Sie vertritt als Anwältin viele Roma-Flüchtlinge gegenüber Behörden und vor Gericht.
Trotz der Diskriminierungen würden Asylanträge von Roma "in kürzester Zeit abgelehnt", kritisierte die Juristin. Zugleich würden Abschiebungen eingeleitet. Die meisten Roma, die in der Bundesrepublik Asyl suchten, seien serbische oder kosovarische Staatsangehörige. Diese beiden Länder zählten zu den sogenannten sicheren Drittstaaten. "Dass Roma ein Minderheitenvolk sind, bleibt dabei unberücksichtigt."
In einigen Fällen gelinge es, für Roma eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu erstreiten. Dabei werde anders als beim Asylantrag nicht nach Herkunftsländern differenziert. Problematisch sei allerdings, dass die Begünstigten ihren Lebensunterhalt dann selbst sichern müssten.
"Wenn die Roma nur geduldet sind, besitzen sie meistens keine Arbeitserlaubnis, weil die Ausländerbehörde diese ihnen verweigert", sagte Özdemir. So entstehe häufig ein Dilemma: "Die Ausländerbehörde lehnt den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis ab, weil der Betroffene Sozialleistungen bezieht, erteilt diesem aber wiederum keine Arbeitserlaubnis."