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Krauthausen: Soziale Medien wichtig für Protest der Behinderten




Raul Krauthausen
epd-bild/Rolf Zöllner
Soziale Medien haben es behinderten Menschen nach Ansicht des Behindertenaktivisten Raul Krauthausen ermöglicht, ihre Stimme wirkungsvoll gegen das geplante Bundesteilhabegesetz zu erheben.

"Wir haben uns vor allem über soziale Medien sehr gut vernetzt", sagte Krauthausen dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir konnten dadurch unseren Protest organisieren. Außerdem haben wir über die Netzwerke sehr viel Unterstützung bekommen." Für 7. Novrmber haben mehrere Verbände aus Anlass der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf im Bundestag Protestaktionen in Berlin angekündigt.

Krauthausen ist prominentes Gesicht der Aktionen von Behindertenaktivisten gegen das geplante Bundesteilhabegesetz. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung behinderten Menschen ermöglichen, mehr am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Behindertenvertreter kritisieren aber zahlreiche Aspekte des Vorhabens. "Unser Anstoß war, dass unsere Interessen mal wieder weitgehend ausgeklammert sind. Wir hatten die Idee, der Politik direkt mitzuteilen, dass wir mit den Plänen nicht einverstanden sind", erläuterte Krauthausen. Unter dem Hashtag #nichtmeingesetz sammelten die Behindertenvertreter in den vergangenen Monaten den Protest und erreichten damit auf Twitter und Facebook große Aufmerksamkeit.

Sie hätten gezielt versucht, ihren Protest mediengerecht zu gestalten, etwa als Blinde im September in die Spree vor dem Berliner Reichstag sprangen, berichtete Krauthausen. "Als wir die Aufmerksamkeit in sozialen Netzwerken hatten, haben auch viele Medien berichtet. Sonst verstecken sie sich oft hinter Ausreden wie der, dass Behindertenthemen zu komplex seien", sagte Krauthausen. "Dabei ist die Gesellschaft schon viel weiter als viele Chefredakteure."

Außerdem seien die Informationen in den sozialen Medien für die Bewegung selbst wichtig gewesen. "Wir konnten durch unsere Aktionen viele Menschen motivieren, bei unserem Protest mitzumachen", sagte Krauthausen. Eine große Rolle habe die Kommunikation auf Facebook gespielt. "Wir haben dort viele Betroffene erreicht. Viele, die sich von sich aus niemals getraut hätten, ihre Meinung zu sagen, sind eingestiegen, als sie gesehen haben, wie viele andere mitmachen."

Inklusion funktioniere nur über Kontakte zwischen Behinderten und Nichtbehinderten, betonte Krauthausen. "Viele Menschen haben Berührungsängste, scheuen sich, auf Behinderte zuzugehen. Im Internet ist eine Behinderung aber erstmal gar kein Thema. Online kann man uns einfach ansprechen."

Dennoch sei das Internet für die Inklusion "Fluch und Segen zugleich", fügte Krauthausen hinzu. So habe er durch sein Engagement auch viele negative Kommentare bis hin zu Hassbotschaften bekommen. Und schließlich gebe es online auch eine Vielzahl neuer Barrieren: "Viele Videos haben keine Untertitel. Oder man findet bei Portalen zur Buchung von Unterkünften keine behindertengerechten", kritisierte Krauthausen. "Von einer gelungenen Inklusion sind wir weit entfernt."

Matthias Klein

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