Ausgabe 44/2016 - 04.11.2016
München (epd). Deutschland darf Flüchtlinge nicht nach Italien zurückschicken, wenn ihnen dort Obdachlosigkeit droht. Eine Überstellung nach Italien ist derzeit unmöglich, da die italienischen Behörden nicht zusichern können, dass Flüchtlinge angemessen untergebracht werden, entschied das Verwaltungsgericht München in einem am 26. Oktober veröffentlichten Urteil.
Damit muss ein nigerianischer Flüchtling nicht nach Italien zurück. Er hatte nach seiner Einreise in Deutschland am 31. Dezember 2015 Asyl beantragt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte diesen ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig ab. Er habe bereits zuvor in Italien um Asyl nachgesucht. Die Behörde wollte den Mann daher dorthin zurückschicken.
Das Verwaltungsgericht urteilte, dass die Rückführung des Mannes wegen "systemischer Schwachstellen" im italienischen Asylsystem aber rechtswidrig sei. Grundsätzlich sei zwar nach den Dublin-III-Vorschriften jenes Land für das Asylverfahren zuständig, in dem zuerst der Asylantrag gestellt wurde. Nach den EU-Richtlinien sei die Rücküberstellung aber unzulässig, wenn dort "mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit" schwere Grundrechtsverletzungen drohen. Dazu zählten nicht nur gravierende Mängel im Asylverfahren, sondern auch eine defizitäre Versorgung notwendiger Grundbedürfnisse wie die Unterbringung in einer Unterkunft.
In Italien seien die Notunterkünfte überfüllt, die Auffanglagern stünden vor dem Kollaps. Es drohe Obdachlosigkeit. In solch einem Fall sei die Rücküberstellung nach Italien ausgeschlossen, es sei denn die dortigen Behörden geben eine Garantie, dass der Flüchtling ein Dach über den Kopf erhält.
Az.: M 24 K 16.50482