sozial-Recht

Landessozialgericht

Einkünfte aus Pflegebetrug mindern nicht Sozialhilfe



Einkünfte aus einem strafbaren Pflegebetrug dürfen nicht bei der Sozialhilfe als Einkommen mindernd angerechnet werden. Haben pflegebedürftige Sozialhilfeempfänger solche finanziellen Leistungen erhalten, sind sie aber grundsätzlich zur Rückzahlung verpflichtet, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in zwei am 2. Februar bekanntgegebenen Beschlüssen.

Hintergrund der Rechtsstreitigkeiten sind bundesweite Ermittlungen gegen Pflegedienste. Diese stehen im Verdacht, Leistungen abgerechnet zu haben, die sie gar nicht erbracht haben. Neben Ärzten sind auch die Pflegebedürftigen mit im Boot. Letztere quittieren die erbrachte Pflege und erhalten dafür eine Art monatliche Gewinnbeteiligung. Allein bei einem Berliner Pflegedienst gibt es bei rund 300 Patienten den Verdacht, dass sie an einem Pflegebetrug mitgewirkt haben. Dies ergibt sich zumindest aus sichergestellten Kassenbüchern und Dienstplänen.

Bei den verdächtigen Pflegebedürftigen, die nicht nur Sozialleistungen für die Pflege, sondern auch Sozialhilfe für den Lebensunterhalt erhalten haben, kürzten die Sozialämter die Hilfeleistungen mit sofortiger Wirkung. In den beiden konkreten Fällen wertete die Behörde die "Gewinnbeteiligung" für den Pflegedienst als Einkommen, bei einer Frau ging die Staatsanwaltschaft von Zahlungen im fünfstelligen Bereich aus.

Gegen die sofortige Kürzung ihrer Sozialhilfe legten die im Verdacht stehenden Pflegesünder Beschwerde ein. Vor dem LSG bekamen sie nun vorerst recht. Dabei wurde offengelassen, ob die Antragsteller tatsächlich Kick-Back-Zahlungen erhalten haben. Dies wird wohl im Strafverfahren abschließend geklärt.

Gewinne aus Straftaten gelten im Sozialhilferecht nicht als Einkommen, erklärten die Potsdamer Richter. Für einen Zufluss an Geld aus einem gemeinschaftlichen Betrug bestehe zwar eine Rückzahlungspflicht, die Einkünfte aus strafbaren Handlungen dürften aber nicht zum Bestreiten des Lebensunterhalts eingesetzt werden.

Im Fall einer Verurteilung drohen den Verantwortlichen des Pflegeunternehmens nicht nur Strafen, die Pflegekassen können auch gezahlte Vergütungen für nicht erbrachte Pflegeleistungen zurückfordern. Unter Umständen können dabei auch die Pflegebedürftigen zur Kasse gebeten werden.

Az.: L 23 SO 327/16 B ER und L 15 SO 301/16 B


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