sozial-Recht

Gerichtshof für Menschenrechte

Kindeswille für Kontakt mit Vater entscheidend



Lehnt ein Kind aus Loyalität zur Mutter jeglichen Umgang mit seinem getrennt lebenden Vater ab, hat dieser nur eine geringe Chance auf einen Kontakt. Auch wenn die Mutter jahrelang immer wieder den Umgang mit dem Vater vereitelt hat, muss bei der Durchsetzung des Umgangsrechts immer erst das Kindeswohl berücksichtigt werden, urteilte am 7. Februar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Straßburger Richter billigten damit das Vorgehen polnischer Behörden und Gerichte in einem Umgangs- und Sorgerechtsstreit.

Konkret ging es in dem Fall um einen 2002 geborenen Jungen. Die polnischen Eltern trennten sich im Folgejahr und übten für das bei der Mutter lebende Kind das gemeinsame Sorgerecht aus. Doch die Frau vereitelte immer häufiger den Umgang des Sohnes mit dem Vater. Als der Vater gerichtlich mehr Umgangsrechte einforderte, zog die Mutter ohne dessen Zustimmung mit dem Kind nach Deutschland.

Auch spätere psychologische Beratungen und die Androhung von Geldbußen gegenüber der Mutter führten nicht zu einer Einigung im Umgangsrecht. Das Kind erklärte ab dem neunten Lebensjahr, dass es keinen Kontakt zu seinem Vater wünsche. Ein Psychologe stellte fest, dass dies aus Loyalität der Mutter gegenüber geschah.

Der Vater warf den polnischen Behörden und Gerichten vor, ihn nicht ausreichend bei der Durchsetzung seines Umgangsrechts unterstützt zu haben. Sein Recht auf ein Familienleben sei damit verletzt worden.

Doch der EGMR urteilte, dass letztlich das Kindeswohl entscheidend sei. Die polnischen Behörden und Gerichte seien bei der Durchsetzung des Umgangsrechts des Vaters nicht untätig geblieben. Sie hätten alle möglichen Schritte unternommen, dieses Recht durchzusetzen. So seien nicht nur psychologische Beratungen angeregt, auch Regelungen zu Umgangsrechten seien getroffen worden. Diese hätten zeitweise auch funktioniert. Bei Verstößen dagegen hätten die Gerichte Geldbußen vorgesehen. Der Vater habe diese jedoch nicht eingefordert. Eine Verletzung des Rechts auf ein Familienleben liege nicht vor.

Az: 28768/12


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