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Freude an der Arbeit führt zu besseren Leistungen




Ausbildung in einer Werkstatt
epd-bild/Angelika Osthues
Wer mit Freude arbeitet, der leistet mehr. Was in der Hirnforschung längst Konsens ist, ist in den meisten Unternehmen in Deutschland noch nicht angekommen.

Die Mitarbeiter im "Hotel am Strand" haben Spaß an ihrer Arbeit. Einen gehörigen Anteil daran hat Lars Oltmanns, der in dem Vier-Sterne-Hotel im ostfriesischen Schillig als Glücksberater arbeitet. 2012 ließ sich Oltmanns, der damals im Management des Hotels arbeitete, zum "Corporate Happiness Trainer" ausbilden. Seitdem hilft der heute 50-Jährige seinen Kollegen, die Freude an der Arbeit wieder zu finden.

Gerne zu arbeiten ist keine Selbstverständlichkeit. Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup gehen nur 16 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland mit Freude zur Arbeit. 67 Prozent hingegen sind demotiviert und beschränken sich auf den sogenannten Dienst nach Vorschrift. Sie machen nicht weniger als sie müssen - aber auch nicht mehr.

"Begeisterung ist wie Dünger"

"Bisher hat es den Unternehmen gereicht, wenn der Mitarbeiter genau das macht, was der Vorgesetzte ihm sagt", erklärt der Neurobiologe Gerald Hüther. Doch in vielen Unternehmen reiche das nicht mehr. Wer mehr von seinen Mitarbeitern wolle, müsse diese positiv motivieren. "Die Hirnforschung hat in den vergangenen Jahren herausgefunden, dass das Gehirn am besten mit positiven Emotionen lernt", sagt Hüther. Neue Vernetzungen im Gehirn würden am besten entstehen, wenn emotionale Bereiche im Gehirn mitaktiviert würden. "Begeisterung", so Hüther, "ist wie Dünger für das Gehirn."

Das hat auch Glücksberater Oltmanns verinnerlicht. Einmal im Jahr macht er mit jeder Abteilung des Hotels am Strand einen Workshop, in dem er seine Kollegen nach ihren Stärken und Schwächen, nach ihren Vorlieben und Abneigungen fragt: Kann der Küchenhelfer vielleicht besser den Lagerbestand verwalten als Gemüse schneiden? Ist ein Morgenmuffel nicht besser in der Spätschicht aufgehoben? "Am sinnvollsten ist es, wenn jeder das macht, was er am besten kann", sagt Oltmanns. So wurde nach einer solchen Beratung aus einem unzufriedenen Koch, der sich viel mehr für Bilanzen interessierte als für Kartoffeln, ein zufriedener Controller.

Sechs Jahre Betriebstreue

Die Hotelkette Upstalsboom, zu der das "Hotel am Strand" gehört, investiert seit 2009 massiv in die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter. 13 Mitarbeiter wurden seitdem zu "Corporate Happiness Trainern" ausgebildet. Und das zahlt sich anscheinend aus: Innerhalb von vier Jahren wuchs die Zufriedenheit der fast 700 Mitarbeiter um mehr als 78 Prozent, wie eine Mitarbeiterbefragung zeigte. Und die Köche, Animateure und Co. bleiben dem Unternehmen rund sechs Jahre treu und nicht die branchenüblichen anderthalb bis zwei Jahre. Außerdem verdoppelte sich im selben Zeitraum der Umsatz auf 42 Millionen im Jahr.

Die Unternehmensführung von Upstalsboom führt die positive Entwicklung auf die neue Motivation der Mitarbeiter zurück. Lisa Ganster von der Unternehmensberatung Corporate Happiness sieht das genauso: "Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass Mitarbeiter, die mehr Entfaltungsmöglichkeiten bekommen, besser arbeiten und am Ende auch ein besseres Ergebnis für das Unternehmen erwirtschaften."

Zeit gegen Geld

Volker Kitz glaubt nicht an solche Zusammenhänge. "Gute Leistung bei der Arbeit hat mit Begeisterung nichts zu tun", sagt der Autor des Buches "Feierabend! Warum man für seinen Job nicht brennen muss". Für die Mehrheit der Bevölkerung sei Arbeit nicht mehr als ein Tausch von Zeit gegen Geld. Und letzteres gerate bei der ganzen Diskussion aus dem Blickfeld. "Ich habe die Befürchtung", so Kitz, "dass im Leidenschaftsgerede eines untergeht: die Bezahlung". Ein gutes Arbeitsklima sei kein Ersatz für gutes Geld.

Vielleicht ist es das doch. Laut einer Umfrage des Personaldienstleisters ManpowerGroup, würden heute 80 Prozent der Arbeitnehmer keinen hoch dotierten Job annehmen, wenn er langweilig ist. "Wir erleben im Moment einen gesellschaftlichen Wandel, der vor allem die jungen Menschen betrifft", sagt Unternehmensberaterin Lisa Ganster. "Geld ist auch für die junge Generation immer noch ein wichtiger Faktor bei der Arbeitssuche, doch am Ende entscheiden sie sich nicht für den Arbeitsplatz mit der besten Bezahlung, sondern für den Job, der ihnen einen Sinn gibt."

Martin Lechtape

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