sozial-Branche

Jubiläum

Bethel: Süssmuth würdigt "Widerstandskraft" gegen NS-Euthanasie




Bethel feierte seinen 150. Geburtstag im September in Hannover.
epd-bild/Jens Schulze
Von der Hilfseinrichtung für drei epilepsiekranke Jungen zum großen Sozialunternehmen der Diakonie: Das Festjahr "150 Jahre Bethel" steuert auf seinen Abschluss zu. Vorher wurde auch in Brandenburg noch einmal gefeiert.

Das 150-jährige Bestehen der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel der Diakonie ist mit einem Festakt in Potsdam gefeiert worden. Vertreter aus Politik und Kirche würdigten bei der Feier in der evangelischen Nikolaikirche am 16. November vor rund 900 Gästen die Arbeit der vier Stiftungen und ihres Namensgebers Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910) in Geschichte und Gegenwart. In Bielefeld wurde 1867 die erste Einrichtung des heutigen Sozialunternehmens gegründet.

"Bodelschwinghs Geist lebt weiter"

Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) betonte in ihrer Festrede in Potsdam, Bethel sei einst wegen der "Widerstandskraft" gegen die Euthanasiemorde der Nazis an Kranken und Behinderten für sie zu einer wichtigen Institution geworden. Heute wirke das soziale Engagement der Stiftungen "weit über die Grenzen unseres Landes hinaus", sagte Süssmuth. Bodelschwinghs Maxime, jeden Menschen zu achten und niemanden abzuweisen, sei weiter von großer Bedeutung. Ausdruck dafür sei auch das große Engagement vieler Freiwilliger für Flüchtlinge, betonte die Politikerin: "Das ist der Geist, der nach 150 Jahren hier weiterlebt."

Die diakonische Arbeit der Stiftungen, zu denen seit 2011 auch die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal in Brandenburg gehört, sei ein "Bund für radikale, bedingungslose Mitmenschlichkeit", sagte Brandenburgs Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD): "Eine Gemeinschaft wie in Lobetal ist etwas Hoffnungsvolles und Ermutigendes."

Asyl für Erich Honecker

Das Festjahr verdeutliche, "dass gelebte Mitmenschlichkeit zu jeder Zeit die richtige Antwort ist", sagte Brandenburgs Staatskanzleichef Thomas Kralinski (SPD) als Vertreter der Landesregierung: "150 Jahre Bethel, das sind für Brandenburg 112 Jahre voller Hoffnung." Die erste Einrichtung Bodelschwinghs in Brandenburg wurde 1905 bei Bernau gegründet, um Obdachlosen aus Berlin zu helfen. In Lobetal fand später auch der frühere DDR-Staatschef Erich Honecker (1912-1994) nach dem Ende der DDR vorübergehend Asyl.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, würdigte in seiner Predigt das wegweisende Engagement Bodelschwinghs für Epilepsiekranke und andere Menschen in der Zeit der Industrialisierung. Der Pfarrer und spätere preußische Landtagsabgeordnete sei ein Mann gewesen, "der die Not der Menschen gesehen hat", sagte Dröge.

Höhepunkt des Festjahres "150 Jahre Bethel", das an zahlreichen Orten gefeiert wird, war ein Festakt mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im April in Bielefeld. In den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel setzen sich heute nach Stiftungsangaben rund 18.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 280 Standorten in acht Bundesländern für hilfebedürftige Menschen ein.

Yvonne Jennerjahn

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