Ausgabe 49/2017 - 08.12.2017
Berlin (epd). Einsprüche gegen Asylentscheidungen beschäftigen zunehmend die Gerichte. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 4. Dezember bestätigte, wurden in diesem Jahr zwischen Januar und September insgesamt 274.645 Klagen gegen Entscheidungen des Bundesamtes erhoben. Die Gerichtskosten in Asylangelegenheiten betrugen den Angaben zufolge mit Stand 21. November rund 20 Millionen Euro. 2016 waren es noch rund 11,2 Millionen Euro.
Laut Bundesamt entschieden die Gerichte im Zeitraum zwischen Januar und Juli dieses Jahres in 27,2 Prozent der Fälle zugunsten der Antragsteller. 2016 wurden in 13,1 Prozent der Verfahren zugunsten des Klägers entschieden.
Wichtig sei es, die Klage- und Erfolgszahlen immer im Gesamtkontext der Entscheidungen und vieler anderer Faktoren zu betrachten, hieß es seitens der Behörde. Seit 2016 würden vermehrt syrische Antragsteller mit subsidiärem Schutz auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft klagen. Maßgeblich für den Ausgang des Asyl- oder Gerichtsverfahrens sei zudem auch die jeweilige aktuelle Situation im Herkunftsland.
Zugleich sind in Deutschland im ersten Halbjahr 2017 weit mehr Asylentscheidungen vom BAMF getroffen worden als in den übrigen 27 EU-Staaten zusammen. Nach Zahlen des Europäischen Statistikamt Eurostat, die zuletzt am 1. Dezember aktualisiert worden waren, wurden in der Bundesrepublik 357.625 Entscheidungen getroffen. Im Rest der EU waren es demnach 215.185 Entscheidungen, die jeweils Erstanträge von Asylbewerbern betrafen.
Deutschland sei weiter das mit Abstand wichtigste Zielland für Flüchtlinge und Migranten in Europa, hieß in der Zeitung "Die Welt". Seit April 2016 kämen in jedem Monat relativ konstant rund 15.000 neue Schutzsuchende an. Im Oktober seien es laut Bundesinnenministerium 15.170 gewesen. Von Januar bis Oktober seien insgesamt 156.000 Asylbewerber eingereist.
Mit den Asylbewerberzahlen steigt auch die Zahl der Menschen, die in Kirchen Zuflucht suchen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge waren in den ersten neun Monaten dieses Jahres insgesamt 1.126 Fälle von Kirchenasyl gemeldet. Im vergangenen Jahr hatte die Zahl deutlich niedriger gelegen: Von Mai bis Dezember waren es 622 Fälle. Die Behörde bestätigte die steigenden Fallzahlen, über die zuvor die Funke Mediengruppe berichtet hatte.
Bei der überwältigenden Mehrheit der Menschen im Kirchenasyl handelt es sich um sogenannte "Dublin-Fälle". Nach Angaben der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" sind 90 Prozent von ihnen Flüchtlinge, die nach geltendem EU-Recht in das Land zurückmüssten, über das sie nach Europa kamen.
"Das Kirchenasyl hebelt europäische rechtsstaatliche Verfahren zunehmend aus, indem Kirchen viele Menschen vor der Abschiebung aus Deutschland schützen, die beispielsweise in den Niederlanden oder Spanien Asyl beantragen müssen", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU). Der Schutz vor staatlichem Zugriff sei "durch viele Kirchen missbraucht worden", sagte Krings.
Das sieht der Jesuiten-Flüchtlingsdienst ganz anders. "Kirchenasyl ist ein Segen für den Rechtsstaat", betonte der Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, Pater Frido Pflüger SJ, am 7. Dezember in Berlin. „Es gibt dem Staat die Möglichkeit, sein Handeln im Zweifelsfall nochmal daraufhin zu überprüfen, ob es dem Einzelnen gerecht wird.“
Im Vergleich zur Zahl der Asylentscheidungen sei die Zahl der Kirchenasyle minimal. Dass es mehr geworden sind, hänge nicht zuletzt daran, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mehr Asylverfahren abschließt. In vielen Fällen verfüge es die Zurückschiebung in einen anderen EU-Staat.