sozial-Recht

Finanzgericht

Heimunterbringung wegen Demenz ist "außergewöhnlich"



Auch bei einer beginnende Demenz, die die Unterbringung in einer betreuten Wohnform erforderlich macht, können ausnahmsweise damit verbundene Kosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden. Häufig im Alter auftretende Erkrankungen wie etwa eine Demenz können danach "außergewöhnlich" sein und die Unterbringung in einer Einrichtung rechtfertigen, entschied das Niedersächsische Finanzgericht in Hannover in einem am 28. Februar veröffentlichten Urteil.

Konkret ging es um einen 90-jährigen, im November 2013 verstorbenen Mann. 2010 war er wegen einer beginnenden Demenz desorientiert und wegen einer möglichen Eigengefährdung in eine betreute Wohnanlage umgezogen. Seine Hausärztin hatte den Umzug für erforderlich gehalten.

Für das betreute Wohnen zahlte er neben der Miete auch für Serviceleistungen wie einem Hausnotruf oder der Unterstützung und Pflege bei Krankheit. 2010 kamen so Kosten in Höhe von rund 20.700 Euro zusammen. Nach dem Tod des Mannes zog die Erbengemeinschaft von der Summe 8.000 Euro als Haushaltsersparnis ab und machte den Restbetrag in Höhe von knapp 12.700 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt lehnte das jedoch ab. Die Belastungen müssten "außergewöhnlich" sein, um eine Steuerersparnis erhalten zu können. Hier sei die Unterbringung jedoch allein wegen üblicher altersbedingter Probleme erfolgt. Es habe auch noch nicht mal eine Pflegebedürftigkeit vorgelegen, betonte die Behörde.

Das Finanzgericht gab der Erbengemeinschaft jedoch recht. Hier sei die Unterbringung des Mannes wegen seiner beginnenden Demenz und seiner Desorientierung erforderlich gewesen. Das seien krankheitsbedingte Gründe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müssten diese dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Das Finanzamt dürfe auch nicht zwischen "normalen" und altersbedingten Erkrankungen unterscheiden. Das Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit sei ebenfalls für die Steuerminderung nicht erforderlich, befand das Gericht.

Inwieweit außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können, wenn erst nach dem Einzug ins Heim der Aufenthalt krankheitsbedingt erforderlich geworden ist, wurde offengelassen und ist bislang auch vom Bundesfinanzhof noch nicht geklärt.

Az.: 9 K 257/16


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