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Hamburg

Projekt Q8 stärkt die Nachbarschaft



Hamburger Quartiersentwicklungsprojekt Q8: Hinter diesem sperrigen Wort versteckt sich etwas recht Simples. Es geht darum, wie gutes Zusammenleben in einem Stadtteil, hier Winterhude, funktionieren kann. Und das tut es. Seit sieben Jahren.

Wichtigsteses Stichwort des Projektes ist "Inklusion": Alter, kulturelle Herkunft, Behinderung und Einkommen sollen kein Hinderungsgrund sein, wenn gemeinschaftliche Aktivitäten gefördert werden. In Winterhude läuft das Projekt bereits seit sieben Jahren mit Erfolg.

Das Besondere dabei ist, dass die Bewohner in Winterhude selbst Angebote schaffen und Projekte entwickeln. Q8 mit seinen zahlreichen Partnern fungiert dabei als Vermittler: Wenn Bewohner die Idee haben, eine Fahrradwerkstatt aufzubauen, greift Q8 diesen Impuls auf. Q8-Koordinatorin Miriam Meyer bietet dann Unterstützung an und hilft, Menschen und Institutionen mit gleichen Interessen zu vernetzen.

Start mit der Flüchtlingsarbeit

Schon länger existiert das Gemeinschaftsprojekt "Wir im Quartier", an dem auch die evangelische Heilandskirche und das Goldbekhaus beteiligt sind. Das Projekt sollte zunächst das Leben mit Flüchtlingen im Stadtteil gestalten. "Die neuen und die alten Nachbarn zusammenbringen", sagt Miriam Meyer. Dabei war das Engagement der Bewohner so groß, dass seit 2015 immer mehr Angebote dazu kamen, die ein gutes Zusammenleben im Stadtteil fördern.

Entstanden ist dabei eine Fülle von Angeboten in den Bereichen Kultur, Sport und Handwerk: Radieschen, Salat und Zucchini werden bei Urban Gardening an der Matthäuskirche angebaut. Einmal im Monat wird beim "TischNachbar" frisch gekocht, und auf dem Goldbekmarkt wirbt eine Gruppe für plastikfreien Einkauf. Die Angebote von "Fit im Quartier" reichen von Stand-up-Paddling über Tanzveranstaltungen bis zum Fitness-Training.

Wichtige Kooperationspartner von Q8 sind die evangelische Heilandskirchengemeinde Winterhude-Uhlenhorst und der Kirchenkreis Hamburg-Ost. Beide übernehmen einen Großteil der Kosten. Bis 2021 ist das Projekt gesichert. Die Kirche müsse der Gefahr entgegenwirken, dass sich die Gesellschaft mehr und mehr aufspaltet, sagt Pröpstin Astrid Kleist. Die Gemeinde profitiert von der Aufbruchsstimmung und wird durch die Projekte gut vernetzt.

Zwei Stiftungen als Impulsgeber

Entstanden ist Q8 vor sieben Jahren als Initiative der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und der Nordmetall-Stiftung. Quartiersentwicklerin Miriam Meyer hat anfangs untersucht, wie der Stadtteil Winterhude sozial strukturiert ist. Den rund 40.000 Menschen geht es wirtschaftlich vergleichsweise gut. Neben dem Winterhuder Q8-Projekt gibt es in Hamburg drei weitere in Altona, Wandsbek und Alsterdorf.

Das "Q" in dem Projektnamen steht für "Quartiersentwicklung", die "8" für die acht wichtigsten Lebensbereiche eines Stadtteils: Wohnen, Arbeit, Bildung, Kultur, Assistenz, Gesundheit, lokale Ökonomie und Spiritualität. "Wenn mehr als zwei dieser acht Lebensbereiche ins Ungleichgewicht kommen, dann braucht jeder Mensch, egal wie gut er eingebunden ist, Assistenz und Unterstützung", erklärt Miriam Meyer.

Q8 fällt in eine Zeit, in der Kommunikation und Gemeinschaft anonymer geworden sind. Der Begriff "Nachbarschaft" klingt zwar auch heute noch selbstverständlich, hat aber nicht mehr die hohe Bedeutung wie früher. Das Projekt will vor allem der Tendenz entgegenwirken, dass immer nur gleiche Bewohner zueinander finden: Senioren, Türkischstämmige, Mütter oder Hartz-IV-Empfänger.

Der Blick von Q8 sei aber auch in die Zukunft gerichtet, betont Miriam Meyer: "Was kommt da eigentlich gesellschaftlich auf so einen Stadtteil zu, wenn die Menschen alt sind und alleine wohnen?"

Marieke Lohse