sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Markus Jantzer
epd-bild/Heike Lyding

Minijobs haben für gering qualifizierte Menschen auf den ersten Blick etwas Verführerisches: Sie müssen keine Sozialabgaben zahlen, und sie haben umfassende Arbeitnehmerrechte. Forscher, die genauer hingeschaut haben, stellen aber fest: Unternehmen enthalten ihnen oft diese Rechte vor, zahlen beispielsweise weniger als den gesetzlichen Mindestlohn. Experten fordern, die staatliche Subventionierung der Minijobs abzuschaffen, denn sie sei gegenüber der Solidargemeinschaft unfair und sie führe zweitens in die Altersarmut.

In Deutschlands Kliniken kommt es zu unnötigen Operationen. Insbesondere Krebsvorsorgeuntersuchungen lösen nach neuen Studien unbegründeten Alarm aus. Denn Ärzte diagnostizieren bösartige Veränderungen, die sich später als harmlos herausstellen. Pikant dabei: Oft haben die verunsicherten Patienten für die Falschdiagnosen in der Arztpraxis Geld bezahlt.

Sterbenskranke junge Eltern, die vor ihrem Tod ihrer Familie etwas Liebevolles, Persönliches, Unausgesprochenes hinterlassen wollen, können dies mit einem Hörbuch tun. Ein Projekt der Uni Bonn ermöglicht es ihnen, gemeinsam mit einer Journalistin Erzählungen und Botschaften für ihre jungen Kinder aufzunehmen - und damit Erinnerungen wachzuhalten. "Das tröstet mich", sagt ein Vater.

Beschäftigte, die einen Antrag auf Gleichstellung mit den schwerbehinderten Kollegen stellen, haben noch kein Recht auf Unterstützung durch die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall festgestellt.

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Markus Jantzer




sozial-Thema

Arbeit

Staatliche Subventionen für Minijobs in der Kritik




In Friseursalons sind häufig Minijobber angestellt.
epd-bild/Jürgen Blume
Minijobs können verführerisch sein: Bei einem Monatslohn von 450 Euro zahlen die Beschäftigten weder Steuern noch Sozialabgaben. Brutto ist gleich netto. Doch es lauern auch Gefahren, weshalb nun Experten und Politiker das Aus für Minijobs fordern.

Arbeitsmarktforscher plädieren für die Abschaffung der Minijobs. Zumindest als Nebentätigkeit sollte die staatliche Subventionierung der geringfügigen Beschäftigung nicht länger erlaubt sein. Die Wissenschaftler unterstützen damit einen aktuellen Vorstoß der Grünen, die die Umwandlung der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen verlangen.

Mit einem Minijob darf ein Arbeitnehmer höchstens 450 Euro im Monat verdienen. Für Beschäftigte ist das Einkommen steuerfrei, sie müssen auch nicht in die Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen; von der Rentenversicherungspflicht können sie sich befreien lassen. Arbeitgeber führen pauschal Beiträge zur Sozialversicherung ab. Im Ergebnis sind Minijobber für Unternehmen bei gleichem Bruttolohn billiger als Beschäftigte in regulären Jobs.

Arbeit für gering Qualifizierte

Nach jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg gibt es in Deutschland rund 7,6 Millionen Minijobber. Etwa drei Millionen Menschen üben danach einen Minijob als Nebentätigkeit neben ihrem Hauptberuf aus, ihre Zahl steigt. Einer geringfügigen Beschäftigung gehen nach Erhebungen des IAB, dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit, vor allem Schüler und Studenten, Menschen im Hartz-IV-Bezug, Rentner und verheiratete Frauen nach.

Nach Ansicht von Enzo Weber vom IAB spricht für Minijobs zunächst, dass sie Menschen mit einer geringen beruflichen Qualifikation den Einstieg in den Arbeitsmarkt oder auch die Rückkehr dorthin erleichtern. Arbeitnehmer lassen sich davon locken, dass für sie die Steuer- und Abgabenpflicht entfällt. Minijobs wird außerdem nachgesagt, insbesondere in Privathaushalten Schwarzarbeit zu vermeiden.

Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW, Köln) sieht "die gesonderte Behandlung der Sozialversicherungsbeiträge für Minijobs in ihrem Charakter einer Bagatellbeschäftigung begründet". Es sei "angemessen", den mit Sozialbeiträgen verbundenen bürokratischen Aufwand bei solchen zu begrenzen. Dieses Argument lässt Weber nicht gelten. Er sagt: "Die Unternehmen müssen sowohl Minijobs als auch reguläre Jobs der Sozialversicherung melden. Ich sehe hier keinen Unterschied", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"Ungesetzliche Praktiken"

Bei den Arbeitnehmerrechten gibt es - zumindest auf dem Papier - keinen Unterschied: Bei regulärer wie geringfügiger Beschäftigung gilt der gesetzliche Kündigungsschutz. Auch bei der Lohnfortzahlung und beim Urlaub gilt bei beiden dasselbe, wie Weber erläutert. Das IAB traf bei seinen Forschungen jedoch auf Unternehmen, die den Lohn im Krankheitsfall nicht gezahlt haben, sondern die ausgefallene Arbeitsleistung an einem anderen Tag nachholen ließen. "Hier stießen wir auf ungesetzliche Praktiken", sagte Weber.

Nach Erkenntnissen von Claudia Weinkopf, Arbeitsmarktforscherin an der Universität Duisburg-Essen, erhalten die Beschäftigten in Minijobs oft weniger als den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 9,35 Euro. "Viele geringfügig Beschäftigte trauen sich nicht, ihre rechtlichen Ansprüche gegenüber ihrem Arbeitgeber einzufordern", erklärte Weinkopf.

Der Staat verzichtet bei Minijobs auf Einnahmen aus Steuern und Sozialabgaben. Dazu ist er bei einer schlechten Beschäftigungssituation bereit. Angesichts der aktuellen Lage und der absehbaren Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sieht der IAB-Forscher allerdings keinen Grund mehr, "irgendwelche Jobs zu produzieren". Er verweist darauf, dass "wir in Deutschland keine Massenarbeitslosigkeit haben. Die registrierte Arbeitslosigkeit ist seit 2005 von rund fünf Millionen Erwerbslosen auf 2,5 Millionen gesunken. Die Babyboomer gehen bald in Rente, dadurch wird sich das Angebot an Arbeitskräften weiter verknappen." Arbeitsmarktpolitik und Unternehmen müssten angesichts dieser Vorzeichen das Ziele verfolgen, "in die Qualifikation und die Produktivität des Personals zu investieren".

"Flexibilität muss nicht subventioniert werden"

Bei Unternehmen sind Minijobber auch deshalb beliebt, weil sie bei den Arbeitszeiten flexibel sind. Gaststätten und Hotels etwa können die Bedienungen als geringfügig Beschäftigte so einteilen, wie es der Besuch der Gäste verlangt. Bei arbeitsintensiven Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Kommunionsfeiern können die Arbeitskräfte auch außerhalb der üblichen Zeiten abgerufen werden. Weber sagt jedoch: "Das geht bei regulären Beschäftigungsverhältnissen auch. Flexibilität muss nicht durch Verzicht auf Steuern und Abgaben staatlich subventioniert werden."

Insbesondere die Subventionierung von jenen Minijobs, die als Nebentätigkeit ergänzend zum Hauptberuf ausgeübt werden, ist nach Ansicht der Arbeitsmarktexperten nicht länger tragbar. "Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keine Rechtfertigung dafür, dass Beschäftigte mit einem Hauptjob im Umfang von z.B. 20 Stunden pro Woche und einem Nebenjob von 10 Stunden pro Woche weniger Steuern und Sozialgaben zahlen müssen als Beschäftigte, die ebenfalls 30 Stunden pro Woche arbeiten, aber bei nur einem Arbeitgeber", argumentiert Weinkopf.

Vollkommen absurd findet es Weber, wenn der Staat Ehepaaren mit einem insgesamt auskömmlichen oder sogar hohen Einkommen die "extreme Begünstigung von Nebenjobs" gewährt. Hier sei der Minijob für die verheiratete Frau sogar "richtig schädlich", sagt er. Oft genug verlören gut ausgebildete Frauen auf diese Weise ihre berufliche Qualifikation und tappten, wenn die Ehe nicht hält, im Alter in die Armutsfalle.

Umwandlung in reguläre Beschäftigung

Auch wenn Minijobber für Arbeitgeber bei gleichem Bruttolohn preisgünstiger sind als regulär Beschäftigte, erwartet Weber nach einer Abschaffung der Minijobs nicht, dass die Zahl der angebotenen Stellen "wesentlich zurückgehen wird". Die für Stellenbewerber insgesamt gute Lage auf dem Arbeitsmarkt spreche dagegen.

Dabei stimmt ihn eine Erfahrung aus der Vergangenheit optimistisch, sagte er: "Mit der Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 - und damit einer tendenziellen Verteuerung von geringfügigen Beschäftigungen - ist die Zahl der damals rund 7,5 Millionen Minijobs in Deutschland nur um 125.000 zurückgegangen." Und: Der Rückgang sei teilweise durch eine verstärkte Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeglichen worden.

Harald Schäfer vom arbeitgebernahen IW hält hingegen nicht viel von einer Umwandlung der Minijobs in reguläre Beschäftigung. Er sagt: "Die Gefahr der Altersarmut würde nicht wesentlich geringer, wenn man Minijobs der Sozialversicherungspflicht unterwerfen würde. Das Problem besteht nicht in den Minijob-Regeln, sondern in einem zu geringen Umfang der Erwerbstätigkeit."

Markus Jantzer


Arbeit

Expertin: Bei Minijobs verstoßen Arbeitgeber gegen geltendes Recht




Claudia Weinkopf
epd-bild/Uwe Völkner
Minijobber erhalten nach den Erkenntnissen der Vize-Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen, Claudia Weinkopf, oft weniger als den Mindestlohn. Der Rechtsbruch sei möglich, weil die Beschäftigten es nicht wagten, sich zu wehren.

Minijobs sollen helfen, dass auch Menschen mit geringer Qualifikation Arbeit finden. Doch die staatlich subventionierten 450-Euro-Jobs stehen zunehmend in der Kritik. Claudia Weinkopf, stellvertretende Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen, betont die negativen Folgen für die Beschäftigten. Insbesondere Frauen drohe damit Altersarmut. Mit ihr sprach Markus Jantzer.

epd sozial: Frau Weinkopf, was spricht dafür, weiterhin Minijobs von Steuern und Sozialabgaben zu befreien?

Claudia Weinkopf: Aus meiner Sicht nur sehr wenig. In Minijobs erhalten die Beschäftigten vielfach nur einen Niedriglohn – oft sogar nur den gesetzlichen Mindestlohn oder auch noch weniger. Dies liegt vor allem daran, dass den geringfügig Beschäftigten häufig nur die Stunden bezahlt werden, die sie auch tatsächlich gearbeitet haben. Bezahlten Urlaub sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und für Feiertage erhalten geringfügig Beschäftigte nur selten, obwohl dies gegen geltendes Recht verstößt. Viele geringfügig Beschäftigte wissen jedoch nicht, dass ihnen diese Ansprüche zustehen, oder sie trauen sich nicht, diese Ansprüche gegenüber ihrem Arbeitgeber einzufordern.

epd: Was sollte der Gesetzgeber ändern?

Weinkopf: Minijobberinnen und Minijobber dürfen inzwischen nur noch etwa zwölf Stunden pro Woche arbeiten, weil sonst die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro pro Monat überschritten wird. Mit jeder Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns verringert sich die maximale Zahl der möglichen Arbeitsstunden weiter. Eine Ausweitung der Arbeitszeit erscheint vielen Beschäftigten aber unattraktiv, weil bei einem Monatslohn von mehr als 450 Euro Sozialabgaben anfallen und bei Verheirateten auch steuerliche Abzüge. Aus meiner Sicht sollte die Geringfügigkeitsgrenze entweder komplett abgeschafft oder auf eine Bagatellgrenze von z.B. 100 oder 150 Euro pro Monat abgesenkt werden.

epd: Was halten Sie von dem Vorschlag der Grünen, Minijobs in sozialversicherungspflichtige Jobs umzuwandeln?

Weinkopf: Für die Umwandlung von Minijobs in reguläre Beschäftigung spricht vor allem, dass es dann keine Anreize mehr gibt, in sehr kurzer Teilzeit zu arbeiten und damit faktisch häufig auf die üblichen Arbeitnehmerrechte zu verzichten. Ohne die Geringfügigkeitsgrenze würde kein Anreiz mehr bestehen, Kleinstarbeitsverhältnisse aufrecht zu erhalten. Beschäftigte könnten auch mal mehr arbeiten oder ihre Arbeitszeit dauerhaft ausweiten zu einer regulären Teilzeitbeschäftigung, die ihnen mehr Geld und eine soziale Absicherung (Arbeitslosen- und Rentenversicherung) bringt. Arbeitgeber sind bei regulär Teilzeitbeschäftigten oft auch eher bereit, Qualifizierung anzubieten und den Beschäftigten mehr als den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen.

epd: Welche Folgen hat es für die Betroffenen, wenn sie ausschließlich einem Minijob nachgehen?

Weinkopf: Ausschließlich geringfügig beschäftigt zu sein, bedeutet, dass nur maximal 450 Euro pro Monat verdient werden können. Vor allem verheiratete Frauen mit Kindern geben sich häufig damit zufrieden, um keine Abgaben leisten zu müssen. Sie verlassen sich damit darauf, über ihren Ehemann sozial abgesichert zu sein. Bei Trennung oder Scheidung stehen die Frauen dann aber häufig vor dem Problem, dass sie meist nur noch zeitlich befristet Unterhaltsansprüche haben. Beschäftigten, die längere Zeit nur in einem Minijob gearbeitet haben, fällt es jedoch oft schwer, eine Beschäftigung zu finden, von der man auch leben kann.

epd: Etwa drei Millionen Menschen arbeiten neben ihrem Hauptberuf auch noch in einem Minijob, betreiben ihn quasi als Nebentätigkeit. Ist in solchen Fällen die Befreiung von Steuern und Sozialabgaben vertretbar?

Weinkopf: Die Abgabenfreiheit für Minijobs, die als Zusatzjob ausgeübt werden, sollte dringend abgeschafft werden. Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keine Rechtfertigung dafür, dass Beschäftigte mit einem Hauptjob im Umfang von z.B. 20 Stunden pro Woche und einem Nebenjob von 10 Stunden pro Woche weniger Steuern und Sozialgaben zahlen müssen als Beschäftigte, die ebenfalls 30 Stunden pro Woche arbeiten, aber bei nur einem Arbeitgeber.

epd: Laufen Frauen mit Minijobs geradewegs in die Altersarmut?

Weinkopf: Tatsächlich ist die Gefahr der Altersarmut besonders groß für Frauen, die familienbedingt längere Zeit nicht oder nur geringfügig beschäftigt waren. Erwerbsunterbrechungen oder längere Phasen mit nur einem Minijob führen im Alter zu sehr geringen Rentenansprüchen.

epd: Schlagen Minijobs eine Brücke zu sozialversicherungspflichtigern Beschäftigung, wie ihre Befürworter sagen?

Weinkopf: Die Brückenfunktion von Minijobs zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ist nicht ausgeschlossen, aber – bildlich gesprochen – in der Praxis ein eher "schmaler Steg". Mehrere Untersuchungen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass zwar viele geringfügig beschäftigte Frauen hoffen, aus einem Minijob heraus in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu wechseln, dies aber faktisch eher selten gelingt.



Arbeit

Zahl der Multi-Jobber auf mehr als 3,5 Millionen gestiegen



Mehr als 3,5 Millionen Menschen in Deutschland haben mehr als eine Arbeitsstelle. Dieses "Multi-Jobben" nimmt zu. Die Linkspartei verweist auf den Hauptgrund, mehrere Jobs anzunehmen: Geldnot.

Mehr als 3,5 Millionen Menschen in Deutschland hatten im Juni 2019 mehr als einen Job. Das geht aus der Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, wie die Partei am 21. Januar in Berlin mitteilte. Demnach ist die Zahl der Multi-Jobber oder Mehrfachbeschäftigten gegenüber dem Jahr 2018 um 3,6 Prozent gestiegen. 2004 gab es den Angaben nach 1,86 Millionen Mehrfachbeschäftigte.

Fast drei Millionen Menschen hatten im Vorjahr neben einem regulären Job noch eine geringfügige Beschäftigung, wie es weiter hieß. 345.440 Menschen gingen zwei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen nach. Dritthäufigste Variante war die Kombination von zweien oder mehr sogenannter Minijobs. Das galt für 260.666 Fälle.

"Aus purer Not"

Die Linken-Arbeitsmarktexpertin Zimmermann sagte, für immer mehr regulär Beschäftigte reiche der Verdienst nicht aus, um über die Runden zu kommen. Der überwiegende Teil der Multi-Jobber "dürfte aus purer finanzieller Not mehr als einen Job haben und nicht freiwillig".

Sie verwies auf eine im vergangenen Jahr erschienenen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Danach sind für 53 Prozent der Befragten finanzielle Schwierigkeiten ausschlaggebend für die Nebentätigkeit. 24 Prozent konnten keine Vollzeitstelle finden und nahmen daher die Nebentätigkeit auf, um ihr Einkommen aufzustocken.

Um der Zunahme von Multi-Jobbing zu begegnen, sei eine Erhöhung des Mindestlohns in einem ersten Schritt auf zwölf Euro pro Stunde dringend notwendig, sagte Zimmermann. Zugleich sprach sie sich für das Ende von Leiharbeit und von sachgrundlosen Befristungen von Jobs aus. "Arbeit, von der man leben kann, ist das Maß der Dinge", sagte sie. Dafür müsse die Bundesregierung die Voraussetzungen schaffen.

Maria Loheide, Vorstandsmitglied der Diakonie Deutschland, bekräftigte: "3,5 Millionen Menschen haben mehr als einen Job, weil ihr Lohn nicht zum Leben reicht. Löhne müssen bei Vollzeitberufstätigkeit das Existenzminimum sichern. Schon der Mindestlohn leistet das unzureichend und wird zudem zu häufig nicht eingehalten." Die Einhaltung müsse strikt kontrolliert und durchgesetzt werden.

Michaela Hütig



sozial-Politik

Gesundheit

Wenn Operationen schädlich für Patienten sind




Operationssaal in einem Herzzentrum
epd-bild/Werner Krüper
Patienten in Deutschland werden oft unnötig operiert. Häufig lösen Krebsvorsorgeuntersuchungen überflüssige Eingriffe aus. Auch finanzieller Druck der Kliniken sowie hohe Patientenerwartungen führen zu mehr Behandlungen.

Jährlich zahlen Millionen Menschen aus eigener Tasche Vorsorgeuntersuchungen, um einem möglichen Krebs früh auf die Spur zu kommen. Tests auf Prostata- und Eierstockkrebs gibt es ab je 25 Euro. Tatsächlich aber taugen vorsorgliche Ultraschalluntersuchungen auf Eierstockkrebs und Bluttests auf Prostatakrebs nur wenig, wie aktuelle Studien zeigen. Experten warnen: "Überdiagnosen" führen oft zu Schäden. Männer müssen durch unnötige Operationen im Extremfall mit Inkontinenz und Impotenz rechnen, Frauen mit dem vorzeitigen Eintritt in die Wechseljahre.

Beide Krebsvorsorgeuntersuchungen bieten Ärzte in ihren Praxen als sogenannte IGeL-Angebote (Individuelle Gesundheitsleistungen) an, die Patienten selbst bezahlen müssen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten nur dann, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Erkrankung vorliegt.

IGel-Leistungen umstritten

Tanja Wolf, Gesundheitsmarkt-Expertin bei der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale, mahnt zu Vorsicht bei solchen Selbstzahlerleistungen. Die IGeL-Angebote ließen sich zwar nicht generell als "Geldmacherei" pauschalisieren, für Patienten sei aber kaum zu durchschauen, welche Angebote für sie die richtigen seien. "Viele Patienten denken, dass eine Vorsorgeuntersuchung sinnvoll ist, wenn der Arzt sie ihnen vorschlägt", sagte Wolf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dabei könnten Laien kaum wissen, dass der Nutzen einiger IGel-Leistungen wissenschaftlich umstritten sei.

Im Jahr 2018 zahlte schätzungsweise jede 13. Frau ab 35 Jahren privat für einen vorsorglichen Ultraschall der Eierstöcke - insgesamt sind das 2,1 Millionen Untersuchungen. Die Wahrscheinlichkeit, fälschlicherweise bösartige Veränderungen zu entdecken, ist bei der Untersuchung hoch, besagt eine Studie der Bertelsmann Stiftung von November 2019.

Ein solcher falsch-positiver Befund belaste die Frauen nicht nur psychisch, sondern führe auch oft zu unnötigen und risikoreichen Eingriffen. Nur bei zehn Prozent der operierten Frauen entdeckten die Ärzte im entnommenen Gewebe tatsächlich Eierstockkrebs. Bei 90 Prozent bestätigte sich der Verdacht nicht.

PSA-Test auf Prostatakrebs: Schaden überwiegt Nutzen

Ähnlich schlecht schneidet der Bluttest zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern ab. Der Nutzen durch den PSA-Test auf das sogenannte Prostata-spezifische Anti-Gen (PSA) wiege die Schäden durch überflüssige Behandlungen und Operationen nicht auf, ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit mehr als 400.000 Teilnehmern.

Der Bluttest helfe zwar einigen Männern, indem er ihnen die Krebserkrankung erspare oder verzögere. Gleichzeitig verängstigte ein falsches Testergebnis aber deutlich mehr Männer, kritisiert das Institut. Drei von 1.000 Männern müssten durch falsche Diagnosen und die anschließende Behandlung mit dauerhafter Inkontinenz rechnen, 25 von 1.000 Patienten zusätzlich sogar mit Impotenz.

Wasem: Operieren ist wirtschaftlich attraktiv

Doch nicht nur umstrittene Krebsvorsorgeuntersuchungen führen in Deutschland zu fragwürdigen Operationen. Der Vorwurf, dass Patienten im deutschen Gesundheitssystem nicht notwendige medizinische Leistungen erhalten, hält sich hartnäckig. "In einem Graubereich, wo man abwartend beobachten oder operieren kann, ist das Durchführen von Operationen zumeist das ökonomisch Attraktivere", sagte der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem dem epd. Kliniken in Deutschland seien einem erheblichen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt. Zusätzlich seien die Krankenhäuser gedrängt, eine jährliche Mindestmenge an Operationen zu erfüllen, damit die Kassen die Eingriffe zahlen.

Die Bertelsmann Stiftung führt als Ursache für überflüssige Leistungen auch die hohen Erwartungen der Patienten an. Zwar seien rund die Hälfte der befragten Bürger der Meinung, dass oft medizinisch nicht notwendige Leistungen erbracht würden. Andererseits stimmten 56 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass jede Therapie besser sei als abwarten und nichts tun. "Es gibt auch bei Patienten die Erwartung, dass zwingend etwas gemacht werden muss - wie bei einem Auto in der Werkstatt", bestätigt Verbraucherschützerin Wolf.

Wenn Angst der Ratgeber ist

Doch "Viel hilft viel" gilt nicht im Gesundheitssystem. Bei Prostatakrebs sei es zum Beispiel nicht zwingend nötig, direkt zu operieren, sagt Wolf. Der Krebs wachse nur sehr langsam und trete in der Regel erst bei älteren Männern auf. "Viele der Männer sterben nicht an der Krebserkrankung, sondern an etwas anderem", betont Wolf. Trotzdem entscheide sich der Großteil der Männer für eine womöglich folgenreiche Operation. "Sie hören Krebs, haben Angst und wollen, dass der Tumor so schnell wie möglich entfernt wird."

Andrea Krull, Vorsitzende des Vereins Eierstockkrebs Deutschland, kann die Ängste der Patienten nachvollziehen. Sie findet, dass es bei einem Verdacht auf Eierstockkrebs ein in Kauf zu nehmendes Übel ist, wenn Frauen durch die OP die Eierstöcke teils oder ganz entfernt werden, auch wenn sich der Krebsverdacht anschließend nicht bestätigt. Dieser Krebs sei für Gynäkologen sehr schwer zu diagnostizieren und verlaufe in den ersten fünf Jahren zu 80 Prozent tödlich, mahnt Krull.

Patricia Averesch


Familie

Studie: Ganztagsbetreuung kann Erwerbstätigkeit von Müttern steigern




Betreuung in einem Gymnasium (Archibild)
epd-bild/Gustavo Alabiso
Mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung steigt die Erwerbstätigkeit von Müttern, wie eine Studie zeigt. Der Bund will den Ausbau der Ganztagsbetreuung mit bis zu zwei Milliarden Euro unterstützen.

Ein Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kann die Erwerbtätigkeit von Müttern einer Studie zufolge steigern und sich damit zu einem Teil selbst finanzieren. Eine am 20. Januar vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin vorgestellte Studie kommt zu dem Schluss, dass die Erwerbsquote von Frauen um zwei bis sechs Prozentpunkte nach oben gehen würde. Diese kurzfristige Wirkung könne dadurch entstehen, dass Mütter ihre Erwerbswünsche realisieren können, sagte die Leiterin der Abteilung Bildung und Familie im DIW, Katharina Spieß.

Wochenarbeitszeit zwischen 24 und 36 Stunden

Das DIW hat für seine Studie untersucht, wie sich durch ein größeres Ganztagsangebot die Erwerbstätigkeit von Frauen verändern könnte. Der Untersuchung zufolge ist die Erwerbstätigkeit von Frauen, die Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen, bereits heute hoch. Je nach Familiensituation und Bildungsgrad liegt sie den Berechnungen zufolge bei 83 bis 94 Prozent, bei alleinerziehenden westdeutschen Akademikerinnen sogar bei 100 Prozent. Viele Frauen arbeiten aber Teilzeit. Ihre Wochenarbeitszeit liegt demnach zwischen 24 und 36 Stunden.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht vor, bis 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter zu realisieren. Für Erst- bis Viertklässler soll eine Betreuung von acht Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche sichergestellt werden. Die Ferienbetreuung soll so geregelt werden, dass nur noch Schließzeiten von bis zu vier Wochen erlaubt sind. Der Bund will die Länder beim Ausbau der Ganztagsbetreuung mit bis zu zwei Milliarden Euro unterstützen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte, das sei ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit. Ziel des Rechtsanspruchs ist es ihren Worten zufolge, dass 75 Prozent der Eltern von Grundschulkindern eine Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen können. Das Angebot deckt demnach derzeit 50 Prozent ab. Giffey zufolge müssen rund eine Million mehr Ganztagsplätze geschaffen werden, um das vom Bund gesteckte Ziel zu erreichen.

Auch der Staat profitiert

Spieß zufolge zahlen sich die Investitionen in die Ganztagsbetreuung auch volkswirtschaftlich aus. Durch eine höhere Erwerbstätigkeit von Müttern sei unter anderem mit höheren Steuereinnahmen und Einnahmen für die Sozialversicherungen zu rechnen. Die Kosten für soziale Transferleistungen wiederum würden sinken. Die Mehreinnahmen könnten nach den Angaben bei ein bis zwei Milliarden Euro pro Jahr liegen und den Ganztagsausbau damit teilweise selbst finanzieren. Giffey sagte, dies sei ein zusätzliches Argument für den Ausbau der Ganztagsbetreuung.

Profitieren würden von den Mehreinnahmen Spieß zufolge vor allem der Bund und die Träger der Sozialversicherungen, die Gemeinden dagegen am wenigsten. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Stefanie Hubig (SPD), forderte daher, dass der Bund seine Mittel erhöht. Die Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung werde mit voraussichtlich 7,5 Milliarden Euro um ein vielfaches teurer als die zwei Milliarden, die der Bund fördern will, sagte sie. "Wir brauchen mehr Mittel - dazu sind wir aber gerade auch in konstruktiven Gesprächen mit dem Bund", so die rheinland-pfälzische Bildungsministerin.

Die Grünen forderten ebenfalls den Bund auf, die Länder bei der Finanzierung des Projekts stärker zu unterstützen. Das zentrale Problem sei, dass der Ausbau von Betreuungsangeboten viel zu langsam vorankomme, sagte die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, am 21. Januar. Obwohl sich die meisten Eltern ein Ganztagsangebot für ihre Kinder wünschten, gebe es bislang noch nicht einmal für die Hälfte der Grundschulkinder einen Platz.

Corinna Buschow


Grundrechte

Experte: Kinder sollten demokratisch beteiligt werden




Holger Hofmann
epd-bild/Deutsches Kinderhilfswerk
Mit der gezielten Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz wird nach der Überzeugung des Deutschen Kinderhilfswerks die Gesellschaft kinderfreundlicher werden. Es geht auch um mehr politische Beteiligung, etwa durch Kinderparlamente. Was diese erreichen könnten und wo ihre Grenzen liegen, erläutert Holger Hofmann, Geschäftsführer des Kinderhilfswerkes, im Interview.

Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz wird sich laut Hofmann bei der Planung und Gestaltung in allen Politikfeldern positiv auswirken. Allerdings würden sich "nicht von heute auf morgen die Lebensbedingungen von Kindern in Deutschland verbessern", sagte der Bundesgeschäftsführer dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Recht Minderjähriger auf gesellschaftliche Beteiligung könnten insbesondere kommunale Kinder- und Jugendparlamente sicherstellen. Die Fragen stellte Markus Jantzer.

epd sozial: Der Bundestag will in 2020 Kinderrechte im Grundgesetz verankern. Was bringt das den Kindern?

Holger Hofmann: Die Normierung von Kinderrechten im Grundgesetz wird die gesellschaftliche Sicht auf Kinder positiv verändern und ihre Rechte quer durch die Rechtsgebiete stärken: vom Jugendhilferecht über das Straßenverkehrsrecht bis hin zum Baurecht und selbstverständlich auch im Bildungsbereich und der Haushaltsgesetzgebung. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie brauchen über die allgemeinen Grundrechte hinaus besondere Rechte.

epd: Sehen sie darin einen wirksamen Schritt zu einer kinderfreundlichen Gesellschaft?

Hofmann: Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz wird sich nach meiner Überzeugung bei der Planung und Gestaltung in allen Politikfeldern positiv auswirken. Auch bei der konkreten Rechtsprechung werden die Rechte von Kindern verbindlicher als bisher Berücksichtigung durch die Richterinnen und Richter finden. Bei neuen Gesetzesvorhaben würden die Auswirkungen auf die Interessen von Kindern miteinbezogen und dadurch eine Kinderrechtsperspektive eingeführt werden. Das heißt: Im Ergebnis wirkt sich dies auf alle drei Staatsgewalten aus. Klar ist aber auch, dass die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz an vielen Stellen nicht von heute auf morgen die Lebensbedingungen von Kindern in Deutschland verbessern wird.

epd: Unter anderem soll die Beteiligung von Kindern an politischen Entscheidungen ein Verfassungsrecht werden. Inwiefern ist es geboten und auch rechtlich vertretbar, Minderjährige, also Unmündige, mit Beteiligungsrechten auszustatten?

Hofmann: Die Beteiligung von Kindern kennt grundsätzlich keine Altersgrenze nach unten. Durch eine Grundgesetzänderung sollte sichergestellt werden, dass jedes Kind das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten erhält, die es betrifft. Seine Meinung sollte dann entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in angemessener Weise berücksichtigt werden. Eine grundgesetzlich normierte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen folgt auch einem gesamtgesellschaftlichen Interesse. Denn eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wird dazu führen, dass sich die heute jüngere Generation auch später für die Mitgestaltung und den Erhalt unserer Demokratie engagiert.

epd: Eine seit vielen Jahren in einzelnen Städten in Deutschland praktizierte Beteiligungsform sind Kinder- und Jugendparlamente. Warum sind diese besonders geeignet, Kinderrechte zu stärken?

Hofmann: Die Ziele und die Arbeit der Kinder- und Jugendparlamente in Deutschland sind sehr vielfältig. Besonders wichtig ist die dadurch praktizierte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Es geht um ihre Mitbestimmung am kommunalen Geschehen, insbesondere wenn es um Kinder und Jugendliche betreffende Themen geht. Kinder- und Jugendparlamente sind auch konkrete Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche vor Ort, sie nehmen ihre Anregungen und Forderungen auf und können diese dann in die Kommunalpolitik einspeisen. Oftmals arbeiten Kinder- und Jugendparlamente über viele Jahre erfolgreich, die Kinder und Jugendlichen werden kontinuierlich in die Kommunalpolitik einbezogen, sie können die "Früchte ihrer Arbeit" selbst sehen und langfristig mitgestalten - anders als beispielsweise bei Projekten, die stets nur temporär angelegt sind.

epd: Nehmen Kinder- und Jugendparlamente tatsächlich Einfluss auf die Kommunalpolitik?

Hofmann: Der tatsächliche Einfluss von Kinder- und Jugendparlamenten auf kommunalpolitische Entscheidungen unterscheidet sich von Ort zu Ort. Hier kommt es entscheidend darauf an, wie viel Einflussmöglichkeiten den Kinder- und Jugendparlamenten zugestanden werden und in welcher Rolle sich das Kinder- und Jugendparlament selbst sieht. Es gibt beispielsweise Kinder- und Jugendparlamente, die Rede- und Antragsrechte im Gemeinderat haben. Auf diesem Wege können Themen direkt eingebracht werden. Wir wissen aus der Praxis, dass die Kinder- und Jugendparlamente sehr stark bei Ideenfindung und Planung eingebunden werden, bei der konkreten Mitwirkung an Entscheidungen der Gemeinderäte besteht dagegen noch Entwicklungspotenzial nach oben, aber auch hierzu gibt es viele gute Beispiele.

epd: Welche Themen sollten in Kinder- und Jugendparlamenten behandelt werden?

Hofmann: Im Prinzip können und sollten sich Kinder- und Jugendparlamente mit allen Themen beschäftigen, für die sich die Kinder und Jugendlichen interessieren. Die Bandbreite der Arbeitsbereiche, mit denen sich Kinder- und Jugendparlamente beschäftigen, ist sehr vielfältig. Beispielsweise stehen Fragen der politischen Bildung, die Planung und Ausgestaltung von Freizeitangeboten und Freizeitanlagen, Verkehrs- und Stadtplanung oder Bildungspolitik und Umweltschutz auf den Tagesordnungen. Sollte bei den Kindern und Jugendlichen Expertise fehlen oder das Thema ohne Vorwissen zu komplex sein, holen sie sich – wie Erwachsenengremien auch – Expertinnen und Experten für entsprechenden Input hinzu.

epd: Unter welchen Voraussetzungen bringen Kinder- und Jugendparlamente konstruktive Ergebnisse hervor?

Hofmann: Oberster Grundsatz in der Kommune sollte sein, dass das Kinder- und Jugendparlament ernst genommen wird und vonseiten der Politik und Verwaltung eine Begegnung auf Augenhöhe stattfindet. Nur so ist echte Teilhabe und Beteiligung möglich. Dafür sollte die Stellung des Kinder- und Jugendparlamentes, seine Rechte und Pflichten klar definiert sein. Den Mitgliedern des Kinder- und Jugendparlamentes sollte zudem Fachwissen über die Abläufe von Verwaltung und Kommunalpolitik vermittelt werden. Wichtig sind aber auch eine das Kinder- und Jugendparlament betreuende, unterstützende und begleitende Fachkraft, ein eigenes Budget sowie eine gute Kooperation und Austausch mit Verwaltung und Gemeinderat.

Wichtig ist auch, dass sich Kinder- und Jugendparlamente bemühen, "verschiedene" Kinder und Jugendliche in der Kommune zu erreichen und nicht nur die aus der Mittel- und Oberschicht. In Kinder- und Jugendparlamenten sollte möglichst ein Querschnitt der Gesellschaft sitzen, also Kinder und Jugendliche aus armen und reichen Haushalten, Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, Flüchtlingskinder, Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen, Hauptschülerinnen, Oberschüler, Gymnasiastinnen.

epd: Ist dieser Anspruch realistisch?

Hofmann: In der Tat gibt es hier Grenzen. Um möglichst alle Kinder und Jugendlichen zu erreichen, ist eine vielfältige Beteiligungslandschaft notwendig, die weitere Formate wie Runde Tische, Kinder- und Jugendforen zu einzelnen Sachfragen oder projektorientierte Beteiligungsformen einbindet.

epd: Woran scheitern Kinder- und Jugendparlamente?

Hofmann: Sehr oft scheitern sie an der fehlenden Verbindlichkeit und mangelnder Ernsthaftigkeit von Politik und Verwaltung. Eine besondere Rolle spielt immer wieder die betreuende Fachkraft und die Anlaufstelle des Kinder- und Jugendparlamentes in der Verwaltung. Besonders wichtig ist es, dass die Organisationsstruktur und Arbeitsweisen an die Lebensbedingungen und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen angepasst werden.

Markus Jantzer


Armut

Berlin braucht mehr Notübernachtungen für Familien




Eingang zu einer Notübernachtung in Berlin
epd-bild/Rolf Zöllner
In Berlin sind zunehmend auch Familien vom Verlust ihrer Wohnung betroffen. Die Gründe dafür sind vielfältig, die darauf spezialisierten Hilfsangebote noch rar gesät.

Berlin will Ende 2021 bis zu 100 spezialisierte Notübernachtungsplätze für wohnungslose Familien anbieten. Das kündigte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) am 20. Januar beim Besuch einer Einrichtung des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF) an. Zugleich sollen nach Breitenbachs Worten die Mindeststandards von allgemeinen Notübernachtungen für Wohnungslose, deren Mehrzahl von Männern genutzt wird, angehoben werden. Dies würde spezielle Angebote für besonders Schutzbedürftige, wie etwa Kinder, dann langfristig überflüssig machen.

Nicht ohne das Jugendamt

Wohnungslose Familien benötigten einen Schutzraum, den herkömmliche Notunterkünfte nicht bieten, sagte Breitenbach. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) kündigte an, dass bei Zwangsräumungen von Wohnungen, sollten Familien betroffen sein, künftig das Jugendamt eingeschaltet werden muss. Eine entsprechende Vorschrift für die Verwaltung solle zum 1. April in Kraft treten.

Insgesamt gibt es in Berlin den Angaben zufolge 74 Notübernachtungsplätze für Familien und schwangere Frauen. Davon befinden sich 44 in der seit Mai 2019 geöffneten EJF-Einrichtung in Berlin-Heiligensee und seit 2017 weitere 30 Plätze in einer Notübernachtung des Diakonischen Werkes Berlin-Stadtmitte. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2021 sollen es 100 Notübernachtungsplätze für Familien sein, sagte Breitenbach.

Für beide Einrichtungen zusammen stellt die Senatssozialverwaltung pro Jahr 1,6 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere 57.000 Euro je Einrichtung kommen von der Senatsjugendverwaltung. Ziel ist es, insbesondere die Kinder schützen, betonte Scheeres.

"Nacht der Solidarität"

Über die Anzahl der Obdachlosen und Wohnungslosen in Berlin gibt es nur Schätzungen. In einer "Nacht der Solidarität" vom 29. zum 30. Januar soll eine stadtweite Zählung mehr Informationen über Obdachlose bringen. Es wird mit mehreren Tausend gerechnet. Ende 2018 wurden laut Breitenbach von den Bezirken rund 36.000 Wohnungslose in Notquartieren untergebracht.

In der Einrichtung des EJF wurden in den vergangenen neun Monaten knapp 100 Familien, insgesamt 342 Personen, aufgenommen. Darunter waren mehr als die Hälfte Kinder (180). Rund 50 Prozent der Familien waren alleinerziehende Mütter mit Kindern, wie der EJF-Vorstandsvorsitzende Andreas Eckhoff sagte.

In der Regel sollen sie nicht länger als drei Wochen in den für Familien eingerichteten kleinen Appartements verbringen. In dieser Zeit erhielten die Betroffenen eine umfassende Beratung und Begleitung mit dem Ziel, sie in andere Wohnungen dauerhaft zu vermitteln, hieß es. Dabei werde versucht, die Kinder weiterhin ihre angestammte Kita oder Schule besuchen zu lassen.

Lukas Philippi


Medizinethik

2020 mögliches "Schicksalsjahr" für Recht auf Abtreibung in den USA



Abtreibungsgegner in den USA verspüren Aufwind. Der seit 1973 geltende verfassungsrechtliche Schutz für Schwangerschaftsabbruch könnte bald zu Ende gehen. Für März plant das Oberste Gericht eine zukunftsweisende Anhörung.

US-Präsident Donald Trump gilt vielen Vertretern der sogenannten Lebensschutzbewegung als guter Präsident. Er habe sein Versprechen eingehalten, das "Recht auf Leben immer zu verteidigen", sagen sie - und er hat das Oberste Gericht entsprechend umbesetzt. Erstmals seit zwei neue Trump-Richter im Amt sind, befasst sich der neunköpfige Gerichtshof am 4. März mit Abtreibungsrestriktionen. Die neuen Richter Brett Kavanaugh und Neil Gorsuch gelten als Abtreibungsgegner. Laut dem Grundsatzurteil von 1973 darf die Regierung das Recht auf Abtreibung bis zur unabhängigen Lebensfähigkeit des Fötus nicht einschränken.

USA droht Spaltung

Würden die Richter dieses Urteil nun kippen oder deutlich schwächen, könnten die USA beim Schwangerschaftsabbruch bald zweigeteilt sein: Republikanisch regierte Staaten wie Mississippi, Missouri und Louisiana würden Abtreibung verbieten oder den Zugang so erschweren, dass restriktive Vorschriften einem Verbot gleichkämen. US-Staaten mit Demokraten an der Macht wie Kalifornien, New York und Maryland hingegen würden Abtreibung weiterhin erlauben.

Kaum ein Anliegen weckt in den USA so starke Emotionen und so heftige politische Zusammenstöße wie das Recht auf Abtreibung. Frauen müssten darüber entscheiden dürfen, betonen alle Präsidentschaftsanwärter der Demokratischen Partei. Politiker der Republikanischen Partei befürworten einstimmig den "Lebensschutz".

Das Urteil von 1973 stieß sofort auf Protest bei der römisch-katholischen Kirche. Wenig später haben sich auch evangelikal-protestantisch orientierte Christen angeschlossen. Die evangelikale Haltung war nicht immer so. Noch 1971 sprach sich der Südliche Baptistenverband, die größte protestantische Kirche, für die "Heiligkeit des menschlichen Lebens" aus. Zugleich forderte der Verband jedoch auch Gesetze, um Abtreibungen zu erlauben bei "fötaler Missbildung" und mit Rücksicht auf möglichen Schaden der "emotionalen, mentalen und physischen Gesundheit der Mutter".

Recht auf Schwangerschaftsabbruch geschwächt

Mit einer Salami-Taktik haben die Abtreibungsgegner das Recht auf Schwangerschaftsabbruch über Jahre hinweg geschwächt. Bereits heute gibt es in sechs Staaten jeweils nur eine Klinik für Abtreibungen. Die Tür zu Restriktionen ging 1992 weit auf, als das Oberste Gericht zugestand, Bundesstaaten dürften Abtreibungen "regulieren", wenn dies keine "unzumutbare" Belastung darstelle.

Konservative Politiker haben zahlreiche Entwürfe für eine Regulierung durchgesetzt. Laut dem Guttmacher-Institut zur Familienplanung schreiben 27 der 50 Staaten eine Wartezeit von 24 bis 72 Stunden zwischen der ärztlichen Beratung und dem Abbruch vor.

In elf Bundesstaaten müssten Ärzte vor jedem geplanten Abbruch eine Ultraschalluntersuchung vornehmen. In drei müssten sie die Aufnahmen der schwangeren Frau zeigen, hieß es weiter. Ultraschall sei in den allermeisten Fällen nicht nötig, konterte der Verband NARAL Pro-Choice America. Unter Zwang vorgenommene Untersuchungen schikanierten die Frauen.

Sorge um das Wohl der Frauen

Abtreibungsgegner dagegen hoffen auf eine Wirkung solcher Untersuchungen. Eine Kommission des Südlichen Baptistenverbandes kaufte Ultraschallgeräte für sogenannte Schwangerschaftszentren, die Frauen helfen wollen, ungewollte Schwangerschaften auszutragen. Es mache wirklich einen Unterschied, wenn eine Frau das Ultraschallbild sehe, sagte die Leiterin der Liberty-Frauenklinik in Kansas City im US-Staat Missouri, Carol Graham, im baptistischen Informationsdienst.

In dem Fall vor dem Obersten Gericht im März geht es um einen Gesetzesvorschlag in Louisiana. Dort müssten dann Ärzte, die Abtreibungen ausführen, an einem nahe gelegenen Krankenhaus zugelassen sein. Man sorge sich um das Wohl der Frauen, hieß es. Eine betroffene Klinik protestierte, wegen der Vorschrift könnte es in Louisiana nur noch einen Arzt für Abtreibungen geben.

Der Rechtsstreit gilt als Hinweis auf die Haltung des Obersten Gerichtes: 2016 hatte der Gerichtshof mit fünf zu drei Stimmen ein nahezu identisches Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Gorsuch und Kavanaugh waren damals noch keine Richter. Der "Zugang zur Abtreibung hängt an einem Faden", warnte die Interims-Präsidentin des liberalen Familienplanungsverbandes Planned Parenthood, Alexis McGill Johnson. Bei diesem Fall "könnte der Faden reißen".

Konrad Ege


Familie

Expertin: "Pflegende Kinder bleiben oft unerkannt und ohne Hilfe"




Sabine Metzing
epd-bild/Kay Gropp/ Universitaet Witten/Herdecke
Kinder und Jugendliche, die Angehörige pflegen, erhalten laut der Pflegewissenschaftlerin Sabine Metzing bislang nur selten Hilfe. Auch deshalb, weil sie oft gar nicht als pflegende Akteure wahrgenommen werden.

Es mangelt in der Gesellschaft an einem Bewusstsein für das Thema, sagt die Pflegewissenschaftlerin Sabine Metzing von der Universität Witten/Herdecke. "Es ist schwierig, den Mädchen und Jungen Hilfe anzubieten, weil wir sie gar nicht erst als Pflegende wahrnehmen", sagte die Hochschullehrerin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In Deutschland kümmern sich Forschungen von Metzing zufolge rund sechs Prozent der 10- bis 19-Jährigen um pflegebedürftige Angehörige, meist um ihre Eltern oder Großeltern. "Fast jeder kennt eine Familie, in der es ein pflegendes Kind oder Jugendlichen gibt", sagte die Wissenschaftlerin, die seit 15 Jahren zu dem Thema forscht. Die Minderjährigen putzen, kochen, schieben den Rollstuhl, geben Medikamente oder helfen den Angehörigen auf die Toilette.

Oft bleibt die schwierige Situation geheim

Nur selten suchten sie selbst nach Hilfe, erklärte Metzing. Aus Scham oder Angst vor einem Eingreifen des Jugendamts hielten sie ihre Familiensituation geheim. Auch nehme ein Großteil der Kinder und Jugendlichen die Pflege als selbstverständlich wahr. "Die Kinder sagen nicht, dass sie pflegen, sondern dass sie sich nur kümmern", sagte die Professorin.

Ihre Überforderung bemerkten sie oft erst, wenn sie als junge Erwachsene auf ihre Kindheit zurückblicken. "Je jünger das Kind ist, desto geringer ist sein Belastungsempfinden ausgeprägt", sagte Metzing. Trotzdem litten die Minderjährigen teils unter Schlafstörungen, seien stark um den kranken Angehörigen besorgt und im schlimmsten Fall sozial von Gleichaltrigen isoliert, weil sie keine Zeit hätten, Freunde zu treffen. "Minderjährige, die sehr stark in pflegerische Hilfen eingebunden sind, laufen Gefahr, ihre Kindheit zu verlieren, wenn die Familien ohne Unterstützung bleiben", mahnte Metzing.

Um die Kinder zu entlasten, sei es wichtig, Ärzte, Lehrer, Schulsozialarbeiter und "jeden, der beruflich in Kontakt mit Kindern oder Pflegebedürftigen kommt", für die Situation der pflegenden Kinder zu sensibilisieren. Ärzte sollten in Gesprächen fragen, ob es im Haushalt Kinder gebe und ob Hilfsbedarf in der Versorgung der pflegebedürftigen oder kranken Person bestehe. Lehrer sollten darauf achten, ob Kinder plötzlich häufiger im Schulunterricht fehlten und müde oder unkonzentriert seien.

Patricia Averesch


Arbeit

Institut fordert effektivere Mindestlohnkontrollen



Damit Mindestlöhne in den Betrieben eingehalten werden, bedarf es laut einer Studie mehr und effektiverer Kontrollen. Aufgrund intransparenter Arbeitsbedingungen, unterschiedlicher Regelungen für bestimmte Arbeitsformen und immer komplexerer Zuliefererketten sei die Überprüfung für die zuständigen Behörden heute viel schwieriger als in der Vergangenheit, heißt es in einer am 16. Januar in Essen vorgestellten Untersuchung der Universität Duisburg-Essen.

"Für eine wirksame Abschreckung müssen Kontrollen an der Spitze der Wertschöpfungskette ansetzen, nicht erst auf der Baustelle oder im Supermarkt", forderte Arbeitsmarktforscher Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität. Ein Forscherteam um Bosch hat die Probleme bei der Durchsetzung und Einhaltung von Mindestlöhnen untersucht und liefert damit nach eigenen Angaben die erste umfassende empirische Untersuchung zur Kontrolle von Mindestlöhnen in Deutschland.

Verstöße landen nur selten vor Gericht

Probleme sieht das IAQ-Team vor allem in Risikobranchen mit vielen Kleinbetrieben, wechselnden Arbeitszeiten und Einsatzorten sowie in Firmen ohne Tarifbindung und ohne Betriebsräte. "Viele Beschäftigte wissen gar nicht, welche Lohnbestandteile auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden dürfen", erklärte Bosch. Bei Verstößen müssten sie in Deutschland selbst vor Gericht ziehen, um vorenthaltene Arbeitsentgelte einzuklagen. "Das machen aber nur wenige."

Für die notwendigen Verhaltensweisen der Wirtschaftsbetriebe sei mehr Prävention erforderlich: Um die Selbstkontrollen durch die Sozialpartner zu stärken, müsste die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen deutlich erleichtert werden, erklärten die Wissenschaftler. Unternehmen an der Spitze von Wertschöpfungsketten wie im Baugewerbe sollten selbst dafür sorgen, dass auch ihre Subunternehmen Mindeststandards einhalten.

Das IAQ betont außerdem, dass Beschäftigte wissen müssen, was zur bezahlten Arbeitszeit zählt und was nicht. Dafür sei eine manipulationssichere Erfassung der Arbeitszeit nötig.



Bundesländer

Laumann lobt Programm für Langzeitarbeitslose



Als "großen Durchbruch" bei der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt hat NRW-Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann das vor einem Jahr gestartete Teilhabechancengesetz gewürdigt. Dank der am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Fördermöglichkeiten hätten fast 13.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen, die seit mindestens einem Jahr ohne Arbeit seien, eine neue Beschäftigung gefunden, sagte der CDU-Politiker am 20. Januar zur Ein-Jahres-Bilanz des Programmes in Düsseldorf. Etwa 1.000 Menschen hätten die neue Beschäftigung wieder aufgegeben - das sei eine vergleichsweise geringe Abbruchquote, betonte der Minister.

In diesem Jahr stehen 1,44 Milliarden Euro in Nordrhein-Westfalen für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen zur Verfügung. Laut dem Vorsitzenden der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Torsten Withake, gibt es derzeit in NRW rund 240.000 Langzeitarbeitslose. Das neue Programm biete den Arbeitssuchenden die Chance, wieder ein reguläres Berufsleben zu führen. Die Tätigkeit sei "nah an der Realität", es würden "echte Arbeitsplätze" gefördert, betonte Withake. Zur Unterstützung gibt es eine Begleitung durch Coaches der Jobcenter, die den neuen Beschäftigten helfen, im Berufsleben wieder Fuß zu fassen.



Behinderung

Kompetenzzentren Selbstbestimmtes Leben erhalten weitere Förderung



Die sechs Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (KSL) in Nordrhein-Westfalen werden weiter gefördert und können ihre Arbeit für die Inklusion von behinderten Menschen fortsetzen. Die Kompetenzzentren in Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster erhalten in den Jahren 2020 bis 2022 insgesamt 6,7 Millionen Euro aus Landesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfonds, wie NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) am 17. Januar in Düsseldorf mitteilte. Die Einrichtungen förderten "das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Behinderungen und sie unterstützen die Landesregierung bei ihren inklusionspolitischen Aktivitäten", sagte Laumann.

Zu den Zielen der KSL gehört unter anderem, Informationen und Lösungen zu Fragen der Inklusion von behinderten Menschen zu vermitteln. Allein im Jahr 2018 wurden über 600 Kommunen, Vereine, Verbände, Unternehmen oder andere Akteure dazu beraten, wie es hieß.

Seit 2016 ist in allen fünf Regierungsbezirken je ein regionales Kompetenzzentrum aufgebaut worden, hinzu kommt ein landesweit tätiges Kompetenzzentrum für Menschen mit Sinnesbehinderungen mit Sitz in Essen. An den sechs KSL in Nordrhein-Westfalen sind etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten sind selbst Menschen mit Behinderungen.



Bundesländer

Online-Infos über alle Pflegeheime in Hamburg



Ein neues Online-Angebot informiert künftig umfassend über die Hamburger Pflegeheime. Der "Pflegekompass" stelle die wichtigsten Informationen über die 150 stationären Pflegeeinrichtungen der Stadt vor, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am 17. Januar bei der Präsentation. Auch die Ergebnisse von behördlichen Prüfungen und Befragungen von Angehörigen werden veröffentlicht. Der "Pflegekompass" habe inhaltliche und strukturelle Mängel, kritisierte dagegen der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen fehle es oft an unabhängigen und aussagekräftigen Informationen, sagte Prüfer-Storcks. Als erstes Bundesland schaffe Hamburg mit dem Online-Portal Transparenz über die Pflegequalität.

Angegeben würden Preise, Eigenanteil der Pflegebedürftigen, die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze und spezielle Angebote etwa für demente Menschen. Außerdem werden den Angaben nach detaillierte Angaben zum Personaleinsatz gemacht. Gesucht werden kann über einen Filter nach Preis, Weiterempfehlungsrate oder Entfernung zum Wohnort.

Die Pflegeeinrichtungen seien durch die Behörde nicht umfassend über das Portal aufgeklärt worden, kritisierte Kristin Alheit, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. So werde nicht berücksichtigt, inwieweit die Pflegeeinrichtungen in ihr Umfeld eingebunden sind.




sozial-Branche

Familie

Eine Schatzkiste für die Zeit nach dem Tod




Aufnahme eines Hörbuches mit der Journalistin Judith Grümmer
epd-bild/Joachim Rieger
Früh verwaiste Kinder fragen sich oft, was ihre Eltern wohl erlebt oder gedacht haben. Ein bislang einzigartiges Projekt ermöglicht es schwer kranken Eltern, Hörbücher für ihre jungen Kinder aufzunehmen - und Erinnerungen wachzuhalten.

"Das sind Verdauungsbeschwerden", dachte sich Michael Zimmermann, als er während seiner Elternzeit immer wieder mal Bauchschmerzen hatte. Doch zwei Tage nach seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz erhielt der Krankenpfleger die niederschmetternde Diagnose: Bauchspeicheldrüsenkrebs. Wie lange er noch zu leben hat, weiß der 43-Jährige nicht genau. "Aber aus medizinischer Sicht ist es unwahrscheinlich, dass ich meinen Sohn noch aufwachsen sehe", weiß Zimmermann, der eigentlich anders heißt. Es schmerzt ihn, dass sein anderthalbjähriger Sohn ihn möglicherweise nie wirklich kennenlernen wird. Zimmermann fragte sich, was er tun könnte, um dem Jungen etwas von sich zu hinterlassen.

"Das tröstet mich"

Die Lösung war die Aufnahme eines Hörbuchs. Mittlerweile hält Zimmermann seine Audiobiografie in den Händen, in der er über sein Leben und seine Überzeugungen spricht. Durch die Erzählungen und Botschaften wird ein Stück von ihm über seinen Tod hinaus für den Sohn erhalten bleiben. "Das tröstet mich, weil ich weiß, dass es Phasen geben wird, in denen mein Sohn seinen Vater suchen wird. Und dann hat er etwas, was er anhören kann", sagt Zimmermann.

Entstanden ist Zimmermanns Audiobiografie im Rahmen eines bislang einzigartigen Projekts der Kölner Journalistin Judith Grümmer und der Klinik für Palliativmedizin der Universität Bonn. Die Initiative zu dem Projekt kam von Grümmer, nachdem sie bereits seit 2004 Erfahrungen mit der Produktion von Familienhörbüchern gesammelt hatte. Irgendwann kam der Medizinjournalistin der Gedanke, dass es für jüngere, sterbenskranke Eltern wichtig sein könnte, Erlebnisse und Botschaften an ihre Kinder weiterzugeben.

Bei dem Palliativmediziner Lukas Radbruch von der Bonner Uni-Klinik lief Grümmer offene Türen ein. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin sagte der Journalistin wissenschaftliche Unterstützung zu. Die Finanzierung sicherte die Rhein-Energie-Stiftung für die Dauer von drei Jahren. Das Projekt, das sich auf Patienten aus Nordrhein-Westfalen beschränkt, könnte bald in anderen Bundesländern Schule machen. Derzeit bildet Grümmer 16 Audiobiografen aus verschiedenen Bundesländern sowie aus Österreich und der Schweiz aus.

Der Reichtum des Lebens

25 Audiobücher entstanden bislang in dem Projekt. Die Herstellung ist zeitaufwendig. Drei Tage lang arbeitet die Journalistin zusammen mit jedem Patienten an seinem Hörbuch – soweit das der Gesundheitszustand des Betroffenen erlaubt. Anschließend schneidet sie die Aufnahmen, strukturiert sie und arbeitet zum Beispiel auch Lieblingsmusik des Patienten ein.

"Wir beobachten, dass den Patienten die Arbeit an ihrer Biografie sehr gut tut", sagt die Psychoonkologin Michaela Hesse, die das Projekt an der Bonner Uni-Klinik begleitet. "Viele sagen, dass es ihnen ein Stück weit die Angst genommen hat." Durch die Erinnerungsarbeit bekämen die Menschen häufig auch eine neue Perspektive auf ihr Leben. "Oft sagen die Patienten, dass sie dadurch noch einmal gesehen haben, wie reich ihr Leben war." Auch für die Familien sei die biografische Arbeit oft eine Hilfe. "Sie fangen an, Fotoalben rauszusuchen oder sich mit Musik zu beschäftigen, die sie gemeinsam gehört haben."

Bei Michael Zimmermann hat die Arbeit an seiner Audiobiografie lang vergessene Erlebnisse zutage befördert. "Es waren schöne Erinnerungen. Es hat mir aber auch gezeigt, was noch geklärt werden müsste." Die drei Aufnahmetage seien schneller vorbei gewesen als gedacht. Und es sei dabei nicht nur traurig zugegangen. "Wir haben auch viel gelacht."

Zimmermann ist dankbar, dass er seinem Sohn auf diese Weise etwas über seine Werte mitteilen und ihm klarmachen kann, wie viel er ihm bedeutet. "Ich kann ihn nicht auf meinen Tod vorbereiten, aber ich kann ihn auf sein Leben vorbereiten." Und vielleicht würden sogar noch seine Enkel von dem Hörbuch profitieren. "Es ist eine Schatzkiste für die Ewigkeit über Generationen hinweg."

Claudia Rometsch


Wohnen

Mieterbund fordert radikale Lösungen




Mietshaus mit Leerständen
epd-bild/Rudolf Stumberger
Schnell, umfassend und radikal müsse es jetzt gehen, findet der Deutsche Mieterbund. Der Krise auf dem Wohnungsmarkt sei entschlossen zu begegnen. Dazu hat der Verband einen Zwölf-Punkte-Plan vorgestellt.

Der Deutsche Mieterbund sieht keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Vielmehr spitze sich die Wohnungskrise in Deutschland weiter zu. "Etwa eine Million Wohnungen fehlen, insbesondere in den Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten", sagte Präsident Lukas Siebenkotten am 21. Januar in Berlin bei der Vorstellung eines Zwölf-Punkte-Forderungskataloges an die Politik. Von Trendwende könne also keine Rede sein, wies Siebenkotten anderslautende Medienberichte zurück.

Forderung nach einem Zwei-Milliarden-Programm

Nötig seien jetzt "schnelle, umfassende und radikale Lösungen". Der Mieterbund fordert dazu ein öffentliches Förderprogramm in zweistelliger Milliardenhöhe pro Jahr.

So müsse unter anderem der Bestand von Sozialwohnungen von derzeit 1,2 Millionen bis 2030 auf mindestens zwei Millionen aufgestockt werden. Dazu müssten pro Jahr nicht nur 80.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden, sondern für 75.000 bestehende Wohnungen Preis- und Sozialbindungen geschaffen werden. Nötig seien dafür jährlich mindestens 6,5 Milliarden Euro Fördermittel, je zur Hälfte von Bund und Ländern.

Zur Verhinderung von Bodenspekulation fordert der Mieterbund, dass Kommunen künftig Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben, vorrangig für Sozial- und bezahlbare Mietwohnungen. Zudem sollten sie ein Vorkaufsrecht für Grundstücke in ihrer Gemeinde erhalten. Baugenehmigungen sollten zeitlich begrenzt, Spekulationsgewinne abgeschöpft werden.

Siebenkotten betonte, der Wohnungsneubau stagniere. Von den knapp 300.000 neu gebauten Wohnungen im vergangenen Jahr seien nur etwa ein Drittel klassische Mietwohnungen und weniger als ein Zehntel Sozialwohnungen.

Steuererleichterungen für Wohnungsbau

Weiter fordert der Mieterbund neben Sozialwohnungen auch 60.000 neue, "für Normalverdiener erschwingliche Mietwohnungen" pro Jahr zu bauen. Dies könne durch Steuererleichterungen im Umfang von drei Milliarden Euro gefördert werden. Im Gegenzug gebe es für diese Wohnungen Mietobergrenzen.

Um Vermietern einen Anreiz für Modernisierungen zu gebe, bei gleichzeitiger Einschränkung der Mieterhöhungsmöglichkeiten, schlägt der Mieterbund eine Aufstockung und den Umbau der öffentlichen Förderung vor. Sie soll künftig direkt an den Vermieter ausgezahlt werden. Dieser dürfte diese dann nicht länger auf die Modernisierungskosten anrechnen. Um die jährliche Sanierungsquote auf bis zu drei Prozent des Bestandes anzuheben, würden öffentliche Fördermittel von mindestens zehn Milliarden Euro im Jahr notwendig.

Weiter will der Mieterbund die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen weitgehend stoppen. Der Kündigungsschutz solle verbessert werden. Dazu gehöre eine klarere Regelung für den Eigenbedarf des Vermieters. Kündigungen wegen Zahlungsverzug müssten durch Nachzahlung der offenstehenden Mieten innerhalb einer Schonfrist abgewendet werden können.

Nach Auffassung des Mieterbundes sollten künftig auch Wiedervermietungsmieten bei zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gedeckelt werden. Diese Bestimmung müsse bundesweit gelten, Ausnahmen, wie die Regelung zur Vormiete, seien zu streichen.

Der Markt könne die Wohnungs- und Mietenprobleme nicht lösen, sagte der DMB-Chef. Dies zeigten die vergangenen Jahre. Der Bundesregierung warf er Untätigkeit vor.

Lukas Philippi


Kirchen

Niederschwellige Hilfen in der alten Kneipe




Präses Manfred Rekowski am Spendenbaum im Treffpunkt ":Kerit"
epd-West/Vollrath
Eine alte Gastronomie als Begegnungsstätte. Einsame und sozial benachteiligte Menschen treffen sich in Bad Neuenahr-Ahrweiler im ökumenischen ":Kerit". Der Name steht für "kommunizieren, engagieren, ratgeben, innehalten, tun".

Früher war das ":Kerit" in Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Gasthaus. Heute erinnern daran noch der thekenähnliche Aufbau im Foyer und der direkte Durchgang zur großen Küche. Bis vor kurzem stand dort auch noch ein Schreibtisch. Aber der ist jetzt im Aufenthalts- und Ruheraum, berichtet Karl-Peter Gerigk, der für die Informationen über das ökumenische Projekt zuständig ist. Früher hätten die Menschen sonst immer gedacht: "Ach, jetzt bin ich beim Amt." Doch genau das sollen sie nicht sein. Es geht um einen niedrigschwelligen Treffpunkt für einsame und sozial benachteiligte Menschen.

"Ich komme hierher und mir wird geholfen" sei das Gefühl, das die Einrichtung vermitteln wolle, betont Gerigk. Durchschnittlich kämen rund 20 Menschen pro Tag. Zusammen mit den Ehrenamtlichen hielten sie das Projekt am Leben. Denn wer häufig komme, von dem werde auch erwartet, sich beim Putzen oder Aufräumen zu beteiligen. Auch gibt es in dem Haus eine Art WG mit sieben Zimmern, die zurzeit alle belegt sind.

Hinter dem Haus befindet sich laut Gerigk "unser kleiner Park" mit einem großen, im Sommer schattenspendenden Nussbaum, einem Holunderstrauch für selbst gemachten Saft und einem Hochbeet zur Selbstversorgung etwa mit Küchenkräutern.

Begehrte Duschmöglichkeit

Außerdem gibt es noch einen Speisesaal, einen Aufenthaltsraum mit E-Orgel und einen Waschraum mit Dusche, Waschmaschine und Bügeleisen. Letztere biete vor allem Clochards, also Obdachlosen, eine Möglichkeit zum Duschen und Wäsche waschen, berichtet er. Marion Eisler vom Diakonischen Werk des Koblenzer Kirchenkreises ergänzt, dass es sonst im ganzen Kreis Ahrweiler keine Duschmöglichkeit gebe.

Überhaupt sei die Situation für viele Menschen schwierig, berichtet sie. Eine Fahrt von Neuenahr bis Ahrweiler koste mit den öffentlichen Verkehrsmitteln drei Euro. Das könnten sich viele nicht leisten, was somit auch Menschen vom Projekt ausschließe. Es brauche einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr, fordert sie.

Zudem müsse Wohnraum wieder bezahlbar sein. Es könne auch nicht sein, dass der Hartz-IV-Satz um ein paar Euro steige, die Stromkosten dann aber gleichzeitig um ein Vielfaches. Im ":Kerit" gibt es demnach auch für von Stromsperren Betroffene die Möglichkeit, ihre Handys aufzuladen.

Anleihe aus der Bibel

Der Name soll an den Bach Kerit oder Krit aus dem Alten Testament der Bibel erinnern, der den Propheten Elia während einer großen Trockenheit mit Wasser versorgte. Gleichzeitig stehen die einzelnen Buchstaben auch für "kommunizieren, engagieren, ratgeben, innehalten, tun". Im September wurde es offiziell eröffnet.

Die Evangelische Kirchengemeinde Bad Neuenahr und Pfarreien der Pfarreiengemeinschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler tragen das Projekt und kooperieren dabei mit dem Dekanat Ahr-Eifel des Bistums Trier sowie Diakonie und Caritas. Die Deutsche Fernsehlotterie und der Arbeitslosenfonds der Evangelischen Kirche im Rheinland fördern es.

Zu den Angeboten zählen Gespräche und Gruppenarbeiten, eine Strick-Bastelgruppe, Vorträge etwa zur Patientenverfügung oder zur Vorsorgevollmacht. Eine Sozialberatung unterstützt die Menschen zudem mehrmals in der Woche - etwa bei Schwierigkeiten mit Behörden oder der wirtschaftlichen Haushaltsführung.

Spenden halten Projekt am Leben

Ein Großteil der Möbel sind Spenden, auch die Blumen im Speiseraum oder die Hygieneartikel. Selbst eine 100 Jahre alte Waschschüssel hat eine Nachbarin zur Verfügung gestellt.

Spenden erhält das Projekt auch von der Landessynode der rheinischen Kirche. Denn die Hälfte der Kollekte aus dem jüngsten Eröffnungsgottesdienst geht an ":Kerit" - 1.347,23 Euro bleiben an der Ahr. Präses Manfred Rekowski nutzte die Gelegenheit, um sich selbst ein Bild zu machen. Er durfte sich auch gleich auf dem Spendenbaum verewigen, der aus vielen kleinen Holzplatten besteht - auf jeder steht der Vorname eines Spenders oder einer Spenderin.

Marc Patzwald


Jugend

Sozialpädagogin: Influencer vermitteln einseitiges Geschlechterbild




Susanne Käppler
epd-bild/BAG Evangelische Jugendsozialarbeit
In sozialen Netzwerken wie Youtube und Instagram wird häufig eine stereotype Rollenverteilung zwischen Mann und Frau verbreitet, findet die Sozialpädagogin Susanne Käppler.

Die Mehrheit der Influencerinnen und Influencer in sozialen Netzwerken wie Youtube und Instagram präsentiert sich nach Ansicht der Sozialpädagogin Susanne Käppler (55) einseitig und geschlechtertypisch. "Junge Frauen erklären zum Beispiel, wie man sich schminkt und vermitteln Schönheitsideale", sagte die Referentin der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Stuttgart. Beispiele dafür seien die bei Mädchen beliebten Kanäle wie "Bibis Beauty Palace" und "Dagi Bee" mit mehreren Millionen Abonnenten.

Stereotype Ansichten

Auch viele männliche Influencer seien bemüht, sich als möglichst maskulin darzustellen, etwa indem sie im Netz ihren durchtrainierten Oberkörper zeigten. "Die Bilder haben Macht", betonte Käppler, die fachlich für Mädchensozialarbeit und Gender Mainstreaming zuständig ist. Die Instagram- und Youtube-Stars hätten für viele Jugendliche eine Vorbildfunktion. "Sie geben Mädchen und Jungen vor, wie sie sich angeblich zu verhalten haben."

Eine Umfrage von der Kinderhilfsorganisation Plan International zeige sogar, dass Jugendliche, die besonders aktiv in sozialen Medien seien, stärkere stereotype Ansichten zur Rollenverteilung zwischen Mann und Frau hätten.

Käppler fügte hinzu, dass es in den sozialen Netzwerken aber auch Angebote gebe, die gezielt versuchten, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen. Die Youtuberin Mai-Thi Nguyen Kim erkläre auf ihrem Kanal "maiLab" zum Beispiel naturwissenschaftliche Prozesse und die Organisation "Pinkstinks" informiere auf Instagram über eng gefasste Geschlechterrollen.

Auch für die LGBTQ-Bewegung, die lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle und queere Menschen vertritt, sieht Käppler eine Chance, sich über Social Media Gehör zu verschaffen. "Die sozialen Medien bieten das Potenzial, Geschlechterbilder zu verändern."



Flüchtlinge

Verbände dringen weiter auf Aufnahme von Kindern aus Griechenland



Hilfsorganisationen dringen weiter auf die Aufnahme von geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus griechischen Lagern in Deutschland. Die Flüchtlingsräte der Bundesländer, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und die Organisation Pro Asyl äußerten sich am 22. Januar zugleich empört über die Blockade der Initiative durch das Bundesinnenministerium.

Im fünften Jahr des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei harrten immer noch Zehntausende Menschen unter katastrophalen Bedingungen auf den griechischen Inseln aus, hieß es. Unter ihnen seien Tausende Kinder und Jugendliche. Mehr als 60 Prozent der Kinder seien jünger als zwölf Jahre.

Hohe Aufnahmebereitschaft

Etwa 2.000 Kinder und Jugendliche seien allein geflohen oder von ihren Familien getrennt worden und komplett auf sich allein gestellt. Viele von ihnen lebten schutzlos in Zelten, auf der Straße oder seien sogar inhaftiert. Der Zugang zu Betreuung, Bildung und notwendiger medizinischer Hilfe bleibe ihnen vielfach verwehrt.

Sieben Bundesländer und mindestens 15 Kommunen hätten öffentlich Plätze für die Aufnahme von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen von den griechischen Inseln angeboten, erklärten die Hilfsorganisationen. Die Aufnahmebereitschaft sei in Deutschland also weiterhin hoch. "Wer jetzt die Aufnahme verweigert, trägt dazu bei, dass die Kinder- und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen immer weiter andauern."

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sieht derzeit allerdings keine Chance, Flüchtlingskinder von den griechischen Inseln nach Deutschland zu holen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe seinem Vorschlag, zu diesem Zweck ein Sofortprogramm aufzulegen, eine Absage erteilt. Ein eigenes Landesaufnahmeprogramm sei rechtlich und faktisch nicht durchsetzbar und deshalb nicht beabsichtigt, erklärte das Innenministerium in Hannover.



Verbände

AWO Frankfurt plant personellen Neuanfang



Im Zuge des Skandals um die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Frankfurt am Main soll es zu einem personellen Neuanfang kommen. Vertreter der 34 Ortsverbände der AWO Frankfurt hätten bei einem nichtöffentlichen Treffen am 18. Januar einen zeitlichen Fahrplan für die Neuwahl des Präsidiums vereinbart, sagte Klemens Mielke, der Vorsitzende des Ortsverbands Frankfurt-Nied, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei der AWO Wiesbaden wurde am 22. Januar ein neuer Vorsitzender gewählt.

Das ehrenamtliche Präsidium, dessen Aufgabe die Kontrolle des Vorstands ist, und der langjährige Geschäftsführer des Frabkfurter Kreisverbandes waren im Zuge staatsanwaltlicher Ermittlungen zurückgetreten. In drei Wochen soll laut Medienberichten bei einer weiteren Kreisversammlung ein neues Präsidium gewählt werden.

Vetternwirtschaft und Bereicherung

"Die Versammlung ist sehr positiv verlaufen, es gibt erste Schritte in die Zukunft", bilanzierte Mielke nach der Versammlung der rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Frankfurter Ortsverbänden. Der zur Versammlung angereiste AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler habe "deutliche Worte" für den Zustand des Kreisverbandes gefunden, der im Verdacht der Begünstigung und der Untreue steht, sagte Mielke. Als Vorsitzender des mit 300 Mitgliedern stärksten AWO-Ortsvereins Nied hatte Mielke in dem Skandal schon früh die Wahl eines neuen Vorstands gefordert, der mit alten Seilschaften nichts zu tun haben dürfe.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte am 14. Januar neue Ermittlungen nach immer neuen Enthüllungen aufgenommen. Dabei geht es um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Bereicherung gegen führende Mitarbeiter der Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden sowie des Bezirks Hessen-Süd. Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten Privatwohnungen und Geschäftsräume in Frankfurt, Wiesbaden, Berlin, Bad Schwalbach und Schöneck. Die Stadt Frankfurt stellte Strafanzeige wegen Betrugs gegen den AWO-Kreisverband Frankfurt.

Neuer Vorsitzender in Wiesbaden

Eine Kreiskonferenz der Arbeiterwohlfahrt Wiesbaden wählte am 22. Januar den ehemaligen Sozialdezernenten der Stadt, Wolfgang Hessenauer, zum neuen Vorsitzenden, wie der Sozialverband mitteilte. Der mit 14 von 15 gültigen Stimmen gewählte SPD-Kommunalpolitiker kündigte "eine konsequente Aufklärung all dessen, was im Raum steht" an. Ein neuer Stellvertreter wurde gewählt; weitere Vorstandsmitglieder sollen auf einer weiteren Kreiskonferenz am 27. Februar gewählt werden.

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hatte die Vorgänge um die AWO-Kreisverbände Frankfurt am Main und Wiesbaden verurteilt und ein Ende der "unerträglichen" Zustände gefordert.



Behinderung

Bundesteilhabegesetz: Gelder lassen auf sich warten



Die Diakonie Baden hält den Start einer der größten sozialpolitischen Reformen in Baden-Württemberg für misslungen. "Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) hätte am 1. Januar 2020 in Baden-Württemberg mit einem Landesrahmenvertrag in Kraft treten sollen, das ist nicht passiert", sagte Holger Hoffmann von der Diakonie Baden am 20. Januar in Karlsruhe. Damit sei geltendes Recht nicht umgesetzt worden. Derzeit gelte eine Übergangsregelung.

Diese Regelung orientiere sich jedoch an den bisherigen Standards, nicht an den neuen. "Das ist für die Betroffenen eine Kränkung", betonte Hoffmann, der der stellvertretende Vorstand der badischen Diakonie für den Bereich "Einrichtungen & Werke" ist. Das BTHG soll gewährleisten, dass Menschen mit Behinderung individuelle Unterstützung bekommen, um selbstbestimmt leben zu können. Vieles wird nun nicht mehr über die Einrichtungen abgewickelt, sondern liegt in der Verantwortung der Betroffenen.

Auch in der Praxis hake es. Zwar sei das Gesetz für körperlich behinderte Menschen ein Gewinn. "Aber gerade psychisch kranken Menschen, die eventuell auch noch eine Suchtproblematik haben, gelingt es nicht, die Verträge zu bearbeiten und ihr Geld zu verwalten", sagte Oliver Schneider, Geschäftsführer der Karlsruher Einrichtung "Haus Bodelschwingh", die Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen Hilfe anbietet.

Nötig seien mehr Betreuer und mehr Geld. Für das "Haus Bodelschwingh" sei beispielsweise erst ein Achtel der Gelder für diesen Monat eingegangen. "Derzeit fangen unsere Mitarbeiter viel auf, aber wir könnten relativ schnell ein großes Problem bekommen", sagte Schneider. Das BTHG soll bis 2023 in vier Reformstufen umgesetzt werden.



Generalistik

Neuer Ausbildungsverbund für Pflege gegründet



Mit einem neuen Ausbildungsverbund wollen vier diakonische und gemeinnützige Einrichtungen in Hannover die Ausbildung zur Pflegefachkraft professionalisieren. Der Verbund schaffe die Voraussetzungen für die seit Jahresbeginn geltende "generalistische Pflegeausbildung", sagte der theologische Geschäftsführer der Diakovere gGmbH, Uwe Mletzko, am 17. Januar in Hannover.

Zum "Ausbildungsverbund Pflege Hannover" gehören die Fachschulen von Diakovere, Bethel im Norden, der Dachstiftung Diakonie und des Kinder- und Jugendkrankenhauses Auf der Bult.

Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar die bisher getrennten Pflegeausbildungen in der Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Kinderkrankenpflege zu einer Ausbildung zusammengeführt. Die Absolventen müssen sich nun erst zum Ende ihrer Ausbildung entscheiden, für welchen Bereich sie sich spezialisieren wollen. Das habe die ausbildenden Einrichtungen wie Krankenhäuser und Pflegeheime vor großen Herausforderungen gestellt, erläuterte Mletzko.

Im gemeinsamen Verbund könnten alle Pflichteinsätze in den unterschiedlichsten Einrichtungen garantiert werden, sagte der Geschäftsführer von Bethel im Norden, Christian Sundermann. Sein Kollege Thomas Beushausen vom Vorstand der Stiftung Hannoversche Kinderheilanstalt/Auf der Bult ergänzte: "Durch unsere Vielfalt im Ausbildungsverbund finden junge Menschen ausgezeichnete Chancen zur persönlichen und vor allem auch beruflichen Weiterentwicklung."




sozial-Recht

Bundesarbeitsgericht

Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung hat Grenzen




Schild am Eingang des Bundesarbeitsgerichts
epd-bild/Jens-Ulrich Koch
Das Bundesarbeitsgericht hat einmal mehr ein Grundsatzurteil zur Stellung der Schwerbehindertenvertretung in Unternehmen gefällt. Ergebnis: Stellt ein Beschäftigter einen Antrag auf Gleichstellung mit den schwerbehinderten Kollegen, muss noch nicht die Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet werden.

Behinderte Arbeitnehmer können mit ihrem Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb noch nicht auf die Unterstützung der Schwerbehindertenvertretung hoffen. Erst wenn von der Bundesagentur für Arbeit (BA) wirksam festgestellt wurde, dass der Arbeitnehmer mit einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, muss der Arbeitgeber der Schwerbehindertenvertretung Beteiligungsrechte gewähren, entschied am 23. Januar das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Nach dem Gesetz soll die Schwerbehindertenvertretung die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben im Betrieb fördern und deren Interessen vertreten. Danach muss diese in "allen Angelegenheiten" beteiligt und angehört werden, die einzelne behinderte Beschäftigte im Betrieb oder behinderte Menschen als Gruppe betreffen. Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ist die Schwerbehindertenvertretung etwa bei der Bewerbung von schwerbehinderten Stellenbewerbern oder auch bei der Umgestaltung eines behinderungsgerechten Arbeitsplatzes zu beteiligen.

Kündigung ohne Anhörung unwirksam

Setzt sich der Arbeitgeber über die Beteiligungsrechte hinweg, hat dies Konsequenzen. So ist etwa eine Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung unwirksam. Auch Bußgelder können von der BA verhängt werden.

Doch die Beteiligungsrechte haben Grenzen. Im aktuellen, vom BAG entschiedenen Fall ging es um die Umsetzung einer Mitarbeiterin eines Berliner Jobcenters auf einen anderen Arbeitsplatz. Die Frau mit einem Grad der Behinderung von 30 hatte einige Monate zuvor einen Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen gestellt. Der Arbeitgeber hatte die Schwerbehindertenvertretung nicht über die Umsetzung informiert und angehört.

Die Schwerbehindertenvertretung sah daraufhin ihre Beteiligungsrechte verletzt. Bereits mit dem Antrag auf Gleichstellung und nicht erst mit der späteren Anerkennung müsse sie zur Umsetzung angehört werden.

Keine Informationspflicht

Dem widersprach jedoch das BAG. Die Schwerbehindertenvertretung habe zwar das Recht, für schwerbehinderte oder mit ihnen gleichgestellte Beschäftigte einzutreten. Mit einem Antrag auf Gleichstellung bei der Bundesagentur für Arbeit sei aber noch nicht über Behinderteneigenschaft entschieden worden. Der Arbeitgeber habe die Schwerbehindertenvertretung daher auch nicht über die Umsetzung informieren müssen. Keine Rolle spiele es, dass dem Gleichstellungsantrag der Jobcenter-Mitarbeiterin später rückwirkend stattgegeben wurde.

Mit Urteil vom 22. August 2013 hatte das BAG die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bei ausgeschriebenen Stellen bekräftigt. So darf danach der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht übergehen, nur weil sich die Vertrauensperson der Vertretung und deren Stellvertreter ebenfalls auf die Stelle beworben haben.

Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber, eine Spielbank, zwei Stellenausschreibungen für einen "Tischchef" veröffentlicht. Auf die beiden Spielbank-Jobs bewarben sich 46 schwerbehinderte Menschen, darunter auch die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung und dessen Stellvertreter. Der Arbeitgeber vermutete damit eine Interessenkollision und beteiligte die Schwerbehindertenvertretung nicht am Auswahlverfahren. Zwei andere Bewerber bekamen die Stelle.

10.800 Euro Entschädigung

Die stellvertretende Vertrauensperson fühlte sich wegen der fehlenden Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung diskriminiert und verlangte eine 10.800 Euro hohe Entschädigung.

Das BAG urteilte, dass der Arbeitgeber tatsächlich die Schwerbehindertenvertretung an der Auswahlentscheidung hätte beteiligen müssen. Dies gelte selbst dann, wenn sich auf die zwei Stellen auch die Vertrauensperson der Schwerbehinderten und dessen Stellvertreter beworben haben. Den konkreten Fall verwies das BAG an die Vorinstanz zurück. Dort muss der Arbeitgeber wegen der unterbliebenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beweisen, dass er nicht diskriminiert hat.

Arbeitgeber dürfen bei den Beteiligungsrechten auch nicht trödeln. So sieht das Gesetz bei einer beabsichtigten Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die "unverzügliche" Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vor. Allerdings bedeutet dies auch nicht "sofort", urteilte das BAG am 13. Dezember 2018.

Informiert der Arbeitgeber zuerst das Integrationsamt und den Betriebsrat über die Kündigung und erst neun Tage später die Schwerbehindertenvertretung ist das noch "unverzüglich", entschied das BAG. Die Kündigung ist deshalb noch nicht unwirksam.

Az.: 7 ABR 18/18 (BAG, Gleichstellungsantrag)

Az.: 8 AZR 574/12 (BAG, Interessenkonflikte)

Az.: 2 AZR 378/18 (BAG, unverzügliche Beteiligung)

Frank Leth


Bundesverfassungsgericht

Bei rechtswidriger Fixierung von Patienten droht Strafverfahren



Ärzte und Pflegekräfte, die in Kliniken Patienten rechtwidrig fixieren, müssen mit Strafverfolgung rechnen. Eine länger als etwa 30 Minuten dauernde, nicht genehmigte Zwangsfixierung stellt einen gravierenden Eingriff in das Freiheitsgrundrecht dar, der strafrechtliche Ermittlungen begründet, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am 22. Januar veröffentlichten Beschluss. Die Richter rügten die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen Amtsarzt, einen Stationsarzt und einen Pfleger.

Im konkreten Fall war die Beschwerdeführerin 2012 vom Pferd gestürzt. Im Uniklinikum Kiel wurden ein Schädel-Hirn-Trauma und diverse Prellungen festgestellt. Als die Frau nur einen Tag später und gegen den ärztlichen Rat die Klinik wieder verlassen wollte, wurde sie unter Zwang ans Bett geschnallt.

Eingestellt wegen Geringfügigkeit

Der angeforderte psychiatrische Amtsarzt diagnostizierte eine Hirnverletzung und eine nicht näher bezeichnete psychische Störung mit Erregungszuständen. Eine Amtsrichterin ordnete später wegen einer erheblichen Eigengefährdung die vorübergehende Unterbringung der Frau im geschlossenen Klinik-Bereich an.

Die zwangsweise Fixierung der Frau wurde später von Gerichten als rechtswidrig angesehen. Wegen der Verletzung ihres Freiheitsgrundrechts verlangte die Frau strafrechtliche Ermittlungen und ein Strafverfahren. Die Staatsanwaltschaft stellte diese jedoch wegen Geringfügigkeit ein.

Vertrauen erschüttert

Doch damit wurde die Frau in ihrem Recht auf effektive Strafverfolgung verletzt, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht. Eine zwangsweise Fixierung von etwa mehr als einer halben Stunde stelle einen Freiheitsentzug dar. Sei diese rechtswidrig, könne "der Verzicht auf Strafverfolgung zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates führen", befanden die Verfassungsrichter.

Im vorliegenden Fall seien die Ermittlungen gegen den Stationsarzt und den Pfleger zu Unrecht ohne weitere Aufklärung des Sachverhaltes - insbesondere zu den Folgen des Freiheitsentzugs bei der Frau - eingestellt worden. Sie hatte zu Protokoll gegeben, dass sie wegen der Zwangsfixierung eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe.

Auch das Aus des Verfahrens gegen den Amtsarzt rügte das Bundesverfassungsgericht wegen der unterlassenen weiteren Ermittlungen. Dass sich die Amtsrichterin nicht strafrechtlich verantworten musste, sei dagegen nicht zu beanstanden, hieß es.

Az.: 2 BvR 1763/16



Bundesarbeitsgericht

Klage wegen Versetzung wahrt Lohnansprüche



Arbeitnehmer können mit einer Klage gegen eine Arbeitsplatz-Versetzung auch damit einhergehende Lohnansprüche sichern. Wird eine entsprechende Beschäftigungsklage rechtzeitig eingereicht, werden daher auch tarifliche Ausschlussfristen für Entgeltansprüche gewahrt, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 15. Januar veröffentlichten Urteil im Fall einer Oberärztin.

Die Medizinerin arbeitet seit November 2006 an einer Uni-Klinik für Knochenmarktransplantation. Ihr Arbeitsvertrag sah auch Rufbereitschaften vor, für die sie 2009 monatlich durchschnittlich knapp 2.000 Euro brutto erhielt.

Als die Frau Anfang 2010 für rund drei Monate arbeitsunfähig erkrankt war und dann bis Juni 2010 Urlaub nahm, versetzte der Arbeitgeber sie in die Klinik für Nephrologie. Rufbereitschaften fielen dort nicht an, so dass die Oberärztin die bislang hierfür erhaltene Vergütung nicht mehr erhielt.

Vergütung für Bereitschaftsdienste

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte auf Klage der Oberärztin die Versetzung für rechtswidrig erklärt. Für den Streitzeitraum Juli 2010 bis Ende April 2011 verlangte die Medizinerin nun, dass die Uniklinik ihr auch die entgangene Vergütung für Bereitschaftsdienste bezahlen müsse, insgesamt über 19.000 Euro brutto.

Die Uniklinik lehnte dies ab. Die Lohnansprüche hätten innerhalb der sechsmonatigen tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht werden müssen. Die Klägerin habe aber in dieser Zeit nur auf Beschäftigung am alten Arbeitsplatz, nicht aber auf Vergütung geklagt.

Dem folgte das BAG jedoch nicht. Da die Oberärztin innerhalb der sechsmonatigen tariflichen Ausschlussfrist ihre Klage auf Beschäftigung am alten Arbeitsplatz eingereicht habe, habe sie damit auch etwaige Ansprüche auf Vergütung, hier für Rufbereitschaften, gewahrt.

Die obersten Arbeitsrichter verwiesen auf die BAG-Rechtsprechung zu Kündigungsschutzklagen. Damit ziele ein Arbeitnehmer nicht nur auf den Erhalt des Arbeitsplatzes, sondern im Fall des Obsiegens auch auf Fortzahlung der Vergütung. Gleiches müsse auch nach einer Versetzung für Klagen auf Beschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz gelten. Den konkreten Fall verwies das BAG an das Landesarbeitsgericht Düsseldorf wegen fehlender Tatsachenfeststellungen zurück.

Az.: 5 AZR 240/18



Landessozialgericht

Jobcenter muss nicht für jede Schulfahrt die Kosten übernehmen



Schüler im Hartz-IV-Bezug können sich nicht für jede mehrtägige Schulfahrt die Kosten vom Jobcenter erstatten lassen. Ist die Fahrt nicht verbindlich vorgeschrieben und kann an ihr nur ein zufälliger Teil von Schülern mehrerer Klassen oder Kursstufen teilnehmen, handelt es sich nicht um Kosten einer vom Jobcenter zu übernehmenden regulären "Klassenfahrt", entschied das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt in Halle in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 20. November.

Im Streit stand die Kostenübernahme für eine sechstägige Studienreise nach London im Juli 2015 für die im Hartz-IV-Bezug stehende Schülerin der 10. Klasse eines Gymnasiums. Die Reise fand im Rahmen einer Projektwoche statt. Die Teilnahme daran war freiwillig. 44 Plätze waren für die Schüler und Schülerinnen der Klassen zehn bis zwölf vorhanden. Diejenigen Schüler, die sich als erstes für die Schulfahrt anmeldeten, durften auch mitfahren. Die nicht mitfahrenden Schüler konnten zu Hause ihre Projektarbeiten in der Schule erledigen.

Freiwillige Klassenfahrt

Als die Klägerin von der London-Fahrt erfuhr, meldete ihr Vater sie umgehend an. Die Kosten in Höhe von 388 Euro streckte er vor und wollte sich diese vom Jobcenter erstatten lassen. Er verwies auf die gesetzlichen Regelungen, wonach die Behörde für die Kosten von schulischen Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen aufkommen müsse.

Doch bei der Studienreise nach London handelte es sich nicht um eine reguläre Klassenfahrt, befand das LSG. Zwar sei in den landesrechtlichen Bestimmungen der Begriff Klassenfahrt nicht klar definiert. Auch könne es für eine von der Schule organisierten Fahrt eine Kostenerstattung selbst dann geben, wenn nicht die gesamte Klassen- oder Jahrgangsstufe daran teilnimmt. Schüler im Hartz-IV-Bezug müsse zudem die Teilnahme an einer Klassenfahrt ermöglicht werden, um eine mögliche Ausgrenzung zu verhindern.

Hier sei die Teilnahme an der Fahrt aber freiwillig gewesen. Nicht alle Schüler konnten daran teilnehmen, selbst wenn sie gewollt hätten. Nicht mitreisende Hartz-IV-Bezieher würden damit auch nicht ausgegrenzt. Das Lernziel der Projektwoche habe auch in Deutschland erreicht werden können. Das Jobcenter müsse die Kosten daher nicht übernehmen.

Az.: L 2 AS 154/19



Oberverwaltungsgericht

Abschiebung von Familien mit Kleinkind nach Italien erschwert



Über Italien nach Deutschland eingereiste asylsuchende Familien mit minderjährigen Kindern dürfen nicht einfach wieder zurückgeschickt werden. Nur wenn die italienischen Behörden konkret und auf den individuellen Fall bezogen zusichern, dass die elementarsten Grundbedürfnisse der Familie bei einer Rücküberstellung nach Italien gewahrt bleiben, ist eine Abschiebung zulässig, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen-Bremen in Lüneburg in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 20. Dezember.

In dem Fall ging es um ein aus Nigeria stammendes, asylsuchendes Ehepaar und ihres im Mai 2018 geborenen Kindes. Bevor das Paar im Dezember 2017 in Deutschland einreiste, hatte es bereits in Italien erfolglos einen Asylantrag gestellt. Der in Deutschland später gestellte Asylantrag wurde als unzulässig abgelehnt, da Italien nach den sogenannten Dublin-III-Regelungen für die Flüchtlinge zuständig sei. Die Rückführung der Familie nach Italien wurde angeordnet.

"Außergewöhnliche humanitäre Gründe"

Doch das OVG stoppte nun die bevorstehende Rücküberstellung und bestätigte die entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover. Die Hannoveraner Richter hatten entschieden, dass "außergewöhnliche humanitäre Gründe" gegen eine Rückführung nach Italien bestünden.

Zwar gebe es keine systematischen Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen in Italien. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte müssten die italienischen Behörden aber bei einem besonders schutzwürdigen Personenkreis vor einer Abschiebung konkrete Garantien über die Einhaltung der Mindeststandards bei Unterbringung und Versorgung geben.

Dies sei hier nicht geschehen, stellte das OVG fest. Zwar hätten die italienischen Behörden eine allgemeine Garantieerklärung abgegeben, sich an die menschenrechtlichen Mindestanforderungen zu halten. Erforderlich sei aber eine Garantie, dass die betroffenen, besonders schutzwürdigen Personen ihre elementarsten Grundbedürfnisse decken können. Dazu gehöre insbesondere die Zusicherung, dass die Betroffenen sich ernähren, sich waschen und eine Unterkunft finden können.

Hier hätten die deutschen Behörden aber nicht dargelegt, warum dies nicht mehr von Italien verlangt werden müsse. Dass sich die Verhältnisse für asylsuchende Familien mit Kleinkindern in Italien verbessert haben, sei angesichts von dortigen Kostensenkungen und Personalreduzierungen in den Unterbringungszentren nicht ersichtlich.

Az.: 10 LA 192/19



Landgericht

Patientenverfügung kann Zwangsbehandlung nicht verhindern



Eine Patientenverfügung bewahrt nicht unbedingt vor einer Zwangsbehandlung. Ist die Zwangsbehandlung oder auch eine Zwangsunterbringung eines psychisch Kranken in einer psychiatrischen Einrichtung zum Schutz anderer Personen erforderlich, kann dies auch gegen den in einer Patientenverfügung festgelegten Willen geschehen, entschied das Landgericht Osnabrück in einem am 15. Januar bekanntgegebenen Beschluss.

Im konkreten Fall hatte eine Gemeinde gerichtlich die Zwangsunterbringung und die Zwangsbehandlung eines psychisch kranken Mannes beantragt. Er stelle wegen seines sexuell enthemmten und aggressiven Verhaltens eine Gefahr für andere Personen dar. Bei dem Mann bestehe zudem auch eine potenziell lebensbedrohliche körperliche Erkrankung, für die eine Medikamenteneinnahme erforderlich sei. Mangels Krankheitseinsicht lehne dies der psychisch Kranke aber ab. Das zuständige Amtsgericht ordnete daraufhin Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung an.

Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt

Dagegen legte der Mann Beschwerde ein und verwies auf seine Patientenverfügung. Darin lehnt er "jede Zwangsbehandlung egal mit welchen als Medikamenten bezeichneten Stoffen" ebenso ab wie die "Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung". Grundlage war eine Muster-Patientenverfügung der Initiative "PatVerfü", die diese im Internet unter dem Motto "Für Freiheit, gegen Zwang" anbot. Die Initiative wendet sich zudem politisch gegen bestimmte Formen der psychiatrischen Behandlung.

Das Landgericht Osnabrück ging nun davon aus, dass sich der Mann als Unterzeichner der Patientenverfügung "allein gegen psychiatrische Zwangsbehandlungen schützen wolle". Dies sei bei der Auslegung zu berücksichtigen, so dass der Ausschluss einer Zwangsmedikation bei körperlichen Leiden nicht greife. Unter den üblichen Voraussetzungen sei hier eine Zwangsbehandlung daher zulässig, insbesondere dann, wenn die Person die Notwendigkeit der Behandlung nicht erkennen könne.

Auch die zwangsweise psychiatrische Unterbringung könne die Patientenverfügung nicht verhindern, entschied das Landgericht. Zwar könne der Einzelne mit seiner Verfügung auf sein Selbstbestimmungsrecht verweisen. Eine Zwangsbehandlung und -unterbringung könne aber dennoch zulässig sein, "wenn sie dem Schutz der Allgemeinheit dient". Dies sei hier der Fall. Gegen den Beschluss wurde die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Az.: 4 T 8/20 bis 4 T 10/20




sozial-Köpfe

Auszeichnung

Hayali erhält Toleranz-Preis der Evangelischen Akademie Tutzing




Dunja Hayali
epd-bild/Jennifer Fey
Die Journalistin und ZDF-Fernsehmoderatorin Dunja Hayali wird mit dem Toleranz-Preis der Evangelischen Akademie Tutzing in der Kategorie "Zivilcourage" ausgezeichnet.

Die Evangelische Akademie Tutzing würdigt Dunja Hayalis "besonderes Engagement gegen Rassismus, Fremdenhass und Rechtsextremismus", wie die Bildungseinrichtung am Starnberger See am 20. Januar mitteilte. Die Haltung der ZDF-Journalistin, Andersdenkenden mit Respekt und Fairness zu begegnen, sei beispielgebend. Ihr beherztes Eintreten für eine offene Gesellschaft sei "eine Ermutigung, dass der Einzelne etwas bewirken kann".

Die Verleihung des Preises findet im Rahmen der Tagung "Das Erzählen der Welt" am 25. Januar in Tutzing statt. Die nicht dotierte Auszeichnung wird seit 2000 alle zwei Jahre verliehen. Die Kategorie "Zivilcourage" wurde 2012 eingeführt. Mit dieser wolle man Menschen und Initiativen würdigen, die sich für Benachteiligte einsetzen und "beispielhaft mutig, beherzt und verantwortungsbewusst" handeln.

Bisherige Preisträger in dieser Kategorie waren das Bayerische Bündnis für Toleranz oder auch der Kabarettist Christian Springer.

Dunja Hayali wurde schon einmal mit einem evangelischen Medienpreis ausgezeichnet: Die ZDF-Moderatorin erhielt im Oktober 2016 den Sonderpreis des Robert-Geisendörfer-Preises der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Jury würdigte damals nach eigenen Worten eine Journalistin, die täglich in schwieriger Lage Gesicht und Haltung zeigt. Hayali stelle ihre öffentliche Person in den Dienst einer offenen, nie teilnahmslosen Gesprächskultur. Die Jury beeindruckte besonders, "dass sie sich damit auch direkt mit Menschen auseinandersetzt, die zuvor ihre Arbeit oder gar sie persönlich verunglimpft haben". Hayali ist seit 2007 Moderatorin beim ZDF.



Weitere Personalien



Tobias Gaydoul (42) wird neuer Finanzvorstand der Rummelsberger Diakonie. Der Diplom-Kaufmann wechselt zum 1. April 2020 von Stuttgart nach Franken. Der Aufsichtsrat der Rummelsberger Diakonie hat Gaydoul in sein neues Amt gewählt. Der neue Vorstand ist bisher bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG tätig. Er übernimmt den Posten von Harald Frei, der zum 29. Februar ausscheidet. Die Rummelsberger Diakonie in Rummelsberg bei Nürnberg ist einer der großen diakonischen Träger in Deutschland. In etwa 200 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Flüchtlinge, Senioren und Menschen mit Behinderung in Bayern sind rund 6.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Kathrin Klinkusch (49) ist seit Jahresanfang Pressesprecherin der Diakonie Deutschland. Sie kommt vom Naturschutzbund (Nabu) Deutschland, wo sie seit 2005 als Pressesprecherin aktiv war, und übernimmt bei der Diakonie die Aufgaben von Ute Burbach-Tasso, die Ende September 2019 in den Ruhestand ging. In ihrem neuen Amt berichtet sie an Matthias Sobolewski, Leiter Aktuelles/Chef vom Dienst. Zur Diakonie kam der 50-Jährige im Dezember 2019 von der Nachrichtenagentur Reuters, wo er als Ressortleiter Politik und Finanzen tätig war. Er folgt auf Silke Römhild, die im September 2019 bei der Diakonie Deutschland ausgeschieden ist.

Dietrich von Schweinitz, Kinderchirurg und Direktor des Haunerschen Kinderspitals der LMU München, übernimmt am 1. April das Amt des ehrenamtlichen Präsidenten der Wilhelm-Löhe-Hochschule Fürth. Er wurde in einer Sondersitzung des Hochschulrates einstimmig als Nachfolger von Reinhard Meier-Walser gewählt. Von Schweinitz geht zum Ende des Wintersemesters 2019/2020 in den Ruhestand.

Monika Hauser, Frauenärztin und Gründerin der Hilfsorganisation Medica Mondiale, erhält eine Auszeichnung des internationalen Frauennetzwerks Zonta International. Zum 100-jährigen Bestehen der Nichtregierungsorganisation mit Hauptsitz in Chicago, die sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzt, erhielt Hauser am 18. Januar bei einem Festakt in Aschaffenburg der Zonta International Jubiläumspreis überreicht. Sie setzt sich mit Medica Mondiale in Kriegs- und Krisengebieten für Frauen und Mädchen ein, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Dafür erhielt sie 2008 den als Alternativen Nobelpreis bekannten Right Livelihood Award.

Joachim Unterländer ist in Augsburg zum neuen Vorsitzenden des Kinder-Reha-Verbandes der Caritas (CKR) gewählt worden. Andreas Auer ist sein Stellvertreter. Der CKR ist ein Fachverband des Deutschen Caritasverbandes und versteht sich als Lobby für Kinder und Jugendliche, die wegen ihrer physischen oder psychischen Belastungen für ihre Lebensbewältigung gezielte Hilfe benötigen. Unterländer tritt die Nachfolge von Monika Stolz, Ministerin a.D., an, die den CKR acht Jahre lang leitete. Unterländer war bis 2018 gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag. Er ist Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern sowie Mitglied im dortigen katholischen Landesverband der Erziehungshilfen.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Februar



Januar

29.1. Berlin:

Seminar: "Umsetzung Bundesteilhabegesetz: Wirksamkeit plausibel machen - aber wie?"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-0

29.1. Moritzburg:

Seminar "Mitarbeiterjahresgespräch als Führungsinstrument"

der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung

Tel.: 035207/843-50

29.1. Köln:

Seminar "Rechnungslegungshinweise für Werkstätten für behinderte Menschen unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitsergebnisses"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159

31.1. Paderborn:

Seminar "Verstehender Umgang mit Demenz"

der IN VIA Akademie

Tel. 05251/2908–0

Februar

4.2. München

Symposium "Kassensturz in der Pflege"

des Kuratoriums Wohnen im Alter gAG

Tel.: 089/66558-565

5.-6.2. Köln:

Seminar "Gestaltung und Optimierung von Dienst- und Schichtplänen"

der Paritätischen Akademie

Tel.: 0202/2822-247

6.2. München:

KWA-Symposium "Kassensturz in der Pflege"

der Kuratorium Wohnen im Alter gAG

Tel.: 089/66558-565

12.-14.2. Tutzing

Tagung "Die Rentenpolitik vor Zukunftsentscheidungen"

der Evangelischen Akademie Tutzing

Tel.: 08158/251-128

12.-14.2. Berlin:

Seminar " Sozialräumliches Arbeiten in multikulturellen Wohnquartieren - Grundlagenkurs - Der Einbezug migrantischer Milieus als Gegenentwurf zur Stigmatisierung von "Parallelgesellschaften"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495

17.-19.2. Berlin:

Seminar "Verantwortungsbewusst handeln in der Arbeit mit illlegalisierten Menschen - Aktuelle Rechtslage und verbleibende Handlungsspielräume"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495

18.2. Berlin:

Seminar "Einführung in das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)"

der Bundesakademie der AWO

Tel.: 030/26309-0

25.-26.2. Paderborn:

Seminar "Grundlagen der Personaleinsatzplanung in der stationären Altenhilfe"

der IN VIA Akademie

Tel.: 05251/2908–0

27.2. Köln:

Seminar "Pflegeversicherung aktuell: Die ambulante Pflege"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159