sozial-Politik

Regierungsbildung

Hürden für die Jamaika-Koalition: Die Beschäftigungspolitik




Stempel der Agentur für Arbeit Bielefeld
epd-bild/Werner Krüper
Die Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen schreiten fort. Für eine Jamaika-Koalition müssen viele Hürden überwunden werden. Epd sozial analysiert die inhaltlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der vier Parteien in der Sozialpolitik. Der vierte Teil unserer Serie behandelt die Beschäftigungspolitik.

In der Arbeitsmarktpolitik sehen sich die FDP und die Bündnisgrünen als Modernisierer - auf je unterschiedliche Weise - während die Union auf die Erfolge von inzwischen drei Merkel-Regierungen verweist: Halbierung der Arbeitslosigkeit seit dem Ende der rot-grünen Koalition 2005, fünf Millionen zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse, die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa und wieder steigende Löhne. Das wichtigste Ziel von CDU und CSU ist laut Regierungsprogramm: Die Zahl der Arbeitslosen nochmals zu halbieren und bis 2025 in ganz Deutschland Vollbeschäftigung zu erreichen.

Überangebot an Stellen

Die Merkel-Regierungen profitierten von der Arbeitsmarktreform der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder (SPD), der guten Konjunktur, der europäischen Finanzpolitik und der Alterung der Gesellschaft, die passend ausgebildeten jungen Leuten schon heute ein Überangebot an Stellen beschert.

Dem Fachkräftemangel will die Union unter anderem mit Nachqualifizierungen von 25- bis 35-jährigen Arbeitslosen begegnen. Ergänzt werden sollen die Bemühungen im Inland durch ein "Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz". Im Unterschied zu FDP und Grünen will die Union Einwanderung nur zulassen, wenn die Interessenten schon einen Arbeitsplatz in Deutschland vorweisen können.

Beim Thema Langzeitarbeitslose ist von der Union nicht viel Leidenschaft zu erwarten. Neu ist allein, dass Kinder von Hartz-IV-Empfängern besonders unterstützt werden sollen, damit ihre Ausbildung nicht am Geld scheitert. Langzeitarbeitslosen sollen sinnvolle und der Gesellschaft nützende Beschäftigungen angeboten werden. Die Grünen wollen einen stabilen sozialen Arbeitsmarkt, also eine ausreichende Zahl an öffentlich geförderten Jobs für Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben.

Kontrolle bei Mindestlöhnen

Demgegenüber setzt die FDP auf "Training on the Job" und will Arbeitgeber bezuschussen, die Langzeitarbeitslose einstellen. Solche Programme gibt es schon; sie werden wenig genutzt, aber die Liberalen glauben, wenn man die Fehler früherer Modelle vermeide und die Betroffenen gut auswähle, könnte die Kombination von Job und ergänzenden Sozialleistungen mehr Langzeitarbeitslosen zu einem regulären Job verhelfen als andere Programme.

Mit Blick auf den Niedriglohnsektor stellt die Union den von der SPD durchgeboxten Mindestlohn nicht infrage, will aber gleich zu Beginn der Legislaturperiode die Kontrollmöglichkeiten einschränken. Damit rennt sie bei der FDP offene Türen ein. Die Pflicht zur Dokumentation der geleisteten Arbeitsstunden, die Ex-Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vehement gegen die Attacken aus der Wirtschaft verteidigt hatte, könnte fallen, wenn dies nicht die Grünen verhindern.

Gemeinsamkeiten haben Union und FDP auch bei den Minijobs. Die starre Lohnobergrenze von 450 Euro im Monat soll durch eine Kopplung an die Lohnentwicklung aufgehoben werden. Die FDP will Mini- und Midijobs zum Sprungbrett für den Wiedereinstieg in Arbeit machen und dafür die Kombination von Lohn und Sozialleistungen so gestalten, dass mit dem Lohn auch das Einkommen steigt. Nach den Hartz-IV-Regeln ist es dagegen wenig attraktiv, über einen niedrigen Lohn hinaus hinzuzuverdienen, weil das Geld vom Amt wieder abgezogen wird. Die Grünen wollen die Minijobs ganz abschaffen und sie in versicherungspflichtige Beschäftigung umwandeln.

Lebenslanges Lernen

Als Einzige der drei möglichen Koalitions-Parteien will die FDP die Regulierungen der Zeitarbeit aus der vergangenen Legislaturperiode wieder rückgängig machen. Dagegen wollen die Grünen, dass Leiharbeitern nicht erst nach neun Monaten der gleiche Lohn gezahlt wird, sondern vom ersten Tag an - plus einer Flexibilitätsprämie. Schwer vorstellbar, dass die Union einer der beiden Seiten zuneigt, damit dürfte es für die halbe Million Zeitarbeiter beim Status quo bleiben.

Weiterbildung und lebenslanges Lernen sind für die Grünen und die FDP gleichermaßen zentrale Themen. Beide Parteien haben Pläne für ein "Bildungssparen" (FDP) bzw. eine "BildungsZeit Plus" (Grüne) und meinen damit staatliche Darlehen und Zuschüsse für Zeiten des Lernens im, neben dem und für den Job - oder während einer Phase der Arbeitslosigkeit.

Die Grünen fordern mehr Flexibilität für die Arbeitnehmer. Nicht nur Arbeitgeber sollen dies von ihren Beschäftigten verlangen können, sagen sie und wollen, dass eine Vollzeitstelle Wahlarbeitszeiten zwischen 30 und 40 Stunden in der Woche bietet. Damit wären vor allem Eltern oder Beschäftigte flexibler, die einen Angehörigen pflegen - ohne dass sie auf Teilzeit gehen müssten. Heute ist das nötig.

Damit Frauen nicht im Teilzeitjob gefangen bleiben, wollte schon die große Koalition auf Druck der SPD ein Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz beschließen. Dazu kam es nicht mehr. Mit der FDP wird das nun noch unwahrscheinlicher, obwohl auch die Grünen das Rückkehrrecht befürworten.

Bettina Markmeyer


Arbeitslosigkeit

Interview

"Nur öffentliche Beschäftigung kann soziale Teilhabe sichern"




Matthias Knuth
epd-bild/bildwerkeins/Paul Walther
Ohne eine fundamentale Reform der Arbeitsmarktpolitik lasse sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen nicht senken, sagt Professor Matthias Knuth im Interview. Man müsse den Geist von Hartz IV hinter sich lassen. Knuth wirbt für den Aufbau eines Sozialen Arbeitsmarktes, der Jobs schafft und damit gesellschaftliche Teilhabe verspricht.

Matthias Knuth geht zwar davon aus, dass auch nach einer grundlegenden Reform der Beschäftigungspolitik viele Langzeitarbeitslose keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben werden. Doch Jobs im Sozialen Arbeitsmarkt, den nach seiner Meinung auch Privatfirmen anbieten sollten, seien ein gutes Beschäftigungsangebot, sagte der Wissenschaftler am Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen im Gespräch mit Dirk Baas: "Wir brauchen einen anderen politischen Diskurs über derzeit dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossene Menschen, der es für Unternehmen ehrenhaft macht, sie zu beschäftigen."

epd sozial: Herr Professor Knuth, Sie unterziehen die bestehende Arbeitsmarktpolitik einer sehr fundamentalen Kritik. Gibt es denn trotzdem positive Aspekte der Hartz-IV-Reform?

Matthias Knuth: Die Reform hat den Blick auf dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossene Menschen geschärft, die vor der Reform nur verwaltet wurden und über die man eher wenig wusste. Sie hat das gesamte Instrumentarium der aktiven Arbeitsförderung auch für diejenigen zugänglich gemacht, die vor der Reform Sozialhilfe, also laufende Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen bezogen.

epd: Das klingt nach: ja, aber...

Knuth: Ja. Das gilt im Grundsatz, wird in der Praxis aber durch immer unzureichendere Mittelausstattung eingeschränkt.

epd: Sie werben für eine "Reform der Reform". Sie fordern einen ganz anderen Geist der Förderpolitik, ein anderes Menschenbild. Wer genau soll von diesem Umdenken künftig profitieren?

Knuth: Alle, die "Grundsicherung für Arbeitsuchende" beziehen, sowie die um ein Vielfach größere Zahl von erwerbstätigen oder seit kurzem arbeitslosen Menschen, die sich vor einem Abstieg in die Grundsicherung fürchten.

epd: Offizielle Stimmen preisen stets den Zustand des deutschen Arbeitsmarktes im EU-Vergleich als gut. Doch gerade beim Blick auf die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist diese Sicht für Sie nicht haltbar. Warum?

Knuth: Gerade die historisch günstige Situation des Arbeitsmarktes macht die Polarisierung der Chancen und die Aussichtslosigkeit eines Teils der Langzeitarbeitslosen offensichtlich. Man sollte die Lobpreisung der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation nicht übertreiben. Wir haben jetzt in etwa den Stand vor der deutschen Einigung erreicht. Damals wurde dieser Zustand allgemein als unbefriedigend angesehen.

epd: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt seit Jahren nicht, es sind seit 2012 immer rund eine Million. Warum gelingt es den Jobcentern nicht, hier mehr Vermittlungserfolge zu erzielen?

Knuth: Die Jobcenter haben nach wie vor nicht die nötige Personalausstattung. Die eher unattraktiven Arbeitsbedingungen bei den Jobcentern verursachen zudem eine hohe Personalfluktuation, was sich auf die Stabilisierung und Vermittlung von Personen, die sich am Arbeitsmarkt hohen Zugangshürden gegenüber sehen, besonders negativ auswirkt. Schließlich scheinen aber auch die Organisationskultur der Jobcenter und der gesetzliche Rahmen, unter dem sie agieren, für die Entfaltung von Breitenwirkung im Arbeitsmarkt nicht gerade förderlich zu sein.

epd: Das ginge ja auch anders ...

Knuth: Ja. Das Bundesprogramm "Perspektive 50plus", das von 2005 bis 2015 gefördert wurde, hat gezeigt, wie durch bessere Personalschlüssel und flexiblere Handlungsbedingungen größere Vermittlungserfolge erzielt werden können. Aber auch dieses Programm hat nur einer Minderheit der Teilnehmenden helfen können.

epd: Sie benennen strukturelle Gründe für das Scheitern der Vermittlungspolitik. Kann man denn diese Zielgruppe mit ihren oft komplexen Problemen überhaupt im Sinne der offiziellen Politik "aktivieren"?

Knuth: Nur etwa 15 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind auf dem Helferniveau beschäftigt, während etwa 45 Prozent der Arbeitslosen für keine anderen als für Hilfstätigkeiten in Frage kommen. Hier sehen wir das Ergebnis eines Aussortierungsprozesses, der nicht durch Vermittlung umkehrbar ist.

epd: Wo liegen deren Defizite? Und wie viele Personen sind betroffen?

Knuth: Oft in der fehlenden oder veralteten Berufsausbildung, aber auch gesundheitliche Einschränkungen sind unter Langzeitarbeitslosen weit verbreitet, teils ebenfalls als Ergebnis von Sortierprozessen, teils als Folge der Arbeitslosigkeit selbst. Eine wichtige Rolle spielen auch psychische Beeinträchtigungen, die häufig gar nicht diagnostiziert sind, aber dazu führen, dass die Betroffenen zwar einerseits gerne arbeiten und ihre soziale Isolierung überwinden würden, andererseits aber sich vor den Anforderungen der Arbeitswelt fürchten. Wir müssen von einigen 100.000 Personen ausgehen, die für eine vorzeitige Rente zu gesund, für eine Altersrente zu jung und für den allgemeinen Arbeitsmarkt zu krank sind. Für diese bietet die "Aktivierungsphilosophie" in ihrer derzeitigen Engführung keine Perspektive.

epd: Sie sehen auch kritisch, dass das Oberziel der schnellen Vermittlung in jedwede Arbeit über persönliche Ansprüche und Wünsche der Betroffenen hinweggeht. Wie soll sich das künftig ändern?

Knuth: Man sollte sich grundsätzlich eingestehen, dass man durch Druck und Sanktionsdrohungen bestenfalls verwaltungskonformes Verhalten erzwingen und Scheinaktivitäten wie etwa eine vorgeschriebene Anzahl von ungezielten Bewerbungen auslösen kann, aber keine in dauerhafte Arbeit führende Aktivierung. Die Jobcenter haben keine Macht über das individuelle Verhalten auf dem Arbeitsmarkt. Sie können deshalb nur in dem Maße wirksam sein, wie es ihnen gelingt, die Selbstbehauptungskräfte ihrer "Kunden" zu stärken. Das bedeutet: Umgang auf Augenhöhe, ernsthafte Berücksichtigung von Wünschen, "Eingliederungsvereinbarung" nur auf freiwilliger Basis und die Einrichtung von vorgerichtlichen Klärungs- und Mediationsinstanzen bei Konflikten.

epd: Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist vom Arbeitsmarkt dauerhaft ausgeschlossen, weil die aktivierende Arbeitsmarktstrategie versagt. Jetzt kommen noch viele Migranten hinzu.

Knuth: Die Probleme werden zunehmen: Einerseits deshalb, weil auch ein großer Teil der Geflüchteten nach ihrem aktuellen Ausbildungsstand nur auf dem Helferniveau beschäftigt werden könnte - wo es jedoch nicht genügend Stellen gibt. Andererseits aber auch deshalb, weil Arbeitsmarktzugang und Qualifizierung von Geflüchteten durch eine Vielzahl von Vorschriften behindert wird, die noch aus Zeiten der Abschottung gegen Migration stammen. Und die Abschottung wird jetzt wieder zunehmen: Der nach der Bundestagswahl absehbare Rechtsruck in der Migrations- und Integrationspolitik wird sich unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt und in den Kosten für den Unterhalt von Geflüchteten niederschlagen.

epd: Sie weisen darauf hin, dass die Zielsetzungen der relevanten Gesetze SBG II und SGB III sich zum Teil sogar widersprechen und ihnen die Gerechtigkeitslogik fehlt. Welche Veränderungen sollte die Politik hier vornehmen?

Knuth: Das SGB III formuliert Ziele für eine gute Beschaffenheit und Ordnung des Arbeitsmarktes insgesamt, die im SGB II nicht gelten und die sogar unterlaufen würden, wenn die rasche Vermittlung in Arbeit jedweder Art gelingen würde.

epd: Woran sieht man das?

Knuth: Gerechtigkeitsprobleme entstehen im SGB III dann, wenn Beitragszahlungen im Falle von Arbeitslosigkeit nicht zu Ansprüchen führen, zum Beispiel nach nur kurzer Beschäftigungsdauer oder bei häufigen Unterbrechungen der Beschäftigung. Im SGB II entsteht Ungerechtigkeit, wenn vorherige Leistung nicht anerkannt wird, etwa wenn auch für Menschen, die vor noch nicht langer Zeit in qualifizierter Tätigkeit waren, vom ersten Tag an jede Tätigkeit zumutbar ist. Ein anderes Beispiel sind erwerbstätige Frauen und Männer, die nicht auf Hartz IV angewiesen wären, wenn sie allein leben würden, die sich aber wegen Verantwortung für Partner oder Kinder so behandeln lassen müssen, als wären sie selbst bedürftig. Bei allen diesen Punkten könnte man Korrekturen vornehmen, ohne dass die Arbeitsmarktorientierung leiden würde.

epd: Unabhängig von der Höhe des Regelsatzes werben Sie dafür, in den Zielvorgaben festzuschreiben, dass die Förderpolitik so angelegt sein muss, dass ein menschenwürdiges Dasein mit der Teilhabe an Kultur und Politik möglich ist. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Knuth: Das SGB II ist für Menschen zwischen 15 Jahren und der Regelaltersgrenze, die schrittweise von 65 auf 67 Jahre ansteigt, das unterste soziale Netz mit umfassender Zuständigkeit für die Verwirklichung der sozialen Grundrechte. Untersuchungen zur Lebenslage der Betroffenen kommen zu dem Ergebnis, dass die gewährten Leistungen die materiellen Lebensgrundlagen einigermaßen sichern, dass aber bei der Teilhabe am sozialen, kulturellen und politischen Leben Defizite bestehen.

epd: Das ist politisch so gewollt.

Knuth: Ja, das liegt teilweise an der sehr restriktiven Berücksichtigung solcher Bedarfe in den Regelsätzen, zum anderen aber auch daran, dass man Zugänge zu manchen für ein menschenwürdiges Leben wichtigen sozialen Zusammenhängen nicht kaufen kann. Hier geht es darum, Gelegenheitsstrukturen zu schaffen. Und da das SGB II neben seinem Teilhabeauftrag vor allem ein Arbeitsmarktgesetz ist, liegt es nahe, hier in erster Linie an öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse zu denken.

epd: Sie unterstellen, dass es auch nach grundlegenden Reformen erwerbsfähige Hilfebedürftige geben wird, die keine Chance auf dem Jobmarkt haben werden. Für diese Personen fordern Sie öffentliche Beschäftigungsverhältnisse. Warum lässt sich nur so soziale Teilhabe effektiv sichern?

Knuth: Unsere Gesellschaft ist eine Arbeitsgesellschaft, in der soziale Einbindung und gesellschaftliches Ansehen wesentlich über Erwerbsarbeit vermittelt werden. Seit der Aspekt der sozialen Teilhabe bei der Evaluation unterschiedlicher Beschäftigungsprogramme und -maßnahmen überhaupt berücksichtigt wird, zeigen die Ergebnisse regelmäßig positive Auswirkungen. Die Tatsache, dass diese Beschäftigungen zu wesentlichen Teilen öffentlich finanziert sind, tut der Verbesserung der sozialen Teilhabe keinen Abbruch. Wenn man dann noch bedenkt, dass die beschäftigten Personen ja sowieso mit öffentlichen Mitteln unterhalten werden müssten, dass sich also die Beschäftigung zu einem erheblichen Teil aus der Einsparung von Unterhaltsleistungen finanzieren lässt, dann ist eine Ausweitung solcher Maßnahmen über das derzeitige bescheidene Niveau hinaus geradezu geboten.

epd: Mich erinnert die Idee an die Rückkehr der sogenannten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die einst die Kommunen eingerichtet hatten, und die es bis 2012 gab. Es existierte also schon einmal ein "zweiter Arbeitsmarkt". Würden Sie sagen, die ABM haben sich nicht bewährt?

Knuth: Nein, das würde ich nicht sagen. ABM haben schon soziale Teilhabe vermittelt, als dieser Begriff in der Arbeitsmarktpolitik noch gar nicht gebräuchlich war. Stattdessen hat man ABM und andere Beschäftigungsinstrumente an dem gleichen Kriterium gemessen wie alle anderen Maßnahmen, nämlich an den Übergängen in ungeförderte Beschäftigung in den "ersten" Arbeitsmarkt. Doch wenn man richtigerweise die Zielgruppe auf diejenigen beschränkt, die im allgemeinen Arbeitsmarkt keine Chance haben, und wenn man dann außerdem noch die förderbaren Tätigkeiten durch Abgrenzungskriterien wie "öffentliches Interesse" und "Zusätzlichkeit" in eine Nische möglichst fern von der Arbeitsmarktrealität abdrängt, dann ist dieses Ergebnis ja vorprogrammiert.

epd: Sie könnten also mit "neuen" ABM leben?

Knuth: Die Namen für Beschäftigungsprogramme wechseln immer schneller, und von mir aus könnte man sie auch wieder "ABM" nennen. Aber aktuelle Debatten laufen seit einigen Jahren hauptsächlich unter der Bezeichnung "Sozialer Arbeitsmarkt", und das bedeutet vor allem zweierlei: Keine harte Grenze zwischen "erstem" und "zweitem" Arbeitsmarkt, sondern Ähnlichkeit der Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen sowie Durchlässigkeit für die Beschäftigten. Und daraus folgt zweitens: kein reiner "Trägermarkt", sondern Beteiligung "normaler" Arbeitgeber.

epd: Was sollte die Firmen reizen, diese Idee zu unterstützen?

Knuth: Fachkräfteengpässe führen bei den Unternehmen zu einem Umdenken bezüglich ihrer Einstellungspolitik. Die Offenheit vieler Unternehmen für Geflüchtete hat gezeigt, dass sie durchaus auch jenseits kurzfristiger Nützlichkeitserwägungen bereit sind, sich für Benachteiligte zu engagieren, wenn ihnen die betreffende Gruppe von der Politik als eines solchen Engagements "würdig" präsentiert wird. Das gilt zum Beispiel auch für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, deren Situation ja ebenso wenig als selbstverschuldet gilt wie die Lage der Geflüchteten.

epd: Daraus folgt?

Knuth: Wir brauchen einen anderen politischen Diskurs über derzeit dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossene Menschen, der es für Unternehmen ehrenhaft macht, sie zu beschäftigen. Und wir brauchen wie bei Geflüchteten und bei Menschen mit Behinderungen professionelle Unterstützung bei ihrer beruflichen Eingliederung. Zeitnah und unbürokratisch verfügbare Unterstützungsangebote wie Coaching, Qualifizierung und Konfliktmediation sind in der längeren Frist wahrscheinlich sogar wichtiger als Lohnkostensubventionen, die ja allenfalls Minderleistungen ausgleichen, aber bei Beschränkung der Teilnehmerauswahl auf wirklich Benachteiligte niemals einen Anreiz bieten können.



Arbeit

Motivation

Freude an der Arbeit führt zu besseren Leistungen




Ausbildung in einer Werkstatt
epd-bild/Angelika Osthues
Wer mit Freude arbeitet, der leistet mehr. Was in der Hirnforschung längst Konsens ist, ist in den meisten Unternehmen in Deutschland noch nicht angekommen.

Die Mitarbeiter im "Hotel am Strand" haben Spaß an ihrer Arbeit. Einen gehörigen Anteil daran hat Lars Oltmanns, der in dem Vier-Sterne-Hotel im ostfriesischen Schillig als Glücksberater arbeitet. 2012 ließ sich Oltmanns, der damals im Management des Hotels arbeitete, zum "Corporate Happiness Trainer" ausbilden. Seitdem hilft der heute 50-Jährige seinen Kollegen, die Freude an der Arbeit wieder zu finden.

Gerne zu arbeiten ist keine Selbstverständlichkeit. Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup gehen nur 16 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland mit Freude zur Arbeit. 67 Prozent hingegen sind demotiviert und beschränken sich auf den sogenannten Dienst nach Vorschrift. Sie machen nicht weniger als sie müssen - aber auch nicht mehr.

"Begeisterung ist wie Dünger"

"Bisher hat es den Unternehmen gereicht, wenn der Mitarbeiter genau das macht, was der Vorgesetzte ihm sagt", erklärt der Neurobiologe Gerald Hüther. Doch in vielen Unternehmen reiche das nicht mehr. Wer mehr von seinen Mitarbeitern wolle, müsse diese positiv motivieren. "Die Hirnforschung hat in den vergangenen Jahren herausgefunden, dass das Gehirn am besten mit positiven Emotionen lernt", sagt Hüther. Neue Vernetzungen im Gehirn würden am besten entstehen, wenn emotionale Bereiche im Gehirn mitaktiviert würden. "Begeisterung", so Hüther, "ist wie Dünger für das Gehirn."

Das hat auch Glücksberater Oltmanns verinnerlicht. Einmal im Jahr macht er mit jeder Abteilung des Hotels am Strand einen Workshop, in dem er seine Kollegen nach ihren Stärken und Schwächen, nach ihren Vorlieben und Abneigungen fragt: Kann der Küchenhelfer vielleicht besser den Lagerbestand verwalten als Gemüse schneiden? Ist ein Morgenmuffel nicht besser in der Spätschicht aufgehoben? "Am sinnvollsten ist es, wenn jeder das macht, was er am besten kann", sagt Oltmanns. So wurde nach einer solchen Beratung aus einem unzufriedenen Koch, der sich viel mehr für Bilanzen interessierte als für Kartoffeln, ein zufriedener Controller.

Sechs Jahre Betriebstreue

Die Hotelkette Upstalsboom, zu der das "Hotel am Strand" gehört, investiert seit 2009 massiv in die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter. 13 Mitarbeiter wurden seitdem zu "Corporate Happiness Trainern" ausgebildet. Und das zahlt sich anscheinend aus: Innerhalb von vier Jahren wuchs die Zufriedenheit der fast 700 Mitarbeiter um mehr als 78 Prozent, wie eine Mitarbeiterbefragung zeigte. Und die Köche, Animateure und Co. bleiben dem Unternehmen rund sechs Jahre treu und nicht die branchenüblichen anderthalb bis zwei Jahre. Außerdem verdoppelte sich im selben Zeitraum der Umsatz auf 42 Millionen im Jahr.

Die Unternehmensführung von Upstalsboom führt die positive Entwicklung auf die neue Motivation der Mitarbeiter zurück. Lisa Ganster von der Unternehmensberatung Corporate Happiness sieht das genauso: "Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass Mitarbeiter, die mehr Entfaltungsmöglichkeiten bekommen, besser arbeiten und am Ende auch ein besseres Ergebnis für das Unternehmen erwirtschaften."

Zeit gegen Geld

Volker Kitz glaubt nicht an solche Zusammenhänge. "Gute Leistung bei der Arbeit hat mit Begeisterung nichts zu tun", sagt der Autor des Buches "Feierabend! Warum man für seinen Job nicht brennen muss". Für die Mehrheit der Bevölkerung sei Arbeit nicht mehr als ein Tausch von Zeit gegen Geld. Und letzteres gerate bei der ganzen Diskussion aus dem Blickfeld. "Ich habe die Befürchtung", so Kitz, "dass im Leidenschaftsgerede eines untergeht: die Bezahlung". Ein gutes Arbeitsklima sei kein Ersatz für gutes Geld.

Vielleicht ist es das doch. Laut einer Umfrage des Personaldienstleisters ManpowerGroup, würden heute 80 Prozent der Arbeitnehmer keinen hoch dotierten Job annehmen, wenn er langweilig ist. "Wir erleben im Moment einen gesellschaftlichen Wandel, der vor allem die jungen Menschen betrifft", sagt Unternehmensberaterin Lisa Ganster. "Geld ist auch für die junge Generation immer noch ein wichtiger Faktor bei der Arbeitssuche, doch am Ende entscheiden sie sich nicht für den Arbeitsplatz mit der besten Bezahlung, sondern für den Job, der ihnen einen Sinn gibt."

Martin Lechtape


Flüchtlinge

Rund 1,6 Millionen Menschen suchen Schutz in Deutschland




Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe
epd-bild/Gustavo Alabiso
Inzwischen leben in Deutschland rund 1,6 Millionen Flüchtlinge, die Schutz suchen. Die Verwaltungsgerichte sehen sich mit einer Verfünffachung der Klagen gegen Asylbescheide konfrontiert. Die Politik streitet über die Zahlen und ihre Bedeutung.

In Deutschland leben 1,6 Millionen Menschen, die Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen. In den Zahlen, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am 2. November veröffentlichte, spiegeln sich die Fluchtbewegungen der Jahre 2015 und 2016 wider. Rasant zugenommen haben die Klagen gegen Asylbescheide: Sie haben sich innerhalb eines Jahres verfünffacht. Die politischen Reaktionen blieben nicht aus.

Nach Angaben der Statistiker waren Ende 2016 rund 1,6 Millionen Schutzsuchende registriert und damit 851.000 Personen mehr als Ende 2014. Dabei handelte es sich um Menschen im Asylverfahren, anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Konvention, Geflüchtete mit eingeschränktem, subsidiärem Schutz oder um abgelehnte Asylbewerber, die sich weiter hier aufhalten.

Viele Klagen gegen Asylbescheide

Unter den Schutzsuchenden waren 573.000 (36 Prozent), über deren Asylantrag noch nicht entschieden war. 872.000 (54 Prozent) verfügten über einen humanitären Aufenthaltstitel, überwiegend war diese Anerkennung befristet (600.000). 158.000 Mal wurde der Antrag auf Asyl abgelehnt. Drei Viertel der abgelehnten Asylbewerber erhielten aber eine Duldung, womit die Ausreisepflicht ausgesetzt ist.

Etwa die Hälfte aller Asylbewerber kommen der Statistik zufolge aus den drei Ländern Syrien (455.000), Afghanistan (191.000) und Irak (156.000). Männer sind deutlich in der Überzahl (64 Prozent). Das Durchschnittsalter liegt mit 29,4 Jahren deutlich unter dem der Bevölkerung insgesamt (44,2 Jahre).

Als eine Folge des Flüchtlingsandrangs haben sich die Klagen gegen Asylbescheide innerhalb eines Jahres fast verfünffacht. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion im Bundestag hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Danach verzeichneten die Verwaltungsgerichte zum 30. Juni 2017 rund 322.000 Verfahren. Am selben Stichtag des Vorjahres waren es noch knapp 69.000.

CDU-Politiker befürchtet Kollaps

Die Asyl- und Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, wertete den Anstieg als Folge der zunehmend restriktiven Entscheidungspraxis bei syrischen und afghanischen Asylsuchenden. Sie kritisierte, die Gerichte müssten die gegenwärtige Asylpolitik ausbaden: "Die Abschreckungspolitik der Bundesregierung steigert die Bürokratie in Behörden und Gerichten. Den betroffenen Flüchtlingen wird hingegen der benötigte Schutz und die Sicherheit versagt."

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Stephan Harbarth (CDU) sieht das Problem hingegen in einem Ungleichgewicht zwischen Asylentscheidungen und gerichtlichen Überprüfungen. Der Bund habe infolge des Flüchtlingsandrangs das Personal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) deutlich aufgestockt. Nun müssten die für die Verwaltungsgerichte zuständigen Länder nachziehen. Sonst drohe "der Kollaps unseres Rechtsschutzsystems", warnte Harbarth und schlug einen "Justizpakt" zwischen Bund und Ländern vor: "Wir brauchen dringend mehr Personal und ein effizienteres Verfahrensrecht."

Bettina Markmeyer


Ausländer

Statistisches Bundesamt stellt interaktive Karte zur Migration ins Netz



Das Statistische Bundesamt hat ein interaktives Kartenangebot ins Internet gestellt, das die regionale Verteilung von Ausländern sowie Schutzsuchenden in Deutschland auf Kreisebene zeigt. Die Anwendung "Migration.Integration.Regionen" wurde gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entwickelt, heißt es in einer Mitteilung vom 2. November.

Durch die Kooperation seien alle relevanten Daten aus verschiedenen Quellen zusammengeführt worden, hieß es: "Die ausgewählten Informationen stehen in der interaktiven Karte nun erstmals in Kombination zur Verfügung und erleichtern vor allem regionale Analysen und Vergleiche."

Aufgerufen werden können Angaben zu den Themen Ausländeranteil, ausländische Bevölkerung, Schutzsuchende sowie Ausländer am Arbeitsmarkt. Zu jedem Themenblock können verschiedene Indikatoren angeklickt werden, etwa Unterscheidungen nach Geschlecht oder nach Alter. Das Kartenangebot sei in jede Webseite einbettbar.



Bundesregierung

Portal informiert Migranten über Gesundheitsthemen



Ein neues Internetportal "Migration und Gesundheit" des Bundesgesundheitsministeriums informiert Zuwanderer und will sie mit den Besonderheiten des deutschen Versorgungssystems vertraut machen. "Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verbessern", sagte Minister Hermann Gröhe (CDU) zum Start des Angebotes am 2. November in Berlin.

Nach den Angaben werden damit erstmals zahlreiche Informationsmaterialien zu den Schwerpunktthemen "Gesundheitswesen", "Gesundheit und Vorsorge", "Pflege" sowie "Sucht und Drogen" in mehreren Sprachfassungen zur Verfügung gestellt. Zu dem Angebot gehören zum Beispiel Aufklärungsbroschüren zu Schutzimpfungen, Hinweise zur Kindergesundheit, zu verschiedenen Früherkennungsuntersuchungen, Informationen über die Versorgung im Krankenhaus und bei niedergelassenen Ärzten sowie Broschüren zu Suchterkrankungen.

Die Einrichtung des Portals, das sich auch an Freiwillige in der Flüchtlingshilfe richtet, gehe auch auf den Wunsch verschiedener Migrantenorganisationen zurück. Das Informationsangebot des Portals werde mit Unterstützung von Migranten stetig erweitert, heißt es.

Neben der deutschen Fassung soll das Portal zunächst in türkischer und englischer Sprache zur Verfügung stehen. Eine Erweiterung des bestehenden Sprachangebotes um die arabische und russische Sprache soll innerhalb kurzer Zeit erfolgen.



Pflege

Verbände übernehmen Einführung der neuen Dokumentation




Pflegerin dokumentiert ihre Tätigkeit.
epd-bild/Meike Böschemeyer
Die Verantwortung für die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation liegt jetzt in den Händen der Trägerverbände in der Pflege.

Seit 1. November steuern die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) sowie die übrigen Pflegeverbände die weitere bundesweite Einführung des sogenannten Ein-STEP-Systems der Pflegedokumentation, teilte Ingrid Fischbach, Patientenbeauftragte und Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, am 1. November in Berlin mit.

Sie hatte das Projekt zur Einführung der vereinfachten Dokumentation, das von Bund, Ländern und Trägerverbänden finanziert wird, bislang geleitet. Fischbach betonte, das Ein-STEP-System (Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation) werde bereits erfolgreich in über der Hälfte der Pflegeeinrichtungen in Deutschland eingesetzt.

Im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums wurden 2013 Empfehlungen zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation entwickelt und erfolgreich einem Praxistest unterzogen. 2014 fiel dann die Entscheidung, die Entwicklung einer Implementierungsstrategie zur bundesweiten Umsetzung des Strukturmodells in Auftrag zu geben. Das neue Dokumentationsmodell ist eine Reaktion auf die von Fachkräften beklagte überbordende Pflegebürokratie.

Pflegebeauftragte übernimmt Schirmherrschaft

Die Pflegebeauftragte sowie das Bundesgesundheitsministerium übernehmen künftig die Schirmherrschaft und werden weiterhin eine maßgebliche Rolle insbesondere im und über den Lenkungsausschuss zusammen mit den Trägerverbänden wahrnehmen. Ziel sei es, die Pflegekräfte und Einrichtungen von unnötigen bürokratischen Anforderungen zu entlasten. Das soll geschehen, ohne die Qualität der Versorgung zu beeinträchtigen und um mehr Zeit für die Pflegebedürftigen zu ermöglichen. Der Geschäftsführer des bpa, Bernd Tews, sagte: "Uns ist es wichtig, dass die bestehenden Expertengruppen an der weiteren Evaluation und gegebenenfalls erforderlichen Anpassungen beteiligt werden."

Die Einrichtungen werden weiterhin bei der inhaltlichen und technischen Umsetzung durch die Trägerverbände und Institutionen unterstützt, hieß es. Auch wird der Zugang zu den bundesweit einheitlich festgelegten Schulungsmaterialien, Konzepten und Instrumenten für alle Institutionen und Bildungsträger ermöglicht. Und letztendlich werden die Pflegeeinrichtungen bei der Umstellung der Pflegedokumentation auf das Strukturmodell und Maßnahmen zur Qualitätssicherung unterstützt.

Auch die Homepage www.ein-step.de wird jetzt von den Trägerverbänden gepflegt. Dort werden zukünftig alle Informationen rund um die entbürokratisierte Pflegedokumentation sowie Dokumente zur Verfügung stehen. Auch die neuen Kontaktdaten sind dort zu finden.

Dirk Baas


Gesundheit

Bremer Modellprojekt hilft Kindern psychisch kranker Eltern



Als erste Großstadt in Deutschland startet Bremen ein Modellprojekt, um Kinder psychisch kranker Eltern und ihre Familien zu stärken. "Unter dem Titel 'Kidstime' werden ab Dezember monatliche Workshops organisiert", sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) am 1. November. Der Mitinitiator und Diplom-Psychologe Klaus Henner Spierling ergänzte, Kinder psychisch kranker Eltern trügen ein deutlich höheres Risiko, später selbst psychische Probleme zu entwickeln.

In Deutschland lebten rund 3,5 Millionen Kinder und Jugendliche mit mindestens einem psychisch kranken Elternteil, hieß es. Rechnerisch seien in Bremen rund 29.000 junge Menschen betroffen. Ihnen will die Stadt ein Angebot machen, das für sie selbst kostenlos ist und vom Jugendamt bezahlt wird. Es solle ein präventiver Baustein sein, um zu verhindern, dass Kinder aus Familien genommen werden müssten, sagte Stahmann.

Kern des Modellprojektes sind Workshops, in denen sich die Kinder spielerisch mit der Erkrankung ihrer Eltern auseinandersetzen. Zur gleichen Zeit treffen sich die Erwachsenen in einer separaten Gruppe. Ziel sei es, bei den Teilnehmenden Gefühlen der Isolation vorzubeugen, das Selbstvertrauen zu stärken, Informationen anzubieten und einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, erläuterte Spierling.

Die Workshops bieten nach seinen Worten einen Raum, in dem sich die Kinder ihrem Alter entsprechend bewegen können. "Zu Hause übernehmen sie oft sehr früh sehr viel Verantwortung und agieren wie Erwachsene." Theaterpädagogische Elemente ermöglichten es ihnen, die Perspektive zu wechseln und sich zeitweise aus dieser Rolle zu lösen. Aber vor allem gehe es darum, den Kindern Erklärungen für die Erkrankungen zu liefern, Kontakte zu psychisch stabilen Erwachsenen zu unterstützen und Ausdrucksmöglichkeiten für Gefühle zu eröffnen, erklärte der Psychologe.

«Kidstime» läuft in Rotenburg bei Bremen schon seit drei Jahren unter dem Dach des örtlichen Diakonieklinikums. Die Rotenburger Initiative bekam im vergangenen Jahr den niedersächsischen Gesundheitspreis.



Gesundheit

Informationen über Lungenkrebs in leichter Sprache



Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat ein Informationsheft "Lungenkrebs – was nun?" in leichter Sprache herausgegeben. Ziel der leichten Sprache sei, Sachverhalte so wiederzugeben, dass auch Menschen mit Lern- und Leseschwierigkeiten oder geringen Deutschkenntnissen diese Informationen besser verstehen können, teilte das Zentrum am 27. Oktober in Heidelberg mit. Viele Illustrationen und Texte, die den Regeln der leichten Sprache folgen, machten auch komplexe Gesundheitsinformationen verständlich.

Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes, sagte, das Krebsforschungszentrum wolle allen Menschen den Zugang zu wichtigen Informationen über Krebs ermöglichen. Das Heft zum Thema Lungenkrebs wurde gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg entwickelt. Es hilft, Lungenkrebs besser zu verstehen, und zeigt mögliche Wege der Behandlung auf.



USA

Gesundheit

Chaos bei der US-Krankenversicherung




US-Präsident Donald Trump
epd-bild/Cristian Gennari/Agenzia Romano Siciliani
US-Präsident Trump gibt offenbar seinen Plan nicht auf, "Obamacare" zu zerstören. Im Senat ist er damit zwar im September gescheitert, aber jetzt versucht er es durch Desinformation und die Kürzung von Geldern.

Im September war die Freude bei den Demokraten in den USA riesengroß. Damals war Präsident Donald Trump mit seinem Vorhaben im Kongress gescheitert, die Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama aufzuheben. Doch inzwischen haben Trump und seine Republikaner viel Sand ins Getriebe von "Obamacare" geschaufelt. Trump verkündet, das Versicherungswesen stehe vor dem Kollaps. Es "implodiert", behauptet er häufig.

Kritiker sprechen von "Sabotage" gegen den "Affordable Care Act" (Gesetz für bezahlbare Krankenversicherung), wie "Obamacare" offiziell heißt. Im Bundesstaat Kentucky ist Miranda Brown direkt mit den Auswirkungen konfrontiert. Brown arbeitet seit mehreren Jahren mit dem Verband "Kentucky Equal Justice Center". Der hilft Menschen, die eine Krankenversicherung abschließen wollen. Viele machten sich Sorgen, sagte Brown dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Manche Leute sind verwirrt, ob das Angebot einer Krankenversicherung für alle überhaupt noch existiert." Andere befürchten steigende Kosten. Trumps Anti-Kampagne wirke, beklagt Brown.

Trumps Anti-Kampagne wirkt

In Kentucky gebe es praktisch kein Geld mehr, um für den Abschluss einer Krankenversicherung zu werben. Auch habe Trumps Regierung die Mittel für die Beratung interessierter Bürger drastisch reduziert.

Seit 1. November läuft in den USA die 45 Tage währende Frist, in der "Obamacare"-Versicherte Policen erneuern und Nicht-Versicherte Policen abschließen müssen. Trump hat die Frist halbiert. Zudem wird die Regierungswebseite, die über "Obamacare" Auskunft gibt, an mehreren Sonntagen zwölf Stunden lang geschlossen. Angeblich "zur Wartung".

Krankenversicherung ist in den USA ein löchriger Flickenteppich von staatlichen Versicherungen für die ganz Armen (Medicaid) und für Senioren (Medicare), privaten Versicherungen sowie Versicherungen des Arbeitgebers. Versicherungskonzerne bestimmen den Markt.

Mit "Obamacare" wurde erstmals eine Versicherungspflicht eingeführt. Sogenannte "Versicherungsbörsen" vermitteln Policen. Der Staat schreibt Mindestleistungen vor und zahlt Einkommensschwachen einen Teil der Prämien, häufig mehrere hundert Dollar im Monat.

"Schändliche Zuwendungen an Versicherer"

Seit der Einführung von "Obamacare" haben etwa 20 Millionen Menschen in den USA eine Krankenversicherung abgeschlossen. Am Bundesstaat Kentucky wird der Erfolg deutlich: Der Anteil der Nicht-Versicherten ist nach Regierungsangaben von 14,3 Prozent im Jahr 2013 auf 5,1 Prozent im Jahr 2016 zurückgegangen.

Doch seit einigen Tagen erhalten US-Bürger von Versicherungsbörsen die Nachricht, Versicherer hätten die Prämienkosten "aktualisiert". Sie hätten sie wegen Trump erhöhen müssen. Denn Mitte Oktober kündigte der US-Präsident an, er werde Zuschüsse stoppen, wenn Versicherungsunternehmen Geringverdienern bei der Bezahlung der Arztrechnungen unter die Arme greifen.

Die Zahlungen im Wert von insgesamt etwa zehn Milliarden Dollar im Jahr, die "Obamacare" vorsehe, seien eine "schändliche" Zuwendung an Versicherungsfirmen, sagte Trump. Er wolle das Geld "armen Menschen geben, die es brauchen". Nach Berechnungen des Gesundheitsforschungsinstituts "Kaiser Family Foundation" haben Versicherungsfirmen wegen der erwarteten Ausfälle die Prämien um bis zu 38 Prozent erhöht.

Sabrina Corlette forscht am "Zentrum für Krankenversicherungsreform" an der katholischen Georgetown Universität in Washington. "Wir wissen einfach nicht, was Trumps langfristige Strategie ist", sagt die Professorin. Er habe "eine Atmosphäre der Ungewissheit geschaffen".

Konrad Ege



sozial-Branche

Behinderung

Blind ins Kino




Die blinde Filmkritikerin Barbara Fickert in einem Berliner Kino
epd-bild/Andi Weiland/Gesellschaftsbilder.de
Auch Blinde gehen ins Kino. Auf einer speziellen Smartphone-App beschreibt ein Sprecher für Sehbehinderte, was sie auf der Leinwand nicht sehen können. Inzwischen öffnen sich auch Filmfestivals dieser technischen Neuerung.

Ein Taxifahrer hat Barbara Fickert gefragt, ob sie nur spielt. Ob sie nur vorgibt, nichts sehen zu können. Denn einen Fahrgast mit Blindenstock ins Kino zu bringen, erschien ihm absurd. Die blinde Bloggerin genießt das Erlebnis Kino bereits seit Kindertagen, schätzt die Akustik im Saal.

Bisher hat sie sich anhand der Dialoge den Inhalt erschlossen. Das klappte mal mehr, mal weniger gut. Abhängig davon, wie viel im Film gesprochen wurde. Inzwischen sind Barbara Fickerts Kinobesuche aufschlussreicher geworden: Mit ihrem Smartphone kann sie über Kopfhörer sogenannte barrierefreie Fassungen erleben.

Beschreibung wichtiger Handlungen und Gesten

Das gelingt durch Audiodeskriptionen. Sie beschreiben wichtige Handlungen, Gesten und Gesichtsausdrücke der Schauspieler - immer dann, wenn diese nicht sprechen. Ein Filmbeschreiber sagt etwa auf der Audiosdeskription: Die blonde Frau zieht die Stirn kraus und wendet sich ruckartig ab. Oder: Der Schwimmer zieht seine fünfte Bahn durch das aufgewühlte Wasser.

"Das ist eine gute Möglichkeit für Blinde und Sehbehinderte, am kulturellen Leben teilzuhaben", sagt Claudia Schaffer vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband. "Sie haben nämlich die gleichen Bedürfnisse nach Unterhaltung wie Sehende. Deshalb ist es auch so wichtig, dass nicht nur Filme über Blindheit mit Audiodeskriptionen versehen werden, sondern eben auch Publikumsrenner wie der neue 'Star Wars'."

Barbara Fickert ruft solche Audiodeskriptionen mit Hilfe der App "Greta" ab. Dort stehen über 100 barrierefreie Fassungen von Actionfilmen, Dramen und Komödien zur Verfügung. Sie sind für den Nutzer kostenfrei. Bevor die Berlinerin ins Kino geht, lädt sie also die passende Hörbeschreibung auf ihr Mobiltelefon herunter. Im Kinosessel kann sie sie abspielen und bekommt über Kopfhörer die zusätzlichen Informationen. So rezensiert Barbara Fickert Filme für ihren Blog "Blindgängerin".

Sehr hoher Aufwand ist nötig

Grundsätzlich können Sehbehinderte sich auf diese Weise jeden Film, in jedem Kino, in jeder Vorstellung beschreiben lassen. Theoretisch. In der Realität ist dem aber nicht so. Marit Bechtloff, Vorsitzende der Vereinigung deutscher Filmbeschreiber Hörfilm e.V., erklärt: "Wir müssen zunächst ein Manuskript erstellen. Ein blinder Redakteur überprüft, ob das verständlich genug ist. Wenn nötig, wird überarbeitet. Ein professioneller Sprecher spricht die Beschreibungen dann im Tonstudio ein." Dieser Aufwand macht eine Audiodeskription für einen Film mehrere tausend Euro teuer.

Die Kosten für die Audiodeskription trägt der Produzent des Films oder der Film-Verleih, der die Kopien in die Kinos bringt. Seit 2013 sind nach dem Filmförderungsgesetz Audiodeskriptionen für Sehbehinderte verpflichtend. Bei ausländischen Produktionen hängt es am Geld, ob eine Produktion eine barrierefreie Fassung erhält. "Also daran, ob der Film genug einspielen wird", sagt Johannes Klingsporn vom Verband der Filmverleiher. Inzwischen gibt es internationale Filmriesen wie Universal Pictures, Warner Bros. oder 20th Century Fox, die diese Kosten freiwillig tragen, um barrierefreies Kino zu ermöglichen.

Für den Geschmack von Barbara Fickert sind es allerdings noch relativ wenige Produktionen aus dem Ausland. Beim 60. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig) wird Fickert sich Filme aus Kanada, den USA und Israel beschreiben lassen können. Dort werden bis zum 5. November insgesamt 340 Filme gezeigt, davon 13 Werke mit Audiodeskriptionen. Inzwischen öffnen sich zunehmend auch Filmfestivals für sehbehinderte Gäste.

Insa van den Berg


Flüchtlinge

Gastbeitrag

Der lange Weg zur Integration




Birgit Mayrl-Kara
epd-bild/privat
Die Evangelische Familien-Bildungsstätte in Nürnberg hat viel Erfahrung mit der Integration von Zuwanderern. Das Jahr 2015 mit den vielen Flüchtlingen führte auch dazu, die eigenen Strukturen zu verändern, um mit neuen Angeboten zum Erfolg zu kommen. Ein Selbstläufer war das nicht. Wie es die Einrichtung geschafft hat, erläutert die Sozialpädagogin Birgit Mayrl-Kara in ihrem Gastbeitrag für epd sozial.

Integration, das bedeutet Unterstützung im Alltag, Angebote zum Deutsch Lernen, Hilfen bei der Orientierung in einem fremden Land, Möglichkeiten zur Begegnung und gesellschaftlichen Teilhabe für die geflüchteten Personen. Es bedeutet aber auch eine offene Haltung, Begegnung auf Augenhöhe und die Fähigkeit und Bereitschaft, sich auf Neues und Fremdes einzulassen. All diesen Aufgaben stellt sich die Evangelische Familien-Bildungsstätte (FBS) seit über 25 Jahren als Anlaufstelle für Integration.

Mit dem Umzug der FBS 1990 aus der Nürnberger Innenstadt in den Stadtteil Gostenhof mit einem hohen Anteil an nicht-deutscher Wohnbevölkerung, veränderte sich die Zielgruppe der Einrichtung. Neben den Angeboten der "klassischen Familienbildung" gehören nun auch niederschwellige Deutschkurse, offene Treffs für Frauen und Familien und Einzel- und Gruppenberatung für Migrantinnen und Migranten zum Programmangebot. Die FBS wurde als Anlaufstelle für kostenlose Deutschkurse gut angenommen. Diese Kurse stellten häufig die einzige Möglichkeit für Menschen ohne festen Aufenthaltsstatus dar, sich erste Deutschkenntnisse anzueignen.

Nachfrage nach "Asylbewerberkursen"

Ab 2005 erhielt die FBS die Trägerzulassung für Integrationskurse durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und konnte auch diese Kurse in ihr Programm aufnehmen. Dadurch erfuhr der Fachbereich "Sprache und Integration" eine deutlich Ausweitung und macht bis heute einen wesentlichen Teil der Angebote der FBS aus.

Bereits Ende 2014 wurde vermehrt nach Plätzen in den "Asylbewerberkursen" gefragt. Ab September 2015 erreichte die Nachfrage ihren Höhepunkt: Die Platzkapazität war ausgeschöpft, und es existierte eine Warteliste mit mehr als 40 Personen.

Zeitgleich rief die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Oktober 2015 kurzfristig die sogenannten "Einstiegskurse für Asylsuchende" mit sicherer Bleibeperspektive ins Leben. Dadurch konnten in der FBS insgesamt 75 geflüchtete Personen aus Syrien, Irak und Iran in insgesamt vier Kurse aufgenommen werden, in denen bis Anfang 2016 in 320 Unterrichtsstunden grundlegende Deutschkenntnisse und eine Erstorientierung in Deutschland vermittelt wurde. Als äußerst problematisch erwies sich, dass geflüchtete Personen aus anderen Herkunftsländern nicht an diesen Kursen teilnehmen konnten.

Grenzen der "Willkommenskultur"

Zu den Einstiegskursen meldeten sich fast nur junge Männer an. Schnell wurden uns die Grenzen der "Willkommenskultur" deutlich: Einige der Sprachkursteilnehmer lebten trotz des Kälteeinbruchs noch in Zelten. Leichtbauhallen oder umfunktionierte Turnhallen, Fabrikgebäude oder ein stillgelegtes Schwimmbad stellten hier die "Luxusvarianten" der Unterbringung dar – immerhin hatten diese Bewohner ein festes Dach über dem Kopf.

Aber: Privatsphäre oder Rückzugsmöglichkeit waren nicht vorhanden. Es wurde deutlich, dass der Sprachkursbesuch neben dem Wunsch, schnell Deutsch zu lernen und etwas über „die deutsche Kultur" zu erfahren, für viele Teilnehmer auch eine Gelegenheit darstellte, der Kälte, Enge und Trostlosigkeit der Unterkünfte kurzzeitig zu entkommen.

Einige Teilnehmer erschienen bereits weit vor Kursbeginn, um sich mit einem heißen Tee aufzuwärmen oder in Ruhe sitzen und telefonieren zu können. Ein weiteres Bedürfnis der Flüchtlinge war sich zurückzuziehen, um zu beten. Ein Gebetsraum für Muslime in einer Evangelischen Familienbildungsstätte - geht das? Ja! Ein kleiner Raum, der zu dieser Zeit leer stand, konnte vorübergehend als Andachtsraum zur Verfügung gestellt werden - zum Gebet für alle Glaubensrichtungen, oder einfach, um sich zurückzuziehen und zur Ruhe zu kommen.

Verantwortung für nachgereiste Familien

Im Nachhinein befragt, was für sie in dieser Phase gut und wichtig war, nannten die Teilnehmer übereinstimmend, dass sie es schätzten, dass die Lehrkräfte nicht nur Unterrichtsstoff vermittelten, sondern immer auch ein offenes Ohr für Probleme anderer Art hatten. Etwa zeitgleich mit dem Ende der Einstiegskurse ab Ende Januar 2016 erhielten viele Teilnehmer eine Berechtigung zum Besuch des Integrationskurses. Bei der FBS startete deshalb im Februar 2016 ein zusätzlicher Integrationskurs mit Teilnehmern aus den Einstiegskursen, den die meisten im Januar 2017 erfolgreich abschlossen.

Bald darauf konnten einige Familienväter ihre Ehefrauen und Kinder im Familiennachzug nach Deutschland kommen lassen. Überglücklich, aber nun selbst gefordert, die bürokratischen Hürden zu überwinden, Wohnungen zu finden und den Umzug zu organisieren, mussten sie nun, kaum selbst hier "angekommen", Verantwortung für ihre Familien übernehmen. Auch hier erwies sich die FBS als oft gefragte Anlaufstelle bei Fragen und Problemen.

Es zeigte sich, dass Sprachkurse mit Kinderbetreuung und Krippen- und Kindergartenplätze fehlten, so dass die Frauen und Kinder zunächst in den Gemeinschaftsunterkünften isoliert blieben. Hier sah die FBS ihren Auftrag gemäß ihrem Leitbild darin, dieser Zielgruppe mit passenden Angeboten erste Schritte zur Integration zu ermöglichen. Im Herbst 2016 wurden ein Deutschkurs mit Kinderbetreuung, der an einem "Miniclub" orientierte Eltern-Kind-Kurs "Babyclub Kunterbunt" und der offenen Frauentreff "Dunya Café" ins Programm genommen. Alle drei Angebote wurden durch Projektmittel finanziert, was jedoch dazu führte, dass die Angebote nach Beendigung der Förderung nicht weitergeführt werden konnten.

Treffpunkt für Frauen

Das ist sehr zu bedauern, denn vor allem das "Dunya Café" hatte sich als niederschwelliges Angebot bewährt. Es gelang jedoch, den Betrieb seit September 2017 durch eine andere, auf drei Jahre ausgelegte Finanzierung wieder aufzunehmen. Das "Dunya Café" fungiert sowohl als Treffpunkt für Mütter und Kinder aus unterschiedlichen Ländern als auch als Lernort, um erste Deutschkenntnisse zu erwerben.

Der Nachmittag ist so konzipiert, dass die Mütter miteinander ins Gespräch kommen, sich Tipps und Anregungen bei den Fachkräften – eine Mitarbeiterin spricht Arabisch, Kurdisch und Türkisch - holen können, während die Kinder genügend Platz und anregendes Material zum Spielen vorfinden. Weitere Schwerpunkte dieses Treffs sind inhaltliche Inputs zu Erziehungsfragen, Informationen über Angebote für Mütter und Kinder in Nürnberg, Unterstützung, Beratung und Vermittlung zu Fachstellen.

Dieser kurze Abriss zum Angebot für geflüchtete Familien in der FBS Nürnberg soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass all dies nur ein erster Schritt in Richtung Integration dieser Zielgruppe ist.

Bei Interviews mit (ehemaligen) Kursteilnehmern und Teilnehmerinnen gaben diese an, dass sie sich in Deutschland sicher fühlen. Einige bedankten sich ausdrücklich für die Hilfsbereitschaft, die sie – vor allem anfangs – erfahren hatten. Problematisch erleben sie jedoch vor allem die Wohnungssituation, gefolgt von Schwierigkeiten, Arbeit zu finden, häufig in Zusammenhang mit Problemen bei der Anerkennung der Abschlüsse aus den Heimatländern.

Bitte Erfahrungen bei der Jobsuche

Eine weitere bittere Erfahrung, die einige schilderten, war ihre Ablehnung bei der Jobsuche aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens. Auch fehlende Kontakte zu Deutschen, fehlende Sprachkenntnisse und zu wenig Wissen über "die deutsche Kultur" sehen die Befragten als Integrationshindernisse an. Die Ergebnisse dieser Interviews zeigen auf, wo künftig Handlungsbedarf besteht.

Integration ist ein langer Prozess, vielleicht eine Generationenaufgabe. Dazu braucht es Geduld, es verlangt, aufeinander zuzugehen und eine Begegnung auf Augenhöhe aller Akteure.

Für eine erfolgreiche Integration reichen jedoch der gute Wille und das Engagement Einzelner allein nicht aus. Es sind vor allem geeignete gesetzliche und organisatorische Rahmenbedingungen nötig, die über Abteilungs- und Ressortgrenzen hinausgehen, eine gute Vernetzung der Akteure und innovative und integrative inhaltliche Konzepte fördern und fordern. Diese Strukturen sind die Basis, auf der Integration gelingen kann.

Die Diplom-Sozialpädagogin Birgit Mayrl-Kara ist Mitarbeiterin der Evangelischen Familien-Bildungsstätte Nürnberg.


Gesundheit

Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung arbeiten als Genesungsbegleiter




Therapiegruppe in der Psychiatrie
epd-bild/Werner Krüper
Sie haben selbst psychische Krisen erlebt - und helfen mit ihrem Erfahrungsschatz nun anderen. Psychiatrie-Erfahrene geben psychisch Kranken, das Gefühl, dass sie aus ihrer Krise wieder herausfinden können.

Kornelia Birkemeyer wird den Moment nie vergessen, als sie nach ihrer ersten schweren psychischen Krise in einer Klinik aufwachte - genau dort, wo sie Jahre zuvor als Gesundheits- und Krankenpflegerin gearbeitet hatte. Der Raum, in dem sie lag, kam ihr bekannt vor. Es war das Isolierzimmer, in dem sie früher selbst psychisch kranke Menschen untergebracht hatte. "Da wusste ich sofort, was los war", erzählt sie.

Besonderer Zugang zu Kranken

In den nächsten Jahren erlebte sie drei weitere Krisen, beantragte eine Erwerbsminderungsrente und setzte sich intensiv mit ihrer Krankheit auseinander. Dabei erfuhr sie von der EX-IN-Ausbildung, in der psychiatrie- und krisenerfahrene Menschen zu Genesungsbegleitern ausgebildet werden. EX-IN steht für die Einbeziehung von Erfahrenen (englisch: Experienced Involvement) bei Hilfsangeboten für psychisch kranke Menschen. Die ausgebildeten Genesungsbegleiter arbeiten in psychiatrischen Angeboten wie Krankenhäusern, Betreutem Wohnen und Beratungsstellen mit.

Kornelia Birkemeyer war dabei, als 2010 die erste Gruppe ihre einjährige Ausbildung in Stuttgart begann. Eine neue berufliche Perspektive eröffnete sich für sie: "Mich hat ermutigt, dass mein Erfahrungswissen gefragt ist. Meine Defizite wurden zum Werkzeug sozialer Arbeit."

Laut Jörg Utschakowski, Vorstand des Vereins EX-IN Deutschland, "können Genesungsbegleiter in allen Bereichen der Psychiatrie die Qualität verbessern". Ihre Erfahrungen schafften einen Zugang zu Menschen, der von Fachkräften oft nicht hergestellt werden könnte. Schon alleine dadurch, dass die Genesungsbegleiter in der Lage sind, als Berater, Begleiter oder Fürsprecher zu arbeiten, vermittelten sie Menschen in psychischen Krisen das Gefühl, "dass man es schaffen kann, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt", sagt Utschakowski.

Licht am Ende des Tunnels

Vor zwölf Jahren wurde in einem europäischen Projekt die EX-IN-Ausbildung entwickelt. Mittlerweile wird sie an mehr als 30 Standorten in Deutschland, Österreich, Schweiz sowie Italien, Polen und Bulgarien angeboten. Daran haben nach den Angaben rund 1.000 Menschen teilgenommen. Rund 400 bis 600 Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung arbeiten deutschlandweit bereits als ausgebildete Genesungsbegleiter.

Seit 2012 ist die 57-jährige Birkemeyer im Gemeindepsychiatrischen Zentrum (GPZ) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva) angestellt. Zurzeit begleitet sie dort eine Frau im ambulanten betreuten Wohnen. "Ich bin ein Stückweit Vorbild für sie, weil es mir auch so ging wie ihr und ich damals auch dachte, es geht nicht weiter." Birkemeyer unterstützt ihre Klientin dabei, ihren Alltag wieder selbst in die Hand zu nehmen. Seit einiger Zeit traut sich ihre Klientin wieder selbst zu, Arzttermine am Telefon auszumachen, was die Genesungsbegleiterin als einen ersten Erfolg einstuft.

In diesem Jahr feiert Birkemeyer ihr ganz persönliches Jubiläum: Bereits seit zehn Jahren lebt sie krisenfrei. Sie ist überzeugt: "Jeder hat das Potenzial in sich, von einer psychischen Erkrankung wieder zu genesen."

Judith Kubitscheck


Armut

Gesundheit

Hilfsorganisation bewahrt obdachlose Mädchen vor Schwangerschaft




Ein Obdachloser bettelt um Geld.
epd-bild/Dieter Sell
Die Hilfsorganisation Off Road Kids will jugendliche Obdachlose in Deutschland vor Infektionskrankheiten und ungewollten Schwangerschaften schützen.

"Die Straßenmilieus der Großstädte sind Brutstätten gefährlicher Krankheiten", sagte der Sprecher der Off Road Kids Stiftung, Markus Seidel, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seit Anfang des Jahres betreibt die Organisation und die Krankenkasse Bahn-BKK mit dem Projekt "Streetwork+" Gesundheitsaufklärung auf den Straßen mehrerer Städte.

"Die jungen Obdachlosen haben keine Vorstellung davon, was ein Virus oder eine Bakterie ist", erklärte Seidel. Geschlechtskrankheiten, Wundinfektionen, Erkältungskrankheiten und ungewollte Schwangerschaften seien für obdachlose Jugendliche Dauerrisiken. "Auf der Straße geht es um das tägliche Überleben, nicht um Gesundheit und Hygiene", betonte Seidel.

"Jede Nacht gefährdet"

Ziel sei, die jungen Menschen in die Gesellschaft zurückzuholen. Die Vermittlung der Mädchen und Jungen in Wohnungen oder Jobs sei deutlich einfacher, wenn sie keine Krankheiten haben oder diese schon therapiert werden. "Es ist alles andere als hilfreich, wenn ein Junge sich mitten im Vermittlungsprozess eine Infektion holt oder ein Mädchen schwanger wird", erklärte Seidel.

Die meisten obdachlosen Mädchen gehen laut Seidel weder zum Frauenarzt noch verhüten sie. Für sie bestehe ein hohes Risiko, ungewollt schwanger zu werden. "Auf der Straße sind sie jede Nacht der Gefahr ausgesetzt, vergewaltigt zu werden", sagte Seidel. Einige der Mädchen würden eine Schwangerschaft durchaus in Kauf nehmen. Sie haben laut Seidel die sozialromantische Vorstellung, dass sie mit dem Kind eher eine Chance hätten, der Obdachlosigkeit zu entkommen.

4.500 Straßenkindern geholfen

Auf der Straße suchen ausgebildete Sozialarbeiter und Pädagogen nach Jugendlichen, die von zu Hause ausgerissen oder obdachlos sind. Auf das Angebot reagieren die Mädchen und Jungen völlig unterschiedlich, erklärte Seidel. Vielen falle es anfangs schwer, den Sozialarbeitern zu vertrauen. "Die Jugendlichen sind gerade von Erwachsenen bislang oft enttäuscht worden", sagte er.

Die Hilfsorganisation finanziert sich nach eigenen Angaben allein aus Spenden. In ihren Streetwork-Stationen in Berlin, Dortmund, Hamburg und Köln arbeiten jeweils vier Sozialarbeiter. Seit 1993 unterstützte die Hilfsorganisation 4.500 Straßenkinder und junge Obdachlose.

Insgesamt gibt es nach offiziellen Angaben derzeit 335.000 Wohnungslose in Deutschland. Unter ihnen sind 29.000 Kinder und Jugendliche. Im Jahr 2010 gab es insgesamt 246.000 Wohnungslose.

Patricia Averesch


Obdachlose

Kältehilfe startet mit weniger Übernachtungsplätzen




Wird wieder gebraucht: Berliner Kältebus
epd-bild/Rolf Zöllner
Zeitgleich mit den sinkenden Nachttemperaturen haben in Berlin wieder Notunterkünfte für Obdachlose geöffnet. Sie sollen verhindern, dass Menschen in der kalten Jahreszeit erfrieren. Ob die Plätze ausreichen, ist allerdings offen.

Die Berliner Kältehilfe startet mit weniger Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose in die neue Saison als im Vorjahr. Seit 1. November stünden zunächst 689 Notübernachtungsplätze zur Verfügung, 240 weniger als in der vergangenen Wintersaison, wie die Träger der Kältehilfe, Diakonie, Caritas und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) am 1. November in Berlin mitteilten. Der Senat plane jedoch, die Zahl bis Ende des Jahres auf 1.000 Notübernachtungsplätze auszubauen. Dazu sollen drei freigezogene Notunterkünfte für Flüchtlinge hergerichtet werden, hieß es.

Neben Kältebussen der Berliner Stadtmission wird in den kommenden fünf Monaten auch das DRK in den Abendstunden mit einem Bus unterwegs sein. Die Busse verteilen Schlafsäcke und Winterkleidung und fahren Hilfsbedürftige zu Notunterkünften. Über das Kältehilfetelefon können hilflose Menschen gemeldet werden. Erstmals können Helfer wie Bedürftige mit einer Smartphone-App auf die Angebote der Kältehilfe zugreifen.

Warnung vor Überforderung

Die Wohlfahrtsverbände gehen von rund 40.000 Wohnungslosen in Berlin aus, wovon zwischen 4.000 und 6.000 auf der Straße leben und obdachlos sind. In der vergangenen Kältehilfesaison registrierten 26 Notübernachtungen und 14 Nachtcafés rund 101.000 Übernachtungen, ähnlich viele wie in der vorangegangenen Saison. Zum Schluss standen im Durchschnitt 925 Schlafplätze zur Verfügung. Stark überlastet waren Einrichtungen in der Innenstadt, wie etwa die Notunterkunft der Berliner Stadtmission in der Lehrter Straße.

Angesichts steigender Obdachlosenzahlen warnte die Berliner Diakonie-Chefin Barbara Eschen am 1. November vor einer Überforderung der Kältehilfe. Sie dürfe nicht der Ersatz für eine unzureichende Wohnungslosenhilfe des Senates und der Bezirke sein, sagte Eschen. Die Tatsache, dass sich die Zahl der Übernachtungsplätze in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdreifacht habe, wertete Eschen als Beleg für Fehler im "regulären Hilfesystem". Die Kältehilfe sei eigentlich nur ein Angebot für jene Menschen, die ansonsten von der Sozialhilfe nicht erreicht würden.

"Niedrigschwellige Regelversorgung"

Der Leiter der Kältehilfe bei der Berliner Stadtmission, Ulrich Neugebauer, sagte, das Hilfesystem in den kalten Monaten sei längst zu einer "niedrigschwelligen Regelversorgung" geworden, eine Notlösung für fünf Monate, bevor "das Elend" im Frühjahr wieder für die Berliner sichtbar werde.

Caritasdirektorin Ulrike Kostka forderte angesichts der zunehmenden Wohnungsnot in Deutschland einen Gipfel im Kanzleramt. "Bund, Länder und Kommunen müssen das Problem gemeinsam anpacken." Die Verantwortung für Obdachlose werde seit Jahren hin- und hergeschoben. Für Berlin forderte sie erneut ein Strategieforum mit allen beteiligten Senatsverwaltungen, Bezirken und Verbänden.

Lukas Philippi


Gesundheit

Appell an Jamaika: Mehr Geld für Krankenhäuser



Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat die Verhandler für eine Jamaika-Koalition aufgefordert, die finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser in Deutschland zu verbessern. Dabei müssten bei CDU/CSU, FDP und Grünen vor allem die Arbeitsbedingungen in den Kliniken im Vordergrund stehen, erklärte DKG-Präsident Thomas Reumann am 26. Oktober in Berlin.

Reumann bewertete den Fachkräftemangel in der Pflege als zentrale Reformbaustelle. Erfreulicherweise sei die Dringlichkeit dieses Themas bei den politisch Verantwortlichen angekommen. Jetzt müsse die Pflege auch im Koalitionsvertrag einen entsprechenden Stellenwert erhalten. Es brauche ein klares Bekenntnis, dass die allseits geforderte Wertschätzung nun auch Folgen für die Krankenhausvergütung haben muss. Reumann wies darauf hin, dass derzeit rund 10.000 offene Stellen in der Pflege nicht besetzt werden könnten.

Der Verband der Klinikträger forderte außerdem einen Bürokratieabbau. "Pro Tag verbringt ein Arzt vier Stunden mit bürokratischen Tätigkeiten, eine Pflegekraft drei Stunden", sagte Reumann. Notwendig sei dabei auch, die MDK-Prüfungen auf ein "notwendiges Maß" zurückzuführen.

Der DKG-Präsident mahnte mehr Investitionsmittel für die Krankenhäuser an. Notwendig sei ein Sonderinvestitionsprogramm des Bundes sowie einen finanziellen Zuschlag, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben.



Gesundheit

Neue AOK-Ergebnisse zur Behandlungsqualität von Kliniken



Die AOK hat ihre Ergebnisse zur Behandlungsqualität der Krankenhäuser bei bestimmten Operationen und Eingriffen aktualisiert. Die Behandlungsergebnisse von mehr als 780.000 Patienten aus den Jahren 2013 bis 2015 sind im sogenannten Krankenhausnavigator der AOK im Internet abrufbar, wie die Krankenkasse am 26. Oktober in Berlin mitteilte. Darin einbezogen sind auch Komplikationen und Folgeereignisse wie Revisions-OPs, die innerhalb eines Jahres nach der Entlassung des Patienten aufgetreten sind.

Patienten und Ärzte können nach den Angaben die Ergebnisse der einzelnen Kliniken bei acht ausgewählten Behandlungen vergleichen. Zu den Behandlungen zählen: Einsatz eines künstlichen Knie- oder Hüftgelenkes bei Arthrose, Hüftgelenkersatz nach Oberschenkelbruch, Gallenblasenentfernungen bei Gallensteinen, therapeutische Herzkatheter bei Patienten ohne Herzinfarkt, Blinddarmentfernungen sowie Operationen bei gutartiger Prostatavergrößerung und zur Prostataentfernung bei Prostatakrebs.

Die Ergebnisse werden nach Mitteilung der AOK bei der Suche nach den Operationen automatisch angezeigt. Mit Symbolen signalisiert der Krankenhausnavigator, ob eine Klinik überdurchschnittliche, durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Behandlungsergebnisse vorzuweisen hat. Die Daten werden jährlich aktualisiert.

Der Krankenhausnavigator solle Patienten bei der Suche nach einem Krankenhaus eine Orientierung bieten. Auch einweisende Ärzte könnten das Portal nutzen, um die Behandlungsergebnisse von Krankenhäusern zu vergleichen und ihre Patienten zu beraten.

Die ersten Ergebnisse zur Qualitätssicherung mit Routinedaten sind im Krankenhausnavigator 2010 veröffentlicht worden.




sozial-Recht

Bundesarbeitsgericht

Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbing verjährt nach drei Jahren




Mobbing im Büro (gestellte Szene)
epd-bild/Jens Schulze
Arbeitnehmer haben drei Jahre Anspruch auf Entschädigung wegen Mobbing. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Klageverfahren einer behinderten Angestellten gegen ein diakonisches Senioren- und Pflegeheim.

Für erlittenes Mobbing am Arbeitsplatz haben Beschäftigte drei Kalenderjahre Zeit, um Entschädigungsansprüche vor Gericht einzufordern. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am 24. Oktober veröffentlichten Urteil. Die Frist beginne ab der letzten Mobbinghandlung, erklärten die Erfurter Richter.

Im konkreten Fall ging es um eine teilzeitbeschäftigte Verwaltungsangestellte aus dem Raum Bonn, die seit April 2000 in einem diakonischen Senioren- und Pflegeheim arbeitete. Zu ihren Aufgaben gehörten die Bearbeitung von Anträgen zur Heimaufnahme, die Beratung über die Finanzierung des Heimaufenthaltes, die Datenaktualisierung, Sekretariatsarbeiten oder auch die Korrespondenz mit Kranken- und Pflegekassen. Die 1954 geborene Frau ist mit einem Grad der Behinderung von 100 als Schwerbehinderte anerkannt.

Mit dem neuen Chef begannen die Probleme

Am 20. April 2010 hatte sie sich von ihrem Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen. Darin wurden ihr gute bis sehr gute Leistungen bescheinigt.

Doch als die diakonische Einrichtung einen neuen Leiter bekam, fingen die Probleme an. Die Frau sollte nicht nur in ein anderes Büro umziehen, per Dienstanweisung ordnete der neue Chef an, dass sie nur noch die Bewohnerakten nach einem bestimmten Schema aufarbeiten sollte. Zwei Wochen später wurde sie angewiesen, zukünftig an der Rezeption Dienst zu tun. Es folgte eine schriftliche Ermahnung wegen falscher Einträge bei der Bearbeitung der Bewohnerakten.

Kurz darauf war die Frau dauerhaft wegen einer Depression erkrankt. Ihre Krankheit führte sie auf Diskriminierungen wegen ihres Alters und ihrer Behinderung sowie auf Mobbing zurück. Die Frau legte schließlich Klage ein und verlangte eine Entschädigung und Schmerzensgeld von insgesamt 60.000 Euro. Zusätzlich müsse die Einrichtung noch Schadenersatz für entgangenen Lohn zahlen.

"Fortlaufend diskriminiert"

Die Klägerin führte auf, wann sie konkret "fortlaufend wegen ihrer Behinderung und ihres Alters diskriminiert worden" sei. Sie sei mit falschen Vorwürfen über ihre Arbeitsleistung konfrontiert, angeschrien und von ihren eigentlichen Aufgaben entbunden worden. Alle Beschäftigten sollten ihre Fehler an den Einrichtungsleiter melden. Niemand habe mehr mit ihr gesprochen.

Der Arbeitgeber bestritt die Vorwürfe. Die Frau könne zudem keine Ansprüche geltend machen, weil sie hierfür nicht die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorgesehene zweimonatige Klagefrist eingehalten hat.

Die Klägerin hielt die Zweimonatsfrist nicht mit EU-Recht für vereinbar. Die kurze Frist erschwere oder verhindere gar Entschädigungsklagen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln wies die Klage ab. Die Frau habe die nach dem AGG vorgesehene Klagefrist von zwei Monaten verpasst.

Das BAG hob diese Entscheidung auf und verwies das Verfahren zum LAG zurück. Nicht zu beanstanden sei aber, dass das LAG die zweimonatige Frist für Diskriminierungsklagen mit EU-Recht im Einklang gesehen hat.

Für Mobbingvorwurf genügen Indizien nicht

Werden Beschäftigte wegen ihrer Behinderung, ihres Alters, der ethnischen Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung oder der sexuellen Identität benachteiligt, kann ihnen eine Diskriminierungsentschädigung zustehen. Dabei gelte eine erleichterte Beweisführung. Es reiche aus, dass der Arbeitnehmer Indizien für eine Diskriminierung vorbringt. Der Arbeitgeber könne diese dann nur mit Gegenbeweisen entkräften.

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin die Ausschlussfrist für eine Diskriminierungsklage nicht eingehalten. Sie habe auch nicht ausreichend dargelegt, warum die einzelnen Vorfälle eine Diskriminierung wegen ihres Alters oder ihrer Behinderung darstellen.

Die Zweimonatsfrist für Diskriminierungsklagen gelte jedoch nicht für Mobbing, erklärte das BAG. Für erlittenes fortlaufendes Mobbing hätten Arbeitnehmer drei Kalenderjahre Zeit, um Entschädigungsansprüche vor Gericht einzufordern. Die Verjährungsfrist beginne ab der letzten vorgebrachten Mobbinghandlung. Bei Mobbing reichen Indizien als Beleg aber nicht aus. Hier müssten konkrete Beweise vorgelegt werden.

Inwieweit die Klägerin gemobbt wurde, muss nun das LAG erneut prüfen. Denn die Frau habe die hierfür vorgesehene Klagefrist von drei Kalenderjahren eingehalten, stellten die obersten Arbeitsrichter in Erfurt fest.

Az.: 8 AZR 74/16

Frank Leth


Bundesarbeitsgericht

Zu lange Kündigungsfristen beanstandet



Die Kündigungsfrist eines Arbeitsvertrages ist unwirksam, wenn sie die gesetzliche Frist deutlich überschreitet. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in einem am 26. Oktober verkündeten Urteil entschieden und damit eine vereinbarte Kündigungsfrist von drei Jahren gekippt.

Im konkreten Fall hatte ein Speditionskaufmann aus Sachsen geklagt. Mit seinem Arbeitgeber hatte er eine dreijährige Kündigungsfrist vereinbart. Doch als der Beschäftigte entdeckte, dass der Arbeitgeber ihn mit einem sogenannten Keylogger heimlich am PC überwachte, reichte er die Kündigung ein.

Die Software protokollierte am PC sämtliche Tastaturanschläge. Solch einen Einsatz ohne Zustimmung des Beschäftigten hatte das Bundesarbeitsgericht wegen der damit verbundenen Persönlichkeitsrechtsverletzung bereits in einem anderen Verfahren am 27. Juli dieses Jahres beanstandet.

Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis entsprechend den gesetzlichen Kündigungsfristen und begründete dies mit dem schweren Pflichtverstoß des Arbeitgebers. Dieser wollte den Mann nicht so schnell ziehen lassen und verwies auf die dreijährige Kündigungsfrist.

Doch das BAG hielt diese hier für unwirksam. Zwar dürften Arbeitgeber und Beschäftigte von den gesetzlichen Regelkündigungsfristen abweichen und individuelle Vereinbarungen treffen. Hier stelle die Kündigungsfrist aber eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar. Die Kündigung des Beschäftigten sei daher wirksam.

Az.: 6 AZR 158/16

Az.: 2 AZR 681/16 (BAG-Urteil vom 27. Juli 2017)



Bundessozialgericht

Sozialhilfe für minderjährige Deutsche im Ausland



Deutsche Kinder, die im Ausland leben, können Anspruch auf deutsche Sozialhilfe haben - jedenfalls dann, wenn ihnen die Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist, wie am 26. Oktober das Bundessozialgericht (BSG) mitteilte. Voraussetzung für den Sozialhilfebezug ist außerdem eine "außergewöhnliche Notlage", so dass der Mindestbedarf des Hilfebedürftigen nicht gedeckt werden kann, entschieden die Kasseler Richter und bekräftigten damit ihre bisherige Rechtsprechung.

Im konkreten Fall ging es um ein in Hamburg geborenes deutsches Kind, das nach der Scheidung seiner Eltern mit seiner bulgarischen Mutter nach Bulgarien umgezogen war. Die Mutter war allein sorgeberechtigt. Sie erhielt vom deutschen Vater für das Kind Unterhalt sowie deutsches Kindergeld.

2010 wurde für das damals vier Jahre alte Kind ein Antrag auf Sozialhilfe im Ausland gestellt. Das Kind wollte eine Musikschule in Bulgarien besuchen, dafür reichte aber das Geld nicht.

Das Sozialamt lehnte den Sozialhilfeantrag ab. Sozialhilfe für Deutsche im Ausland sei grundsätzlich ausgeschlossen. Hilfeleistungen seien nur bei einer außergewöhnlichen Notlage möglich. Dem Kind sei die Rückkehr nach Deutschland zuzumuten, auch wenn die Mutter in Bulgarien bleiben wolle.

Dem widersprach das BSG. Minderjährige könnten gegen den Willen der Eltern nicht nach Deutschland zurückkehren. Aus diesem Grunde dürfe die Sozialhilfe nicht verweigert werden. Auch könne ein Sozialhilfeanspruch bestehen, wenn der Schulbedarf des Kindes im Ausland nicht gedeckt sei. Das Kind habe Anspruch auf eine "angemessene Schulausbildung". Nun muss das Landessozialgericht Hamburg neu prüfen, ob nach diesen Maßstäben ein Sozialhilfebedarf besteht.

Az.: B 8 SO 11/16 R



Bundesgerichtshof

Hausbesitzer kann Flüchtlingsheim nicht verhindern



Mitinhaber eines Gebäudes können nach einem Gerichtsurteil die Unterbringung von Asylbewerbern nicht mit dem Argument verhindern, ihre Immobilie sei kein Wohnraum. Eine Flüchtlingsunterkunft diene nicht nur dem Wohnen, urteilte am 27. Oktober der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Im konkreten Fall ging es um ein Gebäude im Landkreis Starnberg. Ein Teil des Gebäudes steht leer, in dem anderen Teil befindet sich eine Arztpraxis. In der Teilungserklärung zwischen den Eigentümern wurde festgelegt, dass die Räume des Gebäudes nicht "Wohnzwecken" dienen dürfen.

Als ein Eigentümer beabsichtigte, in seinem Teil des Gebäudes eine Unterkunft für Flüchtlinge zu nutzen, klagte der andere Teileigentümer auf Unterlassung. Er wollte gerichtlich untersagen lassen, dass dort keine Unterkunft für "Arbeiter, Asylbewerber, Flüchtlinge oder sonstige in den Raum München Zugezogene oder Gestrandete" betrieben wird. Mit der Teilungserklärung seien Wohnzwecke in dem Gebäude nicht erlaubt. Das Amtsgericht Starnberg und das Landgericht München I gaben dem Kläger recht.

Doch der BGH urteilte, dass das Gebäude als Flüchtlingsheim genutzt werden darf. Denn eine Einrichtung mit einer "Heimstruktur" diene nicht Wohnzwecken. Die Grenzen der Wohnnutzung würden überschritten, wenn die Nutzung nicht nur durch die schlichte Unterkunft geprägt werde, sondern auch "Dienstleistungen und/oder durch Überwachung und Kontrolle", betonte der BGH.

So verhalte es sich hier. Eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge sei als heimähnliche Unterbringung anzusehen. Das Zusammenleben, die Anzahl und die häufige Fluktuation der Bewohner machten eine heimtypische Organisationsstruktur erforderlich. Hier sei zudem die Unterbringung von Arbeitern und Flüchtlingen in Mehrbettzimmern vorgesehen. Als "Wohnen" gelte dies nicht.

Entsprechend der Teilungserklärung der Teileigentümer dürfe das Gebäude nicht zum Wohnen, aber zu jedem anderen Zweck genutzt werden - und damit auch als Heim.

Az.: V ZR 193/16



Bundesverwaltungsgericht

Stadt muss Beitrag für Luxus-Kita nicht bezahlen



Kommunen müssen Eltern nicht die Kosten für einen selbst beschafften, besonders teuren privaten Kita-Platz bezahlen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in einem am 27. Oktober bekanntgegebenen Urteil entschieden. Die Leipziger Richter wiesen damit Eltern aus München ab, die sich die Kita-Kosten für ihr zweijähriges Kind in Höhe von monatlich 1.380 Euro erstatten lassen wollten.

Die Mutter hatte bei der Stadt 2013 einen Vollzeitbetreuungsplatz in einer Kita oder bei einer Tagesmutter beantragt. Die Stadt bot ihr zwar freie Plätze an, diese deckten aber die gewünschten Zeiten nicht ab. Die Eltern beschafften sich schließlich einen privaten Kita-Platz.

Dieser schlug jedoch mit 1.380 Euro monatlich zu Buche. Die Kosten wollten sich die Eltern von der Stadt München erstatten lassen. Sie hätten schließlich einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz. Dem sei die Stadt nicht nachgekommen.

Die Kommune lehnte die Kostenübernahme ab. In der ausgewählten Kita werde "übertriebener Luxus" geboten.

Das Bundesverwaltungsgericht urteilte, dass die Kommune den Kita-Platz nicht bezahlen muss. Die Eltern könnten nur eine Erstattung von Kita-Aufwendungen verlangen, wenn ihnen diese finanziell nicht zumutbar gewesen wären. Die Zumutbarkeit war im konkreten Fall jedoch gar nicht geprüft worden und könne nur in einem eigenständigen Verfahren festgelegt werden.




sozial-Köpfe

Verbände

Yasmin Alinaghi übernimmt Leitung des Paritätischen Hessen




Yasmin Alinaghi
epd-bild/Paritätischer Hessen
Yasmin Alinaghi ist neue Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Hessen. Die 51-Jährige löst Günter Woltering ab, der nach 34 Jahren im Dienst der Organisation in den Ruhestand tritt.

Der offizielle Stabwechsel soll Ende November im Anschluss an die Mitgliederversammlung in der Frankfurter Goethe-Universität stattfinden. Dann übernimmt die promovierte Politikwissenschaftlerin die Leitung des Verbandes. Alinaghi war zuvor Mitgeschäftsführerin der gemeinnützigen Weiterbildungsgesellschaft Carl Duisberg Centren in Köln. Dort hatte sie international tätige Firmen beraten und darin unterstützt, ihr Personal interkulturell weiterzubilden.

Ihre Laufbahn begann Alinaghi als Mitarbeiterin im EU-Parlament und beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Anschließend arbeitete sie über 20 Jahre lang im Bereich IT und Telekommunikation.

Der Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Hessen, Wolfgang Werner, sagte, Yasmin Alinaghi werde den Verband "zukunftsorientiert weiterentwickeln, ganz im Sinne unserer 800 Mitgliedsorganisationen aus allen sozialen Bereichen".



Weitere Personalien



Stefan David (44), kaufmännischer Vorstand des diakonischen Unternehmens Lichtenau, wird neuer Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens Diakovere in Hannover. David werde seinen Posten in Hessisch Lichtenau zum 31. März 2018 verlassen, teilte das Unternehmen mit. Er übernimmt das Amt von Professor Bernd Weber (72), der die Geschäftsführung vor gut drei Jahren mit dem Auftrag übernommen hatte, das damals finanziell angeschlagene Unternehmen umzustrukturieren. Diakovere sei das größte diakonische Unternehmen Norddeutschlands, hieß es. David ist zurzeit kaufmännischer Vorstand und Geschäftsführer des diakonischen Verbunds Lichtenau" südöstlich von Kassel. Dazu gehören unter anderem eine orthopädische Klinik und ein Rehazentrum. Davor war er Vorstand einer Krankenhausberatung in Hamburg und arbeitete für eine Unternehmensberatung und die Deutsche Bank.

Inken Gallner (53) ist neue Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht. Sie übernimmt den Vorsitz des Zehnten Senats. Dieser ist insbesondere zuständig für Gratifikationen, Sondervergütungen und Zulagen. Gallner gehört dem Gericht in Erfurt mit einer zweijährigen Unterbrechung seit Mai 2007 an. Sie war auch Pressesprecherin des Gerichts. Von Juli 2014 bis Juni 2016 leitete sie als Ministerialdirektorin das Justizministerium Baden-Württemberg.

Christoph Unger, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, ist vom Malteserorden mit dem Verdienstorden "Pro Merito Melitensi" ausgezeichnet worden. Er erhielt die Ehrung für seine "Verdienste um die Malteser" und als Dank für die langjährige und intensive Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation bei Einsätzen in der Not- und Katastrophenhilfe in Deutschland.

Daniel Löscher übernimmt bei der Diakonie Herzogsägmühle den Fachbereich "Arbeit für Menschen mit Behinderung". Löscher leitete neben seiner Tätigkeit als Referent und Dozent für das Rechtswesen knapp acht Jahre lang die Sozialverwaltung, in den letzten drei Jahren war die Leitung des übergreifenden Bereichs "Sozialverwaltung und Infrastruktur" mit einbegriffen.

Christoph U. Correll übernimmt eine W3-Professur auf Lebenszeit für Kinder und Jugendpsychiatrie an der Charité in Berlin. Gleichzeitig ist er jetzt Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Campus Virchow-Klinikum. Der Wissenschaftler und Kliniker hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, in Berlin ein Früherkennungs- und Frühinterventionsnetzwerk für Kinder und Jugendliche mit einem Risiko für die Entwicklung von affektiven Störungen oder Psychosen aufzubauen. Correll war bislang Professor für Psychiatrie und Molekulare Medizin an der Hofstra Northwell School of Medicine in New York und Medizinischer Direktor des Schwerpunktprogramms Recognition and Prevention (RAP) am The Zucker Hillside Hospital, ebenfalls in New York.

Valentina Tesky aus Frankfurt am Main hat den mit 20.000 Euro dotierten Förderpreis der Wilhelm-Woort-Stiftung für Alternsforschung erhalten. Die promovierte Psychologin nahm die Auszeichnung beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie entgegen. Sie forscht im Arbeitsbereich Altersmedizin mit den Schwerpunkten Psychogeriatrie und klinische Gerontologie am Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität.

Walter Buss, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht, ist tot. Er starb am 8. Oktober. Buss war ab dem Jahr 1961 am Bundessozialgericht tätig. Zuvor durchlief er berufliche Stationen am Amtsgericht Mannheim, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht und als Richter am Landessozialgericht Baden-Württemberg. Im August 1974 übernahm der promovierte Jurist den Vorsitz des 11. Senats des Bundessozialgerichts. Den Vorsitz behielt er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1988.




sozial-Termine



Die wichtigsten Fachveranstaltungen bis Dezember

November

8.-9.11. Nürnberg:

Fachmesse und Kongress ConSozial "Zukunft Inklusion"

des Bayerischen Sozialministeriums

Tel.: 0911/860760

http://www.consozial.de/

8.-10.11. Frankfurt a.M.:

Fortbildung "Forum Quartiermanagement"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-470

www.ba-kd.de

9.-10.11. Berlin:

Tagung "Gender und Migration als Bildungsfaktoren. Intersektionale Zugänge im gesellschaftlichen Wandel"

des Rates für Migration und mehrerer Partner

Tel.: 030/20888480

www.rat-fuer-migration.de

9.11. Münster:

Seminar "Das Bundesteilhabegesetz ist verabschiedet (Neuregelungen, Teil 2)"

der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Tel.: 0251/4820412

http://bpg.muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe

9.11. Berlin:

Diskussionsrunde "Umgang und Gewaltschutz im Konflikt - professionelle Perspektiven"

der Frauenhauskoordinierung und des Bundesverbandes Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe

Tel.: 030/33843420

www.frauenhauskoordinierung.de

9.11. Berlin:

Fachtag "Recht auf Wohnen und das 'schlüssige Konzept': Wie und wo sollen Menschen wohnen dürfen?"

der NAK, dem Deutschen Institut für Menschenrechte und der Diakonie Deutschland

Tel.:030/65211-16 36

https://eveeno.com/rechtaufwohnen

13.11. Remagen-Rolandseck:

Seminar "Schulsozialarbeit in der AWO - Herausforderungen und Chancen"

der AWO-Bundesakademie

Tel.: 030/6309-138

www.awo-bundesakademie.org

13.-14.11. Berlin:

Seminar "Neue Wege der Personalgewinnung - gewusst wie!"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-388

www.ba-kd.de

13.-15.11. Frankfurt a.M.:

Seminar "Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen und Migranten in der Sozialpsychiatrie"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-467

www.ba-kd.de

13.-16.11. Düsseldorf:

40. Deutscher Krankenhaustag und MEDICA, Motto: "Digitalisierung im Krankenhaus - Zwischen Gesundheits-Apps und Pflegerobotern"

der Deutschen Krankenhausgesellschaft

Tel.: 030/39801-1021

www.dkgev.de

14.11. Münster:

Seminar "Grundlagen des Stiftungsrechts"

der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Tel.: 0251/4820412

http://bpg.muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe

14.11. Berlin:

Seminar "Update zum Mindestlohngesetz - aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungen"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356160

15.11. Berlin:

Seminar "Emotionale Intelligenz in der Betreuungsarbeit"

der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung

Tel.: 030/82097117

www.diakademie.de

15.-17.11. Berlin:

Fachtagung "... und ohne Wohnung ist alles nichts"

der BAG Wohnungslosenhilfe

Tel.: 030/2844537-0

www.bagw.de

16.11. Münster:

Seminar "Optimaler Einsatz von geringfügig Beschäftigten bei gemeinnützigen Körperschaften"

der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Tel.: 0251/4820412

http://bpg.muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe

16.-17.11. Frankfurt a.M.

Fachtagung "Die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft"

der Evangelischen Bank

Tel.: 0431/6632-1321

17.11. Berlin:

Weiterbildung "Abhängige Eltern wollen gute Eltern sein - Ansätze zur Beratung suchtkranker Eltern"

des Gesamtverbandes Suchthilfe

Tel.: 030/83001-500

www.sucht.org

20.-21.11. Berlin:

Tagung "Konstant im Wandel. Was Familien heute bewegt"

des Deutschen Jugendinstituts

Tel.: 089/62306-257

www.dji.de/jahrestagung2017

20.11. Paderborn:

Seminar "Palliativpflege und Hospizarbeit"

der IN VIA Akademie

Tel.: 05251/290838

www.invia-akademie.de

20.-22.11. Loccum:

Tagung "Ethische Herausforderungen in der Altenpflege - Positionen entwickeln und kommunizieren"

der Evangelischen Akademie Loccum

Tel.:05766/81-164

http://www.loccum.de

21.-24.11. Freiburg:

Grundlagenseminar "Systemische Entwicklung"

der Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1706

www.fak-caritas.de

22.-23.11. Berlin:

Seminar "Einführung in die die Leichte Sprache"

der AW Bundesakademie

Tel.: 030/263090

www.awo-bundesakademie.org

22.-24.11. Bad Boll:

Seminar "Verantwortungsbewusstes Führen und Entscheiden: Selbst- und Zeitmanagement im Berufs- und Privatleben"

der Evangelischen Akademie Bad Boll

Tel.: 07164/79-111

www.ev-akademie-boll.de

23.11. Bonn:

Fachtag "Flucht und Familie - Familienzusammenführung von Geflüchteten"

der Evangelischen Akademie im Rheinland

Tel.: 0228/47989852

www.ev-akademie-rheinland.de

27.-28.11. Freiburg:

Seminar "Die Caritas im Gespräch mit Wirtschaftsprüfer(inne)n"

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1706

www.fak-caritas.de

28.11. Berlin:

Fachtag "Arm im Alter: Prävention in der Pflicht"

des Präventionsnetzwerks Finanzkompetenz

Tel.: 030/42800466

www.pnfk.de/altersarmut/#anmeldung

Dezember

4.12.. Berlin:

Seminar "Jahresabschluss richtig vorbereiten und gestalten Grundlagen und Sonderprobleme der Sozialwirtschaft"

Der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356159

www.bfs-service.de

6.-7.12. Bensberg:

Kongress "Der eigenen Sendung folgen - Organisation und Führung in einer dynamischen Kirche"

der Thomas-Morus-Akademie Bensberg

Tel.: 02204/408472

der

7.-8.12. Loccum:

Tagung "Die Freie Wohlfahrtspflege auf dem Wohlfahrtsmarkt: Was word aus der Subsidiarität?"

der Evangelischen Akademie Loccum und der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt

Tel.: 05766/81-0

www.loccum.de

8.12. Hohenheim:

Tagung "Hysterie? Recht und öffentlicher Diskurs in Zeiten der 'Flüchtlingskrise'"

der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Tel.: 0711/1640730

www.akademie-rs.de