sozial-Editorial

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Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

Seit Januar ist es in Kraft: das Teilhabechancengesetz für Langzeitarbeitslose. Mit ihm sollen bis zu 150.000 Jobs in einem sogenannten Sozialen Arbeitsmarkt entstehen. Experten sind angetan von dem Programm, stellt es doch eine Umkehr zu jahrzehntelangen Bemühungen dar, für Arbeitsuchende Beschäftigung allein im zweiten Arbeitsmarkt zu finden. Jetzt sind reguläre Jobs in allen Feldern der Wirtschaft möglich, großzügig mit Lohnkostenzuschüssen finanziert vom Staat. Der Evangelische Pressedienst (epd) hat sich bundesweit umgehört, wie das Programm anläuft.

Jahrelang wurde Magda Winkelmann von ihrem Mann geschlagen. Endlich fand sie einen freien Platz im Frauenhaus - zurzeit keine Selbstverständlichkeit. Denn viele Frauenhäuser sind überlastet, bundesweit können Tausende von Opfern nicht unmittelbar aufgenommen werden. Hauptproblem ist die Finanzierung bestehender und neuer Häuser. Mit einem Bundesprogramm soll sich das in naher Zukunft ändern.

In Heidelberg stellen sich sechs Menschen einer besonderen Herausforderung. Sie gelten als geistig behindert und werden zu Bildungsfachkräften qualifiziert. Ihre Aufgabe: Sie sollen aus eigener Anschauung angehenden Lehrern von Inklusion und Teilhabe berichten. Eine von ihnen ist die 28-jährige Anna Neff.

Eine Wohngemeinschaft von Pflegebedürftigen im betreuten Wohnen gilt nicht automatisch als "Heim". Das hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden. Es komme auf die Details an. Entscheidend sei die Frage, ob die Mieter den notwendigen Pflegedienst frei wählen können und sie nicht das Pflegedienstangebot des Vermieters annehmen müssen, heißt es in dem Beschluss.

Hier geht es zur Gesamtausgabe von epd sozial 4/2019.

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Dirk Baas

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sozial-Thema

Arbeitslosigkeit

Wie das Teilhabechancengesetz bei den Jobcentern anläuft




Auch gemeinnützige Unternehmen, wie sie die Diakonie betreibt, können vom neuen Programm profitieren.
epd-bild/Werner Krüper
Seit Januar ist es in Kraft: das Teilhabechancengesetz für Langzeitarbeitslose. Maximal 150.000 Jobs sollen bis 2024 in einem "Sozialen Arbeitsmarkt" entstehen. Der Evangelische Pressedienst (epd) hat sich bundesweit umgehört, wie das Programm anläuft.

Der Grundgedanke ist simpel: Arbeitgeber, die Personen beschäftigen, die zuvor lange Jahre ohne Job waren, erhalten vom Staat hohe Personalkostenzuschüsse. Vier Milliarden Euro stehen dafür insgesamt zur Verfügung. Doch wie läuft die Umsetzung des neuen Gesetzes an? Wo hakt es noch?

Verantwortlich sind die Jobcenter. Hier laufen alle Fäden zusammen, werden geeignete Arbeitssuchende identifiziert, Unternehmen ins Boot geholt und die gesetzlich ebenfalls geregelten Coachings der Teilnehmer organisiert. Einige Jobcenter wollen die individuelle Beratung selbst anbieten, viele beauftragen damit aber auch externe Träger, wie etwa die Caritas oder die Diakonie.

Experten sprechen unisono von einer radikalen Neuerung in der Beschäftigungspolitik von Arbeitslosen. Denn in der Vergangenheit konnten Jobsuchende nicht regulär im ersten Arbeitsmarkt beschäftigt werden, sondern nur in einem öffentlich geförderten zweiten Arbeitsmarkt. "Bisher gab es 30 Jahre lang besondere Bedingungen, die Angebote mussten wettbewerbsneutral und zusätzlich sein", sagte Dirk Heyden, Geschäftsführer des Jobcenters team.arbeit in Hamburg in einem Interview.

Zwei Jahre voller Lohnausgleich

Arbeitgeber können nun zwei Jahre lang den vollen Lohn erstattet bekommen, wenn sie Langzeitarbeitslose im Alter über 25 Jahre anstellen, die innerhalb der zurückliegenden sieben Jahre sechs Jahre staatliche Hilfe bezogen haben. In den folgenden drei Jahren sinkt der Zuschuss um jeweils zehn Prozentpunkte. Bei Menschen, die seit zwei Jahren keinen regulären Job haben, werden im ersten Jahr 75 Prozent des Lohns zugeschossen, im zweiten Jahr sind es noch 50 Prozent.

Der Pressesprecher der bayerischen Arbeitsagenturen, Axel Pieper, berichtet, dass "die Umsetzung des Gesetzes gut anläuft und die Jobcenter mit großem Engagement am Ball sind". In vielen Jobcentern habe es bereits Auftaktveranstaltungen mit den Sozialpartnern und den Kommunen gegeben, bei denen für Arbeitsplätze geworben wurde. "Außerdem setzen viele Jobcenter vor die Beschäftigung ein intensives Coaching, damit die Arbeitnehmer vorbereitet sind und die Arbeitsstelle nicht schnell wieder aufgeben." Pieper zeigt sich zuversichtlich, dass bis zum Ende des 1. Quartals ein erster Schwung von Arbeitsplätzen eingerichtet und besetzt sei.

NRW bereitet sich schon lange vor

"In Nordrhein-Westfalen laufen die Vorbereitungen schon seit den Sommerferien letzten Jahres", sagt Christoph Löhr, Pressesprecher der BA-Regionaldirektion NRW, auf Anfrage. Es seien auch schon einige Personen auf dem Weg in das Förderprogramm. Genaue Zahlen gebe es aber erst im April. Durch vorherige Maßnahmen, wie etwa das Programm "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt", habe man bereits Strukturen aufbauen können, die sich auch für den neuen "sozialen Arbeitsmarkt" nutzen ließen. So müssten die Jobcenter nicht bei Null starten, betont der Sprecher.

Die Unternehmen, die Arbeitsplätze für das Programm zu Verfügung stellten, kämen aus den verschiedensten Bereichen: In Hagen habe sich etwa ein Baumarkt gemeldet, ein Cateringunternehmen aus Essen sei ebenso dabei wie verschiedene Unternehmen aus der Sozialbranche.

Thomas Stotz aus dem Jobcenter in Frankfurt am Main stimmt vor allem die lange Dauer des Programms "verhalten optimistisch". Dass es hier nicht nur um kurze Projekte gehe, sondern um ein bis zu fünfjähriges Förderinstrument, das stelle eine ganz neue Dimension der Unterstützung dar. Die erste Anstellung eines Teilnehmers im Rahmen des neuen Programmes werde in Frankfurt im Februar erfolgen.

In Baden-Württemberg habe man als Zielgruppe vor allem Familien mit Kindern und Alleinerziehende im Blick, sagt Sven Pless, Sprecher der dortigen BA-Regionaldirektion. Auch interessierte Arbeitgeber habe man schon ausmachen können: "Vor allem die Kommunen und soziale Einrichtungen werden in ihren Unternehmen im ersten Schritt viele Arbeitsplätze zur Verfügung stellen - nachdem wir nun auch Tariflohn zahlen dürfen", sagte Pless. Das Coaching solle nicht nur während des Arbeitsverhältnisses, sondern bereits vorher angeboten werden, "damit die Arbeitnehmer vorbereitet sind und die Arbeitsstelle nicht schnell wieder aufgeben".

BA peilt 40.000 neue Jobs an

Vom Vorstand der BA aus Nürnberg habe Pless folgende Einschätzung erhalten: "Wenn es gelingt, in den kommenden Jahren bundesweit 40.000 Menschen auf dem sozialen Arbeitsmarkt wieder eine dauerhafte Beschäftigung zu geben, dann ist das ein großer Erfolg."

Matthias Knuth, Professor am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen, rechnet damit, dass das Programm erst allmählich anlaufen wird. "Das ist auch besser als überstürzt. Vermutlich wird man sich in den Jobcentern zunächst darauf konzentrieren, für Teilnehmende den nahtlosen Übergang in die neue Förderung zu organisieren."

Knuth verwies im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) darauf, dass die Beteiligung der Privatwirtschaft wichtig für die Akzeptanz des Instruments sei: "Um die Beteiligung privater Arbeitgeber muss intensiv geworben werden. Generell würde ich es als einen großen Erfolg betrachten, wenn 15 bis 20 Prozent der zu fördernden Arbeitsplätze bei privatwirtschaftlich orientierten Arbeitgebern geschaffen werden könnten."

Engagement der Wirtschaft noch offen

In welchem Umfang sich Privatunternehmen in dem neuen Förderprogramm engagieren werden, bleibt abzuwarten. Dazu gebe es noch keine Zahlen, heißt es bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die BDA werde aber alle Betriebe auffordern und informieren, sich für das Gelingen des Projektes zu beteiligen, sagt Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter: "Wir verweigern uns dieser Sache nicht."

In den Jobcentern heißt es derweil Klinkenputzen. Sie schicken "Betriebsakquisiteure" zu den Firmen, Verwaltungen und Verbänden. Ziel: die Jobanforderungen der Arbeitgeber und die Kompetenzen der Arbeitnehmer zusammenzubringen. Denn selbst wenn eine Person geeignet ist, muss auch der passende Arbeitsplatz gefunden werden, zum Beispiel eine Teilzeitstelle bei Alleinerziehenden. Ein mühseliges Geschäft: "Aus den Erfahrungen vorangegangener Programme gehen wir davon aus, dass von zehn Menschen eine Person am Ende eine Beschäftigung aufnimmt", sagt Pieper.

Nora Frerichmann, Dirk Baas


Arbeitslosigkeit

Stichwort: Teilhabechancengesetz



Am 1. Januar ist das Teilhabechancengesetz in Kraft getreten, das Langzeitarbeitslosen neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt eröffnen soll. Es beinhaltet neue Fördermöglichkeiten für einen sogenannten sozialen Arbeitsmarkt. Der Bund stellt dafür vier Milliarden Euro zur Verfügung.

Arbeitgeber erhalten zwei Jahre lang den Lohn erstattet, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen. In den folgenden drei Jahren sinkt der Zuschuss um jeweils zehn Prozentpunkte. Diese Regelung gilt für Arbeitslose über 25, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind und in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs von Arbeitslosengeld II lebten. Bei Schwerbehinderten und Eltern minderjähriger Kinder liegt der Zeitraum bei fünf Jahren.

Zuschüsse richten sich nach dem Tariflohn

Bei Menschen, die seit zwei Jahren keine Arbeit haben, werden im ersten Jahr 75 Prozent des Lohns zugeschossen, im zweiten Jahr sind es noch 50 Prozent. Die Zuschüsse richten sich nach dem Tariflohn, nicht wie ursprünglich geplant nach dem Mindestlohn.

Die Arbeitssuchenden bekommen zudem ein persönliches Coaching. So sollen sie mit eventuellen persönlichen Problemen, aber auch Herausforderungen im Zusammenhang mit der Arbeit unterstützt und wenn nötig Zugang zu Weiterbildungen und Praktika bekommen. Die Beschäftigung soll damit gefestigt werden. Für notwendige Qualifizierungen können dem Arbeitgeber 3.000 Euro pro Person erstattet werden.

Geld reicht für 150.000 neue Jobs

Maximal 150.000 Menschen könnten so wieder in Arbeit gebracht werden. Um sie auch nach Ende der Förderung in den Jobs zu halten, gibt es für dir Unternehmen eine Nachbeschäftigungspflicht von sechs Monaten nach Ende der Förderung. Das neue Förderinstrument richtet sich sowohl an öffentliche und gemeinnützige Unternehmen wie auch an private Arbeitgeber.

Trotz der guten Konjunktur und einer offiziellen Arbeitslosenquote von unter fünf Prozent finden in Deutschland knapp eine Million Menschen seit Jahren keine Arbeitsstelle. Die Langzeitarbeitslosigkeit kann an verschiedensten individuellen Gründen hängen, wie etwa psychischen oder familiären Problemen, der Gesundheit oder Suchterkrankung.

Ob die neuen Regelungen die soziale Teilhabe, die Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigungschancen der Teilnehmenden tatsächlich verbessert, soll das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB) überprüfen.



Arbeitslosigkeit

Interview

Experte: "Private Arbeitgeber intensiv umwerben"




Matthias Knuth
epd-bild/bildwerkeins/Paul Walther
Ob das Programm "Sozialer Arbeitsmarkt" Erfolg hat, das misst der Arbeitsmarktforscher Matthias Knuth nicht an den nackten Zahlen. Und schon gar nicht an der schnellen Umsetzung. Im Interview mit dem epd erläutert der Professor, wie die erwünschte soziale Teilhabe gelingt. Und er betrachtet die Rolle der Wirtschaft, die Qualität des Programmes und die Bedeutung des Coachings.

Der Name ist für Matthias Knuth Programm: "Teilhabechancengesetz". Dessen primäres Ziel sei die Verbesserung der sozialen Teilhabe von sehr arbeitsmarktfernen Langzeitarbeitslosen. Und es gehe darum, die Beschäftigungsfähigkeit der Betroffenen zu erhöhen. Ohne individuelles Coaching werde das nur schwer gelingen, sagt der Hochschullehrer an der Uni Duisburg-Essen. Die Jobcenter stünden hier vor großen Aufgaben. Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Die Bundesregierung hat hohe Erwartungen an das Programm "Sozialer Arbeitsmarkt". Bis zu 150.000 länger Arbeitslose will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erreichen. Ist das eine realistische Zahl?

Matthias Knuth: Sicher nicht auf die Schnelle. Man kann erwarten, dass sich die Zahl der in diesem Programm Beschäftigten irgendwann während der bis Ende 2024 befristeten Laufzeit der Zielmarke von 150.000 nähern wird.

epd: Ist die Zahl allein entscheidend?

Knuth: Nein. Nicht hilfreich wäre es, das Programm daran zu messen, dass diese Zahl kurzfristig erreicht wird. Die Qualität der Umsetzung sollte Priorität haben vor der großen Zahl. Für 150.000 Förderungen über die gesamte Zeit reichen die zusätzlich bereitgestellten Mittel auch wahrscheinlich nicht aus.

epd: Oft waren in der Vergangenheit Programme für langzeitarbeitslose Personen nicht gerade von Erfolg gekrönt, wie etwa die von 2011 bis 2014 laufende Bürgerarbeit. Wie bewerten Sie generell die Erfolgsaussichten des Sozialen Arbeitsmarktes?

Knuth: Erfolg hängt davon ab, an welchen Zielen man ihn misst. Der Name "Teilhabechancengesetz" weist ja darauf hin, dass das primäre Ziel die Verbesserung der sozialen Teilhabe von sehr arbeitsmarktfernen Langzeitarbeitslosen ist. Weiteres Ziel ist die Förderung von Beschäftigungsfähigkeit und damit der Übergang aus der geförderten in eine ungeförderte Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Erfolg des Instruments ist also nicht in erster Linie an den Übergängen in ungeförderte Beschäftigung zu messen, sondern an seinen Teilhabewirkungen. Und die kann man durchaus messen.

epd: Warum sollten Arbeitgeber jetzt mitziehen und Personen beschäftigen, die seit sieben Jahren ohne Job sind und oft massive persönliche Probleme haben?

Knuth: Es gibt durchaus Arbeitgeber, die bereit sind, soziale Verantwortung gegenüber Menschen zu übernehmen, die aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen sind. Sie fühlen sich jedoch von den Problemen überfordert, die manche Teilnehmer mitbringen, und können im Betriebsalltag damit nicht angemessen umgehen. Deshalb sieht das neue Instrument neben einer anfangs massiven Lohnkostenförderung eine "ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung" vor.

epd: Es geht um individuelle Hilfen ...

Knuth: Ja, diese Betreuung ist sehr wichtig. Sie ist vom Jobcenter vorzuhalten. Die Betreuung braucht also im Unterschied zum früheren Instrument "Förderung von Arbeitsverhältnissen" nach dem alten § 16e nicht erst vom Arbeitgeber beantragt zu werden. Das ist ein wichtiger Fortschritt.

epd: Gibt es überhaupt genug Arbeit für diese Jobsucher, die ja nicht selten nur schlecht qualifiziert oder seit Jahren aus dem Arbeitsmarkt raus sind?

Knuth: Zunächst einmal wird es darum gehen müssen, für die Zielgruppe geeignete Arbeitszuschnitte erst einmal zu schaffen.

epd: Es fehlen also tatsächlich passende Jobs?

Knuth: Ja, denn wenn die Betroffenen auf Stellen passen würden, wie sie heute normalerweise definiert und zur Besetzung ausgeschrieben werden, dann hätten sie ja längst eingestellt werden können. In privatwirtschaftlichen und öffentlichen Betrieben wird es also darum gehen, die seit Jahrzehnten betriebene Verdichtung der Tätigkeiten durch Anlagerung von Hilfsfunktionen ein Stück weit zurückzunehmen, um Raum für niedrigschwellige Arbeit zu schaffen. Das entlastet die bisher Beschäftigten und verdrängt niemanden.

epd: Und die anderen Arbeitgeber?

Knuth: Sozialunternehmen und Beschäftigungsträger müssen ihre Tätigkeitsfelder wieder hochfahren, die mangels Förderung nur noch auf Sparflamme laufen konnten, und neue Tätigkeitsfelder zu erschließen. Es ist allerdings ein gravierendes Problem, dass das Instrument entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf im Gesetzgebungsverfahren mit einem Verfallsdatum versehen wurde. Mit immer nur zeitlich befristeten Förderperspektiven lässt sich kein Sozialer Arbeitsmarkt schaffen.

epd: Maximal fünf Jahre soll es Lohnzuschüsse geben, die von anfangs 100 Prozent dann nach und nach auf 70 Prozent sinken. Die FDP rügt "Parallelstrukturen" und eine zu lange währende Förderung durch den Staat. Sehen Sie da die Gefahr von Mitnahmeeffekten?

Knuth: Man kann gegen das Instrument viele Vorbehalte vorbringen, aber nicht alle gleichzeitig.

epd: Das müssen Sie erklären.

Knuth: Die Zielgruppe kann nicht gleichzeitig für jegliche produktive Arbeit zu unqualifiziert und leistungsschwach sein und dennoch Mitnahmeeffekte ermöglichen. Zudem wird selbst die 100-prozentige Förderung der Lohnkosten in den ersten beiden Jahren nicht die vollen Kosten der Beschäftigung decken. Die Firmen haben auch Kosten für Anleitung, Personalverwaltung und für Arbeitsmittel, die sie selbst tragen müssen. Folglich ist es notwendig, dass die Beschäftigten relativ bald Beiträge zum wirtschaftlichen Ertrag eines Unternehmens leisten, wenn nicht ergänzende Förderungen von dritter Seite hinzukommen.

epd: Aber wird sich der Einsatz der Langzeitarbeitslosen denn für die Unternehmen wirklich rechnen?

Knuth: Ja. Aber dazu muss es dem Arbeitgeber gelingen, die Ertragskraft eines Beschäftigten rascher zu steigern als der Lohnkostenzuschuss sinkt. Dann leistet er einen wunderbaren Beitrag zum Ziel des Programms, die Beschäftigungsfähigkeit zu steigern, und hat eine Belohnung verdient, die man nicht als "Mitnahmeeffekt" diffamieren sollte. Arbeitgeber, die darauf neidisch sind und "Wettbewerbsverzerrung" rufen, sollten einfach in den Wettbewerb eintreten und sich an dem Programm beteiligen.

epd: Nach deutlicher Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden können Firmen nun den Lohnausgleich in Höhe des jeweiligen Tariflohns geltend machen. Droht hier dennoch, wie von der Linkspartei befürchtet, eine unnötige Ausweitung des Niedriglohnsektors?

Knuth: Dass am Ende des Gesetzgebungsverfahrens nun doch der Tariflohn bezuschusst werden kann, ist sehr wichtig. Sonst hätte man gerade diejenigen Arbeitgeber aus dem Programm ausgeschlossen, die an der Tarifbindung festhalten. Die gezahlten Löhne werden dennoch entsprechend den Tätigkeiten, die geschaffen werden können, eher niedrig sein. Untere Lohngruppen oder, wenn keine Tarifbindung besteht, Mindestlohn. Statistisch werden sich die meisten Stundenlöhne wohl unterhalb der Niedriglohnschwelle befinden.

epd: Gäbe es einen anderen Weg?

Knuth: Die Alternative wäre ein um bis zu 150.000 Beschäftigungsverhältnisse kleinerer Niedriglohnsektor - um den Preis entsprechend höherer Langzeitarbeitslosigkeit. Das Schöne an statistisch als relative Größen definierten Niedriglohnsektoren und Armutsgefährdungsquoten ist, dass man sie bekämpfen kann so viel man will: sie verschwinden nicht.

epd: Die Jobs in den Unternehmen sollen durch intensives Coaching der Teilnehmer flankiert werden. Wie wichtig ist die Begleitung durch Experten und wer soll diese Funktion übernehmen?

Knuth: Das Gesetz ist hier sehr offen formuliert: Die Jobcenter können das Coaching selbst machen oder entsprechend qualifizierte Dienstleister beauftragen. Eine "Selbstvornahme" hätte durchaus Charme für die Organisations- und Qualifikationsentwicklung in den Jobcentern. Das Coaching würde den daran beteiligten Fachkräften eine andere Perspektive auf die Zielgruppe vermitteln als sie aus der Rolle als Vermittlungsfachkraft oder Fallmanager zu gewinnen ist. Das Coaching kann aber nicht funktionieren, wenn die Teilnehmenden dazu ins Jobcenter einbestellt werden oder wenn sie womöglich sogar der gleichen Person mal als Coach und mal als Vermittlungsfachkraft begegnen würden. Coaching unter Sanktionsdrohung ist ein Widerspruch in sich. Man muss also ein "Coaching-Team" bilden, das neben der Jobcenter-Bürokratie agiert.

epd: Also wird es vermutlich doch dazu kommen, andere Träger ins Boot zu holen?

Knuth: Wahrscheinlicher als die Selbstvornahme ist die Beauftragung von Trägern, die über sozialpädagogisch ausgebildetes Fachpersonal verfügen. Bei Jobcentern mit sehr vielen Teilnehmern könnte man sich auch ein gemischtes Team vorstellen, also eine Coaching-Taskforce, die aus Jobcenter-Mitarbeitern und Mitarbeitern von Trägern besteht. Im Bundesprogramm "Perspektive 50plus" hat sich dieses Vorgehen als fruchtbar erwiesen.

epd: Minister Heil will reguläre Beschäftigung fördern, die auch sozialversicherungspflichtig ist. Also müssen vor allem private Firmen mitziehen?

Knuth: Die Beteiligung der Privatwirtschaft ist wichtig für die Akzeptanz des Instruments. Aber um die Beteiligung privater Arbeitgeber muss intensiv geworben werden. Generell würde ich es als einen großen Erfolg betrachten, wenn 15 bis 20 Prozent der zu fördernden Arbeitsplätze bei privatwirtschaftlich orientierten Arbeitgebern geschaffen werden könnten.




sozial-Politik

Gewaltschutz

In Frauenhäusern fehlen Tausende Plätze




Oft finden Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind, nicht schnell genug eine Bleibe im Frauenhaus, wie hier in Frankfurt am Main.
epd-bild/Heike Lyding
Jahrelang wurde Magda Winkelmann von ihrem Mann geschlagen. Endlich fand sie einen Frauenhausplatz - zurzeit keine Selbstverständlichkeit. Denn viele Frauenhäuser sind überlastet. Mit einem Bundesprogramm soll sich das in naher Zukunft ändern.

Als sie ihren Mann kennenlernte, war es die große Liebe. Zwölf Jahre lang war sie mit ihm zusammen. "Wenn ich mich heute daran erinnere, bekomme ich immer noch Bauchschmerzen", sagt Magda Winkelmann (Name geändert). Als die Anfangseuphorie nach ein paar Jahren verflogen war und Alltag einkehrte, sei es immer wieder hässlich geworden, berichtet sie. Ihr Mann habe sie über Jahre hinweg misshandelt, geschlagen, gewürgt. Einmal sei sie fast erstickt, erzählt Winkelmann.

Angezeigt und verlassen habe sie ihn lange nicht, aus vielen Gründen: Erst habe sie seinen Versprechen geglaubt, es werde nie wieder vorkommen. Und dann sei da diese Angst gewesen, dieser Zweifel, ob ihr überhaupt jemand glaubt. Ihr Mann habe sie in der Familie und seinem kleinen Heimatdorf in Süddeutschland immer als labil und unglaubwürdig hingestellt. Er habe auch gedroht, ihr den gemeinsamen Sohn wegzunehmen. "Von meinem Selbstwertgefühl war nichts mehr übrig", sagt Winkelmann.

Expertin: Schnell Hilfe holen

Johanna Thie, Diakonie-Expertin für den Gewaltschutz von Frauen, rät in solchen Situationen dazu, sich möglichst schnell Hilfe zu suchen. "Das kann erst mal eine Freundin sein, die Mutter oder eine Beratungsstelle. Wichtig ist, dass die betroffene Frau in ihrer Situation ernst genommen wird, sie bestärkt und ihr Auswege gezeigt werden", sagt sie. Hilfreich sei es auch, eine Notfalltasche mit wichtigen Dokumenten und Kleidung bei Freunden oder auf der Arbeit zu deponieren, damit der Auszug, wenn nötig, schnell gehen könne.

Irgendwann sei die Angst um das eigene Leben größer gewesen als alle anderen Bedenken, erzählt Winkelmann: "Ich dachte: Wenn ich jetzt nicht gehe, überlebe ich es vielleicht nicht." Sie hatte Glück und bekam einen Platz in einem Frauenhaus - mit der Hilfe einer Freundin und nach einigem Suchen im Internet, wobei sie aus Angst vor dem Partner akribisch auf das Löschen aller Browserdaten achtete.

Das klappt aber bei weitem nicht immer. "2017 konnten allein die 55 katholischen Frauenhäuser 3.057 Frauen wegen Überbelegung nicht aufnehmen", sagt Heike Herold, Geschäftsführerin des Vereins Frauenhauskoordinierung mit Sitz in Berlin. Nach den Anforderungen der Istanbul Konvention, einem Übereinkommen des Europarates für den Schutz vor häuslicher Gewalt, fehlen bundesweit an die 5.000 Plätze. Ende Dezember hatten beispielsweise in ganz Nordrhein-Westfalen nur drei Häuser noch Kapazitäten für eine Aufnahme.

Oft fehlen die passenden Strukturen

Häufig fehlt es aber auch an den passenden Strukturen: Nicht alle Hauser sind etwa darauf ausgelegt, Frauen mit psychischen Problemen aufzunehmen oder ältere Söhne zu beherbergen. Manchmal gibt es zwar genug Betten, aber es herrscht Personalnot.

Die Unterhaltung von Frauenhäusern ist eine sogenannte freiwillige Leistung der Kommunen. Wenn Geldnot herrscht, kann an dieser Stelle gespart werden - was auch nicht selten passiert. Die Betreiber haben wenig Planungssicherheit. Einige Häuser finanzieren sich mittlerweile durch die hilfesuchenden Frauen selbst, um überhaupt geöffnet bleiben zu können.

Die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser kritisiert das: Je komplizierter und mühsamer der Zugang zu Schutz sei, desto weniger wirksam seien die Angebote. "Die schnelle und unbürokratische Aufnahme in ein Frauenhaus kann das Leben von Frauen und Kindern retten."

Zahl der Gewalttaten wächst deutlich

Das Problem ist ein drängendes und hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Brisanz gewonnen: Aus der Kriminalitätsstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA) ergibt sich, dass die Zahl der gemeldeten Opfer von Gewalt in einer Partnerschaft zwischen 2013 und 2017 von 122.000 auf knapp 139.000 gestiegen ist. Die Mehrheit der Opfer (82 Prozent) ist den Angaben zufolge weiblich. Fast die Hälfte dieser Frauen lebt in einem Haushalt mit dem Tatverdächtigen.

Jeden zweiten bis dritten Tag (147 Mal) wurde 2017 eine Frau von ihrem Partner oder Expartner getötet. "Das ist für ein modernes Land wie Deutschland eine unvorstellbare Größenordnung", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bei der Vorstellung der Zahlen im November.

Dazu kommt eine hohe Dunkelziffer. Nur jedes fünfte Opfer suche sich überhaupt Hilfe, sagte Giffey. Die Politikerin kündigte an: Ab 2020 will der Bund jährlich 30 Millionen Euro für Frauenhäuser und Beratungsstellen investieren.

Die Kernforderung der Frauenhauskoordinierung und anderer NGOs ist seit langem ein Rechtsanspruch auf einen Frauenhausplatz. Das Thema ist in den vergangenen Jahren stärker in die Öffentlichkeit gerückt, wie Johanna Thie von der Diakonie sagt, "aber wenn es um die Finanzierung geht, ist es weiterhin nicht einfach."

Gemeinsamer Ausbau der Angebote geplant

Mit dem im September gestarteten Runden Tisch von Bund, Ländern und Kommunen zum Ausbau und adäquater Finanzierung der Schutzangebote werde das nun nach 42 Jahren Frauenhausarbeit langsam in den Blick genommen. Besonders wichtig seien bundesweit einheitliche rechtliche Bedingungen, um zum Beispiel die Unterbringung in einem anderen Bundesland zu erleichtern.

Magda Winkelmann hat es trotz der Unterversorgung der Frauenhäuser geschafft und lebt mit ihrem Sohn mittlerweile in einer eigenen Wohnung. Sie möchte in Zukunft den Mut finden, öffentlich über ihre Erfahrungen zu sprechen. Eine Bekannte plane eine Vortragsreihe, um für das Thema zu sensibilisieren. "Im Moment traue ich mir das noch nicht ganz zu", sagt sie. "Aber das Thema ist für viele immer noch so ein Tabu. Es gibt noch so viel zu tun."

Nora Frerichmann


Gewaltschutz

Hintergrund: Beratung und Hilfen in Deutschland



Das erste Frauenhaus Deutschlands wurde 1976 in Berlin eröffnet. Aktuell gibt es bundesweit rund 350 mit 6.700 Plätzen zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Zu den Trägern zählen Diakonie, Caritas oder Arbeiterwohlfahrt. Rund 150 bezeichnen sich als "Autonome Frauenhäuser".

Die Finanzierung der Schutzeinrichtungen und Beratungsstellen ist in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. Frauenhäuser und Hilfsverbände fordern einheitlichere Rahmenbedingungen, um Opfern schnell und unkompliziert Schutz gewähren zu können. Die Finanzierungslandschaft gleiche einem Flickenteppich, kritisiert die Frauenhauskoordinierung: "Finanzierungsquellen sind Landesmittel und kommunale Mittel, dazu kommen Kostenbeteiligungen von Frauen sowie Eigenmittel der Träger."

Gewalt ist ein schichtübergreifendes Phänomen

Gewalt gegen Frauen ist nicht nur ein Problem bestimmter Gesellschaftsschichten, wie sich aus den Erfahrungen der Mitarbeiterinnen des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen" vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ergibt. Die Beratungsarbeit und Studien der Bundesregierung zeigen: Gewalt kann jede Frau treffen - unabhängig von Alter, sozialem oder kulturellem Hintergrund.

Auch die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt belastet die Frauenhäuser. Alleinerziehende Mütter haben es bei der Wohnungssuche oft schwer - vor allem, wenn sie Hartz IV beziehen, mehr als ein Kind oder einen Migrationshintergrund haben. Deshalb blieben viele Frauen auch nach der Zeit der Stabilisierung und psychosozialen Begleitung auf das Frauenhaus als Wohnort angewiesen, erklären die Autonomen Frauenhäuser in Köln. Damit müssen Frauen, die akut von Gewalt betroffen sind, noch häufiger abgewiesen werden.

Großer finanzieller Schaden durch Gewalt

Zusätzlich zu den körperlichen und psychischen Verletzungen der Opfer richtet häusliche Gewalt auch einen großen finanziellen Schaden an. Denn durch Gewalt gegen Frauen entstehen nach einer Berechnung des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) Kosten von mehr als 17 Milliarden Euro - in Deutschland, pro Jahr. Dort sind etwa Verdienstausfälle der Betroffenen, medizinische Versorgung und Polizeieinsätze einberechnet.

Geschlechtsspezifische Gewalt richtet sich meist gegen Frauen (82 Prozent der Fälle), aber auch Männer können betroffen sein. Bundesweit gibt es einige wenige Männerhäuser, beispielsweise in Sachsen.



Statistik

Zahl der Asylanträge 2018 deutlich gesunken




In der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Berlin bildet sich ein Warteschlage. (Archivbild)
epd-bild/Rolf Zöllner
Die Asylzahlen in Deutschland sinken deutlich. Nun will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit Hilfe neuer rechtlicher Regelungen die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber erleichtern.

Drei Jahre nach der großen Fluchtbewegung des Jahres 2015 ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland weiter gesunken. Das geht aus Statistiken des Bundesinnenministeriums für 2018 hervor, die Minister Horst Seehofer (CSU) am 23. Januar in Berlin vorstellte. Demnach wurden im vergangenen Jahr 161.931 Erstanträge und 23.922 Folgeanträge gestellt - insgesamt 16,5 Prozent weniger als 2017.

Die Politik habe das Zuwanderungsgeschehen zunehmend in den Griff bekommen, "Ordnung geschaffen", betonte Seehofer. Er will sich nun verstärkt dem Thema Abschiebungen zuwenden.

In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD vor etwa einem Jahr eine Obergrenze für die Zuwanderung von Flüchtlingen vereinbart, die auf jährlich 180.000 bis 220.000 festgelegt wurde. Seehofer äußerte sich erfreut darüber, dass die Nettozuwanderung deutlich unter diesem Korridor liege.

Gesamtzahl der Anträge sinkt

Auch bei der Gesamtzahl der Asylanträge - also zuzüglich der Folgeanträge - ist ein starker Rückgang sichtbar: Während die Zahl jetzt bei 185.853 lag, betrug sie 2017 noch und 223.000. Im Jahr zuvor war der Wert auf über 700.000 geklettert, weil damals noch viele der 2015 angekommenen Flüchtlinge ihren Antrag einreichten.

Nun will Seehofer rechtliche Regelungen voranbringen, um Abschiebungen und Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern leichter zu machen. Ein erstes "sehr gutes Gespräch" habe es zwischen den zuständigen Fachleuten bereits gegeben, sagte er. Es gebe eine Akzeptanz, dass gesetzliche Regelungen nötig seien und nicht lediglich Vollzugsverbesserungen.

Zuletzt hatte der CSU-Politiker in einem Zeitungsinterview vorgeschlagen, jene, die abgeschoben werden sollen, in Gewahrsam zu nehmen, damit sie zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht verschwunden seien. Er versicherte nun: "Wir haben nicht vor, Straftäter mit Menschen zusammenzulegen, die abgeschoben werden." Allerdings fügte er hinzu: Es sei keine Zusammenlegung, "wenn man einen eigenen Trakt dafür hat".

Forderung nach Sanktionen bei Täuschungen

Eine Täuschung der Behörden müsse ferner Sanktionen nach sich ziehen, forderte er zugleich. Etwa so, dass Sozialleistungen eingeschränkt würden oder eine Umstellung auf Sachleistungen erfolge. Dieses Thema werde er ebenfalls weiterverfolgen.

Gesprächsbereit zeigte sich Seehofer in Bezug auf das im vergangenen Jahr nicht ausgeschöpfte Kontingent für den Familiennachzug zu subsidiär geschützten Flüchtlingen. Vorhanden waren 5.000 Plätze - mit Inkrafttreten einer Neuregelung für subsidiär geschützte Flüchtlinge ab August 1.000 pro Monat. Doch wurden laut Innenministerium in dieser Gruppe lediglich 3.260 Anträge auf Familiennachzug bewilligt. Deshalb gibt es Forderungen, die restlichen Plätze auf dieses Jahr zu übertragen.

Hier sei er "nicht ganz verschlossen", sagte der Minister. Allerdings müsse man schauen, ob man sich an anderer Stelle in der Migrationspolitik ebenfalls verständigen könne. Politik bestehe nun mal aus Interessenausgleich. Subsidiär Schutzberechtigt sind Menschen, die oftmals nicht als politisch Verfolgte im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt werden, sondern nur den untergeordneten Status zum Schutz vor Bürgerkrieg in ihrem Land erhalten. Betroffen sind vor allem Syrer.

Gemeinsames EU-Asylsystem in weiter Ferne

Wenig optimistisch äußerte sich Seehofer zu den Bemühungen, ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu schaffen. Er glaube nicht, dass dies in absehbarer Zeit komme. "Es wäre bitter notwendig, aber wir sind weit davon entfernt."

Weltweit sind nach Zahlen der Vereinten Nationen mehr Menschen auf der Flucht als je zuvor seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Ende 2017 waren rund 68,5 Millionen erfasst. Die meisten von ihnen, etwa 40 Millionen Menschen, sind Binnenflüchtlinge. Von denen, die über die Grenze fliehen, sucht ein großer Teil Schutz in Nachbarländern.

Mey Dudin, Silvia Voigt


Bundesregierung

Bürgen für Flüchtlinge müssen nicht länger Rückforderungen befürchten



Flüchtlingsbürgen müssen keine Rückzahlungen mehr befürchten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte am 24. Januar in Berlin, der Bund und die Länder hätten sich auf eine Lösung verständigt. Er werde die Jobcenter anweisen, von den Rückforderungen abzusehen, sagte Heil. Das sei ein gute Nachricht für alle, die Bürgerkriegsflüchtlingen geholfen haben.

Dem Minister zufolgen übernehmen Bund und Länder die Kosten anteilig. Eine genaue Summe nannte er nicht. Es handele sich um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag, sagte Heil. Wer vor dem Jahr 2016 rechtlich falsch beraten worden sei oder für wen die Rückforderung eine besondere Härte darstelle, müsse nicht zahlen.

Rechtslage gilt als unklar

Allein 2013 und 2014 haben Schätzungen zufolge rund 7.000 Menschen in Deutschland Verpflichtungserklärungen abgegeben, durch die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf sicherem Weg einreisen konnten. Die Bürgen waren davon ausgegangen, dass sie nur so lange für den Lebensunterhalt der Flüchtlinge aufkommen müssen, bis die Asylverfahren positiv beschieden sind.

Diese Position wurde damals unter anderem von den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen vertreten, vom Bund aber nicht. Erst das Integrationsgesetz bestimmte im August 2016 eine Fünf-Jahres-Frist, die für Altfälle auf drei Jahre reduziert wurde.

Angaben der Bundesregierung zufolge haben die Jobcenter rund 2.500 Bescheide mit zum Teil hohen Rückforderungen an Personen oder Initiativen verschickt, die sich zwischen 2013 und 2015 verpflichtet hatten, für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge aufzukommen.



Niedersachsen

Sozialministerin verteidigt im Landtag umstrittene Pflegekammer




Alle Beschäftigten in der niedersächsischen Pflege sind automatisch Mitglieder der Pflegekammer.
epd-bild/Werner Krüper
Seit Wochen sorgt die neu gegründete Pflegekammer für Diskussionen in Niedersachsen. Ihre Gegner kritisieren die ersten Beitragsbescheide und fordern ein Ende der Pflichtmitgliedschaft. Im Landtag stellten sich SPD und Grüne jetzt hinter die Kammer.

Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann (SPD) hat im Landtag die umstrittene Pflegekammer gegen scharfe Kritik aus FDP und AfD verteidigt. "Das ungeschickte Vorgehen der Pflegekammer bei der Beitragserhebung sollte jetzt nicht dazu genutzt werden, den Pflegekräften eine für die Wahrung ihrer Interessen sehr wichtige Vertretung abspenstig zu machen", sagte Reimann am 23. Januar in Hannover. Die jetzt geforderte Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht würde "aus einer starken Stimme der Pflege einen zahnlosen Tiger" machen.

Reimann bat um Geduld, damit die erst im August gegründete Kammer ihre Arbeit weiter aufbauen und festigen könne. Sie habe "eine zweite Chance verdient". Auch die Grünen unterstützten die Pflegekammer.

Zuvor hatte FDP-Fraktionschef Stefan Birkner gefordert, die "Zwangsmitgliedschaft" in der Pflegekammer zu beenden und in eine freiwillige Mitgliedschaft umzuwandeln. Birkner verwies auf eine Online-Petition, nach der inzwischen mehr als 46.000 Unterzeichner die Auflösung der Kammer fordern, darunter 41.000 aus Niedersachsen. "Alle diese Menschen sollten in ihrem Protest ernstgenommen und nicht diskreditiert werden."

Kritik an drohenden Höchstbeiträgen

Anlass der Petition waren Bescheide, in denen den Mitgliedern der Einzug des Höchstbeitrages angekündigt wurde, wenn sie nicht schnell ihre Einkommensverhältnisse offenlegten. Die Pflegekammer hatte als Reaktion auf die Proteste in der vergangenen Woche eine überarbeitete Beitragsordnung vorgestellt. Birkner sprach von einem "vergifteten Weihnachtsgeschenk", dass die Pflegekräfte kurz vor den Feiertagen vorgefunden hätten. Bei vielen entscheidenden Themen der Pflege wie der Festlegung der Personalschlüssel und bei den Rahmenbedingungen der Arbeit habe die Pflegekammer kein Mitspracherecht, kritisierte er.

Bereits am 17. Januar hatte die Pflegekammer auf dieser Vorwürfe reagiert. "Etwa 13.000 Mitglieder, die weniger als 9.168 Euro pro Jahr verdienen, müssen zukünftig gar keinen Beitrag zahlen", sagte Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke im Gesundheitsausschuss des Landtages. Auch die Festsetzung des Jahreshöchstbeitrags im Regelbescheid werde ab dem Beitragsjahr 2019 abgeschafft. Mehmecke stelle die neue Beitragsordnung am 17. Januar im Gesundheitsausschuss des Landtags vor. Im Anschluss an die Sitzung rügten die Oppositionsparteien mangelnde Unterstützung der Landesregierung für die Kammer.

Nach der neuen Beitragsordnung zahlten Mitglieder 0,4 Prozent der Jahreseinkünfte aus dem vorletzten Kalenderjahr, erläuterte Mehmecke. Eine Gesundheits- und Krankenpflegerin mit einem Jahreseinkommen von beispielsweise 30.000 Euro solle abzüglich der Werbungskosten etwa 116 Euro im Jahr bezahlen. Da in Pflegefachberufen von einer hohen Teilzeitquote auszugehen sei, liege der Beitrag bei einer halben Stelle durchschnittlich bei unter fünf Euro

CDU spricht sich für Evaluation aus

Die AfD forderte jetzt im Parlament, die Pflegekammer in eine durch das Land finanzierte Vereinigung der Pflegekräfte mit freiwilliger Mitgliedschaft nach bayrischem Vorbild umzuwandeln. "Eine Kammer, in der die Mitglieder zwangsverpflichtet werden, aber eigentlich gar nicht Mitglied sein wollen, ist ein armseliges Feigenblatt der Mächtigen", sagte der Abgeordnete Stephan Bothe.

Der CDU-Sozialexperte Volker Meyer verlangte, sofort mit den Vorbereitungen für eine Evaluation der Kammer zu beginnen, die nach dem rot-schwarzen Koalitionsvertrag bis Mitte 2020 vorliegen solle.

Die Kammer war 2016 unter der Vorgängerregierung mit den Stimmen von SPD und Grünen beschlossen worden. Für die Grünen, jetzt in der Opposition, betonte die Abgeordnete Meta Janssen-Kucz: "Die Pflegekammer ist eine Einrichtung von Pflegekräften für Pflegekräfte." Ihre Initiatoren wollten nicht länger darauf warten, bis sich Krankenkassen oder andere erbarmten und ihnen Verbesserungen gewährten: "Sie wollen mitreden und mitbestimmen, wenn es um ihren Beruf geht." Dafür müssten alle in dem Beruf Beschäftigten dort Mitglied sein.

Ver.di fordert neue Umfrage

Für die SPD-Fraktion sagte der Abgeordnete Uwe Schwarz, im freiwilligen bayrischen "Pflegering" seien von landesweit rund 180.000 Pflegekräften weniger als ein Prozent Mitglied.

Unterdessen reagierte die Gewerkschafts ver.di mit Unverständnis und Kritik am Verhalten der Landesregierung. Landesleiter Detlef Ahting: "Weit über 45.000 Menschen haben bislang eine Online-Petition unterzeichnet, beim Landtag sind mehr als 4.500 Eingaben eingereicht worden und die Politik reagiert mit intensivem Beharrungsvermögen." Ohne zu wissen, warum so massive Kritik geübt worden sei, könne man doch gar nicht die richtigen Weichen stellen. "Daher ist jetzt eine Befragung aller Pflegekräfte durch ein unabhängiges Institutut erfoderlich." Nur so könne eine Legitimationsgrundlage für eine Kammer überprüft werden.

Michael Grau


Forschung

Hurrelmann: Rechtspopulismus bei jungen Menschen eher unpopulär




Professor Klaus Hurrelmann
epd-bild/Jürgen Blume
Rechtspopulismus trifft nach Einschätzung des Jugendforschers Klaus Hurrelmann bei der Mehrheit der jungen Menschen in Deutschland auf wenig Zustimmung. Er verweist auf Analysen der Wahlergbenisse.

Alle Untersuchungen und Studien zeigten, dass die jungen Leute toleranter sind als die ältere Generation, sagte Hurrelmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das zeige sich auch im Wahlverhalten der Jungen.

Der Forscher fügte hinzu: "Aber keiner weiß, wie lange das hält in einer möglichen Krisensituation. Das hängt dann sehr stark davon ab, in welcher Arbeitsmarktsituation sie sich befinden und ob sie das Gefühl haben, in der Gesellschaft gebraucht zu werden."

2019 werden in den ostdeutschen Ländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. Umfragen zufolge könnte die AfD derzeit hohe zweistellige Ergebnisse einfahren.

Junge Leute wählen eher nicht AfD

Insgesamt sei die Generation der unter 30-Jährigen nicht die, die AfD wählt, sondern es seien die etwas Älteren, sagte der Sozialwissenschaftler. Wenn sich die heute gute wirtschaftliche Situation allerdings ändere und damit sei zu rechnen, werde es auch einen Teil der jungen Generation treffen, die noch heute ihre Arbeitsplätze auswählen kann und sich um ihre berufliche Existenz keine Sorgen machen muss.

"Der Zusammenhang zwischen gefühlten beruflichen Perspektiven und politischer Orientierung ist sehr eng", sagte Hurrelmann. Und junge Leute seien sehr sensibel, besonders die jungen Männer. "Da weiß man nicht, ob nicht dann auch eine Partei wie die AfD unter jungen Leuten punkten kann", sagte der Jugendforscher. Auch heute schon gebe es auch unter den Jungen Gruppen, wo rechtspopulistische Positionen auf große Zustimmung stießen.

Entscheidend ist die eigene Lebenssituation

Das habe nicht nur - aber in ganz großer Linie - etwas mit der eigenen Lebenssituation zu tun. Besonders junge Männer, die das Gefühl haben, gesellschaftlich keine gute Position einzunehmen und auch nicht einnehmen werden, seien anfällig für alle, die ihnen sagten, dass das gesellschaftliche Leben so nicht weitergehen kann, sagte Hurrelmann: "Sie wollen Recht und Ordnung und suchen nach Sündenböcken dafür, dass sie nicht so erfolgreich sind. Das hat was mit dem Bildungsgrad zu tun, aber ganz besonders mit dem persönlichen, subjektiven Empfinden. Das trifft verstärkt auch auf junge Männer im Osten zu."

Die große Resonanz der AfD bei der mittleren Generation zwischen 30 und 40 Jahren, denen es zumeist auch wirtschaftlich gut gehe, ist laut Hurrelmann schwer zu erklären. "Wir tun uns da unheimlich schwer", sagte der Sozialwissenschaftler.

Das müsse strukturell etwas damit zu tun haben, dass diese Altersgruppe das Gefühl habe, im Schatten der über 50-Jährigen, der Baby-Boomer-Generation, zu stehen. "Eigentlich sind sie gut weggekommen, es geht ihnen objektiv gut, aber sie haben immer das Gefühl, es könnte etwas schief gehen und empfinden ihre gesellschaftliche Situation als prekär", sagte Hurrelmann.

Markus Geiler


Studie

Hartz IV hat abschreckende Wirkung



Hartz IV wirkt einer neuen Studie zufolge abschreckend auf Arbeitnehmer. Besonders gut verdienende und langfristig Beschäftigte seien seit der Reform bereit, auf einen höheren Lohn zu verzichten, um im Gegenzug Beschäftigungsgarantien zu erhalten, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Philip Jung von der TU Dortmund am 21. Januar. Der Rückgang der Arbeitslosenzahl seit Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 ist der Untersuchung zufolge in drei von vier Fällen auf weniger neue Arbeitslose zurückzuführen - und nicht auf mehr Jobvermittlungen.

Ein Forscherteam der Universitäten Dortmund und Bonn untersuchte den Angaben nach die Erwerbsverläufe von Millionen von Beschäftigten und wertete dafür Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) zwischen 1993 und 2014 aus. Seit Einführung von Hartz IV habe sich die Zahl der Arbeitslosen von knapp elf Prozent auf unter sechs Prozent verringert, erklärten die Studienautoren.

Chancen Arbeitsloser auf neue Stellen sind gestiegen

Die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden, ist in dem Zeitraum um fast ein Drittel gefallen, wie es in der Untersuchung heißt. Zugleich sei die Wahrscheinlichkeit, als Arbeitsloser eine neue Stelle zu finden, um rund zehn Prozent gestiegen. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen habe sich dagegen durch Hartz IV kaum verändert.

Den Hauptbeitrag zum Rückgang der Arbeitslosenzahlen leisteten den Daten zufolge Menschen, die kaum von Arbeitslosigkeit betroffen sind, aber sich vor den großen finanziellen Einschnitten der Arbeitslosigkeit besonders fürchten. Sie verdienten lieber weniger, hätten dafür aber einen sicheren Arbeitsplatz. "Um von einer Reform der Arbeitslosenversicherung betroffen zu sein, muss man nicht arbeitslos sein", erklärte der Bonner Wissenschaftler Moritz Kuhn.

In einem Simulationsmodell prüften die Ökonomen zudem den Verlauf der Arbeitslosigkeit in Deutschland ohne die Hartz-IV-Reform. In diesem Fall hätte die Arbeitslosenrate einen ähnlichen Verlauf genommen wie in Österreich, wo keine Reform stattfand, erklärten die Wissenschaftler. Die Arbeitslosenzahl würde demnach ohne die Hartz-IV-Reform in Deutschland zehn Jahre später rund 50 Prozent höher liegen.



Thüringen

CDU legt Entwurf für Landesintegrationsgesetz vor



Die Thüringer CDU hat einen Entwurf für ein Landesintegrationsgesetz vorgestellt. Er sieht im Kern individuelle Vereinbarungen zwischen den Schutzsuchenden und den Ausländerbehörden vor, sagte Partei- und Fraktionschef Mike Mohring bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes am 23. Januar in Erfurt. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Ziele insbesondere bei der Sprach- aber auch der Wertevermittlung sollen nach der Vorstellung von Thüringens größter Oppositionspartei Sanktionen greifen.

Die Initiative werde jetzt der Landtagsverwaltung zugeleitet und soll in der kommenden Woche im Plenum beraten werden, kündigte die CDU-Fraktion an. Sie richte sich an alle, die eine längerfristige Bleibeperspektive hätte. Das schließe alle Flüchtlinge mit Schutzstatus sowie Asylsuchende, die nur über eine Duldung verfügten.

Land erwartet Respekt vor Grundwerten der Verfassung

Das Land erwarte von den Schutzsuchenden Respekt vor den Grundwerten der Verfassung, gesetzestreues Verhalten und den Willen zur Teilnahme am Arbeits- und am gesellschaftlichen Leben. Erste und beste Voraussetzung für die Integration ist nach seiner Überzeugung der Spracherwerb, den Thüringen laut Gesetzentwurf bis zu sechs Jahre lang fördern sollte, so der CDU-Politiker.

Zugleich sprach er sich für Sanktionen für Integrationsverweigerer aus. Denkbar seien verpflichtende Schulungen zu Kultur, Religionsfreiheit und Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Gastland bis hin zu Geldstrafen und Leistungskürzungen. Landeshilfen sollen auch gestrichen werden könenn für Migranten, die durch Aufrufe oder ihr Verhalten erkennen ließen, die Werteordnung und Verfassungsrechte des Gastlandes in Zweifel zu ziehen. Hier sehe der Gesetzentwurf Geldbußen bis zu 50.000 Euro vor.



Bayern

Zukunftsstiftung fördert Ehrenamtsprojekte mit 100.000 Euro



Ein Anti-Rassismus-Training des Diakonischen Werks Bad Windsheim, die Münchner Freiwilligen-Agentur "Tatendrang" und 18 weitere Ehrenamtsprojekte aus dem Freistaat erhalten Starthilfe in Höhe von insgesamt 100.000 Euro von Bayerns neuer Zukunftsstiftung Ehrenamt. Die Initiativen zeigten auf vielfältige Weise, wie der Zusammenhalt in der Gesellschaft gestärkt werden könne, erklärte Bayerns Sozialministerin und Stiftungsvorsitzende Kerstin Schreyer (CSU) am 21. Januar in München.

Die Zukunftsstiftung Ehrenamt Bayern wurde am 1. Februar 2018 vom Freistaat Bayern gegründet, um bürgerschaftliches Engagement vor Ort zu stärken. Sie fördert Projekte, die mit zukunftsgerichteten Ideen durch ehrenamtlichen Einsatz das Gemeinwohl nachhaltig stärken. Für die erste Runde konnten Projektträger eine Förderung in Höhe von maximal 5.000 Euro für ihr Vorhaben beantragen. Auch in diesem Jahr wird die Stiftung eine Förderung ausschreiben.



Schleswig-Holstein

Landtag: Aufklärung über Missbrauch in Heimen stärken



Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat am 23. Januar bekräftigt, den Missbrauch von Kindern in Heimen und Kliniken zwischen 1949 und 1975 weiter aufzuklären. Für Menschen in der Obhut von staatlichen Einrichtungen sei der Schutz von größter Wichtigkeit, heißt es in der Resolution. "Der Staat muss Garant für die Menschenwürde sein." Eine Studie über Medikamentenversuche an Kindern und Erwachsenen in Kliniken und Heimen soll bis Ende 2020 vorliegen.

Betroffene können noch bis Ende 2019 bis zu 9.000 Euro Entschädigung beantragen. Seit 2017 wurden über vier Millionen Euro an 377 Menschen ausgezahlt, die zwischen 1949 und 1975 als Kinder und Jugendliche in der Behindertenhilfe und der Psychiatrie missbraucht wurden.

Nach dem Willen des Landtags sollte diese Frist jedoch verlängert werden. Eine Anlaufstelle der dazu gegründeten Stiftung "Anerkennung und Hilfe" wurde in Neumünster eingerichtet. Seit April 2017 wurden von der Stiftung landesweit 60 Info-Veranstaltungen durchgeführt.




sozial-Branche

Behinderung

Bildungsprojekt: Experte werden in eigener Sache




In Heidelberg werden Menschen mit geistiger Behinderung zu Bildungsfachkräften qualifiziert.
epd-bild/Ralf Schick
In Heidelberg werden zurzeit sechs Menschen, die als geistig behindert gelten, zu Bildungsfachkräften qualifiziert. Sie berichten angehenden Lehrern von Inklusion und Teilhabe. Eine von ihnen ist die 28-jährige Anna Neff.

Es ist mucksmäuschenstill, als Dozentin Anna Neff aus ihrem Leben erzählt. Vor ihr sitzen rund 160 Studierende der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. "Der Wunsch an Sie ist: Achten Sie später als Lehrer auf jedes Kind und überfrachten Sie es nicht", sagt die 28-Jährige. Anna Neff hat motorische Störungen, wie sie es beschreibt, ist geistig leicht eingeschränkt und ihr Körper "will manchmal nicht so, wie ich will". Sie ist einer von sechs Menschen, die als geistig behindert gelten und derzeit in Heidelberg zu Bildungsfachkräften qualifiziert werden.

"Behinderte sind noch immer Benachteiligungen und Diskriminierungen ausgesetzt", sagt die Leiterin der Heidelberger Qualifizierung, Sarah Maier. Der direkte Austausch von behinderten Dozenten und Lehramtsstudierenden sei wichtig, um wegzukommen von Schubladendenken, Etiketten und Attributen, die man im Kopf habe.

Betroffene geben Tipps für angehende Praktiker

An diesem Tag steht Anna Neff gemeinsam mit Thorsten Lihl (44) und Hartmut Kabelitz (51) vor den Studierenden. Lihl ist durch eine Form der Spastik mit Seh- und Sprachbehinderungen eingeschränkt; Kabelitz hatte mit 16 Jahren einen schweren Verkehrsunfall mit dem Moped. Er erlitt ein Schädelhirntrauma und kann seither die rechte Hand nicht mehr richtig halten, hat Gleichgewichtsstörungen und spricht undeutlich.

Die drei berichten, wie sie beispielsweise in Sonderschulen gefördert wurden - oder eben auch nicht. Thorsten Lihl hat das Schreiben in der Schule erst an der Schreibmaschine gelernt und danach sich selbst beigebracht. "Meine Lehrer meinten damals, ich müsste nicht lesen und schreiben können", erinnert er sich. "Ich wollte aber schon immer Lehrer werden, mit der Qualifizierung komme ich diesem Traum ein großes Stück näher."

"Künftig sollen sie hauptberuflich als sozialversicherte Beschäftigte an Fach- und Hochschulen unterrichten zum Thema Behinderungen", erklärt Projektleiter Stephan Friebe. Zielgruppen sind Studierende, Lehrkräfte und Personalverantwortliche an Fach- und Hochschulen, in der Weiterbildung oder direkt in Unternehmen.

Projekt dauert drei Jahre

Das Projekt der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie im baden-württembergischen Mosbach ist eine Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung Kiel. Die Qualifizierung begann im Oktober 2017 und dauert drei Jahre. Zuvor haben die Teilnehmer, die unter 40 Bewerbern ausgesucht wurden, in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet.

Sie wollte mehr aus ihrem Leben machen als nur Schrauben drehen oder Pappkartons falten, erzählt Anna Neff: "Das ist eine Chance für mich, was Neues zu lernen." So ging es auch Hartmut Kabelitz, der sich freut, "mit über 50 noch dazuzulernen und Erfahrungen weitergeben zu dürfen."

Es ist das zweite Vorhaben dieser Art in Deutschland. In Schleswig Holstein wurde ein erstes Modellprojekt bereits erfolgreich beendet: Fünf qualifizierte Bildungsfachkräfte arbeiten dort seit 2016 im Institut für Inklusive Bildung, einer angegliederten Einrichtung der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Über 3.000 Personen wurden erreicht

Während der Qualifizierung seien in drei Jahren in 70 Veranstaltungen mehr als 3.000 Personen direkt erreicht worden, sagt der Geschäftsführer des Kieler Instituts, Jan Wulf-Schnabel. Sein Institut stehe in Kontakt mit rund 30 Fach- und Hochschulen, die an den Leistungen der Bildungsfachkräfte reges Interesse hätten. In Nordrhein-Westfalen startet ab April die Qualifizierung von sechs Menschen mit geistiger Behinderung zu Bildungsfachkräften.

"Wenn wir Inklusion ernst nehmen, müssen wir auch unsere Formen verändern", erklärt der baden-württembergische Projektleiter Stephan Friebe. Was er meint: Bislang hätten Lehramtsstudierende in den Lehrveranstaltungen zwar viel über Inklusion und Teilhabe erfahren. Die direkte Auseinandersetzung mit Behinderten gab es aber nicht. Das soll sich jetzt ändern.

Nach 90 Minuten ist die Vorlesung an der Heidelberger Uni zu Ende. Es sei "klasse", sagt die 24-jährige Lehramtsstudentin Silke Glawitz, wie offen die behinderten Dozenten aus ihrem Leben erzählten und wie selbstverständlich inzwischen der Austausch sei: "Es hat meinen Horizont noch einmal ganz anders erweitert."

Ralf Schick


Gesundheit

Ärzte protestieren bundesweit gegen Spahns Gesetzespläne




Minister Spahn will die Sprechzeitenvorgaben in Arztpraxen per Gesetz ändern. Dagegen protestieren die Mediziner.
epd-bild/Jürgen Blume
Ärzte empören sich über neue Gesetzespläne von Gesundheitsminister Spahn. Tausende Praxen blieben deshalb am 23. Januar über Stunden geschlossen. Spahn will erreichen, dass Patienten schneller einen Termin beim Arzt bekommen.

Niedergelassene Ärzte haben am 23. Januar bundesweit gegen das geplante Termingesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) protestiert. Tausende Arztpraxen blieben für mehrere Stunden geschlossen, wie der Bundesvorsitzende der "Freien Ärzteschaft", Wieland Dietrich, mitteilte. Die Ärzte hätten sich im Laufe des Tages etwa in Düsseldorf, Hamburg, Hannover und München zu Kundgebungen versammelt.

Spahns neues Gesetz soll gesetzlich versicherten Patienten helfen, schneller einen Arzttermin zu bekommen. Die Ärzte sehen darin aber einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit ihrer Berufsausübung.

Ein Bündnis verschiedener Ärzteverbände hatte zu dem bundesweiten Protesttag gegen das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz aufgerufen. Hauptkritikpunkt sei ein "hoher bürokratischer Eingriff des Staates in die Arztpraxen hinein", sagte Dietrich dem Evangelischen Pressedienst (epd). Außerdem seien Spahns Pläne zur Terminvergabe weder praktikabel noch brächten sie eine Verbesserung der medizinischen Versorgung, erklärte der Essener Hautarzt.

Spahn will fünf zusätzliche Stunden Sprechzeit

Spahn will Ärzte künftig zu mindestens 25 statt bisher 20 Stunden Sprechzeit pro Woche verpflichten. Bestimmte Mediziner wie Orthopäden, Haus-, Kinder- und Frauenärzten sollen mindestens fünf Stunden als offene Sprechstunde ohne feste Terminvergabe anbieten.

Eine Terminservicestelle soll über eine bundesweit einheitliche Notdienstnummer sowie über das Internet ständig erreichbar sein. Für die Betreuung von Patienten, die von der Terminservicestelle vermittelt werden, soll es Honorarzuschläge geben. Außerdem sollen Ärzte Zuschläge erhalten für neue Patienten, für Leistungen, die in den offenen Sprechstundenzeiten erbracht werden und für Leistungen nach einer Terminvermittlung durch einen Hausarzt.

Spahn: Brauchen bessere Reglungen

Bei einer Dialogveranstaltung mit der Ärzteschaft hatte Spahn in der vergangenen Woche Verständnis für den Ärger geäußert. Er wolle nun "zusammen mit der Ärzteschaft schauen, ob wir zu besseren Regelungen kommen können als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen", kündigte der Minister an. Am Ziel des Gesetzes halte er jedoch fest. "Ich möchte, dass wir verbindlich zu schnelleren Terminvergaben kommen", sagte Spahn. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung erklärte, die Mindestsprechstundenzahl per Gesetz auf 25 Wochenstunden zu erhöhen, sei richtig und notwendig. "Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes zeigt, dass es einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Ärzten gibt, die weniger Sprechzeiten anbieten", sagte eine Sprecherin in Berlin. Insgesamt biete jede vierte der befragten Arztpraxen weniger als 25 Sprechstunden inklusive Hausbesuche pro Woche an. In Deutschland sind 170.000 Ärzte und Psychotherapeuten niedergelassen.

Markus Jantzer


Kirche

Diakonie stellt mobiles Haus für Obdachlose auf




Die Präsidentin des Landeskirchenamtes Hannover, Stephanie Springer, und der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Hans-Joachim Lenke, vor dem Minihaus
epd-bild/Harald Koch
Um Obdachlose im Winter vor der Kälte zu schützen, hat die hannoversche Dachstiftung Diakonie am Landeskirchenamt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ein kleines Haus auf Rädern aufgestellt.

Das etwa sechseinhalb Quadratmeter große Holzhaus verfüge über eine eigene Strom- und Wasserversorgung und stehe ab der kommenden Woche zum Einzug bereit, sagte Landeskirchenamts-Präsidentin Stephanie Springer am 23. Januar in Hannover. Mit dem sogenannten "Tiny House" wollten Kirche und Diakonie auch ein Zeichen für mehr privates Engagement zugunsten Obdachloser setzen.

Das mit Bett, Kochgelegenheit und Dusche ausgestattete Haus solle allerdings nur als Notlösung dienen und Menschen helfen, wieder eine eigene Wohnung zu beziehen, erläuterte Springer. Das Landeskirchenamt trage die Strom- und Wasserkosten für das Haus in seiner Nachbarschaft. Nach Angaben der Dachstiftung Diakonie waren im vergangenen Jahr bundesweit 860.000 Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen.

4.500 Obdachlose allein in Hannover

In Hannover gibt es laut Hans-Joachim Lenke, dem Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, rund 4.500 wohnungslose Menschen. Schätzungen zufolge lebten zwischen 400 und 600 von ihnen auf der Straße, sagte Lenke. Für das "Tiny House" würden Sozialarbeiter demnächst einen Bewohner oder eine Bewohnerin vermitteln.

Das Haus ist auf Initiative der Dachstiftung Diakonie von einem Ausbildungsbetrieb des diakonischen Unternehmens gebaut worden. Es koste rund 35.000 Euro, sagte Jens Rannenberg vom Vorstand der Dachstiftung. Zwei weitere Häuser stünden bereits zur Verfügung. Rannenberg appellierte an Privatleute oder Unternehmen, ebenfalls Grundstücke für solche Unterkünfte anzubieten.

Dass das "Tiny Haus" aufgestellt werde, sei nach der Bauordnung zulässig, betonte Rannenberg. Zudem sei das Haus gedämmt und somit "einigermaßen ökologisch", TÜV-geprüft und als Anhänger leicht zu transportieren. Falls an einem Standort keine Wasserversorgung vorhanden sei, könne auch eine Chemie-Toilette eingebaut werden. "Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es eine Übergangslösung ist", betonte Rannenberg.

Cristina Marina


Behinderung

Beratungszentrum in Würzburg bündelt Angebote



Bislang mussten Menschen mit einer Behinderung bei Fragen rund ums Arbeiten, Wohnen oder Bildung oft verschiedene Beratungsstellen aufsuchen - das ist ab sofort anders. Denn die Mainfränkischen Werkstätten haben ein neues Beratungszentrum eröffnet.

Ein neues Beratungszentrum für die Bereiche Arbeit, Bildung und Wohnen hat der Unternehmensverbund Mainfränkische Werkstätten eröffnet. In der Würzburger Innenstadt könnten Menschen mit einer Behinderung sowie deren Angehörige, Betreuer und Unterstützer sich über "alle Möglichkeiten der Teilhabe" zentral beraten und informieren lassen, sagte Geschäftsführer Dieter Körber am 18. Januar in Würzburg.

Ziel der bayernweit im Bereich der Lebenshilfe einmaligen Einrichtung sei, bestehende Beratungsangebote an einem Ort zu bündeln und so leichter erreichbar und niederschwelliger zu machen.

Körber sagte, die Mainfränkischen Werkstätten wolltene jeden Menschen mit Behinderung so begleiten, dass er "ein erfülltes Leben in der von ihm gewünschten Art und Weise führen kann". Das sei nicht zuletzt auch ein Anspruch, der sich aus dem Bundesteilhabegesetz und der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ergebe.

Angebote für eine breite Zielgruppe

Die Zielgruppe der kostenlosen Angebote des Beratungszentrums reicht von Schulabgängern über Werkstatt-Mitarbeiter, die sich umorientieren möchten, bis hin zu Bewohnern von Wohnheimen, die sich eine andere Form des Wohnens wünschen.

In dem 600 Quadratmeter großen und barrierefrei zugänglichen Zentrum sind unter anderem die Fachbereiche Arbeits- und Berufsbildung, Wohnberatung, der Fachintegrationsdienst (FID), "Inklusiv! Gemeinsam arbeiten" und die neue Beratung für schwierige Lebenssituationen ("Die Konsulenten") vertreten. Bisherige Standorte und Geschäftsstellen der einzelnen Bereiche blieben erhalten, man habe aber das Beratungsangebot teilweise zusammengezogen.

Der Unternehmensverbund Mainfränkische Werkstätten hat rund 2.300 Mitarbeitende an mehr als 30 Standorten. Gut 1.500 davon haben eine Behinderung. Zudem verfügt der Verbund über mehr als 300 eigene Wohnplätze.

Daniel Staffen-Quandt


Verbände

AWO pocht auf weitere Maßnahmen für gute Bildung



Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordert aus Anlass der Debatte im Bundestag zu den Empfehlungen des 7. Nationalen Bildungsberichts grundlegende Verbesserungen in der Bildung und Förderung junger Menschen: "Der Bildungsbericht 2018 kann viele Fortschritte im Bildungsbereich aufführen. Zugleich stellen wir fest, dass dieser Trend zu mehr Bildung nicht bei allen Menschen ankommt", sagte der AWO-Vorsitzende Wolfgang Stadler am 22. Januar in Berlin. Insbesondere Kinder aus bildungsfernen Familien profitierten nicht in gleichem Maße von den bereits erzielten Fortschritten.

Stadler zufolge sind immer noch sind zu viele Kinder von Armut bedroht. Der Abstand zwischen leistungsstarken und leistungsschwächeren Grundschülern habe sich in Deutschland vergrößert, der Anteil Jugendlicher ohne Schulabschluss sei von 5,8 auf 6 Prozent gestiegen.

Der Vorsitzende sieht hier großen Verbesserungsbedarf: "Wir müssen für die abgehängten Kinder und Jugendlichen besondere Anstrengungen unternehmen und zusätzliche Angebote bieten." Doch fehle dafür qualifiziertes Personal. Die Folge: Kita-Gruppen würden immer größer, qualitativ gute pädagogische Arbeit in Kita und Grundschule kann nicht mehr überall gesichert werden.

Er nahm die Bundesregierung in die Pflicht. "Wir benötigen die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie einen Ausbau einer präventionsorientierten kommunalen Infrastruktur." Stadler sprach sich zudem dafür aus, ein qualitativ ansprechendes Angebot an Ganztagsbetreuung für Schulkinder zu schaffen. Auch im Bereich der Kindertageseinrichtungen müsse der Fokus auf die Qualitätsentwicklung gelegt werden. "Wir fordern eine konzertierte Aktion aller gesellschaftlichen Kräfte, um das Problem fehlender Fachkräfte im pädagogischen und schulischen Bereich anzugehen und Qualität zu sichern.“



Nordrhein-Westfalen

Sozialverband fordert mehr barrierefreie Wohnungen



Der Sozialverband VdK in Nordrhein-Westfalen wirft dem Land Untätigkeit bei der Schaffung von barrierefreiem Wohnraum vor. "Die Landesregierung untergräbt das Menschenrecht von rund 350.000 Rollstuhlfahrern auf angemessenes Wohnen", erklärte der VdK-Landesvorsitzende Horst Vöge am 18. Januar in Düsseldorf.

Von einer "bedarfsgerechten" Errichtung entsprechender Unterkünfte, wie sie die schwarz-gelbe Koalition bei der Verabschiedung ihres Baurechtsmodernisierungsgesetzes angekündigt hatte, könne keine Rede sein.

Stattdessen habe das Bauministerium im vergangenen Jahr lediglich Zielvereinbarungen mit vier ausgewählten Städten abgeschlossen, die sich darin verpflichten, "geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um insgesamt mehr geförderte und somit bezahlbare Wohnungen zu schaffen", erklärte Vöge weiter.

Er verwies auf die Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD zur Entwicklung von rollstuhlgerechtem Wohnraum. Konkrete Zahlen, wie viele barrierefreie Wohnungen dadurch entstünden, nenne das Ministerium darin nicht.

"Angesichts dieser vagen Aussagen müssen wir befürchten, dass bislang keine oder zumindest kaum Wohnungen entstanden sind, die Rollstuhlfahrern ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen", kritisierte der VdK-Vorsitzende. Wenn die Landesregierung die noch von der rot-grünen Koalition 2016 verabschiedete Bauordnung mit einer festen Quote rolligerechter Wohnungen nicht gekippt hätte, hätten nach seiner Einschätzung allein von Januar bis Oktober 2018 landesweit schon 600 neue Mietwohnungen für Rollstuhlfahrer genehmigt werden können.



Bayern

Verband: Eltern wollen lieber bessere statt kostenlose Kitas



Große Kindertageseinrichtungen sind dem Evangelischen Kita-Verband Bayern zufolge qualitativ nicht unbedingt besser oder finanziell besser ausgestattet. "Bei der Finanzierung von Investitionen stellen wir eher regionale Unterschiede als Unterschiede in der Größe fest", sagte der Vorstand für Recht und Finanzen des Kita-Verbandes, Dirk Rumpff, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Kita-Finanzierung sei vor allem eine kommunale Aufgabe, daher sei es "wesentlich, welche Bedeutung die Bildung und Betreuung von Kindern in der jeweiligen Kommune hat". In der Tendenz hätten größere Kitas zwar finanziell und personell mehr Handlungsspielraum, viele Eltern bevorzugten aber kleinere Kitas.

Vom Anfang Januar in Kraft getretenen Gute-Kita-Gesetz des Bundes erhofft sich Rumpff eine tatsächliche Verbesserung bei der Qualität der Kinderbetreuung. Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) habe zuletzt betont, dass das Geld aus dem Gesetz jedenfalls nicht in die von der Staatsregierung beschlossene Beitragsunterstützung fließen soll.

Kita-Leitungen müssen gestärkt werden

Beim Ausbau der Qualität sei es besonders wichtig, "die Kita-Leitungen zu stärken", sagte Rumpff. Die Beitragsunterstützung lasse sich politisch zwar besser verkaufen. "Eltern wünschen sich in der Mehrheit aber in erster Linie eine höhere Qualität der Kinderbetreuung." Kita-Leitungen bräuchten ausreichend Qualifikationen und Zeit für ihre Aufgaben.

Das Gute-Kita-Gesetz des Bunds ist im Januar in Kraft getreten. Die Bundesländer dürfen daher bis zum Jahr 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro Umsatzsteuer mehr einbehalten und in Kindertageseinrichtungen stecken. Rumpff fordert, dass in diesem Zusammenhang auch über die Personalschlüssel in den Kitas verhandelt wird.



Flüchtlingshilfe

Weiter staatliches Geld für Migrantenorganisationen



Das bundesweite Projekt "Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit" (samo.fa) des Bundesverband NeMO wird ein weiteres Jahr vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert. Damit könne die in bundesweit 32 Städten geleistete die Arbeit von Ehrenamtlichen aus Migrantenorganisationen mit Geflüchteten weiter, heißt es in einer Mitteilung vom 18. Januar. Das Projekt läuft seit 2016.

"Die Integrationspolitik hat an vielen Stellen Mängel“, sagte Ümit Koşan, NeMO-Vorsitzender. Er nannte die Sprachförderung und den erschwerten Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Auch sei die Lage auf dem Wohnungsmarkt schwierig. Geflüchtete hätten, wie auch viele Bürger mit Migrationsgeschichte, besonders große Schwierigkeiten, Wohnraum zu finden. Denn: ""Seit dem Sommer der Willkommenskultur 2015 hat sich die gesellschaftliche Stimmung ihnen gegenüber zunehmend verschärft."

Weil es bei der Integration der neuen Mitbürger weiterhin so große Hürden gibt, werden die Ehrenamtlichen aus den 32 Städten noch stärker als „Frühwarnsystem“ arbeiten, kündigte Koşan an. Soziale Probleme der Geflüchteten wie werden vor Ort identifiziert und ihre Dringlichkeit öffentlich diskutiert.



Nordrhein-Westfalen

Verbände gründen Ausbildungsallianz für Pflege



Die in der Pflegeausbildung aktiven nordrhein-westfälischen Einrichtungen haben sich in einem neuen Netzwerk zusammengeschlossen. Die Ausbildungsallianz Nordrhein-Westfalen werde die geplante Weiterentwicklung der Pflegeausbildung begleiten, erklärte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, am 22. Januar in Düsseldorf. Nach einem neuen Modell sollen angehende Pflegekräfte ab 2020 eine neue generalistische Ausbildung absolvieren. Die geplanten Änderungen führen die bisherigen einzelnen Ausbildungen der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammen.

Der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen, Christian Heine-Göttelmann, kündigte an, dass die Allianz die kontinuierliche Verbesserung der Pflegeausbildung auf Grundlage des neuen gesetzlichen und finanziellen Rahmens in den Blick nehmen werde. "Gute Pflege beginnt mit einer guten Ausbildung", betonte er.

Pflegeberuf soll attraktiver werden

In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, die Mitglieder der Allianz wollten die Attraktivität des Pflegeberufs auch und gerade in der Ausbildung hervorheben und steigern. Für eine verlässliche und gemeinschaftliche Ausbildung strebe der Zusammenschluss eine enge Vernetzung aller Akteure an.

Zudem kündigte die Allianz an, sich gemeinsam für faire Rahmenbedingungen und eine faire Bezahlung der Auszubildenden einzusetzen. An die Politik appellierte das Bündnis, administrative Unterstützung zu bieten. Die Kostenträger wie Kranken- und Pflegekassen forderte die Allianz auf, die Mehrkosten für die Ausbildung mitzufinanzieren.

Neben der Krankenhausgesellschaft und der Freien Wohlfahrtspflege beteiligen sich auch der Arbeitgeber- und Berufsverband Privater Pflege, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste sowie der Deutsche Bundesverband für Pflegeberufe an der Allianz. Teil des Zusammenschlusses sind unter anderem auch der Verband der Kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen in NRW und der Landesverband freie ambulante Krankenpflege. In NRW werden nach Zahlen des Bündnisses derzeit 37.000 angehende Pflegekräfte ausgebildet.



Kinder

Saar-Diakonie bietet Kita-Leitfaden für Zugewanderte an



Die Diakoniestiftung an der Saar hat zusammen mit dem Referat für Kindertageseinrichtungen der Diakonie Saar einen Kita-Leitfaden in sechs Sprachen für zugewanderte Familien erstellt. "Der Leitfaden soll eine Praxishilfe sein, die den Bildungs- und Erziehungsauftrag in Kitas veranschaulicht und gleichzeitig dem Austausch mit Eltern dient", sagte Diakoniepfarrer Udo Blank am 24. Januar in Neunkirchen. "Wir möchten die Familien dabei begleiten, ihre Kinder in Kitas gut aufgehoben zu wissen."

Viele der in den vergangenen Jahren zugewanderten Familien kennen der Diakoniestiftung zufolge in ihrer Heimat keine Kindertagesstätten. Der Leitfaden in den Sprachen Arabisch, Rumänisch, Bulgarisch, Russisch, Türkisch und Englisch erläutere etwa, wieso Kinder in Kitas gingen, worin der Unterscheid zu einer Schule bestehe oder was Kinder dort lernten.

Dabei gehe es auch um die Organisation einer Kita sowie die Themen religiöse Bildung und Kinderrechte, hieß es. Eltern sowie Kita-Leitungen seien an der Konzeption des Leitfadens beteiligt gewesen. Er soll nun etwa in Integrationskursen eingesetzt werden.




sozial-Recht

Pflege-WG ist nicht automatisch ein "Heim"




Nicht jede Pflege-WG hat automatisch den Heimstatus. Kriterien dazu hat jetzt der Bundesgerichtshof festgelegt. (Archivbild)
epd-bild/Jürgen Blume
Eine Wohngemeinschaft von Pflegebedürftigen im betreuten Wohnen gilt nicht automatisch als "Heim". Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Es kommt auf die Details an. Entscheidend sei die Frage, ob die Mieter den notwendigen Pflegedienst frei wählen können und sie nicht das Pflegedienstangebot des Vermieters annehmen müssen.

Umstritten war in dem Verfahren die Vergütungshöhe eines Betreuers. Die Bezahlung fällt im Tarif für Heimbewohner nämlich niedriger aus. Die Karlsruher Richter sprachen dem Kläger, der einen Pflegebedürftigen in einer Wohngemeinschaft versorgte, in einem am 17. Januar veröffentlichten Beschluss eine höhere Vergütung zu.

Der unter Betreuung stehende Mieter lebt mit anderen schwerst Pflegebedürftigen im "betreuten Wohnen" in einer Gemeinschaft in Amberg in der Oberpfalz. Gemeinsam haben sie entschieden, dass die Betreuungs- und Pflegedienstleistungen von bestimmten Anbietern erbracht werden, die organisatorisch mit dem Vermieter verbunden ist. Nach dem Mietvertrag waren sie dazu aber nicht verpflichtet.

Streit über Höhe der Vergütung

Der Betreuer hat für seine Arbeit für die Zeit vom 11. September 2016 bis 10. Dezember 2016 eine Vergütung in Höhe von 594 Euro beantragt. Der Pflegebedürftige meinte, dass die geringere Betreuer-Vergütung für Heimbewohner greifen müsse, in seinem Fall 330 Euro. In einem Heim habe der Betreuer weniger Arbeit, da viele Tätigkeiten vom Heimbetreiber übernommen würden. Das sei bei ihm der Fall.

Der BGH entschied nun aber, dass der Betreuer die höhere pauschale Vergütung beanspruchen kann. Der Pflegebedürftige lebt danach in seiner Pflege-WG nicht in einem stationären Heim. Ein Heim im klassischen Sinne liege erst dann vor, wenn der Vermieter zusätzlich zum Wohnen verpflichtend auch die Inanspruchnahme seiner Pflege- und Betreuungsleistungen "aus einer Hand" anbietet.

Zwar hätten hier die WG-Bewohner die erforderlichen Pflegedienstleistungen von Anbietern in Anspruch genommen, die organisatorisch mit dem Vermieter verbunden sind. Dazu seien sie aber vertraglich nicht verpflichtet gewesen. Die Gesamtheit der WG-Bewohner könne laut Mietvertrag auch einen anderen Pflegedienstanbieter frei wählen.

Grad der Behinderung ist unwichtig

Nicht ausschlaggebend sei zumindest nach dem Betreuungsrecht, welchen Grad der Pflegebedürftigkeit der Bewohner hat. Im konkreten Fall habe die Pflegeversicherung bei dem Betroffenen auch nur Leistungen zur ambulanten und nicht stationären Pflege gewährt.

Wegen der Unterbringung in einer Pflege-WG habe der Betreuer auch nicht weniger Arbeit, befand das Gericht. Denn er müsse weiterhin Aufgaben der Überwachung und Organisation wahrnehmen. Auch müsse er sich zudem um die Apotheke, den Optiker, den Augenarzt oder um Hygieneartikel selbst kümmern.

Inwieweit die Heimaufsicht für vermeintliche Pflege-WGs zuständig ist und diese, etwa zur Sicherung der Pflegequalität, kontrollieren darf, hängt dagegen vom jeweiligen Heimrecht eines Bundeslandes ab. So hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf am 24. November 2017 für das Heimrecht in Nordrhein-Westfalen entschieden, dass zwei Wachkomapatienten keine Wohngemeinschaft bilden können und daher eine der Heimaufsicht unterliegende, genehmigungspflichtige Pflegeeinrichtung vorliegt. Als "Heim- und Pflegeeinrichtung" zahlt die Pflegeversicherung geringere Pflegesätze als für Bewohner einer "Wohngemeinschaft".

Frage nach dem selbstverantworteten Leben

Im entschiedenen Fall hatte ein Pflegedienst aus dem Kreis Viersen geklagt, der sich gegen die Feststellung der Heimaufsichtsbehörde wehren wollte, dass er eine Pflegeeinrichtung betreibt. Der Pflegedienst hatte eine Wohnung angemietet und die einzelnen Zimmer an schwerst Pflegebedürftige, insbesondere Wachkomapatienten, untervermietet und diese "Rund-um-die-Uhr" betreut. Das sei eine, nicht von der Behörde zu kontrollierende Wohngemeinschaft, so der Pflegedienst.

Die Heimaufsichtsbehörde verwies darauf, dass die Bewohner in der vermeintlichen Wohngemeinschaft gar nicht "selbstverantwortet" wohnen können.

Das Verwaltungsgericht urteilte, dass keine "Wohngemeinschaft", sondern eine "Heimeinrichtung" vorliegt. Die Bewohner würden Rund-um-die-Uhr betreut; allein der Pflegedienst als Vermieter biete die Vollversorgung. Die erbrachten Leistungen seien typisch für Pflegeheime.

Auch "Rudi Carrells Mühle" ist ein Pflegeheim

Ähnlich hatte auch schon das Verwaltungsgericht Hannover am 21. September 2011 zur "Rudi Carells Mühle" geurteilt, dass diese als Pflegeheim einzustufen sei. Die Mühle des verstorbenen Showmasters hatten die neuen Eigentümer umgebaut und die einzelnen Zimmer an schwer pflegebedürftige Menschen untervermietet. Gleichzeitig übernahm die intensivmedizinische und hauswirtschaftliche Betreuung der Pflegedienst der Vermieterin.

Das Verwaltungsgericht hatte hier ebenfalls geurteilt, dass keine Wohngemeinschaft, sondern eine Pflegeeinrichtung vorliege. Wohnen, Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung werde aus einer Hand angeboten.

Das Verwaltungsgericht Berlin betonte dagegen in einem am 3. September 2013 bekanntgegebenen Urteil zu Demenz-WGs, dass es darauf ankomme, ob der Mietvertrag mit einem Betreuungs- und Pflegevertrag gekoppelt ist. Sei das der Fall, liege nach dem Heimrecht eine der Heimaufsicht unterstehende stationäre Einrichtung vor.

Davon gingen im entschiedenen Rechtsstreit die Berliner Richter auch aus. Die pflegebedürftigen und auf das Betreuungspersonal angewiesenen Bewohner könnten praktisch keinen anderen als den mit der Vermieterin seit Jahren kooperierenden Pflegedienst beauftragen, ohne dann ihr Apartment aufgeben zu müssen.

Az.: XII ZB 517/17 (BGH Wohngemeinschaft Betreuer)

Az.: 26 K 6422/16 (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Wachkomapatienten)

Az.: 11 A 913/10 (Verwaltungsgericht Hannover, Rudi Carells Mühle)

Az.: VG 14 K 80.12 (Verwaltungsgericht Berlin, Demenz WG)

Frank Leth


Bundesgerichtshof

EuGH muss Abschiebungshaft für Gefährder prüfen



Der Bundesgerichtshof hat gegen eine Abschiebungshaft von Gefährdern in gewöhnlichen Strafgefängnissen europarechtliche Bedenken. Die Karlsruher Richter legten daher in einem am 22. Januar veröffentlichten Beschluss dem Europäischen Gerichtshof die entsprechenden deutschen Regelungen zur Prüfung vor.

Im konkreten Fall ging es um einen nach Deutschland eingereisten Tunesier, der nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden als Gefährder einzustufen ist und eine terroristische Gefahr darstellt. Der Mann war demnach als Rekrutierer für den sogenannten Islamischen Staat (IS) tätig und erklärte in Internet-Chats, gegen die deutsche Lebensweise vorgehen zu wollen.

Ein wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung gegen ihn erlassener Haftbefehl wurde vom BGH am 17. August 2017 aufgehoben, und der Mann wurde aus der U-Haft entlassen. Einen Tag später kam er in Abschiebungshaft, allerdings nicht - wie üblich - in eine spezielle Abschiebungshafteinrichtung, sondern in ein gewöhnliches Gefängnis. Dort war er von den Strafgefangenen getrennt untergebracht.

Einweisung in Gefängnis rechtswidrig?

Die Unterbringung in einem gewöhnlichen Gefängnis hielt der im Oktober 2017 abgeschobene Mann mit Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH für rechtswidrig. Zulässig sei nur die Unterbringung in einer speziellen Abschiebungseinrichtung, wo er Hafterleichterungen wie etwa umfangreiche Kommunikationsmöglichkeiten beanspruchen kann.

Das Amtsgericht und das Landgericht Frankfurt am Main hielten die Haft in einem gewöhnlichen Gefängnis für zulässig. Die deutschen Vorschriften erlaubten dies, wenn von dem abzuschiebenden Ausländer eine "erhebliche Gefahr" für Leib und Leben anderer ausgeht. Dies sei hier der Fall.

Doch die deutschen Regelungen verstoßen möglicherweise gegen EU-Recht, befand der BGH. Grundsätzlich müsse danach die Abschiebungshaft in einer speziellen Abschiebungseinrichtung erfolgen. Nur wenn in einem Land keine solche Einrichtung vorhanden ist, könne die Haft nach der EuGH-Rechtsprechung ausnahmsweise in einem normalen Gefängnis erfolgen, getrennt von den Strafgefangenen. Ob Ausnahmen auch bei bestehenden Sicherheitsbedenken gemacht werden können, sei bislang nicht geklärt. Dies muss nun der EuGH prüfen.

Az.: V ZB 180/17



Bundesarbeitsgericht

Urlaubsansprüche sind vererblich



Urlaubsansprüche sind nach dem Tod des Arbeitnehmers generell vererblich. Die Erben dürften eine Abgeltung für den nicht genommenen Urlaub verlangen, urteilte am 22. Januar das Bundesarbeitsgericht. Die Erfurter Richter setzten damit eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg um.

Im konkreten Fall ging es um einen Mitarbeiter der Stadt Wuppertal. Als der Mann am 20. Dezember 2010 starb, verlangte die Witwe als Erbin von der Stadt eine Urlaubsabgeltung für den von ihrem Mann noch nicht genommenen Urlaub. Nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst standen ihm 30 Urlaubstage zu. Da er schwerbehindert war, hatte er noch Anspruch auf zwei weitere Tage Zusatzurlaub. Die Stadt Wuppertal verweigerte jedoch die Zahlung.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Juni 2014 (AZ: C-118/13) seine Rechtsprechung geändert und entschieden, dass Urlaubsansprüche vererbt werden können, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem Tod beendet wurde. Im konkreten Fall sollte dies aber nicht gelten, da der Arbeitnehmer noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses gestorben war. In diesem Fall seien die Urlaubsansprüche untergegangen. Das Bundesarbeitsgericht legte aber den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor.

EuGH: Urlaub ist Vermögensanspruch

Dieser urteilte am 6. November 2018, dass Urlaubsansprüche nach EU-Recht generell und damit auch bei einem Tod im laufenden Beschäftigungsverhältnis vererblich sind (AZ: C-569/16 und C-570/16). Gegenteiliges deutsches Recht sei nicht anwendbar, die Erben deutscher Arbeitnehmer könnten sich hier unmittelbar auf das EU-Recht berufen. Der Urlaubsanspruch sei ein Vermögensanspruch, der "durch den Tod des Arbeitnehmers nicht rückwirkend entzogen werden" könne. Erben könnten hierfür eine Abgeltung verlangen.

Dem folgte nun das Bundesarbeitsgericht. Der nicht genommene Urlaub sei als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse. Die Erben könnten dabei nicht nur die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern auch für den darüber hinausgehenden tariflichen Urlaub sowie den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen beanspruchen. Im konkreten Fall stehe der Witwe eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.857,75 Euro brutto zu.

Az.: 9 AZR 45/16



Oberlandesgericht

Einzelfallprüfung für Telefonate aus der U-Haft erforderlich



Gefängnisleitungen dürfen die Häufigkeit und Dauer von Telefonaten für Untersuchungshäftlinge nicht pauschal begrenzen. Bei den zu überwachenden Telefongesprächen müsse vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob festgelegte Telefonbeschränkungen verhältnismäßig sind, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am 19. Januar veröffentlichten Beschluss.

Damit muss die Führung einer Justizvollzugsanstalt erneut prüfen, ob ein 31-jähriger, in Untersuchungshaft sitzender Antragsteller häufiger mit seiner Familie telefonieren darf. Der Mann ist seit dem 10. Juli 2018 wegen des Verdachts des Drogenhandels inhaftiert.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Häftling erlaubt, einmal pro Woche höchstens 15 Minuten mit insgesamt fünf konkret benannten Familienangehörige, überwacht zu telefonieren.

Hohe Gesprächszahl nicht zu organisaieren

Die Gefängnisleitung gestattete jedoch nur alle zwei Wochen Telefonate. Sie verwies auf die hohe Zahl der gewünschten und von Beamten zu überwachenden Telefonate. Das sei aus organisatorischen Gründen nicht zu leisten. Aus Gleichbehandlungsgründen müssten pauschal die Telefonate begrenzt werden, lautete die Argumentation zu zusätzlichen Einschränkung.

Das OLG hob die Entscheidung nun auf. Zwar stehe es im "pflichtgemäßen Ermessen", inwieweit die Gefängnisleitung Telefongespräche von Untersuchungshäftlingen gestatten kann. Deren Überwachung müsse auch organisatorisch bewältigt und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt aufrechterhalten werden.

Einzelfallprüfung versäumt

Doch eine Ermessensentscheidung setze eine Einzelfallprüfung voraus. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass für einen Untersuchungshäftling die Unschuldsvermutung gilt und er "deswegen allein unvermeidbaren Beschränkungen unterworfen werden darf". Auch der verfassungsrechtliche Anspruch auf den Schutz seiner Privatsphäre und seiner Familie müsse Rechnung getragen werden, so die Richter.

Weil die Führung der JVA die Telefonate nur pauschal und nicht nach einer Einzelfallprüfung beschränkt hat, müsse darüber neu entschieden werden. Es sei nicht geprüft worden, ob häufigere Telefonate mit Angehörigen geboten waren. Allein der pauschale Hinweis auf die hohe Anzahl der gewünschten Telefonate von Untersuchungshäftlingen reiche nicht für eine Beschränkung aus. In der Ermessensentscheidung könne allerdings auch berücksichtigt werden, wenn Angehörige die Möglichkeit von Besuchen haben, so dass Telefonate mit ihnen reduziert werden können.

Az.: 2 Ws 365/18



Landgericht

Ex-Heimleiter wegen Misshandlung von Flüchtlingen verurteilt



In dem Verfahren wegen Misshandlungen in einer Flüchtlingsunterkunft im siegerländischen Burbach hat das Landgericht Siegen am 22. Januar den damaligen Heimleiter zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Der Mann wurde wegen Freiheitsberaubung in 33 Fällen für schuldig befunden, wie das Gericht mitteilte.

Der frühere Heimleiter habe von dem sogenannten Problemzimmer gewusst und habe auch selbst Flüchtlinge dort einsperren lassen. Als strafmindernd wertete das Gericht, dass der Angeklagte umfassend geständig gewesen sei und Reue gezeigt habe.

Das Gericht sah bei dem früheren Leiter, der sich dort ursprünglich als kaufmännischer Mitarbeiter beworben hatte, zudem eine Überforderung, wie ein Gerichtssprecher dem Evangelischer Pressedienst (epd) sagte. Strafverschärfend sei hingegen gewertet worden, dass es sich bei den Misshandelten um wehrlose Flüchtlinge gehandelt habe.

Im Dezember waren bereits drei Wachmänner wegen Freiheitsberaubung zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Insgesamt wurden vor dem Landgericht 30 Wachleute und Mitarbeiter des Heimbetreibers European Homecare wegen Körperverletzungen, Nötigungen, Diebstähle und Freiheitsberaubung angeklagt. Es geht um 54 Fälle von Ende 2013 bis September 2014.

Az.: 21 KLs 23/18



Sozialgericht

Hartz-IV-Schonvermögen für Auto auch ohne Führerschein



Auch ohne den Besitz eines Führerschein müssen Hartz-IV-Bezieher ihr Auto nicht unbedingt verkaufen. Damit ein Wagen beim Hartz-IV-Bezug zum Schonvermögen zählen kann, ist nach dem Gesetz keine gültige Fahrerlaubnis erforderlich, entschied das Sozialgericht Braunschweig in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11. Dezember 2018. Maßgeblich sei, ob der Hartz-IV-Bezieher dennoch sein Auto nutzen kann, etwa dass ein Bekannter ihn bei Bedarf mit dem Pkw fährt.

Im konkreten Fall lebte der Kläger im Haus seiner Eltern. Als er 2016 auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen war, gab er beim zuständigen Jobcenter Goslar unter anderem an, dass er über einen Audi A3 mit einem Kilometerstand von 100.000 km verfüge.

Das Jobcenter lehnte Zahlungen wegen des zunächst einzusetzenden eigenen Vermögens ab. Die Behörde ging davon aus, dass der Audi einen Wert von knapp 18.000 Euro hat. Der Arbeitslose habe aber nur einen Vermögensfreibetrag von 12.000 Euro. Darin enthalten war, entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der Freibetrag für ein "angemessenes Kfz" in Höhe von maximal 7.500 Euro. Zwischenzeitlich hatte der Mann seinen Führerschein verloren. Damit sei der Pkw sowieso nicht mehr "angemessen", befand die Behörde. Ihm sei es zuzumuten, das Fahrzeug zu verkaufen.

Vor dem Sozialgericht bekam der Arbeitslose jedoch recht. Das Auto hatte einem Gutachten zufolge im Streitzeitraum einen Wert von 8.350 Euro. Zwar habe das BSG 7.500 Euro für ein angemessenes Fahrzeug veranschlagt. Werde allerdings bei dem Kläger noch zusätzlich sein allgemeiner Vermögensfreibetrag in Höhe von 4.650 Euro berücksichtigt, ergebe sich insgesamt kein einzusetzendes Vermögen.

Um das Schonvermögen für den Pkw beanspruchen zu können, sei auch kein Führerschein erforderlich. Das Gesetz sehe das nicht vor. Allerdings müsse der Hartz-IV-Bezieher eine Nutzungsmöglichkeit seines Autos vorweisen können. Hier habe der Kläger glaubhaft angegeben, dass ein Bekannter ihn bei Bedarf mit seinem Audi fährt.

Az.: S 44 AS 1132/16



Europäischer Gerichtshof

Brexit beeinflusst Dublin-Überstellungen vorerst nicht



Der Brexit wirkt sich vorerst nicht auf die Anwendung der Dublin-Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen aus. Das geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom 23. Januar hervor. Der Fall dreht sich um die mögliche Überstellung mehrerer Asylsuchender von Irland nach Großbritannien.

Der EuGH machte generell klar, dass die bloße Ankündigung des Austritts Großbritanniens nichts an der Geltung des Unionsrechts ändere. Großbritannien will eigentlich am 30. März aus der Europäischen Union austreten, allerdings wird um Zeitpunkt und Umstände sowie auch um das Ob des Austritts in dem Land heftig gerungen.

Insbesondere folge aus dem Austrittsplan nicht, dass Irland bei der Anwendung der sogenannten Ermessensklausel gehalten sei, Asylbewerber aufzunehmen statt sie nach Großbritannien abzuschieben, urteilte der EuGH. Die Dublin-Regeln bestimmen, welches Land für einen Asylantrag zuständig ist. In der Regel ist es dasjenige, wo der Betreffende zuerst EU-Boden betreten hat.

Die Ermessensklausel ermächtigt jedoch andere EU-Länder, zum Beispiel aus humanitären Gründen, Antragsteller aufzunehmen, statt sie in das zuständige Land abzuschieben. Im aktuellen Fall wollte die irische Justiz vom EuGH wissen, ob Irland wegen des Brexits zur Aufnahme in solchen Fällen verpflichtet sei.

Az.: C-661/17




sozial-Köpfe

Karriereschritt

Daniel Terzenbach soll in den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit




Daniel Terzenbach
epd-bild/Daniel Karmann
Der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat sich für Daniel Terzenbach als Vorstand Regionen der BA entschieden. Der Verwaltungsrat wird der Bundesregierung vorschlagen, den 38-Jährigen zum Vorstandsmitglied zu benennen.

Daniel Terzenbach soll voraussichtlich im März 2019 auf Raimund Becker folgen, dessen Amtszeit als Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausläuft. Der 38-Jährige ist bereits seit einigen Jahren in leitenden Funktionen der BA tätig. Terzenbach studierte in Dortmund Diplom Social Management.

Sein beruflicher Weg in der BA begann Anfang 2006 im Jobcenter Märkischer Kreis. Hier konzeptionierte und leitete er strategische Projekte und wirkte beim Aufbau lokaler Kooperationen und überregionaler Netzwerke in den damals neu geschaffenen Strukturen des SGB II entscheidend mit.

Ab 2009 gestaltete er in der Nürnberger Zentrale die Aufstellung und die Geschäftspolitik der BA in einer sich wandelnden Arbeitswelt mit, insbesondere die Strategie zum sich verändernden Fachkräftepotenzial der Zukunft. Im Oktober 2015 wurde er – neben seinen Aufgaben als obere Führungskraft in der Unternehmenssteuerung – vom Vorstand mit dem Aufgabenbereich der Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen betraut. Seit 2017 ist er Geschäftsführer in der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit und dort verantwortlich für den Bereich "Qualität – Umsetzung – Beratung".

Raimund Becker (59) ist seit 2004 Vorstandsmitglied der BA und zuständig für die Regionen mit 156 Arbeitsagenturen und etwa 300 Jobcentern. Nach den Worten von Annelie Buntenbach, DGB-Vorstand und alternierende Vorsitzende des BA-Verwaltungsrats, hat Becker entscheidend an der Umgestaltung der BA zu einem modernen Dienstleister mitgewirkt.



Weitere Personalien



Hans-Christoph Ketelhut (51), evangelischer Theologe, tritt zum 1. März 2019 sein Amt als neuer Vorstandssprecher des Vereins für Innere Mission in Bremen an. Ketelhut folgt Pastor Uwe Mletzko, der im November 2016 zum diakonischen Konzern Diakovere in Hannover wechselte. Ketelhut werde gemeinsam mit dem kaufmännischen Vorstand Rolf Klauner die Geschicke der Inneren Mission lenken. Der aus Neustadt am Rübenberge stammende Ketelhut ist derzeit Leitender Theologe der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort im nordrhein-westfälischen Freudenberg bei Siegen. Zuvor war er von 2009 bis 2018 alleiniger Vorstand der "LebensWerkstatt für Menschen mit Behinderung" in Heilbronn in Baden-Württemberg. Er leitet künftig den drittgrößten diakonischen Anbieter in der Hansestadt. mit rund 670 Mitarbeitenden.

Anke Schulz (54), Petra Densborn (51) und Samuel Breisacher (46), alle Direktoren des Christlichen Jugenddorfwerkes (CJD), sind zu Regionalvorständen ernannt worden. Damit wuchs das Leitungsgremium von zwei auf fünf Vorstände. "Um unsere Verbünde zukünftig verantwortlicher und direkter führen zu können, musste die aktuelle Position der Direktoren gestärkt werden", erklärte Vorstandssprecher Hans Wolf von Schleinitz. Schulz, die bereits seit 25 Jahren im CJD tätig ist, wird nun den Bereich Personal sowie die Leitung mehrere CJD Verbünde übernehmen. Die anderen Verbünde werden von Densborn, sie seit 1991 beim CJD ist, und von Breisacher geleitet. Er steht seit 18 Jahren im Dienst des Trägers.

Wolfgang Stadler, Chef der Arbeiterwohlfahrt (AWO), ist am 17. Januar 65 Jahre alt geworden. Stadler gehört mittlerweile seit 40 Jahren der AWO an und trägt seit 2010 als Vorsitzender des Vorstandes die Verantwortung für den Bundesverband. Von 2013 bis 2014 war er zudem Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW). Von 1993 bis 2009 war der Diplom-Soziologe Geschäftsführer des AWO Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe. Seit 2005 ist Stadler auch Geschäftsführer des ElternService der AWO.

Matthias Megges, Berliner Alzheimer-Forscher, ist mit dem erstmals vergebenen Helga und Dieter Steinle-Preis ausgezeichnet worden. Der Wissenschaftler der Charité-Universitätsmedizin erhielt das Preisgeld in Höhe von 40.000 Euro für sein Forschungsprojekt "Entzündungen bei der Alzheimer-Krankheit verhindern", teilte die Alzheimer Forschung Initiative (AFI) in Düsseldorf mit. Megges untersucht den Einfluss des körpereigenen Botenstoffs Interleukin auf das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit. Der Preisträger war vom wissenschaftlichen Beirat der Alzheimer Forschung Initiative ausgewählt worden.

Klaus Schulte (62) ist neuer Vorsitzender des Caritasrates im Diözesancaritasverband Essen. Er ist Nachfolger von Marie-Luise Notthoff, die das Amt 22 Jahre lang innehatte. Neu im Gremium ist Hildegard Laskowski.

Kerstin Stegemann hat die Geschäftsführung der Freiwilligen Sozialen Dienste (FSD) im Bstum Münster übernommen. Sie löste Angelika Frank ab, die 1995 mit 45 Freiwilligen im Bischöflichen Jugendamt ihre Arbeit begonnen hatte. Heute werden jährlich rund 1.000 Ehrenamtler vermittelt uns betreut.

Igor Ratzenberger (52), gelernter Krankenpfleger und Betreiber eines ambulanten Pflegedienstes, ist in Dresden zum neuen Vorstandsvorsitzenden der sächsischen Landesgruppe des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) gewählt worden. Er löste Matthias Faensen, Arzt und Psychologe, ab, der ist aus Altersgründen nach elf Jahren an der Spitze der Organisation nicht mehr zur Wahl antrat. Unter Faesens Leitung sei es gelungen, zum größten Verband von Pflegeeinrichtungen in Sachsen zu werden, hieß es.

Petra Brinkmann, in Paderborn lebende Steuerberaterin und Diplom-Handelsschullehrerin, ist neue Vorstandsvorsitzende der CaritasStiftung für das Erzbistum Paderborn. Sie tritt die Nachfolge von Karl Jürgen Auffenberg an, der die Leitung acht Jahre lang innehatte. Er erhielt in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Stiftung von Domkapitular Thomas Witt das Caritas-Ehrenzeichen in Gold überreicht.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis März



Februar:

6.2. Haan:

Schulung "Kinder vor (sexueller) Gewalt schützen"

des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln

Tel.: 0221/2010-273

7.2. Leipzig:

Seminar "Datenschutz und Schweigepflicht in sozialen Einrichtungen - Auswirkungen der EU-Datenschutzgrundverordnung und des neuen Bundesdatenschutzgesetzes"

des Paritätischen Sachsen

Tel.: 0351/4916619

7.2. Osnabrück:

Seminar "Konflikte in der Kita? Spielend leicht gelöst!"

der Landesvereinigung für Gesundheit und der Akademie für Sozialmedizin

Tel.: 0511/3881189-0

7.2. Freiburg:

Seminar "Datenschutz in den Diensten und Einrichtungen der Gesundheits- und Altenhilfe"

des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg

Tel.: 0761/89740

7.2. Frankfurt a.M.:

Seminar "Die Mitbestimmung des Betriebsrates im Tendenzbetrieb"

der BFS-Service

Tel.: 0221/97356159

11.2. Dresden:

Seminar "Schwierige Teambesprechungen effektiv leiten"

des Paritätischen Sachsen

Tel.: 0351/4916619

19.-20.2. Köln:

Seminar "Gestaltung und Optimierung von Dienst- und Schichtplänen"

der Paritätischen Akademie NRW

Tel.: 0202/2822-247

25.-26.2. Berlin:

Seminar "Bundesteilhabegesetz: Personal- und Vertragsrecht"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-142

26.2. Hannover:

Seminar "Tagespflege am Puls der Zeit - Rechtliche Rahmenbedingungen und Konzeption"

der Landesvereinigung für Gesundheit

Tel.:0511/3881189-0

26.-27.2. Frankfurt a.M.:

Seminar "Förderung der Resilienz in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen"

des Paritätischen Bildungswerkes Bundesverband

Tel.: 069/6706-252

März

5.3. Hannover:

Fachtag "Geflüchtet - behindert - versorgt?"

der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen

Tel.: 0511/3881189-0

5.3. Münster:

Seminar "Wenn Beratung schnell gehen muss: Ultrakurzzeitberatung"

der Fachhochschule Münster

Tel.: 0251/8365720

6.3. Leipzig:

Seminar "Qualitätsmanagement - Basiswissen für Führungskräfte"

des Paritätischen Sachsen

Tel.: 0351/4916619

6.-8.3. Remagen-Rolandseck:

Netzwerktagung "Ambulante und teilstationäre Hilfen zur Erziehung der AWO-Bundesakademie

Tel.: 030/26309325-99

7.-10.3. Berlin:

Konferenz "Making Heimat goes Europe - Lebensbedingungen Geflüchteter in Europa"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/20355-0

18.-19.3. Potsdam:

Seminar "Führen im Tandem"

des Paritätischen Bildungswerks Brandenburg

Tel.: 0331/7481875

25.-27.3. Frankfurt a.M.:

Seminar "Methodenkoffer Beratung"

des Paritätischen Bildungswerks

Tel.: 069/6706-219/252

27.-29.3. Berlin:

Caritaskongress "Wir.Jetzt.Hier.Zusammenhalt"

des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-408

28.-29.3. Frankfurt a.M.:

Seminar "Was ist der Early Excellence Ansatz? - Philosophie und Geschichte, Leitgedanken, Pädagogische Strategien und Ethischer Code"

des Paritätischen Bildungswerks

Tel.: 069/6706-219/252