sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

bei der Betreuung behinderter Menschen bleibt künftig kein Stein auf dem anderen. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) erzwingt einen radikalen Umbau aller Hilfen für Personen mit Handicap - ein Paradigmenwechsel, der von den allermeisten Experten nachdrücklich begrüßt wird. Doch welche Herausforderungen müssen die Träger bis 2020, wenn die nächste Reformstufe greift, bewältigen? Wie ist der Stand der Vorbereitung? epd sozial ist diesen Fragen nachgegangen. Dabei zeigte sich: noch herrscht viel Skepsis, ob der Termin überhaupt zu halten ist.

Selten hat eine Studie so viel negative Resonanz erfahren wie die Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung zur Zukunft der Kliniklandschaft in Deutschland. Sie bietet wahrlich jede Menge Zündstoff, denn die Autoren empfehlen die Schließung von beinahe jedem zweiten Krankenhaus. Ärzte und Verbände warnen mit klaren Worten vor einem Rückzug aus der Fläche. Die Grundversorgung sei in Gefahr. Doch, wen wundert es: Zustimmung zu den Vorschlägen ist auch zu hören.

Philipp Fuchs ist mehr als zufrieden. Er gehört zu den ersten Menschen mit Behinderung in Deutschland, die ihre Einrichtung im Netz selbst vertreten. Seit Mai hat die Stiftung Hephata ihre Social-Media-Arbeit neu aufgestellt - und sie lässt Menschen mit Behinderungen für sich selbst sprechen.

Von ihrem Partner getrennt lebende Bezieher von Hartz IV, die ihre Kinder gemeinsam und zu gleichen Teilen betreuen, haben finanzielle Vorteile. Nutzen sie das sogenannte Wechselmodell, muss ihnen das Jobcenter mehr Hilfen bezahlen. Das hat das Bundesozialgericht entschieden. Es befand, in diesem Fall müsse das Amt auch die Unterkunftskosten tragen.

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Hier geht es zur Gesamtausgabe von epd sozial 29/2019.

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Dirk Baas




sozial-Thema

Bundesteilhabegesetz

Heftiges Knirschen im Reformprozess




Wohngruppe des Gesundheitspflegedienstes Helle Mitte in Berlin
epd-bild/Rolf Zöllner
Die Unterstützung von Menschen mit Behinderung wird vom Kopf auf die Füße gestellt. Das Mammutprojekt Bundesteilhabegesetz will mehr individuelle Freiräume schaffen. Doch Experten bezweifeln, dass die nächste Reformstufe 2020 rechtzeitig umsetzbar ist.

Es ist die größte Sozialreform der vergangenen Jahrzehnte, und sie vollzieht sich seit Dezember 2016 weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Die Rede ist von der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), das Menschen mit Behinderung eine selbstbestimmtere Lebensführung ermöglichen will. Doch ob das fristgerecht und buchstabengetreu so funktioniert, wie vom Gesetzgeber erdacht, ist mehr als fraglich. Bei Betroffenen wie auch bei den Einrichtungen der Behindertenhilfe dominiert die Skepsis. Der Zeitdruck bis zum Start der nächsten Reformstufe 2020 steigt - und die Stimmung in der Branche ist schlecht.

Das BTHG will die Unterstützung für Menschen mit Handicap allein an ihren individuellen Bedürfnissen ausrichten, Stichwort Personenzentrierung. Dazu können künftig Einzelbausteine aus verschiedenen professionellen Hilfs- und Betreuungsangeboten ausgewählt werden. Die Vorwerker Diakonie in Lübeck nutzt dazu ein anschauliches Bild: "Die Grundidee gleicht der einer Reisebuchung: Neben All-inclusive-Pauschalurlaub gibt es ja auch individuelle Angebote, bei denen Flug, Unterkunft, Essen, Sport- oder Wellnessangebote je nach Bedarf und Verfügbarkeit individuell 'gebucht' werden können."

Individueller Teilhabeplan ist Pflicht

Für jede betroffene Person muss ein umfassender Teilhabeplan erstellt werden, der sich am individuellen Unterstützungsbedarf ausrichtet, egal, wie viele unterschiedliche Träger von Hilfsangeboten letzten Endes daran beteiligt sind. Wolfram Teschner, Geschäftsführer der Caritas Wohn- und Werkstätten Niederrhein (CWWN), sagte der Zeitschrift "caritas in nrw", derzeit gebe es mehr Fragen als Antworten.

Künftig werden sämtlich verfügbaren Leistungen in zwei Hilfearten unterteilt - und, auch das ist neu, getrennt finanziert. Unterschieden werden die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Fachleistungen zum Bewältigen des Lebens. Auf diese Weise sollen Betroffene frei entscheiden können, ob sie alleine, in einer Wohngemeinschaft oder in betreuten Wohnungen etwa von Diakonie oder Caritas leben möchten.

Zu den Fachleistungen, die individuell ausgesucht werden können, gehören zum Beispiel therapeutische Angebote wie Ergotherapie, heilpädagogisches Reiten oder eine pädagogische Assistenz. Wer welche Unterstützung finanziert bekommt, hängt künftig allein vom persönlichen Bedarf ab.

In der Folge dieser Reform müssen Menschen mit Behinderung künftig wie andere Sozialhilfeempfänger auch ihre Unterstützung für Wohnen und Leben bei den Kommunen beantragen. Leben sie in einer Wohneinrichtung, dann erhalten sie vom Träger jeden Monat eine Rechnung, die sie selbst bezahlen müssen. Für alle anderen Betreuungsleistungen sind die Sozialträger und Fachbehörden zuständig.

Unterstützungsbedarf wird standardisiert ermittelt

Künftig gibt es dafür in jedem Bundesland ein standardisiertes Verfahren zur Ermittlung des persönlichen Unterstützungsbedarfes, das auf dem bundesweit gültigen Teilhabe- und Gesamtplanverfahren beruht. Alle Leistungsträger, also Krankenkassen, Rentenversicherungen und Sozialhilfeträger, beraten gemeinsam, welche Hilfen jemand braucht.

Dass das ein gewaltiges Reformprojekt ist, zeigen allein die Zahlen für Nordrhein-Westfalen: Zu regeln sind die Vertragsdetails für weit über 100.000 Menschen, die Unterstützung beim Wohnen benötigen, und für 70.000 Personen, die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bekommen sollen. Geschätztes Finanzvolumen jährlich: Vier Milliarden Euro.

Was am grünen Tisch noch halbwegs machbar erscheint, hat jedoch erhebliche Tücken in der Praxis. So müssen die reinen Wohnkosten von den anderen Leistungen der Eingliederungshilfe akribisch getrennt werden. Das klingt bürokratisch - und ist auch.

In Gemeinschaftseinrichtungen sind nicht nur die persönlichen Wohnräume der Menschen mit Handicap, sondern auch Gemeinschaftsräume, Therapieräume und etwa Räume für das Personal zu finanzieren. Die Betriebs- und Investitionskosten jeder Fläche müssen auf den einzelnen Bewohner umgerechnet und dem zuständigen Kostenträger monatlich in Rechnung gestellt werden. Das Bundesarbeitsministerium empfiehlt den Einrichtungen, eine Aufteilung in Wohnflächen (Wohn- und Schlafzimmer, Bäder), Fachleistungsflächen (Therapieräume, Hobby- und Veranstaltungsräume) und Mischflächen (Treppenhäuser und Flure) vorzunehmen.

Uwe Mletzko, Vorsitzender des Bundesverbandes evangelischer Behindertenhilfe (BeB), spricht von einem riesigen Aufgabenberg: Für diesen Paradigmenwechsel müssten "ganz neue Instrumente der Bedarfserhebung und ihr Einsatz im Teilhabe- und Gesamtplanverfahren geschaffen werden". Diese Neujustierungen führten zu vielfältigen Herausforderungen an die Haltung, die Kommunikation und die Fachlichkeit der Mitarbeitenden der Leistungsträger und der Leistungserbringer. "Aber auch die Leistungsberechtigten und, sofern vorhanden, ihre gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuer sind gefordert." Mletzko weiter: "Die Umstellung des Systems ist ein Kraftakt und bindet umfängliche Ressourcen bei den Trägern."

Gegenüber dem epd erläuterte der Fachmann: "Viele Regelungen im Gesetz sind unklar, müssen verstanden werden, auf Machbarkeit überprüft werden und in die strategische Neuausrichtung übersetzt werden." Viele Fragen seien noch nicht geklärt, weil in zahlreichen Bundesländern noch keine Landesrahmenverträge abgeschlossen seien, Bedarfserhebungsinstrumente noch nicht zur Verfügung stünden und auch die Ämter vor Ort an vielen Stellen nicht ausreichend vorbereitet seien.

Direktor Kessmann ist skeptisch

Heinz-Josef Kessmann, Diözesancaritasdirektor aus Münster, sieht die Reformen ebenfalls mit einer gewissen Skepsis. Er mache sich "nach wie vor Sorgen, dass gerade für die Menschen mit mehrfachen schweren Behinderungen keine geeigneten Lösungen gefunden werden". Viel werde davon abhängen, "dass die Bedarfserhebung und die Teilhabeplanung durch die Landschaftsverbände tatsächlich im Interesse der betroffenen Menschen mit Behinderung ablaufen", sagte er dem epd.

Nachdem der Landesrahmenvertrag in Nordrhein-Westfalen inhaltlich bis auf Kleinigkeiten ausverhandelt sei, werde es nun darum gehen, das Vereinbarte in praktisches Tun umzusetzen. Trotz aller Unsicherheiten und allen Verwaltungsaufwands scheine der Landesrahmenvertrag eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe im Sinne von mehr Selbstbestimmung und Personenzentrierung zu sein.

Einen Zuwachs an Personal bestätigt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), um künftig überhaupt arbeitsfähig zu sein. "Neue Aufgaben entstehen insbesondere wegen des Grundsatzes der Personenzentrierung. Viel genauer als bislang soll überlegt werden, wie die Selbstständigkeit der Menschen gefördert werden kann", sagte der Sozialdezernent des Kommunalverbandes, Matthias Münning, auf Anfrage. "Was kann der Mensch, und was braucht er? Das sind die Leitfragen, die ein neues System erforderlich machen. Und am Anfang macht eine Umstellung Arbeit beim Einführen", betont der Fachmann.

Zu den Kosten machte er keine Angaben: "Wie sich das finanziell genau auswirkt, wird erst untersucht." Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass durch die bessere Steuerung auch Kosten eingespart würden, sagte Münning.

Er zeigte sich zuversichtlich, dass das Ziel der Reformen pünktlich ereicht wird. "Es gibt viel Arbeit und es gibt viele Detailfragen. Von Problemen kann man deshalb aber nicht sprechen." Derzeit sehe der LWL nichts, was nicht auch gelöst werden könne. Das Gesetz sei nicht perfekt, doch "von Konstruktionsfehlern kann deswegen nicht die Rede sein".

Die Caritas zeigt sich zurückhaltend. Die Verwaltungskosten würden auf jeden Fall steigen. Auch, weil nach ihren Angaben allein beim LWL rund 100 neue Stellen entstehen, um den künftigen Hilfebedarf für jeden einzelnen Bewohner und Beschäftigten mit Behinderung zu klären.

Stimmung in der Branche ist schlecht

Eher pessimistisch ist die Stimmung in der betroffenen Branche. Zumindest legen das die Ergebnisse einer Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Curacon (Münster) zu. Eine Umfrage bei den Trägern der Eingliederungshilfe kommt zu dem Ergebnis: "Spät verabschiedete Ausführungsgesetzte, noch ausstehende Landesrahmenverträge, hohe Aufwände im Vorbereitungsprozess und Zweifel an der Erreichung der kommunizierten Ziele des BTHG führen eher zu Verstimmungen unter den Studienteilnehmern." Im Vergleich zur Befragung 2018 habe "sich die Bewertung des BTHG nochmals verschlechtert", schrieben die Autoren Jan Appel und Simon Odenwald.

Die beiden Experten kommen zu dem Fazit: "Die Studienteilnehmer sind größtenteils auf einem guten Weg der Vorbereitung. Auf diesem Pfad haben sie aber in den nächsten Monaten noch einige steinige Abschnitte vor sich, insbesondere vor dem Hintergrund der in vielen Bundesländern noch laufenden Landesrahmenvertragsverhandlungen."

Für Wolfgang Teschner sind genau diese Gespräche der Knackpunkt im laufenden Reformprozess: Weil noch nicht in allen Bundesländern Ergebnisse vorliegen, die landesweit einheitliche Regelungen zum Ziel haben, kämen die Einrichtungen der Behindertenhilfe unter Zugzwang.

Sehr enger Zeitplan

Teschner zufolge ist es mehr als fraglich, dass der Zeitplan zur Umsetzung eingehalten werden könne. Dazu müssten zunächst bei den Rahmenplanverhandlungen Kompromisse gefunden, die sich daraus ergebenden Vertragsformulare entworfen und dann noch mit allen betroffenen Personen sogenannte Teilhabegespräche geführt werden.

Diese Probleme auf Landesebene bestätigt auch die Lebenshilfe. "Die Vorbereitung zum Trennen der Leistungen sind vielerorts noch nicht so weit, wie es für eine Gestaltung der neuen Leistungsbeziehungen erforderlich wäre", sagte Bundesgeschäftsführerin Jeanne Nicklas-Faust dem epd. Der hohe Zeitdruck in der Umsetzung des Systemwechsels sei von Anfang eine Herausforderung gewesen: "Das zeigt sich aktuell auch in der Umsetzung in den Ländern und bei der Trennung der Leistungen." Noch lasse sich aber kein Urteil über die Reformen fällen: Das Gesetz werde in seinen unterschiedlichen Teilen erst nach und vollzogen, sagte Nicklas-Faust: "Daher ist aktuell keine abschließende Bewertung möglich."

Für Wolfram Teschner führt das BTHG zu einem Übermaß an Bürokratie. Der eigentlich gute Ansatz, mehr Teilhabe zu ermöglichen, verkehre sich in sein Gegenteil, sagte der Geschäftsführer.

"Die Umstellung wird auf jede Fall einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeuten", ist auch Uwe Mletzko überzeugt. Vieles werde künftig davon abhängen, wie praktikabel die Regelungen umgesetzt würden, wie personenzentriert und auch mit wie viel Vertrauen in die Expertise der Einrichtungen und Dienste. Viele Kolleginnen und Kollegen hätten die Sorge, "dass der große Aufwand real keine Verbesserung der Lebenssituation der Leistungsberechtigten bringt". Manche Kritiker befürchteten gar Verschlechterungen. Fakt sei, so Mletzko: "Die neuen Gesamt- und Teilhabeplanverfahren sind kompliziert und wenig erprobt."

Dirk Baas


Bundesteilhabegesetz

Reformziel: Heraus aus dem Fürsorgesystem



Das "Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbsbestimmung von Menschen mit Behinderungen", kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG), soll Menschen mit Behinderung eine möglichst selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen. Dessen erste Stufe trat 2017 in Kraft.

Manche Veränderungen stellen zugleich einen radikalen Systemwechsel dar: Die neuen gesetzlichen Vorschriften bringen zum Beispiel Veränderungen bei der Finanzierung der Leistungen, für den Zugang zu den Hilfen sowie bei den Verfahren zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfs. Dazu müssen bis zum Ende des Jahres in den Bundesländern Rahmenverträge zur Umsetzung des BTHG geschlossen werden, um Leistungen und Vergütungen zu regeln.

Das vierstufige Gesetz löst das Recht der Eingliederungshilfe aus dem Sozialhilferecht heraus. Dabei ist der Grundsatz leitend, dass Menschen nicht erst finanziell bedürftig werden müssen, um Gelder aus der Eingliederungshilfe zu erhalten. Zudem sollen Art und Qualität der Hilfen künftig nicht mehr davon abhängen, ob ein Betroffener in seiner eigenen Wohnung oder gemeinsam mit anderen in einer Wohngemeinschaft oder einer Wohneinrichtung lebt.

Vollständiger Kurswechsel erforderlich

Dieses Reformprojekt ist für die Träger der Eingliederungshilfe mit einer ganzen Reihe von organisatorischen Herausforderungen verbunden, denn es geht auch darum, Leistungen zu trennen. Experten verweisen darauf, dass sich das historisch gewachsene Angebotsspektrum der Unterstützungsleistungen komplett ändern muss, um Menschen mit Behinderungen tatsächlich bei ihrer individuellen Lebensgestaltung begleiten zu können.

"Die Gestaltungsideen in Richtung Selbstbestimmung, Personenzentrierung und Teilhabe treffen auf Bestandssorgen, Sorgen um funktionierende Verwaltungsprozesse, Veränderung der Arbeitsbedingungen beim Personal oder mögliche Einsparungen", heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Management und Controlling in der Sozialwirtschaft.

Zunächst muss der Betroffene entscheiden, wie und wo er leben will. Dann wird ermittelt, aus welchen öffentlichen Leistungssystemen er welche Unterstützung benötigt, um etwa gesundheitliche Einschränkungen zu kompensieren. Weil sich dieser Status in der gesamten Lebenszeit ändert, ist auch der Hilfebedarf stets neu zu justieren.

Inklusion rückt ins Zentrum

Mit dem BTHG wird zudem das deutsche Recht in Übereinstimmung mit den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) weiterentwickelt und an dem Grundbegriff der Inklusion ausgerichtet. Dabei geht es auch darum, die Teilhabe an Bildung und am Arbeitsleben sowie die Beratung der Menschen mit Handicap zu verbessern.

Die erste Reformstufe ist 2017 in Kraft getreten und umfasst unter anderem Änderungen im Schwerbehindertenrecht sowie höhere Freibeträge bei Einkommen und Vermögen.

Am 1. Januar 2018 wurden Teil 1 und Teil 3 des SGB IX-neu eingeführt. Dabei handelt es sich um das Verfahrensrecht (Teil 1) sowie das Schwerbehindertenrecht (Teil 3). Weiterhin wurden vorgezogene Verbesserungen im Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Eingliederungshilfe eingeführt.

Nächste Stufe greift ab Januar

2020 soll die Trennung von Leistungen der Eingliederungshilfe von existenzsichernden Leistungen eingeführt werden. Das Recht der Eingliederungshilfe wird dabei zu Teil 2 in SGB IX-neu und soll im Zuge dessen vollständig aus dem SGB XII (Sozialhilfe) herausgelöst werden. Diese Neuausrichtung erfolgt konsequent personenzentriert, das heißt, sie wird am notwendigen individuellen Bedarf ausgerichtet. Ziel ist es zu vermeiden, dass über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird. Künftig sollen Betroffene in den gesamten Prozess der Leistungsfeststellung, Leistungsplanung und Leistungsumsetzung eingebunden sein.

In der letzten Reformstufe, die am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, wird der Zugang zur Eingliederungshilfe neugestaltet. Dabei wird der leistungsberechtigte Personenkreis geändert.



Bundesteilhabegesetz

Gastbeitrag

Vorbereitung der Reformstufe III läuft auf Hochtouren




Jan Appel (re.) und Simon Odenwald
epd-bild/Curacon
Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes läuft auf Hochtouren. Die Leistungserbringer sind intensiv in der Vorbereitung, haben aber bis zum 1. Januar 2020, dem Inkrafttreten der dritten Reformstufe, noch einige Hürden vor sich. Zu diesem Fazit kommen die beiden Autoren des Gastbeitrages für epd sozial, Simon Odenwald und Dr. Jan Appel von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon.

Das Bundesteilhabegesetz als größte Reform des SGB IX seit dessen Entstehung stellt insbesondere Leistungserbringer mit Wohnsettings vor die große Herausforderung, komplexe Neuregelungen in die Praxis umzusetzen. In einer aktuellen Studie unserer Curacon GmbH wird der Stand des Vorbereitungsprozesses von Einrichtungen der Eingliederungshilfe im Bereich Wohnen aus zehn Blickwinkeln analysiert.

Vor einem Jahr hatten wir bereits in der Vorgängerstudie die Stimmungen und Erwartungen der Branche aufgenommen. Die Teilnehmer beschrieben dabei zu 48 Prozent ihre Vorbereitung auf das BTHG als proaktiv - trotz des eher negativen Stimmungsbildes, das die Branche von den wirtschaftlichen Konsequenzen des Gesetzes hatte. So glaubten damals 94 Prozent der Befragten nicht an eine Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklungen in der Behindertenhilfe durch das neue Gesetz.

Diese negative Sichtweise galt erfreulicherweise nicht für die Situation der Leistungsberechtigten. Die Mehrheit der Befragten gab an, positive Auswirkungen auf das Leben der Menschen mit Behinderung zu erwarten.

Diese und weitere ausgewählte Fragen zur Bewertung der jüngeren Entwicklung sind erneut in die aktuelle Befragung eingegangen. Der Hauptfokus der BTHG-Studie 2019 liegt jedoch auf dem aktuellen Umsetzungsstand der Leistungserbringer anhand von typischen Projektschritten des Vorberei-tungsprozesses.

Hohe Professionalität im Vorbereitungsprozess

Die Anforderungen, die mit der Umsetzung des Gesetzes einhergehen, sind vielfältig und betreffen sowohl organisatorische als auch mannigfaltige weitere Aspekte der fachlich-inhaltlichen Arbeit. ICF-basierte Bedarfsermittlung, Leistungsmodularisierung, personenzentrierte Leistungsplanung oder die Differenzierung zwischen Assistenz- und qualifizierter Assistenzleistung sind nur einige Beispiele, die die große Komplexität und Vielschichtigkeit der gesetzlichen Reform verdeutlichen. Eine interdisziplinäre und hierarchieebenenübergreifende Zusammenarbeit ist dabei unerlässlich, wenn diese Herausforderungen erfolgreich bewältigt und die vorgegebene Zeitschiene des sukzessive in Kraft tretenden Gesetzes eingehalten werden sollen.

Die Mehrheit der befragten Einrichtungen kommt dieser Herausforderung mit einem professionell gestalteten Projektmanagement nach. 63 Prozent der Einrichtungen haben einen Zeitplan mit den wichtigsten Meilensteinen aufgestellt, drei Viertel der Einrichtungen haben ein (Multi-)Projekt für die Umsetzung definiert oder planen es. Die zugehörige Projektgruppe ist dabei typischerweise interdisziplinär aufgestellt und umfasst Betriebswirte, Sozialpädagogen und in einem Drittel der Fälle externe Berater.

Handlungsbedarf bei der inhaltlichen Vorbereitung

Zentrale Änderungen, die mit dem Inkrafttreten des BTHG einhergehen, sind die Trennung von Fachleistung und existenzsichernder Leistung sowie die neuen Verfahrensregeln des Gesamt- und Teilhabeplanverfahrens.

Insbesondere stellt die Änderung des Gesamtplanverfahrens die Einrichtungen vor große Herausforderungen. Denn sie müssen nach Paragraf 118 SGB IX Bedarfsermittlungsinstrumente anwenden, die sich an der "International Classification of Functioning Disability and Health" (ICF) orientieren. Welches Bedarfsermittlungsinstrument konkret Anwendung findet, bleibt den Ländern überlassen.

In einzelnen Bundesländern sind jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt entsprechende Bedarfsermittlungsinstrumente noch nicht existent oder werden erst seit Anfang des Jahres modellhaft angewandt. Das spiegelt sich auch in einem geringen Verständnis für die neuen Instrumente wider.

Planungsinstrumente oft noch nicht bekannt

So geben die Studienteilnehmer im Schnitt an, dass ihren Mitarbeitern nur zu 42 Prozent das konkrete Bedarfsermittlungsinstrument bekannt ist. Immerhin knapp die Hälfte der Einrichtungen setzt spezielle Experten (zum Beispiel Case Manager) für die individuelle Fallsteuerung ein, um die aus neuen Verfahrensregelungen resultieren Anforderungen erfolgreich bewältigen zu können.

Mit Inkrafttreten der dritten Reformstufe des BTHG wird schließlich die Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem des SGB XII herausgelöst. Damit einhergehend ergeben sich eine neue Refinanzierungsstruktur und die Notwendigkeit für leistungserbringende Einrichtungen, die Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den Leistungen zur Existenzsicherung zu trennen.

Den ersten Schritt stellt dabei die Frage nach der Höhe der Kosten der Unterkunft dar. Zentraler Punkt hierbei ist die genaue Zuordnung der Flächen inklusive ihrer Kosten zu Wohnzwecken oder zu Fachleistungszwecken. Die befragten Einrichtungen haben diesen Prozess zu großen Teilen bereits begonnen und in 44 Prozent der Fälle sogar schon abgeschlossen. Lediglich 16 Prozent der Einrichtungen haben diesen notwendigen Schritt im Frühjahr 2019 noch auf ihrer To-do-Liste.

Vielschichtige Implikationen

Neben einer schier unüberschaubaren Vielfalt an fachlich-inhaltlichen und betriebswirtschaftlichen Implikationen, wirft die Umsetzung des Gesetzes auch zahlreiche sozialrechtliche und steuerliche Fragestellungen auf, die es im Zuge des Umsetzungsprozesses zu kennen gilt. Sie haben große Bedeutung für die Gestaltung der neuen Verträge über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz - WBVG) sowie der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen ist. Eine Modularisierung und Harmonisierung der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen sowie der Unterkunfts- und Betreuungsverträge wird in den kommenden Monaten durch die Einrichtungen vorgenommen. Aktuell ist dies erst in weniger als fünf Prozent der Einrichtungen geschehen.

Spät verabschiedete Ausführungsgesetzte, noch ausstehende Landesrahmenverträge, hohe Aufwände im Vorbereitungsprozess und Zweifel an der Erreichung der kommunizierten Ziele des BTHG führen eher zu Verstimmungen unter den Studienteilnehmern. Im Vergleich zur Befragung 2018 hat sich die Bewertung des BTHG nochmals verschlechtert.

Die Studienteilnehmer sind größtenteils auf einem guten Weg der Vorbereitung. Auf diesem Pfad haben sie aber in den nächsten Monaten noch einige steinige Abschnitte vor sich, insbesondere vor dem Hintergrund der in vielen Bundesländern noch laufenden Landesrahmenvertragsverhandlungen. Beide Studien sind kostenlos via studien@curacon.de zu beziehen.

Dr. Jan Appel leitet seit 2017 Curacon Research. Simon Odenwald ist Berater im Geschäftsfeld Strategie und Organisation in der Sozialwirtschaft bei Curacon.


Bundesteilhabegesetz

Fachverband: Umstellung fordert die Träger enorm




Uwe Mletzko
epd-bild/Kerstin Rolfes/Verein für Innere Mission
2020 tritt die nächste Stufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Kraft. Die Träger sind schwer gefordert, die Vorgaben zu erfüllen. Leicht ist das nicht, wie Uwe Mletzko, der Vorsitzende des Bundesverbandes evangelischer Behindertenhilfe (BeB), im epd-Interview erläutert. Der Aufwand sei enorm und die Länder hätten zum Teil ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt. Der Zeitdruck sei hoch, sagt Pastor Mletzko.

Uwe Mletzko, Theologischer Geschäftsführer der Diakovere gGmbH, begrüßt den angestrebten Paradigmenwechsel in der Betreuung von Menschen mit Behinderung, also auch die Trennung der Fachleistungen von den Leistungen der Sozialhilfe. Aber der Aufwand der Vorbereitung sei enorm, betont der Experte. Zumindest vor der Umstellung werde der bürokratische Aufwand steigen. Viele Kollegen hätten "die Sorge, dass der große Aufwand real keine Verbesserung der Lebenssituation der Leistungsberechtigten bringt. Manche Kritiker befürchten gar Verschlechterungen". Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist eine einschneidende Reform, die ein ganz anderes Herangehen an die Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderung bedeutet. Welche Veränderungen hat das für die Mitarbeiter zur Folge?

Uwe Mletzko: Der Paradigmenwechsel führt zu einer neuen Akzentuierung der Professionalität der Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe. Sie sind Assistentinnen oder Assistenten und unterstützten Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung dabei, ihre individuellen Teilhabewünsche und -rechte zu verwirklichen. Dazu gehört auch unbedingt ein Engagement für den Nicht- beziehungsweise Abbau von Teilhabebarrieren.

epd: Das ist der rein persönliche Aspekt. Was sind die Herausforderungen für die Träger?

Mletzko: Das Gesetz ist der Versuch, den Paradigmenwechsel hin zu Selbstbestimmung und Partizipation auch strukturell im System der Eingliederungshilfe zu verankern. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von existenzsichernden Leistungen der Sozialhilfe. Dazu müssen ganz neue Instrumente der Bedarfserhebung und ihr Einsatz im Teilhabe- und Gesamtplanverfahren geschaffen werden. Diese Neujustierungen stellen vielfältige Herausforderungen an die Haltung, die Kommunikation und die Fachlichkeit aller Beteiligten dar, also vor allem für die Mitarbeitenden der Leistungsträger und der Leistungserbringer. Aber auch die Leistungsberechtigten und, sofern vorhanden, ihre gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuer sind gefordert.

epd: Brauchen die Träger dafür zusätzliches Personal? Oder müssen Sie ihre Mitarbeiter nur entsprechend schulen?

Mletzko: Die Umstellung des Systems ist ein Kraftakt und benötigt und bindet umfängliche Ressourcen bei den Trägern. Das ist bereits bei den vorbereitenden Schritten der Fall. Zusätzliche personelle Ressourcen stehen dafür nicht zur Verfügung, sie werden durch Umstrukturierungen generiert. Zu diesen Maßnahmen zählen auch Schulungen für Mitarbeitende.

epd: Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand?

Mletzko: Dieser Paradigmenwechsel kommt ja nicht völlig überraschend. Es wurde bei den Trägern, in den Ausbildungen und in den Akademien bereits viel unternommen, um vorbereitet zu sein, unter anderem auch von uns als BeB. Zum Beispiel mit dem Aktionsplanprojekt. Weitere Maßnahmen beziehen sich auf das Empowerment der Nutzer der Angebote und die Stärkung partizipativer Strukturen und Kulturen. Auch hier wird viel entwickelt, etwa im BeB-Projekt "Hier bestimme ich mit! Index für Partizipation".

epd: Klingt nach einer großen Herausforderung ...

Mletzko: In der Tat. Viele Kräfte in den Verwaltungen insbesondere der Wohnangebote werden zur Zeit gebunden für die Berechnung der Wohnflächen und die Vorbereitung neuer Zahlungswege. Schließlich braucht die Umstellung viel Energie bei den leitenden Mitarbeitenden der Einrichtungen. Viele Regelungen im Gesetz sind unklar, müssen verstanden werden, auf Machbarkeit überprüft werden und in die strategische Neuausrichtung übersetzt werden. Mit großem Engagement bringen sich Vertreterinnen und Vertreter der Träger in die Aushandlungsprozesse auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ein. Und sie sind damit befasst, die Informationen in die Einrichtungen zu übersetzen und an die Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen weiterzugeben.

epd: Und wenn die Umstellung dann erfolgt?

Mletzko: Die Umsetzung selbst wird ebenfalls zahlreiche Ressourcen binden: Informationen, Schulungen und auch verwaltungstechnische Umstellungen sind notwendig. Der BeB hat bereits vor Beginn der Reform darauf hingewiesen, dass eine so grundlegende Umstellung nicht zum Nulltarif zu haben ist. Wir unterstützen die Träger dabei, diese Bedarfe bei den Leistungsträgern geltend zu machen.

epd: Ist es richtig, dass die Einrichtungen wichtige Vorarbeiten der Umstellung nicht vorantreiben können, weil zum Beispiel die Landesrahmenverträge der Länder noch nicht vorliegen?

Mletzko: Viele Fragen sind noch nicht geklärt, weil in zahlreichen Bundesländern noch keine Landesrahmenverträge abgeschlossen sind, Bedarfserhebungsinstrumente noch nicht zur Verfügung stehen und auch die Ämter vor Ort an vielen Stellen nicht ausreichend vorbereitet sind. Oft verfügen sie auch nicht über kundiges Personal.

epd: Was bedeutet das für den sehr eng getakteten Reformzeitplan?

Mletzko: In einigen Ländern sind die Vorbereitungen recht erfolgreich, andere hinken deutlich hinterher, zahlreiche Bundesländer haben Übergangsregelungen angekündigt, um die Situation zu entspannen und den enormen Zeitdruck aus dem System zu nehmen.

epd: Viele Träger beklagen ein Anwachsen von Bürokratie, etwa auf dem Sektor der Gesamt- oder Teilhabeplanung. Teilen Sie diese Kritik?

Mletzko: Die Umstellung wird auf jede Fall einen erhöhten Verwaltungsaufwand bedeuten. Vieles wird künftig davon abhängen, wie praktikabel die Regelungen umgesetzt werden, wie personzentriert und auch mit wie viel Vertrauen in die Expertise der Einrichtungen und Dienste. Wenn durch die potenziell erhöhte Bürokratie ein Mehr an Teilhabe bei den Klienten ankommt, ist das in Kauf zu nehmen. Viele haben allerdings die Sorge, dass der große Aufwand real keine Verbesserung der Lebenssituation der Leistungsberechtigten bringt. Manche Kritiker befürchten gar Verschlechterungen. Die neuen Gesamt- und Teilhabeplanverfahren sind jedenfalls kompliziert und wenig erprobt. Wir appellieren dringend an die Ausrichtung am Menschen und nicht an Systemen oder Verfahren.

epd: Gehen Sie davon aus, dass zumindest der überwiegende Teil der Einrichtungen 2020 nach den neuen Vorgaben arbeiten wird?

Mletzko: Teile des Gesetzes treten zum Jahreswechsel in Kraft - die Vorgaben müssen von allen Beteiligten umgesetzt werden. Hier sind vor allem die Leistungsträger wie die Landeswohlfahrtsverbände und Sozialämter in der Pflicht, den Betroffenen rechtzeitig die Leistungen zukommen zu lassen. Die Trennung der Leistung wird vollzogen. Die Zahlungswege müssen umgestellt sein. Bei der Bedarfsermittlung und die Gestaltung des Gesamtplanverfahrens gehen wir davon aus, dass sich vieles erst mittel- und langfristig in der Praxis und in der weiteren Rechtsprechung klären lässt.

epd: Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Curacon hat ergeben, dass sich im Vergleich zur Befragung 2018 die Bewertung des BTHG seitens der Träger nochmals verschlechtert hat. Können Sie das nachvollziehen?

Mletzko: Der Aufwand der Einrichtungen zur Umstellung ist enorm, die Verhandlungen der Landesrahmenverträge verlaufen teilweise schleppend. Deshalb sind viele Fragen weiterhin offen, woraus auf allen Seiten eine Verunsicherung bei den Beteiligten resultiert. Barrierefreie Informationen von Bund und Ländern, um zu informieren und auf diese Verunsicherungen der Bürger zu reagieren sind leider äußerst rar. Letztlich muss sich das Gesetz daran messen lassen, was es verspricht: die verbesserte Teilhabe für Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung in diesem Land.

epd: Umfassende Kritik am Gesetz gibt es ja schon länger. Jetzt wird nachgebessert. Was konkret soll das "Reparaturgesetz" bringen?

Mletzko: Eine wichtige Änderung ist, dass die Wohnkosten auch wirklich übernommen werden. Ansonsten beinhaltet das Gesetz lediglich kleinere Korrekturen. Weitere wichtige Änderungen beinhaltet der Entwurf des Unterhaltsentlastungsgesetz, mit dem Eltern von Kindern mit Behinderung finanziell entlastet werden.




sozial-Politik

Gesundheit

Kabinett billigt Masern-Impfpflicht




Die Masernimpfpflicht soll künftig auch für alle Beschäftigten in den Heil- und Hilfeberufen gelten. (Archivbild)
epd-bild/Andrea Enderlein
Nach Warnungen der WHO vor einem Anstieg der Maserninfektionen will die Bundesregierung eine Impfpflicht einführen. Dazu hat das Kabinett einen Gesetzesentwurf verabschiedet. Den Grünen geht das nicht weit genug.

Kinder sollen künftig vor dem Besuch einer Kita oder Schule eine vollständige Masernimpfung nachweisen müssen. Der verpflichtende Impfschutz soll auch für Lehrer und Betreuer gelten, für Bewohner von Flüchtlingsheimen und für das Personal in medizinischen Einrichtungen, wie aus einem vom Kabinett am 17. Juli in Berlin beschlossenen Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hervorgeht. Der Bundestag muss dem Gesetz zur Einführung der Masern-Impfpflicht in Deutschland noch zustimmen.

"Mit dem Gesetz wollen wir insbesondere die Schwächsten der Gesellschaft, nämlich Kinder, vor unnötigen Infektionen schützen", sagte Spahn. Die Impfpflicht soll im März 2020 in Kraft treten. Kinder, die bereits in Gemeinschaftseinrichtungen sind, sowie das dort tätige Personal haben bis Ende Juli 2021 Zeit, den Nachweis über die vollständige Masern-Impfung zu erbringen. Kinder, die nicht geimpft werden, können dann vom Besuch einer Kita ausgeschlossen werden.

Strafe von bis zu 2.500 Euro droht

Eltern, die eine Impfung ihrer Kinder im Schulalter verweigern, müssen mit Bußgeldern bis zu 2.500 Euro rechnen. "Das ist wie im Straßenverkehr: Wer sich und andere gefährdet, bekommt selbstverständlich ein Bußgeld", sagte Minister Spahn.

Von der Pflicht ausgenommen sind Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Impfung vertragen und alle vor 1970 Geborenen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts haben Letztere mit hoher Wahrscheinlichkeit die Masern schon durchgemacht und sind deshalb immun. Die Viruserkrankung kann von schweren Komplikationen begleitet werden, Spätfolgen mit sich bringen oder sogar zum Tod führen.

In dem Gesetz ist zudem vorgesehen, dass künftig die Krankenkassen verpflichtend mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst kooperieren sollen, um in den Landkreisen und Städten wieder Reihenimpfungen anzubieten.

SPD: Impfpflicht ist ein vertretbares Mittel

Sabine Dittmar, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, sagte zu dem Kabinettsbeschluss: "Manche mögen diesen Schritt als eine Art Bevormundung empfinden, aber aus unserer Sicht geht es um den Schutz der gesamten Bevölkerung. Dafür halten wir eine Impfpflicht für ein vertretbares Mittel."

Grünen-Parlamentarierin Kordula Schulz-Asche, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, kritisierte, dass die beschlossenen Maßnahmen nicht weit genug reichten. Bei Erwachsenen über 30 Jahren liege die Impfquote teilweise unter 50 Prozent. "Leider hat Jens Spahn mit seinem Gesetzentwurf für das eigentliche Problem keine zufriedenstellende Antwort", sagte sie.

Die Politikerin forderte niedrigschwellige Angebote, "denn vor allem in ländlichen oder sozial benachteiligten Regionen sind diese Angebote nicht mehr ausreichend verfügbar". Außerdem müsse der Öffentliche Gesundheitsdienst wieder ausgebaut werden, um Impfungen mit gezielten Aktionen auch in Betrieben, Einkaufszentren oder kommunalen Einrichtungen anbieten zu können.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) begrüßte die geplante Neuregelung. "Durch die Regelungen zur Masern-Impfpflicht können die bestehenden Impflücken in der Bevölkerung wirkungsvoll geschlossen werden", erklärt Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner: "Impfpflicht, Informationskampagnen und eine ausführliche Dokumentation der Schutzimpfungen sind ein wichtiges Maßnahmenbündel, um das WHO-Ziel einer 95-prozentigen Durchimpfungsrate zu erreichen."

Mehr Informationen gefordert

Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe äußerte sich ähnlich, betonte jedoch: "Ob eine allgemeine Impfpflicht, und damit immerhin ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte, tatsächlich unmittelbar zu höheren Durchimpfungsraten in Deutschland führen wird, ist strittig", sagte Verbandssprecherin Johanna Knüppel. "Schließlich zeigen die aktuellen Quoten keine grundsätzliche Verweigerung, aber ein fehlendes Bewusstsein, dass Schutz erst nach Durchführung der Folgeimpfung besteht." Zielgruppengenaue Informationen, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Recall-Systeme könnten vermutlich die Impfbereitschaft deutlich verstärken.

Experten hatten sich zuletzt besorgt über die Impfquote bei Masern in Deutschland geäußert. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bekommen zwar noch fast alle Kinder die erste Impfung. Bei der für den Schutz notwendigen Zweitimpfung wird die Quote von 95 Prozent, bei der man vom "Herdenschutz" für die gesamte Bevölkerung ausgeht, aber derzeit nicht erreicht. Auch die WHO warnte vor einem Rekordanstieg der Maserntoten in Europa. Im Jahr 2018 starben 72 Menschen an der Krankheit.

Anna Bayer


Gesundheit

Hintergrund: Impfungen bei Flüchtlingen



Der am 17. Juli vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention sieht auch eine Impfpflicht in Flüchtlingsheimen vor. Das Robert Koch Institut empfiehlt schon seit Jahren, Schutzimpfungen in solchen Gemeinschaftseinrichtungen anzubieten. Weil Menschen dort eng zusammenlebten, bestehe die Gefahr größerer Ausbrüche von Infektionskrankheiten, heißt es auf der Internetseite. Doch wie ist der Impfstatus unter Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen?

Eine bundesweite Statistik gibt es nicht, da solche Daten nicht zentral erfasst werden. Doch wird meist schon bei der Ankunft der Menschen Vorsorge getroffen. Einem Sprecher des Berliner Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zufolge wird Schutzsuchenden, die in der Hauptstadt ankommen, bei einer ärztlichen Untersuchung zu zwei Kombi-Impfungen geraten. Es handele sich um Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung und Keuchhusten sowie gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Nur ganz selten verweigere eine Person, die Asyl beantrage, die Impfungen, sagt er.

Bei Windpocken in Quarantäne

Wenn außerdem zum Beispiel Windpocken erkannt werden, meldet die Behörde das sofort dem Gesundheitsamt. Die Erkrankten und Kontaktpersonen kommen laut Sprecher dann zunächst in Quarantäne, bis die Inkubationszeit - die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit - vorbei ist.

Ferner gebe es eine Tuberkulose-Untersuchung. Dabei seien auch Röntgenaufnahmen zwingend notwendig. Die Untersuchungen würden vom medizinischen Personal des Krankenhauses Charité vorgenommen.

Laut Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung wird bei den Einschulungsuntersuchungen in Berlin zudem der Impfstatus der Kinder überprüft. Ein Impfpass wurde dabei zuletzt bei den nicht in Deutschland geborenen Kindern in 29 Prozent der Fälle nicht vorgelegt. Bei den hierzulande geborenen Kindern waren es demnach sieben Prozent.

Statistiken schaffen keine Klarheit

Unklar ist bei dieser Statistik, wie viele dieser nicht in Deutschland geborenen Kinder überhaupt Flüchtlinge sind. Gründe für niedrigere Impfquoten können der Behörde zufolge auch abweichende Impfschemata im Herkunftsland oder dort nicht verfügbare Impfstoffe sein. Möglich sei auch, dass Kinder im Herkunftsland bereits geimpft wurden, die Dokumente dazu aber verloren gegangen oder nicht lesbar sind.

Im Visumverfahren - zum Beispiel beim Familiennachzug - ist die Vorlage von Impfnachweisen nicht erforderlich, wie aus dem Auswärtigen Amt verlautet. Allerdings wurden in der Vergangenheit nach Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation vereinzelt Impfnachweise für Polio verlangt, abhängig vom Herkunftsstaat des Antragstellers und der dortigen Verbreitung der Krankheit. In Syrien brach vor einigen Jahren die Kinderlähmung wieder aus, weil in einigen Gebieten wegen des Bürgerkriegs nicht mehr geimpft werden konnte.

In Camps wird durchgeimpft

In den vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR betriebenen Flüchtlingscamps werden nach Angaben eines Sprechers der Organisation wiederum die ankommenden Menschen stets komplett durchgeimpft, weil sie dort auf engem Raum lebten. Dabei werde auch in Kauf genommen, dass die Flüchtlinge bereits geimpft seien.

Allerdings leben viele aus Syrien geflüchtete Menschen gar nicht in solchen Lagern der Vereinten Nationen. Im Libanon beispielsweise, harren sie häufig provisorischen Behausungen aus, in der Türkei leben sie meist in den Städten.

Mey Dudin


Krankenhäuser

Studie: Bessere Versorgung mit weniger Kliniken




Trigeminus-Operation im Friederikenstift in Hannover (Archivbild)
epd-bild/Jens Schulze
Eine Bertelsmann-Studie über die künftige Kliniklandschaft birgt Zündstoff: Sie empfiehlt eine Konzentration und die Schließung von Krankenhäusern. Ärzte und Verbände warnen vor einem Rückzug aus der Fläche. Die Grundversorgung sei in Gefahr.

Durch eine Konzentration auf große Kliniken könnte laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung die medizinische Versorgung verbessert werden. Die am 15. Juli in Gütersloh veröffentlichte Untersuchung empfiehlt dafür eine drastische Verringerung von aktuell 1.400 Krankenhäuser auf 600. Politiker, Klinikverbände, Ärzte und die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierten den Vorschlag als "Kahlschlag" zulasten der Patienten. Die FDP begrüßte die Resultate der Untersuchung, ebenso die Kassenärztliche Vereinigung Hessen.

Viele Komplikationen und Todesfälle ließen sich durch eine Konzentration auf weniger, dafür aber besser ausgestattete Kliniken vermeiden, heißt es in der von zehn Gesundheitsexperten erstellten Studie. Viele Krankenhäuser seien zu klein und hätten nicht die nötige Ausstattung, um lebensbedrohliche Notfälle wie einen Herzinfarkt angemessen zu behandeln. Die Bündelung von medizinischem Personal und Gerät würde zu einer höheren Versorgungsqualität in den verbleibenden Häusern führen, vor allem in der Notfallversorgung. Nötig sei dann jedoch auch ein Ausbau der ambulanten Versorgung.

Bundespolitiker gehen auf Distanz

Gesundheitsexperten der Koalition gingen umgehend auf Distanz. Für die SPD sagte Karl Lauterbach der "Augsburger Allgemeinen", er halte die Studie für nicht zielführend. Der stellvertretende Unionsfraktionschef Georg Nüßlein (CSU) betonte: "Wir haben zu viele Betten, das heißt nicht, dass wir zu viele Krankenhäuser haben." Medizinische Grundversorgung sei ein Wert an sich, darum gelte es, die Krankenhäuser in ländlichen Räumen abzusichern.

Andrew Ullmann, Obmann der FDP Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, sagte, die Studie zeige klar, "dass wir eine grundlegende Strukturreform im Gesundheitswesen brauchen. Nur auf diesem Weg können wir den unsäglichen Dreiklang von Über-, Unter- und Fehlversorgung zerschlagen." Ein Konzentrationsprozess bei Akutkrankenhäusern sei unerlässlich. "Gleichzeitig braucht es aber eine Stärkung des Rettungsdienstes, der ambulanten Versorgung und der Reha-Einrichtungen."

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte davor, so viele Krankenhäuser "plattzumachen" und die verbleibenden 600 zu Kliniken und Großkliniken auszubauen. Das sei eine "Zerstörung von sozialer Infrastruktur in einem geradezu abenteuerlichen Ausmaß", erklärte Präsident Gerald Gaß. Zentrales Qualitätsmerkmal des Gesundheitswesens sei der flächendeckende Zugang zu medizinischer Versorgung.

Die Bundesärztekammer erklärte, eine Versorgung in größeren Strukturen könne zwar in Ballungsgebieten sinnvoll sein. Gerade im ländlichen Raum müsse jedoch die flächendeckende Behandlung sichergestellt werden.

Marburger Bund verweist auf eigenes Konzept

Ähnlich äußerte sich die Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Versorgungsprobleme würden nicht dadurch gelöst, dass pauschal regionale, leicht zugängliche Versorgungskapazitäten ausgedünnt werden. "Strukturelle Probleme, wie sie in der Notfallversorgung zu Tage treten, sind längst erkannt, an Konzepten wird intensiv gearbeitet", sagte Verbandschef Rudolf Henke. So habe der Marburger jüngst gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein Konzept zur Etablierung gemeinsamer Anlaufstellen von Krankenhäusern und Bereitschaftspraxen der niedergelassenen Ärzte vorgelegt.

Henke weiter: "Die Krankenhausversorgung als ein zentrales Element der Daseinsfürsorge braucht zweifellos Steuerung." In erster Linie müssten die Länder ihre Kompetenzen in der Planung wieder stärken. "Dazu bedarf es einer definierten Krankenhausplanung und aktiven Gestaltung unter Beteiligung der jeweiligen Landesärztekammer."

Verband: "Realitätsferne Zahlenspielerei"

Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands sprach von "realitätsfremder Zahlenspielerei". Verbandschef Ingo Morell sagte, Patienten "als Trost für längere Wege eine bessere Behandlungsqualität zu versprechen, ist Augenwischerei." Auch in den Kliniken der Grund- und Regelversorgung vor Ort sei eine hohe Qualität Standard.

Schließlich würde die empfohlene Reduzierung von Kliniken laut Morell eine Verdopplung der Behandlungsfälle pro Krankenhaus bedeuten. "In der Studie wird argumentiert, die stationären Fallzahlen könnten durch mehr ambulante Behandlungen von heute 19,5 Millionen pro Jahr auf 14 Millionen gesenkt werden. Gleichzeitig wird jedoch eingeräumt, dass die ambulanten Strukturen diese Patienten derzeit nicht aufnehmen können."

Morell weiter: "Nur eine rigide Patientensteuerung wird die Fallzahlen in den Kliniken deutlich reduzieren. Doch das würde die Patientinnen und Patienten Wahlfreiheit und Souveränität kosten."

An chronisch kranke Patienten denken

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, auch wenn die Konzentration auf Großkrankenhäuser wissenschaftlich begründet sei, wären Fusionen für die Menschen verheerend. Es gehe nicht immer nur um komplizierte Operationen mit Maximalversorgung, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Vielmehr müsste auch alte, pflegebedürftige und chronisch kranke Patienten gut behandelt werden. Diese machten schon heute mehr als 60 Prozent der Krankenhauspatienten aus.

Zustimmung zu den Anregungen kam dagegen vom Klinikkonzern Asklepios (Hamburg). "Wir sprechen uns schon lange für eine drastische Senkung der Zahl der Krankenhäuser und für eine geordnete Strukturbereinigung der Krankenhauslandschaft aus", sagte Kai Hankeln, CEO der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA. Durch die viel zu hohe Zahl an Kliniken komme es zu "erheblicher Ineffizienz in der Versorgung".

In der Realität fehle aber der politische Wille, konsequente Schritte zu unternehmen, Krankenhäuser zu fusionieren und Fachabteilungen oder ganze Standorte zu schließen, beklagte der Vorstand.

"Brauchen Strukturbereinigung"

"Wir brauchen eine geordnete Strukturbereinigung der Krankenhauslandschaft." Dazu müsse die Planungshoheit von der Landes auf die Bundesebene verlagert werden. "Denn die Erfahrung hat gezeigt, der Landespolitik fehlt in der Regel die Kraft, inneffiziente Kliniken zu schließen, weil die Sorge beim nächsten Urnengang von hiesigen Wähler abgestraft zu werden, jede Sachentscheidung überlagert", sagte Hankeln.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen begrüßte die vorgeschlagene Schließung von Kliniken. "Wir wissen schon seit Jahren, dass eine derart hohe Dichte an Kliniken einfach nicht mehr in die Zeit passt", erklärten die beiden Vorstandsvorsitzenden Frank Dastych und Eckhard Starke am Dienstag in Frankfurt am Main. Die Dichte schlage sich auf die Qualität der Versorgung, die Kosten und die Frage der Ressourcen bei Ärzten und Pflegepersonal nieder.

Kleinstkliniken binden nach Darstellung der beiden Vorstände Ressourcen und können die notwendige ärztliche Qualität auch deshalb nicht liefern, weil es gar nicht genügend Ärzte gibt. Gleiches gelte für das Pflegepersonal. Der Ausweg aus diesem Dilemma heiße: "Exzellenz durch Konzentration und Spezialisierung".

Die Bertelsmann Stiftung erklärte, die Studie sei der Frage nachgegangen, wie eine Versorgung durch Kliniken aussähe, die sich stärker an Qualitätskriterien als an schneller Erreichbarkeit orientiere. Dazu gehörten beispielsweise eine gesicherte Notfallversorgung, eine Facharztbereitschaft rund um die Uhr, Erfahrung des medizinischen Personals sowie eine angemessene technische Ausstattung. Erstellt wurde die Studie vom Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.

Holger Spierig, Dirk Baas


Krankenhäuser

Evangelischer Dachverband gegen Klinikschließungen



Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV) hat sich dafür ausgesprochen, die bestehende flächendeckende Krankenhausversorgung zu erhalten. "Der Zugang zu einer qualifizierten medizinischen Versorgung gilt als ein Grundpfeiler des deutschen Gesundheitssystems", heißt es in einer am 16. Juli in Berlin veröffentlichten Mitteilung.

Damit sprach sich der Dachverband gegen die Vorschläge der Bertelsmann-Stiftung aus, in großem Stil vor allem kleine Kliniken zu schließen und leistungsfähige Großeinrichtungen zu schaffen. Die jüngst vorgestellte IGES-Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung kommt nun zu dem Schluss, dass von mehr als 1.400 Krankenhäusern in Deutschland weniger als 600 - dafür große Kliniken - benötigt würden.

Damit verbunden ist die Forderung nach einer Strukturveränderung, ein zweistufiges System mit "Neuer Regelversorgung" in Mittelzentren und einer "Maximalversorgung" in Groß- und Oberzentren zu schaffen.

Mengen schaffen keine Qualität

Christoph Radbruch, Vorsitzender des DEKV: "Größe und Anzahl von Krankenhäusern sind nur ein Faktor unter vielen, um eine patientenzentrierte und bedarfsgerechte medizinische Versorgung zu gewährleisten." Die Schlussfolgerung, dass große Krankenhäuser durch höhere Behandlungszahlen bessere Leistungen als kleinere Kliniken erbringen würden, sei nicht zu beweisen.

Er verwies darauf, dass es im evangelischen Krankenhausbereich viele kleine Spezialisten. "Ihre Patientenzahlen für bestimmte Fachabteilungen liegen höher als die der Universitätskliniken." Das träfe beispielsweise auf das Evangelische Diakoniekrankrankenhaus Freiburg mit seiner Viszeralchirurgie zu. Dort werden nach seinen Angaben jährlich knapp 2.900 Patienten behandelt, hingegen 2.800 im Universitätsklinikum.

Auch auf der Ebene der Operationen führt laut Radbruch die Spezialisierung zu beachtenswerten Zahlen: Die Operation "Entfernen der Gallenblase" wird im Diakoniekrankenhaus Freiburg 454 Mal vorgenommen, hingegen gab es nur 307 Operationen dieser Art im Universitätsklinikum. "Qualität hängt auch davon ab, dass die Fachabteilungen gut miteinander kooperieren und zusammenarbeiten." Hier seien kleinere Krankenhäuser oft im Vorteil.

Heterogenität der Häuser erhalten

Evangelische Krankenhäuser böten mit ihrer Heterogenität einen entscheidenden Beitrag für eine patientenzentrierte und zuwendungsorientierte Versorgung. Insbesondere vulnerable, kognitiv eingeschränkte Patientinnen und Patienten dürften bei Reformen nicht durch das Raster fallen. "Generell muss es künftig darum gehen, das ambulante Potenzial auszuweiten und neue Strukturen zu schaffen, aber stets unter Berücksichtigung des regionalen Patientenbedarfs", betonte der Vorsitzende.

Dringend notwendig sei eine Stärkung der Landeskrankenhausplanung mit Finanzierungsverpflichtung. "Größe vor Regionalität und Trägervielfalt zu stellen, ist eindeutig der falsche Weg", sagte Radbruch, dessen Verband nach eigenen Angaben 201 evangelische Kliniken an über 270 Standorten vertritt.



Flüchtlinge

Umfrage: Mehrheit der Länder will keine Abschiebung aus normaler Haft




Das Abschiebegefängnis in Ingelheim in Rheinland-Pfalz gleicht einem Hochsicherheitstrakt.
epd-bild/Reiner Frey
Bundesinnenminister Seehofer will mehr Abschiebungen und erlaubt den Ländern deshalb, Abschiebehäftlinge in normaler Haft unterzubringen. Die Länder waren von Beginn an skeptisch. Eine Umfrage des epd zeigt: Kaum eines will es nun umsetzen.

Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer will die Möglichkeit zur Unterbringung von Abschiebehäftlingen in normalen Haftanstalten nicht nutzen. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) unter den Ministerien der Länder ergab, signalisieren nur Sachsen-Anhalt und Bremen konkretes Interesse, die kürzliche Aufhebung des Trennungsgebots umzusetzen.

Zehn Bundesländer geben an, dass sie Abschiebehäftlinge nicht in regulären Justizvollzugsanstalten unterbringen wollen. In den restlichen Landesregierungen wird darauf verwiesen, dass es zumindest keine konkreten Pläne dafür gibt.

Trennungsgebot befristet aufgehoben

Das Trennungsgebot schreibt vor, dass Abschiebehäftlinge nicht mit normalen Strafgefangenen untergebracht werden dürfen. Im kürzlich verabschiedeten "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), das für ein konsequenteres Durchgreifen bei Abschiebungen sorgen soll, wird dieses Gebot für drei Jahre aufgehoben.

Begründet wird es damit, dass die derzeit bundesweit vorhandenen rund 500 Abschiebehaftplätze nicht ausreichen. Auf maximal 1.000 soll die Zahl der Plätze durch das Gesetz verdoppelt werden. Die Aufhebung des Trennungsgebots wurde auf drei Jahre befristet.

Aus dem Bremer Innenressort hieß es, man halte es in begründeten Einzelfällen für richtig, wenn die Sicherheitsbehörden auf die zeitweise Unterbringung in Haftanstalten zurückgreifen könnten. Das Innenministerium in Sachsen-Anhalt teilte mit, die Möglichkeit solle genutzt werden.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte sich in der Vergangenheit für die Möglichkeit ausgesprochen. Auf Anfrage heißt es aktuell, dass noch zu prüfen ist, inwieweit die Möglichkeiten des Gesetzes künftig genutzt werden.

Länder sehen Rechtslage kritisch

Die meisten Länder lehnen die gemeinsame Unterbringung von Abschiebe- und normalen Häftlingen ab, mehrheitlich mit Verweis auf die Rechtslage. Man habe dem Bundesinnenministerium deutlich gemacht, "dass eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Justizvollzugsanstalten europarechtswidrig ist", betonte etwa die Hamburger Innenbehörde. Auch aus dem Thüringer Justizministerium wurden "verfassungs- und europarechtliche Bedenken" angemeldet. Die meisten Bundesländer hatten schon vor der Verabschiedung des Gesetzes durch Bundestag und Bundesrat Skepsis gegenüber der Aufhebung des Trennungsgebots verlauten lassen.

Andere Bundesländer verweisen auch darauf, dass die Plätze für Abschiebehaft ausreichen oder in normalen Justizvollzugsanstalten gar keine Kapazitäten vorhanden sind, um dort Abschiebehäftlinge unterzubringen. Im Justizvollzug gebe es ohnehin eine Überbelegung, hieß es etwa aus dem Innenministerium in Baden-Württemberg.

Bundesweit 550 Abschiebeplätze

Die epd-Umfrage ergab, dass die Länder gemeinsam derzeit rund 550 Abschiebehaftplätze zur Verfügung haben. Viele haben eigene Einrichtungen, einige nutzen die eines Nachbarlandes mit. Fast alle Länder wollen ihre Kapazitäten der Umfrage zufolge auch erhöhen - um mehr als 500 Plätze bundesweit, davon allein 350 in Verantwortung des Freistaats Bayern. Die meisten Plätze sollen demnach auch relativ kurzfristig entstehen.

Sachsen-Anhalt geht davon aus, dass es länger dauert. Eine Abschiebehaft mit 30 Plätzen soll dort bis 2022 entstehen. Das Land hat bislang gar keine eigene Einrichtung geschaffen und nutzt die Kapazitäten anderer Bundesländer.

Corinna Buschow


Flüchtlinge

Abschiebungen: Haft, Gewahrsam, Trennungsgebot



Mit kürzlich verabschiedeten Gesetzesänderungen wurden in Deutschland die Möglichkeiten zum Festhalten abgelehnter Asylbewerber verschärft. Der Evangelische Pressedienst (epd) beantwortet Fragen zur Abschiebehaft und zur Aufhebung des Trennungsgebots.

Wer kommt in Abschiebehaft?

Ausländer, die Deutschland verlassen müssen, können in Haft oder Gewahrsam genommen werden, wenn sie das Land nicht freiwillig verlassen, sich einer Abschiebung bereits entzogen haben oder Gründe für eine Fluchtgefahr vorliegen. In Paragraf 62 des Aufenthaltsgesetzes sind die Regeln definiert. Demnach kann ein Richter eine sogenannte Vorbereitungshaft für maximal sechs Wochen anordnen, um eine Abschiebung sicherzustellen. Die echte Abschiebehaft kann für bis zu sechs Monate angeordnet und unter Bedingungen um weitere zwölf Monate verlängert werden.

Zudem gibt es den sogenannten Ausreisegewahrsam, der maximal zehn Tage dauern darf. Er soll sicherstellen, dass eine geplante Abschiebung auch stattfindet. Das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" soll dafür sorgen, dass Abschiebehaft und -gewahrsam künftig häufiger angeordnet werden können. Es sieht zudem die Einführung einer bis zu 14-tägigen sogenannten Mitwirkungshaft vor, wenn Botschaftstermine zur Beschaffung von Papieren nicht wahrgenommen werden. Diese Haft steht aber nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit einer Abschiebung.

Was besagt das Gebot zur Trennung von Abschiebe- und normaler Haft?

Nach EU-Recht ist eine gemeinsame Unterbringung von Abschiebehäftlingen mit normalen Strafgefangenen nicht erlaubt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte dies 2014 in einem Leiturteil bekräftigt. Abschiebehäftlinge müssen danach in speziellen Einrichtungen - getrennt von anderen Gefangenen - untergebracht werden. Die Mehrzahl der deutschen Bundesländer hatte bis dahin keine solcher speziellen Einrichtungen.

Warum wurde das Trennungsgebot aufgehoben?

Rund 500 Abschiebehaftplätze gibt es derzeit bundesweit, die meisten Länder betreiben dafür inzwischen eigene Einrichtungen. Obwohl die Länder seit 2014 Zeit hatten, Abschiebehaftplätze einzurichten, wird die Zahl der Plätze vom Bundesinnenministerium als unzureichend eingeschätzt. Bei der kürzlich verabschiedeten, auf drei Jahre befristeten Aufhebung des Trennungsgebots argumentierte das Innenministerium mit einer drohenden Überlastung der Kapazitäten vor dem Hintergrund der gestiegenen Zuwanderungszahlen. Die Länder können nun die Zahl der Abschiebehaftplätze auf 1.000 verdoppeln, indem sie Betroffene in Justizvollzugsanstalten unterbringen - innerhalb der Einrichtungen aber getrennt von anderen Strafgefangenen.

Corinna Buschow


Seenotrettung

Migrationsforscher fordert neue europäische Mission




Jochen Oltmer
epd-bild/Michael Gründel
Der Migrationsforscher Jochen Oltmer hält eine sogenannte "Koalition der Willigen" für die aktuell einzig mögliche Perspektive, die im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge in Europa zu verteilen. Warum, das begründet der Experte im epd-Gespräch.

Zunächst werde sich wohl nur ein relativ kleiner Kreis von EU-Staaten zusammenfinden, die zur Aufnahme bereit seien, sagte Oltmer dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese sollten auch eine neue Mission zur Seenotrettung im Mittelmeer starten. Nach und nach könnten weitere Akteure dazukommen. Eine "Koalition der Willigen" hatte jüngst unter anderem Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) gefordert.

Den Klagen von Rettungsorganisationen oder Juristen gegen die italienische oder die EU-Flüchtlingspolitik räumt Oltmer hingegen wenig Wirkungsmöglichkeiten ein. Solche Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder dem Strafgerichtshof in den Haag dauerten in der Regel sehr lange. Sie endeten zudem häufig ohne klare rechtliche Vorgaben für die angeklagten Staaten. "Es geht dabei wohl mehr darum, die öffentliche Diskussion am Leben zu halten."

Nicht warten auf EU-Verteilungsmechanismus

Angesichts der dramatischen Situation sei es nicht zumutbar, weiter auf eine Einigung aller EU-Staaten über einen generellen Verteilungsmechanismus zu warten, sagte Oltmer. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre werde es auf absehbare Zeit nicht zu einer Einigung kommen. Dennoch sei es notwendig, parallel weiter darüber zu verhandeln, betonte der Historiker am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Uni Osnabrück. Vor allem müssten die Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollten, verpflichtet werden, die anderen Staaten finanziell zu unterstützen.

Oltmer forderte darüber hinaus eine langfristige Strategie für den Umgang mit Flüchtlingen, "einen echten globalen Pakt für Migration und Flüchtlinge". Dazu müsse in erster Linie das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) mit deutlich mehr Geld ausgestattet werden. Das UNHCR müsse in aufkommenden Krisensituationen schnell eingreifen und Flüchtlingen noch in ihren Heimatländern helfen können, damit sie nicht in andere Länder aufbrechen müssten.

Schutzzonen als Vorbedingung

Zu prüfen sei, ob das UNHCR auch einen Beitrag dazu leisten könne, die Situation der Schutzsuchenden in Libyen zu verbessern. Allerdings müssten dafür in dem Bürgerkriegsland Schutzzonen geschaffen werden.

Die nordafrikanischen Staaten Tunesien und Marokko müssten ebenfalls von der EU unterstützt werden, forderte Oltmer. Sie hätten unter der europäischen Abschottungspolitik zu leiden, weil viele Flüchtlinge dort strandeten. Die Länder würden mit den Migranten alleingelassen. Pläne, dort Auffangzentren für Flüchtlinge zu installieren, seien deshalb bislang gescheitert. Wichtig sei es, vermehrt Möglichkeiten zu schaffen, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Nordafrika nach Europa auszufliegen.

Martina Schwager


Bevölkerung

Statistisches Bundesamt: Jeder Fünfte lebt allein



Das Bild der Familie, die mit fünf Personen unter einem Dach lebt, ist hierzulande offenbar überholt. Die Zahl der Mehrpersonenhaushalte geht seit 1991 zurück. Stattdessen gibt es immer mehr Single- und Zweipersonenhaushalte - und das hat Gründe.

Jeder Fünfte in Deutschland lebt allein in seinen vier Wänden. 2018 gab es hierzulande rund 17,3 Millionen alleinlebende Personen, teilte das Statistische Bundesamt am 16. Juli in Wiesbaden mit. Deren Zahl sei in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen: Im Vergleich zu 1991 hat sich der Anteil der Single-Haushalte bundesweit um 46 Prozent erhöht. Experten erklären diese Entwicklung auch mit dem Wandel im Lebensentwurf vieler Menschen.

Der Trend zu einer kleineren Haushaltsgröße macht sich laut Statistik auch bei den Zweipersonenhaushalten bemerkbar: 24 Millionen Menschen leben nach den Erhebungen des Mikrozensus 2018 zu zweit (34 Prozent aller Haushalte). Ihre Zahl stieg seit 1991 um 29 Prozent, hieß es.

Große Haushalte werden weniger

Der Anteil großer Haushalte in Deutschland nimmt den Statistikern zufolge ab: In zwölf Prozent aller Haushalte leben demnach drei Personen, in neun Prozent der Haushalte vier Personen. Die durchschnittliche Haushaltsgröße in Deutschland gehe seit Jahren zurück: Lebten in einem Haushalt im Jahr 1991 noch 2,27 Personen, sind es heute nur noch 1,99. Nur in drei Prozent der Haushalte gab es fünf oder mehr Bewohner.

Sebastian Klüsener vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung führt den drastischen Anstieg der Einpersonenhaushalte auf einen Wandel in den Lebensentwürfen der Menschen zurück. Insbesondere in den Großstädten lebten immer mehr junge und alleinstehende Menschen. "Daneben spielt aber auch eine Rolle, dass die Familiengründung heute häufig später im Leben erfolgt", sagte der Forschungsdirektor des Bereichs "Demografischer Wandel und Alterung" dem epd am 16. Juli.

Viele Einpersonenhaushalte durch Tod des Partners

Außerdem erhöhe sich mit der alternden Bevölkerung auch der Anteil der alleinlebenden Menschen im höheren Alter. "Solche Single-Haushalte entstehen oft durch den Tod des Partners", erklärte Klüsener.

Sozialwissenschaftler Steffen Kröhnert von der Hochschule Koblenz warnt davor, Alleinlebende stets für einsam zu halten. "Viele Senioren leben allein, aber es kommen sie täglich oder wöchentlich Angehörige besuchen", sagte der Professor für Demografischen Wandel dem epd. In der Entscheidung vieler Menschen, allein zu leben, sieht Kröhnert ein Streben nach individueller Freiheit: "Wir haben die Möglichkeit so zu wohnen, wie wir es möchten, und sind dabei auch wenig kompromissbereit."

So sei heutzutage zum Beispiel kaum jemand dazu gezwungen in einem Mehrgenerationenhaushalt zu wohnen, wenn er dazu nicht bereit ist. Grundlegend für die Entwicklung der Single-Haushalte ist der finanzielle Wohlstand in Deutschland, fügte Kröhnert hinzu. In ärmeren Ländern wie etwa in Asien und Afrika könnten es sich die Menschen oft nicht leisten, allein zu wohnen.

Patricia Averesch


Inklusion

LVR: Förderschulen für nicht behinderte Kinder öffnen



Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) fordert, Förderschulen künftig auch für nicht behinderte Kinder zu öffnen. Inklusion sei nicht an Orte oder Institutionen geknüpft, sagte die LVR-Dezernentin für Schulen Inklusionsamt, Soziale Entschädigung, Angela Faber, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ziel sei nach der UN-Behindertenrechtskonvention vielmehr, so vielen Kindern wie möglich das gemeinsame Lernen zu ermöglichen. "Da steht aber nicht, wo das genau sein muss." Die Öffnung der Förderschulen würde sich positiv auf die Entwicklung der schulischen Inklusion auswirken, erklärte Faber.

Der LVR habe viele sehr gut ausgestattete, barrierefreie Schulen, betonte Faber. Das könne auch Eltern von Kindern ohne Behinderungen überzeugen. "Wir glauben, dass es Eltern gibt, die durchaus ein Interesse daran haben, dass ihre nicht behinderten Kinder in eine Förderschule gehen, weil es dort besonders gute Bedingungen des individuellen Lernens und der Förderung gibt."

Bedarf bei vielen Kindern ist da

Es gebe nach Erfahrung des LVR auch viele Kinder ohne speziell attestierten sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf, die aber trotzdem Probleme mit dem Lernen hätten. "Da sind die Eltern froh über die kleineren Schüler-Lehrer-Relationen, wie wir sie an den Förderschulen haben." Andere Eltern seien auch offen dafür, ihrem Kind durch den Besuch einer Förderschule eine größere Vielfalt zu vermitteln.

Wenn Förderschulen künftig nicht behinderte Schüler aufnehmen sollten, müssten sie sich allerdings auch weiterentwickeln, sagte Faber. "Sicher wird auf längere Sicht eine derartige Umsetzung der Inklusion bedeuten, dass die Ausstattung einer Förderschule mit Lehrern verändert wird." Konkret müssten mehr Fachlehrer an Förderschulen eingesetzt werden.

Voraussetzung für diese Entwicklung sei aber eine Änderung des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes, das die Öffnung der Förderschulen derzeit noch nicht vorsehe. "Man könnte schrittweise vorgehen und zunächst einen entsprechenden Schulversuch genehmigen", schlug Faber vor. Der LVR mache bereits gute Erfahrungen bei der Zusammenarbeit seiner Kölner LVR-Anna-Freud-Schule für körperbehinderte Kinder mit der benachbarten Realschule, betonte Faber. Realschüler mit Qualifikation können nach der zehnten Klasse an die LVR-Anna-Freud-Schule wechseln und dort Abitur machen.

Claudia Rometsch


Bayern

Kritik nach Ablehnung des Pflege-Volksbegehrens



Die Ablehnung des Pflege-Volksbegehrens durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof ist auf Kritik bei den Organisatoren und der SPD gestoßen. Obwohl ein übergreifende Bündnis mehr als 100.000 Unterschriften für das Volksbegehren für mehr Pflegepersonal an den bayerischen Krakenhäusern zusammengebracht hatte, beschied der Gerichtshof das Begehren am 16. Juli als unzulässig, weil für diese Thematik der Bund und nicht der Freistaat zuständig sei.

Wie die Initiative "Stoppt den Pflegenotstand in Bayern" nach der richterlichen Entscheidung ankündigte, werde sie den "Kampf für eine bessere Pflege" nicht aufgeben. Statt um Gesundheit, menschenwürdige Pflege und erträgliche Arbeitsbedingungen sei es "wieder mal nur um Paragrafen" gegangen, erklärte die Initiative am Dienstag in einer Pressemitteilung. Trotz des Urteils habe die Staatsregierung die Möglichkeit, die Bedingungen an den staatlichen Universitätskliniken zu verbessern. Dadurch könnten Standards für die anderen Kliniken gesetzt werden.

Die bayerische SPD bezeichnete die Entscheidung als "sehr bedauerlich". Die Verfassungsrichter hätten nicht im Sinne der bayerischen Bevölkerung entschieden, betonte die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Marietta Eder in einer Pressemitteilung. Denn es seien dringend mehr Pflegepersonal und feste Regeln für die Messung des Personalbedarfs nötig.




sozial-Branche

Behinderung

"Haben nicht alle eine Macke und welche haben Sie?"




Das Social-Media-Team der Evangelischen Stiftung Hephata im Einsatz: Interview mit dem Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck auf dem Kirchentag in Dortmund.
epd-bild/Nora Frerichmann
Dating und Mobbing sind im Netz keine Nischenthemen. Allerdings werden sie oft etwas einförmig aus ähnlichen Perspektiven beleuchtet. Das diakonische Sozialunternehmen Hephata will das ändern - und lässt Menschen mit Behinderungen für sich selbst sprechen.

Philipp Fuchs ist mehr als zufrieden. Mit dem Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck hat er beim Evangelischen Kirchentag ein Interview abgedreht. Dass ausgerechnet er die Chance hat, vor der Kamera mit Politikern und bekannten deutschen Persönlichkeiten zu sprechen, macht den 27-Jährigen stolz. Denn Philipp lebt mit einer geistigen Beeinträchtigung und arbeitet in den Werkstätten der Evangelischen Stiftung Hephata in Mönchengladbach. Bei dem Sozialunternehmen betreuen 2.600 Angestellte mehr als 3.000 Menschen mit Behinderung.

Er gehört zu den ersten Menschen mit Behinderung in Deutschland, die ihre Einrichtung im Netz selbst vertreten. Seit Mai hat die Stiftung Hephata ihre Social-Media-Arbeit neu aufgestellt. In dem Sozialunternehmen sei lange überlegt worden und am Ende sei es die einzig logische Entscheidung gewesen: "Wenn jemand dort unterwegs sein soll, dann die Menschen, um die es geht", sagt Kommunikationsleiterin Manuela Hannen.

Derzeit passiert alles noch auf Probe

Im Moment läuft noch die Findungsphase. Philipp und seine Kolleginnen und Kollegen dürfen sich in Sechser-Teams einige Wochen lang als Social-Media-Redakteure ausprobieren, bis die Kommunikationsabteilung am Ende entscheidet, wer am besten geeignet ist für den Job, Facebook, Youtube und Instagram zu bespielen. Hephata arbeitet dabei mit Christoph Krachten und seiner Youtube-Agentur United Creators zusammen. Die Agentur produziert auch bekannte Youtuber wie Y-Titty, LeFloid oder die mit dem Grimmepreis ausgezeichneten "Datteltäter".

In der Planungsphase habe man aber auch viel hin und her überlegt, sagt Hannen: "Natürlich gab es auch die Sorge: Was passiert, wenn es Hasskommentare gibt? Was machen wir, wenn zum Beispiel ein Shitstorm kommt?" Schließlich sollten die neuen Teammitglieder nicht überfordert werden.

Krachten sieht das nach einem Monat mit dem neuen Team ganz pragmatisch: "Andererseits sind das auch keine Glasblumen, die beim einmal Antippen sofort zerbrechen", sagt der Youtube-Produzent. Für Shitstorms oder Hasskommentare habe man eine feste Strategie, wie jedes andere professionelle Social-Media-Team auch. "Alles was da bisher kam von den Menschen mit Behinderung, ist so positiv", sagt er. "Sie sind extrem authentisch, und das passt perfekt in die sozialen Medien."

Zora Kiesow kommt nicht ins Drucksen

So ist es für Zora Kiesow ganz selbstverständlich, über Behinderungen zu sprechen, während manch eine Journalistin oder ein Social-Media-Manager bei dem Thema ins Drucksen gerät und um den politisch korrekten Ausdruck ringt. Die 27-Jährige ist seit sechs Wochen im Social-Media-Team und lebt mit einem geistigen Handicap. Im Interview mit der WDR-Moderatorin Bettina Böttinger fragt sie geradeheraus: "Wir Menschen mit Behinderung haben kleine Macken. Aber haben nicht alle eine Macke und welche haben Sie?"

Behinderungen werden ein Stück weit von der Öffentlichkeit ausgeschlossen, gewissermaßen unsichtbar gemacht. Der Social-Media-Manager des Teams, Simon Ruehlen, kennt das aus eigener Erfahrung: "Mit einer Beeinträchtigung wird man oft nicht richtig ernstgenommen, auch wenn man wie ich 'nur' im Rollstuhl sitzt. Durch Social Media können wir uns Gehör verschaffen." Das Team um Hannen und Krachten will auch anderen Menschen mit Behinderung Beratung bei der Nutzung von sozialen Medien anbieten.

Stolz auf die "Plattform im Kopf"

Das Team arbeitet wie viele andere Redaktionen auch: Morgens trifft man sich zur Besprechung, tauscht Ideen aus, Beiträge und Drehs werden geplant, Interviewpartner angefragt und das Team ist mit der Kamera unterwegs. "Also ich find das voll cool", sagt Zora nach sechs Wochen im Team. Das Schneiden der Filme sei zwar manchmal etwas kompliziert, aber dabei gibt es Unterstützung. Sie ist stolz darauf, eine Plattform zu haben für das, was ihr im Kopf herumgeht.

Ideen für zukünftige Beiträge hat das Team schon viele: zum Beispiel die Themen Mobbing und Dating gehören dazu. So ist es ein kleiner Traum, einen Dating-Kanal aufzubauen, "weil das Thema Beziehungen natürlich auch für Menschen mit Behinderung total wichtig ist, es aber für viele auch schwierig ist, überhaupt jemanden kennenzulernen", sagt Hannen.

Nora Frerichmann


Krankenhäuser

Islamische Seelsorge "made in Germany"




Die organisierte Seelsorge für Muslime befindet sich bundesweit noch in den Kinderschuhen.
epd-bild/Jürgen Blume
Muslimische Seelsorge in Krankenhäusern wird immer häufiger nachgefragt, doch noch gibt es kaum professionelle muslimische Seelsorger. Eine Marktlücke für islamische Ausbildungsinstitute. Doch noch gibt es keine Ausbildungsstandards.

Immer häufiger fragen muslimische Patienten in deutschen Krankenhäusern oder Hospizen nach einem Seelsorger. Aber ausgebildete Seelsorger gibt es bislang kaum. Um den Mangel zu beseitigen, werden immer mehr islamische Ausbildungsinstitute gegründet, wie das "Institut für kultur- und religionssensible Bildung und Beratung (Inkurs)" in Offenbach. "Die Globalisierung ist in der Seelsorgebewegung angekommen", stellt auch Bernd Nagel fest. Er ist Studienleiter am "Zentrum Seelsorge und Beratung" der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Gemeinsam ist den Ausbildungsinstituten: Sie entwickeln eigene Kurse, aber Ausbildungsstandards müssen erst noch gefunden werden. "Muslime sollen Muslime ausbilden", sagt Rabia Bechari. Die gelernte Bankkauffrau hat 2011 eine Weiterbildung zur ehrenamtlichen Krankenhausseelsorgerin gemacht, dafür hat sie Kurse der Klinischen Seelsorge-Ausbildung (KSA) des evangelischen Zentrums Seelsorge und Beratung besucht. Bechari hat 2017 "Inkurs" in Offenbach mitgegründet.

Kritik am Konzept

"Das Institut entwickelt ein Konzept, was muslimische Patienten brauchen", erklärt sie. "Inkurs" hat nach Angaben der Leiterin von September 2018 bis April 2019 den ersten Kurs einer "muslimischen Krankenhausseelsorge-Ausbildung (MKSA)" für 30 Teilnehmer abgehalten, ab kommenden September sei ein weiterer Kurs geplant.

Die Bezeichnung lehnt sich zwar an den eingeführten Standard der Klinischen Seelsorge-Ausbildung (KSA) der Kirchen an. Fachleute der kirchlichen Seelsorge-Ausbildung sehen die Übernahme der zertifizierten Bezeichnung KSA aber kritisch. Das "Inkurs"-Zertifikat erfülle deren Standards nicht, sagt Bernd Nagel vom Zentrum Seelsorge und Beratung. Auch die Qualitätssicherung durch regelmäßige Fortbildung und Supervision fehle, kritisiert das Zentrum.

"Inkurs" bildet nach eigenen Angaben Muslime zu Seelsorgern aus, die dem Institut unter anderem von den muslimischen Seelsorgevereinen "Salam" in Frankfurt geschickt werden. Institutsgründerin Bechari hat auch Salam 2013 mitgegründet und ist Vereinsvorsitzende. Auch das kritisiert Nagel: "Wie kann ich gleichzeitig Auftraggeberin und Auftragnehmerin sein?"

Inkurs will weiter wachsen

Das Universitätsklinikum Frankfurt hat mit "Salam" einen Kooperationsvertrag geschlossen. Der Verein habe bestätigt, dass die Ausbildung von "Inkurs" auf der Ausbildung des Zentrums Seelsorge und Beratung basiere und "die Einhaltung der grundlegenden seelsorgerischen Standards durch Inkurs weiterhin gesichert wird", teilt die Pressestelle mit. Mit den Absolventen von "Inkurs" hätten die Krankenhäuser mit anders ausgebildeten Helfern zu tun, wendet Nagel ein.

Inkurs als Aus- und Weiterbildungsinstitut strebe nicht nur die Ausbildung von Helfern im Raum Frankfurt an, erklärt Bechari. Ziel sei die Entwicklung von Standards für alle muslimischen Seelsorge-Vereine. "Wir sind dabei, uns bundesweit zu verbreiten."

Außerdem reicht das angestrebte Geschäftsfeld von Inkurs nach den Worten von Bechari weit über die Krankenhausseelsorge hinaus. Das Institut mit dem Claim "Seminare Made in Germany" wolle auch Angebote für Eltern, Erzieherinnen, Lehrkräfte und Sozialarbeiter anbieten.

Jens Bayer-Gimm


Flüchtlinge

Gastbeitrag

"Wir möchten wieder ein normales Familienleben führen"




Verena Mörath
epd-bild/privat
Für Flüchtlinge mit Kindern ist ein Neuanfang in Deutschland besonders schwer. Verena Mörath hat im Vorjahr eine Studie im Auftrag des Berliner Beirats für Familienfragen erstellt, in der sie der Frage nachging, wie die Lebenssituation von geflüchteten Familien geprägt ist. In epd sozial stellt sie die Ergebnisse vor.

"Meine Tochter lebt noch in Eritrea, mein Mann im Sudan. Das lässt mir keine Ruhe." "Meine zwei Kinder gehen zur Schule, ich habe Arbeit. Aber jeden Tag habe ich Angst, dass wir doch ausreisen müssen." Diese und viele andere Sorgen bewegen Flüchtlinge, die mit ihren Kindern aus Afrika oder Asien nach Deutschland ausgewandert sind und vom Berliner Beirat für Familienfragen zu ihrer Lebenssituation in einer Studie befragt worden sind.

Geflüchtete Eltern sind nach ihrer Ankunft besonders gefordert, da sie nicht nur für sich selbst sorgen müssten, sondern auch das Wohlbefinden ihrer Kinder im Auge haben müssten. Das ist eine der Erkenntnisse der Untersuchung. Für die Eltern gilt es, das Familienleben in einer fremden Umgebung und meist ohne Deutschkenntnisse zu organisieren und ein gesundes familiäres Gleichgewicht aufrechtzuerhalten oder nach der Flucht wieder herzustellen.

Es fehlt allenthalben an Daten

"Es gibt noch wenig gesicherte Daten über die Familien von Geflüchteten, ihre Zusammensetzungen, Merkmale oder besonderen Bedürfnisse", beschreibt Karlheinz Nolte, Vorsitzender des Berliner Beirat für Familienfragen, in der Studie die Wissenslücken. Der Beirat, der den Berliner Senat in Fragen der Familienpolitik berät, erhofft sich, "dass die aus der Studie gewonnenen Erkenntnissen helfen werden, die Unterstützungssysteme in Berlin zielführender und bedarfsgerechter für Familien mit Fluchthintergrund zu organisieren".

Die Untersuchung richtete den Blick auf materielle und soziale Aspekte der Lebenssituation geflüchteter Familien: Ihren Aufenthaltsstatus, ihre Wohnsituation, ob der Spracherwerb gelingt und sie Arbeit finden, wie gut ihre Kinder im Bildungssystem ankommen, wie ihr Zugang zur Gesundheitsversorgung und wie gut ihr Kontakt in die Stadtgesellschaft ist.

Familien kommen direkt zu Wort

In der Studie kommen Flüchtlingsfamilien selbst zu Wort. So wurden sieben Familien mit 27 Kindern und Erwachsenen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran und Albanien befragt. Darunter waren verheiratete Eltern und Alleinerziehende. Die Perspektive der Geflüchteten wurde ergänzt durch Interviews mit mehr als 20 haupt- und ehrenamtlichen Expertinnen und Experten aus der regionalen Flüchtlingsarbeit.

Für den Beiratsvorsitzenden Nolte ist eine wichtige Erkenntnis der Studie, dass geflüchtete Familien insbesondere dort große Probleme haben, wo die Wohnraumsituation angespannt und die Suche nach einem Kitaplatz schwierig ist.

Die Folge: Vor allem große Familien müssen über Jahre in Gemeinschaftsunterkünften bleiben. Nicht nur der knappe Wohnraum, auch Vorbehalte der Vermieter gegenüber Geflüchteten behindern eine erfolgreiche Wohnungssuche. "Unser größter Wunsch ist eine eigene Wohnung, aber ich suche seit über einem Jahr. Wenn ich anrufe und sage, dass wir aus Afghanistan kommen und durch das Jobcenter unterstützt werden, wird gesagt, wir arbeiten nicht mit dem Jobcenter zusammen", wird ein 19-Jähriger Afghane, ältester Sohn in der sechsköpfigen Familie in der Studie zitiert.

"Eine Wohnung, Kinderbetreuung, Spracherwerb und Arbeit stehen für Frauen und ihre Familien an erster Stelle der Wunschliste", weiß Barbara Scheffer, Koordinatorin des Berliner Projekts "Charité für geflüchtete Frauen: Women for Women". Ein syrischer Vater drückt simpel aus, was er sich und seiner Familie wünscht: "Der Krieg hat unser Leben umgekehrt. Wir möchten einfach wieder ein ganz normales Familienleben führen können."

Verena Mörath ist Ethnologin und Autorin war bis 2018 stellvertretende Vorsitzende des pro familia Bundesverbandes


Flüchtlinge

Interview

Forscherin: Trennung von der Familie hemmt die Integration




Diana Schacht
epd-bild/Verena Mörath
Der intakte Familienverband ist für die Integration von Flüchtlingen äußerst wichtig, sagt Diana Schacht vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Eine längere Familientrennung kann zu einem Integrationshindernis werden", betont die Wissenschaftlerin.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat in verschiedenen Studien die Lebenslagen von Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2016 in Deutschland angekommen sind, untersucht. Dabei stehen die Themen Spracherwerb, Arbeitsmarktintegration und Lebenszufriedenheit im Mittelpunkt. Mit der Sozialwissenschaftlerin Diana Schacht, die dazu beim DIW forscht, sprach Verena Mörath über getrennte Flüchtlingsfamilien.

epd sozial: Sie haben 2018 eine Studie zur Lebenssituation von Geflüchteten und deren Familienstrukturen durchgeführt. Dafür wurden Daten von 3.400 Erwachsenen zwischen 18 und 49 Jahren in Deutschland ausgewertet. Welche Erkenntnisse lieferte die Erhebung?

Diana Schacht: Wir haben herausgefunden, dass knapp die Hälfte der Geflüchteten verheiratet ist und diese durchschnittlich zwei minderjährige Kinder haben. Knapp zehn Prozent gaben an, dass noch mindestens eines ihrer minderjährigen Kinder im Ausland lebt. Zwölf Prozent haben eine Ehepartnerin oder einen Ehepartner und rund 86 Prozent haben Geschwister im Ausland. Rund die Hälfte der Männer ist allein in Deutschland eingereist. Die weiblichen Befragten sind zu 81 Prozent im Familienverband eingereist.

epd: Welche Folgen hat eine längere Familientrennung für die Betroffenen?

Schacht: Wir haben danach gefragt, wie zufrieden die Geflüchteten ihr Leben im Allgemeinen zum Zeitpunkt der Erhebung selbst einschätzten, wie ihr Wohlbefinden ist. Unser Befund war eindeutig: Eine Trennung von nahen Familienmitgliedern geht nachweislich mit einer größeren Unzufriedenheit einher. Geflüchtete mit Kindern im Ausland waren besonders unzufrieden und schätzten ihr Wohlbefinden gering ein.

epd: Wie wirkt sich die Unzufriedenheit auf das Leben, den Alltag der Geflüchteten in Deutschland aus?

Schacht: Aus der bisherigen Forschung wissen wir, dass eine größere Unzufriedenheit etwa die Integration in die Aufnahmegesellschaft und in den Arbeitsmarkt sowie die Teilhabe am öffentlichen Leben nachteilig beeinflussen kann. Auch wirkt sich die Lebenszufriedenheit von Eltern auf die Entwicklung der Kinder aus. Eine längere Familientrennung kann deshalb zu einem Integrationshindernis werden. Die Ungewissheit und Sorge um die Dagebliebenen, vor allem um minderjährige Kinder im Herkunfts- oder in einem Transferland belastet sehr. Wenn viel Kraft und Zeit in den Familiennachzug investiert werden, bleiben weniger Ressourcen für Spracherwerb, Wohnungs- und Arbeitssuche oder soziale Teilhabe übrig.

epd: Welche Handlungsempfehlungen sprechen Sie angesichts der Untersuchungsergebnisse aus?

Schacht: Unserer Meinung nach brauchen Familien niedrigschwellige und alltagsorientierte unterstützende Maßnahmen, die über Integrations- und Sprachkurse hinausgehen. Es muss Angebote für Geflüchtete geben, deren nahen Angehörigen noch im Herkunftsland oder im Ausland leben, damit sie die Familientrennung emotional und seelisch verkraften können. Ein zeitnaher Familiennachzug könnte natürlich entlasten und die Integrationsmotivation von Geflüchteten befördern und den integrationshemmenden Moment der Familientrennung abschwächen.



Hamburg

Projekt Q8 stärkt die Nachbarschaft



Hamburger Quartiersentwicklungsprojekt Q8: Hinter diesem sperrigen Wort versteckt sich etwas recht Simples. Es geht darum, wie gutes Zusammenleben in einem Stadtteil, hier Winterhude, funktionieren kann. Und das tut es. Seit sieben Jahren.

Wichtigsteses Stichwort des Projektes ist "Inklusion": Alter, kulturelle Herkunft, Behinderung und Einkommen sollen kein Hinderungsgrund sein, wenn gemeinschaftliche Aktivitäten gefördert werden. In Winterhude läuft das Projekt bereits seit sieben Jahren mit Erfolg.

Das Besondere dabei ist, dass die Bewohner in Winterhude selbst Angebote schaffen und Projekte entwickeln. Q8 mit seinen zahlreichen Partnern fungiert dabei als Vermittler: Wenn Bewohner die Idee haben, eine Fahrradwerkstatt aufzubauen, greift Q8 diesen Impuls auf. Q8-Koordinatorin Miriam Meyer bietet dann Unterstützung an und hilft, Menschen und Institutionen mit gleichen Interessen zu vernetzen.

Start mit der Flüchtlingsarbeit

Schon länger existiert das Gemeinschaftsprojekt "Wir im Quartier", an dem auch die evangelische Heilandskirche und das Goldbekhaus beteiligt sind. Das Projekt sollte zunächst das Leben mit Flüchtlingen im Stadtteil gestalten. "Die neuen und die alten Nachbarn zusammenbringen", sagt Miriam Meyer. Dabei war das Engagement der Bewohner so groß, dass seit 2015 immer mehr Angebote dazu kamen, die ein gutes Zusammenleben im Stadtteil fördern.

Entstanden ist dabei eine Fülle von Angeboten in den Bereichen Kultur, Sport und Handwerk: Radieschen, Salat und Zucchini werden bei Urban Gardening an der Matthäuskirche angebaut. Einmal im Monat wird beim "TischNachbar" frisch gekocht, und auf dem Goldbekmarkt wirbt eine Gruppe für plastikfreien Einkauf. Die Angebote von "Fit im Quartier" reichen von Stand-up-Paddling über Tanzveranstaltungen bis zum Fitness-Training.

Wichtige Kooperationspartner von Q8 sind die evangelische Heilandskirchengemeinde Winterhude-Uhlenhorst und der Kirchenkreis Hamburg-Ost. Beide übernehmen einen Großteil der Kosten. Bis 2021 ist das Projekt gesichert. Die Kirche müsse der Gefahr entgegenwirken, dass sich die Gesellschaft mehr und mehr aufspaltet, sagt Pröpstin Astrid Kleist. Die Gemeinde profitiert von der Aufbruchsstimmung und wird durch die Projekte gut vernetzt.

Zwei Stiftungen als Impulsgeber

Entstanden ist Q8 vor sieben Jahren als Initiative der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und der Nordmetall-Stiftung. Quartiersentwicklerin Miriam Meyer hat anfangs untersucht, wie der Stadtteil Winterhude sozial strukturiert ist. Den rund 40.000 Menschen geht es wirtschaftlich vergleichsweise gut. Neben dem Winterhuder Q8-Projekt gibt es in Hamburg drei weitere in Altona, Wandsbek und Alsterdorf.

Das "Q" in dem Projektnamen steht für "Quartiersentwicklung", die "8" für die acht wichtigsten Lebensbereiche eines Stadtteils: Wohnen, Arbeit, Bildung, Kultur, Assistenz, Gesundheit, lokale Ökonomie und Spiritualität. "Wenn mehr als zwei dieser acht Lebensbereiche ins Ungleichgewicht kommen, dann braucht jeder Mensch, egal wie gut er eingebunden ist, Assistenz und Unterstützung", erklärt Miriam Meyer.

Q8 fällt in eine Zeit, in der Kommunikation und Gemeinschaft anonymer geworden sind. Der Begriff "Nachbarschaft" klingt zwar auch heute noch selbstverständlich, hat aber nicht mehr die hohe Bedeutung wie früher. Das Projekt will vor allem der Tendenz entgegenwirken, dass immer nur gleiche Bewohner zueinander finden: Senioren, Türkischstämmige, Mütter oder Hartz-IV-Empfänger.

Der Blick von Q8 sei aber auch in die Zukunft gerichtet, betont Miriam Meyer: "Was kommt da eigentlich gesellschaftlich auf so einen Stadtteil zu, wenn die Menschen alt sind und alleine wohnen?"

Marieke Lohse


Nordrhein-Westfalen

Private Pflegeanbieter fordern bessere Refinanzierung



Nach der Kritik des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums an einem Pflegeheimbetreiber wegen unterschiedlich in Rechnung gestellter Investitionskosten fordern private Pflegeanbieter vom Land eine bessere Refinanzierung. Nordrhein-Westfalen habe die Branche mit einem völlig praxisfernen Alten- und Pflegegesetz in wirtschaftliche Existenzbedrohung gestürzt, erklärte der Landesverband des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) am 16. Juli in Düsseldorf. Bis heute hätten nicht alle Pflegeeinrichtungen taugliche Bescheide über die Refinanzierung ihrer Investitionskosten erhalten.

Gegen fast alle Bescheide würden Rechtsmittel eingelegt, erklärte der Landesvorsitzende des Verbandes, Christof Beckmann. Das Problem unsicherer Refinanzierung werde in den nächsten Monaten noch drängender. Mit den aktuellen Refinanzierungsregelungen könnten viele Pflegeheime bis zu 25 Prozent der vereinbarten Pacht nicht finanzieren. Der vom Gesundheitsministerium kritisierte Pflegeheim-Betreiber "Carpe Diem" habe hierzu einen Vorschlag gemacht. Nun müsse schnell Rechtssicherheit hergestellt werden, forderte der Verband privater sozialer Dienste.

"Ansprüche geltend machen"

Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hatte dem Pflegeheim-Betreiber "Carpe Diem" vorgeworfen, von einem Teil der Bewohner überhöhte Abrechnungen zu verlangen. So müssten Bewohner, die für ihre Heimentgelte selbst aufkommen, mehr bezahlen als Bewohner, die Hilfeleistungen durch das Sozialamt bekommen. Das Ministerium empfahl den betroffenen Bewohnern in mehreren Einrichtungen von "Carpe Diem", ihre Ansprüche gegenüber dem Betreiber geltend zu machen.

Bei den beanstandeten Beträgen geht es um die "Investitionskosten" als Teil des Heimentgeltes. Die Kosten für den Bau und den Betrieb der Gebäude dürfen zwar grundsätzlich auf die Bewohner umgelegt werden. Laut den Regelungen im Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen dürfen allen Bewohnern aber nur für die gleichen Leistungen die gleichen Kosten in Rechnung gestellt werden.




sozial-Recht

Bundessozialgericht

Hartz IV-Vorteile bei Kinderbetreuung im Wechselmodell




Zahlungspflicht für das Jobcenter: Beim Wechselmodell der Kinderbetreuung müssen die Behörden ihre Leistungen erhöhen.
epd-bild/Werner Krüper
Von ihrem Expartner getrennt lebende Arbeitslose können mit der gleich aufgeteilten Betreuung ihrer Kinder mehr Geld vom Jobcenter beanspruchen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Es besteht also ein finanzieller Anreiz, das sogenannte Wechselmodell zu nutzen.

Einige sich ein Hartz-IV-Bezieher mit seiner früheren Lebensgefährtin auf solch ein sogenanntes Wechselmodell, habe er nicht nur Anspruch auf den hälftigen Mehrbedarf für Alleinerziehende, er könne auch die Unterkunftskosten für die Kinder geltend machen, urteilte am 11. Juli das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Denn bei einer gleich aufgeteilten Betreuung haben die Kinder ihren Lebensmittelpunkt nicht nur bei einem, sondern bei beiden Elternteilen.

Geklagt hatten ein getrennt lebender Hartz-IV-Bezieher aus dem Landkreis Görlitz und seine zwei Söhne. Die Betreuung der Kinder teilten sich die Eltern genau auf. Eine Woche waren sie bei der ebenfalls im Hartz-IV-Bezug befindlichen Mutter, die nächste Woche dann wieder beim Vater.

Das BSG hatte bereits im Juni 2013 entschieden, dass Kinder mit dem Besuch bei ihrem getrennt lebenden Vater oder Mutter dort eine "temporäre Bedarfsgemeinschaft" bilden. Für die Zeit des mindestens zwölfstündigen Aufenthalts müsse das Jobcenter dann entsprechend des Regelbedarfs anteilige Hartz-IV-Leistungen gewähren, so die Richter. Ein Anspruch auf anteilige Übernahme der zusätzlichen Unterkunftskosten bestand damit aber nicht.

Vater zweier Kinder klagte

Im aktuellen Fall verlangte der Vater nun vom Jobcenter auch den hälftigen Mehrbedarf für Alleinerziehende. Dessen Höhe orientiert sich am Alter und der Zahl der zu betreuenden Kinder. Der Mehrbedarf wird an denjenigen bezahlt, bei dem sich das Kind "überwiegend" aufhält. Er darf aber 60 Prozent des Regelbedarfs nicht überschreiten und beträgt 2019 etwa für ein unter sieben Jahre altes Kind 152,64 Euro monatlich.

Die Behörde lehnte den Anspruch jedoch ab. Der Vater habe nicht nachgewiesen, dass bei ihm überhaupt ein Mehrbedarf angefallen sei, argumentierte das Amt.

Im Streit war zudem, inwieweit für die Kinder auch anfallende Unterkunftskosten bezahlt werden müssen. Nach den geltenden Bestimmungen übernimmt das Jobcenter diese Kosten nur für jene Hartz-IV-Bezieher, bei denen die Kinder überwiegend wohnen und ihren Lebensmittelpunkt haben. Das hilft beim Wechselmodell nicht weiter, weil die Kinder zu gleichen Teilen bei ihren Eltern wohnen.

Das BSG urteilte nun, dass beim Wechselmodell beide Elternteile im Arbeitslosengeld-II-Bezug den hälftigen Mehrbedarf für Alleinerziehende beanspruchen können. Denn beide würden auch zu gleichen Teilen Verantwortung für die Kinder übernehmen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Eltern sich bei der Betreuung der Kinder mindestens wöchentlich abwechseln.

Recht auf Unterkunftskosten nach Köpfen

Auch habe der Kläger Anspruch darauf, dass die Unterkunftskosten "nach Köpfen" - und damit unter Einrechnung der Kinder aufgeteilt werden. Denn beim Wechselmodell hätten die Kinder zwei Lebensmittelpunkte, so dass beide die Kosten erstattet bekommen. Als Konsequenz des Urteils könnten Hartz-IV-Bezieher unter Anrechnung der Kinder auch Anspruch auf eine größere angemessene Wohnung haben, wenn sie nach dem Wechselmodell die Kinder betreuen. Entschieden hatte das BSG im jetzigen Fall darüber aber nicht.

Um das Wechselmodell anwenden zu können, ist grundsätzlich auch das Einverständnis des anderen Elternteils und mit zunehmendem Alter auch das Einverständnis des Kindes erforderlich, entschied am 22. Januar 2018 das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Während das BSG zu Hartz IV nun urteilte, dass beim Wechselmodell die Kinder zwei Lebensmittelpunkte haben könnten, ist das etwa im Melderecht anders. Hier hatte das Bundesverwaltungsgericht im September 2015 entschieden, dass minderjährige Kinder von getrennt lebenden Eltern im Wechselmodell nicht gleichzeitig zwei Hauptwohnsitze haben können.

Bei dem paritätischen Wechselmodell sei nicht immer klar, wo ein Kind den Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. In diesem Fall müssten die Eltern den Hauptwohnsitz bestimmen. Sei eine Einigung nicht möglich, sei Hauptwohnung die Wohnung desjenigen Elternteils, dessen Wohnung bislang Hauptwohnung des Minderjährigen war, urteilte das Bundesverwaltungsgericht.

Az.: B 14 AS 23/18 R (BSG Alleinerziehendenmehrbedarf)

Az.: 1 BvR 2616/17 (Bundesverfassungsgericht)

Az.: 6 C 38.14 (Bundesverwaltungsgericht)

Frank Leth


Bundessozialgericht

Später Hartz-IV-Antrag am Monatsende gilt



Ein Hartz-IV-Antrag kann auch per E-Mail am Monatsende und außerhalb der Öffnungszeiten des Jobcenters noch rechtzeitig gestellt werden. Gehe die Mail am Monatsende ein, gelte der Antrag rückwirkend ab dem Monatsersten als gestellt, urteilte am 11. Juli das Bundessozialgericht in Kassel.

Im konkreten Fall hatte der Kläger Ende Januar 2015 das Ausbleiben seines Lohnes von seinem Arbeitgeber bemerkt. Um sein Existenzminimum zu sichern, stellte er einen Hartz-IV-Antrag. Den Antrag versandte er am Freitag, den 30. Januar 2015 um 20 Uhr und damit außerhalb der Dienstzeiten des Jobcenters Bonn. Die Mail konnte daher erst im Februar bemerkt werden.

Mittlerweile hatte der Kläger seinen Lohn im Februar zwar nachgezahlt bekommen, wurde dann aber ab März arbeitslos. Als der Mann nichts von seinem Hartz-IV-Antrag hörte, fragte er am 4. März 2015 noch einmal nach.

Mail wurde zu spät entdeckt

Das Jobcenter gewährte zwar ab März Hilfeleistungen, nicht aber für den Monat Januar. Der Antragsteller habe die Mail außerhalb der Öffnungszeiten an das Jobcenter verschickt, so dass diese erst frühestens im Folgemonat bemerkt werden könne. Der Zugang des Antrags sei aber entscheidend, ab wann Arbeitslosengeld II bezahlt werden könne, erklärte die Behörde.

Das Bundessozialgericht gab dem Hartz-IV-Bezieher recht. Er habe Anspruch auf Arbeitslosengeld II auch für den Monat Januar. Die Kasseler Richter verwiesen auf die gesetzliche Bestimmung, wonach der Zugang eines Hartz-IV-Antrags auf den Monatsersten zurückwirkt. Anträge dürften grundsätzlich auch per E-Mail beim Jobcenter eingereicht werden, wenn eine Behörde diese Möglichkeit bereithält. Zudem habe der Kläger eine Sendebestätigung für den Versand am Monatsende vorgelegt. Damit sei die Mail in den "Macht- oder Willensbereich" des Jobcenters gelangt.

Das Jobcenter habe zwar darauf verwiesen, dass der Zugang der Mail nicht mehr belegt werden könne. Denn die Mails würden grundsätzlich nach sechs Monaten gelöscht. Die Behörde habe aber Anfang März noch die Erinnerungs-E-Mail des Klägers erhalten, in der er auf die Antragstellung im Januar verwiesen hatte. Dem hätte das Jobcenter nachgehen müssen.

Az: B 14 AS 51/18 R



Landessozialgericht

Hartz IV ausnahmsweise auch für Immobilienbesitzer



Hartz IV-Leistungen können nach einem Gerichtsurteil in Ausnahmefällen auch Immobilienbesitzern gewährt werden. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) verpflichtete in einer am 16. Juli in Celle bekanntgemachten Entscheidung das Jobcenter im Landkreis Wolfenbüttel zur Zahlung von Sozialleistungen an ein deutsch-thailändisches Ehepaar, das in Thailand ein Haus besitzt und gegen das Jobcenter geklagt hatte.

Grundsätzlich sind Bezieher von Hartz IV verpflichtet, Einkommen und Vermögen einzusetzen, um ihre Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Nach der gesetzlichen Regelung sind bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Absatz 1 SGB II), also auch Wohneigentum.

Hausverkauf kurzfristig nicht möglich

Das Einfamilienhaus in Thailand gehört der Ehefrau des Paares. Es wird von ihrer Mutter und einem Neffen bewohnt. In Deutschland lebte das Paar zunächst von Rücklagen, die inzwischen aufgebraucht sind. Das Jobcenter in Wolfenbüttel lehnte die Leistungen ab, weil das Haus in Thailand verwertbares Vermögen sei und das Paar sich kaum um den Verkauf bemüht habe. Das Landessozialgericht sah jedoch eine Ausnahmesituation, weil das Geld aus einem möglichen Hausverkauf kurzfristig nicht zur Verfügung stehe.

Das Gericht bekräftigte in seinem Urteil zugleich, dass Grundsicherungsleistungen nur dann erbracht würden, wenn kein Vermögen mehr vorhanden sei. Eine Auslandsimmobilie müsse selbst dann verkauft werden, wenn sie im Heimatland des Leistungsbeziehers von Familienangehörigen bewohnt werde oder später Altersruhesitz sein solle. Wenn die Immobilie jedoch nicht als "bereites Mittel" verfügbar sei, müsse eine Notlage vorläufig vom Jobcenter abgedeckt werden.

Das Gericht wies die Eheleute allerdings darauf hin, dass sie die Sozialleistungen später möglicherweise erstatten müssten. Sie hätten nicht glaubhaft gemacht, das Haus ernstlich verkaufen zu wollen. Zwar hätten sie angeblich ein Verkaufsschild aufgestellt. Das sei jedoch wenig erfolgversprechend, weil das Haus an einer kaum frequentierten Anliegerstraße liege. Durch solch unzureichende Verkaufsbemühungen hätten die Kläger ihre Hilfebedürftigkeit vorwerfbar aufrechterhalten. Das könne zu einem Erstattungsanspruch des Jobcenters führen, befand das Gericht.

Az.: L 11 AS 209/19 B ER



Oberlandesgericht

Pflegeheim darf Platz bei unbotmäßigem Verhalten kündigen



Eine Behinderteneinrichtung darf bei einem respektlosen Verhalten von Angehörigen oder Betreuern einem pflegebedürftigen Bewohner kündigen. Schwere Pflichtverletzungen eines Betreuers rechtfertigten die außerordentliche Kündigung eines Heimvertrags, auch wenn dies zu einer erheblichen Belastung für die betreute behinderte Person führen könne, teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 18. Juli mit. Dem Eintreten für die Rechte und Interessen einer schwerstbehinderten Person stehe das Erfordernis der Kooperation mit der Einrichtung gegenüber.

In dem Fall habe eine Mutter, die ihre geistig und körperlich behinderte Tochter gesetzlich betreut, zugelassen, dass ihr Lebensgefährte das Personal einer Frankfurter Wohneinrichtung für Behinderte wiederholt beleidigt, beschimpft und gerempelt habe, erläuterte das Gericht. Der Lebensgefährte habe eine beängstigende Atmosphäre geschaffen. Schlichtungsgespräche seien erfolglos verlaufen.

Kooperationsbereitschaft ist unabdingbar

Zur Erreichung des Vertragszwecks der Betreuung und Pflege gehöre aber eine unabdingbare Bereitschaft aller Beteiligten zur Kooperation, entschied das Gericht. Das setze "ein Mindestmaß an gegenseitigem Verständnis voraus", das hier nicht gegeben sei. Daher gab das Oberlandesgericht der Berufung der Einrichtung gegen eine Entscheidung des Landgerichts statt und bestätigte die Kündigung des Betreuungs- und Pflegevertrags.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Betreuerin der beklagten Behinderten hat nach Gerichtsangaben Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt.

Az.: 2 U 121/18



Landgericht

Heilpraktiker wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährung verurteilt



Ein Heilpraktiker ist wegen der fahrlässigen Tötung von drei Patienten zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der Mann hat nach Auffassung des Landgerichts Krefeld zudem gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen, wie ein Gerichtssprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 15. Juli sagte.

Der Niederländer hatte im niederrheinischen Brüggen ein alternatives Krebszentrum betrieben. Für die Zubereitung seiner Medikamente nutzte er den Angaben zufolge eine ungeeignete Waage, so dass es zu Überdosierungen kam.

Die zweite große Strafkammer stellte nach Angaben des Sprechers einen erheblich fahrlässigen Umgang mit dem Wirkstoff 3-Bromopyruvat fest, einem alternativen Heilmittel, das Krebszellen abtöten soll. In der Praxis habe es zudem keine Sicherungsmaßnahmen gegeben, kritisierten die Richter. Der Heilpraktiker habe außerdem von den potenziell tödlichen Folgen des Wirkstoffes gewusst.

Der Mann hatte den Angaben zufolge eine Waage verwendet, die nicht für die Zubereitung der Infusionslösungen mit dem Wirkstoff geeignet war. Die Dosis sei um das Drei- bis Sechsfache überschritten worden. Das somit in seiner Qualität erheblich geminderte Arzneimittel habe der Heilpraktiker vier Patienten intravenös verabreicht, drei von ihnen starben in der Folge. Die vierte Patientin habe unter anderem an Übelkeit und Unwohlsein gelitten.

Az.: 3 Js 720/16




sozial-Köpfe

Rolf Baumann wird Bereichsleiter beim VdDD




Rolf Baumann
epd-bild/Katharina Stohr/Die Zieglerschen
Rolf Baumann, Diplom-Betriebswirt, wird ab September neuer Bereichsleiter Ökonomie und stellvertretender Geschäftsführer des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD). Er folgt auf Thomas Eisenreich.

Rolf Baumann war zwanzig Jahre beim diakonischen Träger "Die Zieglerschen" in Wilhelmsdorf in Baden-Württemberg beschäftigt, seit 2005 als kaufmännischer Vorstand.

Der Vorstandsvorsitzende des VdDD, Christian Dopheide äußerte sich erfreut darüber, dass mit Rolf Baumann ein über die Diakonie hinaus anerkannter Fachmann der Sozialwirtschaft für den Verband gewonnen werden konnte. Thomas Eisenreich war seit 2014 für den VdDD tätig. Er wechselt ins Rheinland in eine neue berufliche Position.

Baumann war 1999 zu den Die Zieglerschen gekommen, zuerst als Kaufmännischer Geschäftsführer in der Behindertenhilfe, später in der Altenhilfe. Zum Kaufmännischen Vorstand wurde er 2005 berufen. Bei den Zieglerschen läuft zurzeit die Regelung der Nachfolge für Rolf Baumann. Das Sozialunternehmen mit Sitz im oberschwäbischen Wilhelmsdorf hat rund 60 Standorte in Baden-Württemberg mit etwa 3.300 Mitarbeitenden.

Der VdDD vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von mehr als 180 Mitgliedsunternehmen.



Weitere Personalien



Christian Walbrach ist zum neuen Behindertenbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt berufen worden. Er wird sein Amt zum 1. Oktober antreten. Walbrach löst Adrian Maerevoet ab, der in den Ruhestand geht. Walbrach sei ausgewiesener Fachmann im Bereich der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, saget Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Der gebürtige Potsdamer hat in Magdeburg ein Studium als Diplomförderschullehrer abgeschlossen und 1990 im Fachgebiet "Rehabilitationspädagogik" promoviert. Er leitete über viele Jahre integrative Grundschulen in Magdeburg, später war er im Landesschulamt unter anderem als schulfachlicher Referent für Förderschulen tätig. Walbrach war auch langjähriger Landesvorsitzender des vds, Verband Sonderpädagogik.

Till Christofzik (27), Politikwissenschaftler, verantwortet den neuen Themenbereich "Gesellschaftlicher Zusammenhalt" an der Evangelischen Akademie im Rheinland. Mit seinem Dienstbeginn am 1. Juli 2019 ist das Themenspektrum der Akademie mit Sitz in Bonn um einen weiteren, fünften Bereich ergänzt worden. Parallel zu seinem Master-Studium der Politikwissenschaften und Soziologie an den Universitäten in Frankfurt und Duisburg-Essen war Christofzik bereits für verschiedene kirchliche und nichtkirchliche Organisationen der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit tätig.

Michael Jacob hat die Geschäftsführung der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg übernommen. Er ist Nachfolger von Jens-Uwe Schreck, der das Amt zehn Jahre innehatte und auf die Bundesebene gewechselt ist. Bereits Anfang der 90er Jahre hat der diplomierte Verwaltungswissenschaftler am Aufbau der Krankenhausplanung im Land Brandenburg mitgewirkt. Zuletzt leitete er bei der Landesvertretung Berlin/Brandenburg des vdek über elf Jahre das Referat stationäre Versorgung.

Carsten Stumpenhorst hat den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege - die LIGA - im Rhein-Hunsrück-Kreis übernommen. Er ist Geschäftsführer des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirchenkreise Trier und Simmern-Trarbach gGmbH und steht für zwei Jahre an der Spitze der Organisation. Stumpenhorst löst turnusgemäß Caritasdirektorin Victoria Müller-Ensel ab. Zur LIGA gehören fünf Träger: die Arbeiterwohlfahrt, der Caritasverband, das Deutsche Rote Kreuz, das Diakonisches Werk und der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Stephan Wilinski (49) rückt am 1. August an die Spitze der Diakonie Osnabrück Stadt und Land. Er ist seit 2005 kaufmännischer Vorstand der Herrnhuter Diakonie in Sachsen. Willinski leitet den Träger gemeinsam mit dem theologischen Geschäftsführer, Friedemann Pannen. Der bisherige Geschäftsführer, Gerhard Töller, ging Ende Juni nach 15 Jahren in den Ruhestand. Der gebürtige Berliner arbeitete in der ehemaligen DDR zunächst als Sattler. Im Anschluss machte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann sowie zum Bilanzbuchhalter und absolvierte einen Master in Diakoniemanagement. Die Diakonie Osnabrück Stadt und Land beschäftigt 2.100 Mitarbeitende in mehr als 40 Einrichtungen und 40 Beratungsstellen.

Christine Lang, Soziologin aus Osnabrück, erhält den mit 5.000 Euro dotierten Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien 2019. Lang werde für ihre Doktorarbeit über "Diversität in städtischen Verwaltungen" ausgezeichnet, teilte die Universität Augsburg am 8. Juli mit. Der Preis wird am 15. Juli in Augsburg verliehen. Die Wissenschaftlerin hatte sich in ihrer Arbeit mit der Frage beschäftigt, welche Einstellungschancen Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst haben. Der Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien wird seit 1998 vom Forum interkulturelles Leben und Lernen (FILL) verliehen.

Thomas Weber (58), Mitglied der Regionalleitung der BBT-Region Tauberfranken – Hohenlohe, übernimmt am 1. Januar eine neue berufliche Aufgabe als Geschäftsführer der SLK-Kliniken Heilbronn. "Thomas Weber hat in den vergangenen zehn Jahren mit großer Sachkenntnis als Kaufmännischer Direktor und Regionalleiter zunächst das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim und dann auch die Gesundheitsholding Tauberfranken auf einen erfolgreichen Kurs geführt", sagte Albert-Peter Rethmann, Sprecher der Geschäftsführung. Webers Aufgaben werden bis zur Neubesetzung von den beiden Geschäftsführern Andreas Latz und Matthias Warmuth wahrgenommen. Die BBT-Gruppe ist mit mehr als 14.000 Mitarbeitenden einer der großen christlichen Träger von Krankenhäusern und Sozialeinrichtungen in Deutschland.

Klaus-Peter Hunfeld wurde für ein weiteres Jahr als Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Nordwest in Frankfurt a.M. bestätigt. Er ist Facharzt für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie mit der Zusatzbezeichnung Krankenhaushygiene und seit 2009 Chefarzt des Zentralinstituts für Labormedizin, Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Krankenhaus Nordwest. 2013 übernahm er das Amt des stellvertretenden Ärztlichen Direktors. 2016 wurde er erstmals in das Amt des Ärztlichen Direktors berufen. Unterstützt wird Hunfeld weiterhin durch den stellvertretenden Ärztlichen Direktor Professor Siegbert Rossol, Chefarzt der Medizinischen Klinik.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis September



Juli

23.7. Freiburg:

Seminar "Wer suchet, der findet" - Personalsuche in digitalen Zeiten

des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg

Tel.: 0761/89740

23.7. Stuttgart:

Seminar "Fachtag Bundesteilhabegesetz"

der Unternehmensberatung Curacon

Tel.: 0251/92208-292

August

6.-7.8. Moritzburg:

Seminar "Mitarbeiterführung"

der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung

Tel.: 035207/843-50

7.-8.8. Freiburg:

Seminar "Indikatorengestützte Qualitätsbeurteilung und Qualitätsdarstellung"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/25298-920

8.8. Hamburg:

Seminar "Arbeitsrecht für Führungskräfte. Die Leitungsaufgabe souverän und rechtssicher ausführen"

des Paritätischen Hamburg

Tel.: 040/415201-66

9.8. Erfurt:

Seminar "Das neue Bundesteilhabegesetz, des Persönliche Budget und das Budget für Arbeit"

der GBR Inklusionsseminare.de

Tel.: 0177/6448751

12.-15.8. Remagen-Rolandseck:

Seminar "Familiennachzug von Geflüchteten"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-0

13.-14.8. Potsdam:

Seminar "Wirksames Führen im Wandel - Ausbau der Veränderungskompetenz"

des Paritätischen Bildungswerks Brandenburg

Tel.: 0331/7481875

14.-16.8. Hannover:

Seminar "Grundlagen und Entwicklungen im SGB II"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/263090

20.8. Berlin:

Seminar "Kennzahlen für Entscheidungsträger"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159

20.8. Paderborn:

Seminar "Grundlagen von Medienpädagogik, Medienkompetenzen und Medienbildung"

der IN VIA AkademieS(lvng0dowmmrgxzdhdzo24533))/CustomerContent/03360/CustomerFiles/AdditionalSeminarinformation/424-19-0S_1.pdf)

Tel.: 05251/2908-38

23.8. Berlin:

Seminar "Total unter Druck - Wie man belastende Situationen bewältigt"

der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung

Tel.: 035207/843-50

23.8. Potsdam:

Seminar "Aufgaben gesetzlicher Betreuerinnen und Betreuer - Zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen gesetzlichen Betreuer*innen und sozialen Einrichtungen und Diensten"

des Paritätischen Bildunsgwerkes Brandenburg

Tel.: 0331/7481875

27.8. Berlin:

Fortbildung "So kann man doch nicht leben!?“ Vermüllt und verwahrlost – Was tun?"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/488 37-495

28.-29.8. Berlin:

Seminar "Führung und Kommunikation - ein Basisseminar für Führungskräfte"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159

September

2.-3.9. Berlin:

Seminar "Gewalt...? Prävention!"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495

3.9. Hamburg:

Seminar Beschwerden souverän managen - Reklamationen lösungsorientiert und entspannt klären"

des Paritätischen Hamburg

Tel.: 040/415201-66

5.-6.9. Berlin:

Workshop "und jeden Tag aufs Neue: Individuelle Herausforderungen im Leitungsalltag bewältigen"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-388

9.9. Köln:

Seminar "Social Media Marketing für Gesundheitseinrichtungen"

der BFS Service GmbH

Tel.: 02221/97356-159

9.-10.9. Wuppertal:

Seminar "Erfolgreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit"

der Paritätischen Akademie NRW

Tel.: 0202/28363-0

10.9. Köln:

Seminar "Zwei Jahre neue Pflegeversicherung: Die ambulante Entwicklung strategisch nutzen!"

der BFS Service GmbH

Tel.: 02221/97356-159

10.9. Köln:

Seminar "Controlling für Einrichtungen der Behindertenhilfe"

der Solidaris Unternehmensberatung

26.-27.9. Berlin:

Tagung "Die globalen Nachhaltigkeitsziele in der Freien Wohlfahrtspflege"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-0